- Buchbesprechung: A. Kostolany: Die Kunst über Geld nachzudenken mvT. - BossCube, 03.10.2000, 16:33
- Re: Buchbesprechung: A. Kostolany: / Danke, Jan! Toller Service! (owT) - JüKü, 03.10.2000, 18:00
- Re: Buchbesprechung: A. Kostolany: Die Kunst über Geld nachzudenken mvT. - snob, 03.10.2000, 19:12
- Re: Prechter - JüKü, 03.10.2000, 19:21
- Re: Prechter - snob, 03.10.2000, 20:18
- Re: Prechter - JüKü, 03.10.2000, 21:04
- Re: Prechter - snob, 03.10.2000, 21:43
- Re: Prechter - JüKü, 03.10.2000, 21:04
- Re: Prechter - snob, 03.10.2000, 20:18
- Re: Prechter - JüKü, 03.10.2000, 19:21
- Re: Die Kunst, das älteste Buch über die Börse zu ersteigern... - dottore, 03.10.2000, 20:07
- www.delavega.de - Hardy, 04.10.2000, 17:49
- Re: www.delavega.de - dottore, 04.10.2000, 17:54
- Symposion,"orthodox" oder modern? - Uwe, 05.10.2000, 00:08
- Re: Symposion,"orthodox" oder modern? - JüKü, 05.10.2000, 00:12
- Wann? - Hardy, 05.10.2000, 09:04
- Re: Symposion,"orthodox" oder modern? - JüKü, 05.10.2000, 00:12
- www.delavega.de - Hardy, 04.10.2000, 17:49
- Das Ei des Kostolany! - Desaster, 04.10.2000, 16:01
Buchbesprechung: A. Kostolany: Die Kunst über Geld nachzudenken mvT.
Hallo allerseits!
Wie Ihr vielleicht gemerkt habt, habe ich seit einiger Zeit nichts mehr im Forum von mir hören lassen und auch keine Buchbesprechung mehr geschrieben. Das war aber nicht aus Faulheit, sondern weil ich zur Zeit einfach mächtig im Streß stecke und nicht dazu gekommen bin. Zum Glück ist endlich mal ein langes Wochenende, so daß ich ein paar Schulden abtragen kann. Sobald die Uni wieder beginnt, habe ich wieder mehr Zeit:-(
Alsdann Kostos letztes Werk:
Viele von uns kennen Kosto noch als liebenswerten Spekulanten und Ratgeber, der uns so manches Schmunzeln in seinen Werken abgenötigt hat. So auch diesmal. Viele Anekdoten ( mit „Grün“ und „Blau“) waren schon bekannt, einiges ist aber neu und ruft in mir Widerspruch hervor. Dazu später.
Kostos Buch ist ein finales Plädoyer für die freie Wirtschaft, freie Entfaltung der Persönlichkeit und freie Spekulation. Nach eigener Aussage war Geldverdienen für Kosto nie Selbstzweck, sondern die Gewinne zeigten ihm, daß er recht hatte (S 19). Dafür stand er auch harte Zeiten durch, was ihn in dieser Hinsicht etwas ähnlich zu uns macht, die wir die Aktienmärkte abstürzen sehen. Nach Kostos Ansicht geht Geld immer zu dem, der es am meisten begehrt (S.21), der jedoch einen kühlen Kopf behält. Viel Geld bekommt man auf dreierlei Weise: reiche Heirat, glückliche Geschäftsidee oder Spekulation. Den meisten von uns bleibt wohl nur der dritte Weg.
Eine kleine Anekdote: Kosto floh 1940 vor unseren Truppen in die USA. Da ihm Theater, Lesen, Reisen etc. zu langweilig wurden, wollte er sich eine Arbeitsstelle suchen. Er ging also zu Goldmann Sachs und traf dort mit Walter Sachs zusammen. Er machte aber leider den Fehler, zu sagen, daß er relativ reich sei und auch ohne Geld arbeiten würde. Da Goldmann aber junge, gierige und karriereversessene Leute wollte, fiel Kosto durch und für ihn wurde Rober Rubin eingestellt. Diesen Namen kennen wir wohl alle.
Kosto geht dann auf die unterschiedlichen Arten von Leuten ein, die mehr oder weniger mit der Börse zu tun haben. Da wären Makler (für die er nichts übrig hat), Money-Manager, Finanziers, Arbitrageure, Hasardeure. Kosto kritisiert auch die jetzt vermehrt auftretenden Zocker, die den Markt schädigen. Er erwähnt das Beispiel der Friseuse, die ihre Arbeit aufgab, um als Daytrader zu arbeiten. Ich kann mich genau an den Beitrag erinnern. Er sagt wie wir, daß aus der Börse ein Spielkasino geworden ist, weiter hinten zieht er aber daraus nicht die richtigen Schlüsse. Devisenhändler hat er auch auf dem Kieker und würzt das wieder mit einer kleinen Geschichte. Devisenhändler sind für ihn wie Landstreicher: „ Die Händler und ihre Arbeitgeber denken wohl ähnlich wie jener Landstreicher im alten Ungarn, der sich wegen Mordes vor Gericht verantworten mußte. „ Schämst Du Dich nicht, einen Mann zu ermorden, für nur 2 Gulden?“ Aus tiefster Überzeugung kam die Antwort: „ Aber gnädiger Herr, zwei Gulden hier, zwei Gulden dort, es läppert sich zusammen.““ Das genau ist Kostos Witz, den ich so mag.
Wir wissen auch, was Kosto von akademischen Lehren hält - um es vorsichtig auszudrücken - wenig. Als erfolgreicher Spekulant sollte man besser seine Volkswirtschaftlichen Kenntnisse ablegen. In der heutigen Zeit der Börsenblase sind wahrscheinlich sehr viele diesem Rat gefolgt und haben die wirtschaftlichen Rahmendaten völlig aus den Augen verloren.
Dann beginnt Kosto damit, aufzuzählen, womit man spekulieren kann: Anleihen (wobei er seinen Zarendeal erwähnt), Devisen (Franc - Spekulation Anfang der 20er), Rohstoffe( Getreide - Spekulation in Ungarn) und Sachwerte. Und jetzt wird es interessant, da sich Kosto dem Golde zuwendet: „ Die Entwicklung des Goldpreises offenbart das ganze Desaster. Von in der Spitze von 850 Dollar für die Feinunze ist Gold auf heute unter 300 Dollar gefallen. Und Besserung ist nicht in Sicht. Ich betrachte dies mit großer Genugtuun, denn ich war immer ein Gegner der Goldanbeter.“ Seinen Haß gegen Gold erklärt Kosto später noch etwas genauer.
Es folgt eine kleine Börsengeschichte. Wie es so zuging im 17.Jh in Amsterdam, mit der ostindischen Kompanie und den Tulpen (Tulpe kommt übrigens von Turban (türkisch), interessant, was?). Irgendwie war die Börse doch immer schon so wie sie heute ist und sie wird sich auch nie ändern. Kosto zieht aber nicht den Schluß daraus, daß heute wieder eine Tulpenmanie im Gange ist. Er erwähnt auch kurz de la Vegas Buch über „ Die Verwirrung der Verwirrungen“, das er leider nie in der Originalausgabe bekommen konnte, da es irgendein Japaner auf der Auktion weggeschnappt hat. Kosto hat wohl nie erfahren, daß das unser Freund Dottore war.
Kosto, so erzähl er, ging immer gern zur Börse, aber nicht, um zu machen was alle dort taten, sondern, um genau das Gegenteil dessen zu tun. Das ist doch wieder ein Punkt, der uns in unserer bärischen Einstellung bestärkt, denn die dumme Hammelherde rennt doch immer noch nur in die eine Richtung. Was folgt, ist die Geschichte mit dem Mann und dem Hund, der manchmal vorausrennt und manchmal zurückliegt. Kosto beschreibt die Diskrepanz, die zwischen Hund und Mann in Japan Ende der 80er Jahre bestand, er zieht aber kein Parallelen zur heutigen Entwicklung in den USA. Bernd Niquet verfaßte neulich mal einen guten Kommentar auf Spiegel-online dazu. Niquet beschrieb so trefflich, daß sich das Spiel mittlerweile so gestaltet, daß der Hund mit dem Mann spazieren geht.
Jetzt kommt eine von Kostos Kernthesen: „ Der Friede ist das Wichtigste“. Damit hat er sicher recht, doch auch 1929 war wieder Frieden. Da jetzt die Amerikaner als einzige Weltmacht übrig seien und den Frieden auf absehbare Zeit sichern würden, dann es an den Börsen munter weiter steigen. Daß der Frieden keinesfalls unbedingt sicher ist, erschließt sich dem interessierten Leser in folgendem Buch: „Kampf der Kulturen“ von S. Huntington.
Kosto: „ Ist die Wirtschaft frei von Hemmnissen, so daß sie wachsen kann, wird die Börse trotz Schwankungen a la longue nach oben gehen.“ Ja aber eben diese von allen Fesseln befreite Wirtschaft ist es doch, die die Exzesse mit herbeigeführt hat!? Es ist doch jetzt so, daß Kapitalinteressen alles andere dominieren und das kann Kosto doch nicht gutheißen?
Und jetzt ist Kosto wieder beim vorhin erwähnten Gold angelangt. Seiner Meinung nach verhinderte ein auf dem Goldstandard basierendes Geldsystem die ausreichende Liquiditätsversorgung der Volkswirtschaften, was sich u.a. in mäßigen Börsenentwicklungen niederschlug. Soweit ich weiß, bestand 1929 noch der Goldstandard...... Kostos falscher Schluß lautet: „ In Wirklichkeit hat das Goldstandardsystem nie funktioniert und es wird nie funktionieren“. Komisch, über Jahrhunderte funktionierte es hervorragend. Es gab quasi weltweit eine einheitliche Währung und z.B. die industrielle Revolution wurde dadurch auch nicht verhindert. Um Kostos historische Kenntnisse scheint es in dieser Hinsicht nicht gut bestellt zu sein. Eine wirklich heftige These von Kosto ist diese: „ Vielleicht wären Hitler, das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg und der Holocaust nie geschehen, hätte es den Goldstandard nie gegeben.“ Und hier erreicht Kosto einen Punkt, der ihn jeden Kredit bei mir verspielen läßt. Es dürfte Kosto nicht entgangen sein, daß Dl. nach dem 1.WK Tribute auferlegt wurden, die es nicht erbringen konnte und die eine Rache der Sieger darstellten. Brüning blieb doch nichts weiter übrig, als bis zur äußersten Erschöpfung das Volk mit Steuern zu belasten, da die Sieger ihre Beute wollen. Hätten wir nicht gezahlt, so wären Franzosen und Engländer wieder eingerückt und hätten Deutschland besetzt. Die nationalsozialistische Diktatur dem Gold in die Schuhe zu schieben, ist wirklich nicht nur eine Frechheit, sie ist einfach dumm. Kosto kennt genau die Vorgeschichte der goldenen Zwanziger mit all den Exzessen, der Kreditausweitung und der kurzfristig finanzierten Spekulation. Das alles hatte mit dem Gold überhaupt nichts zu tun. Noch ein nettes Zitat von Kosto: „ Unser heutiges Wirtschaftssystem braucht gute Notenbanker, die Dirigenten der Finanzmärkte, und nicht das Goldstandardsystem. A.Greenspan, der Chef der FED, ist ein sehr guter Dirigent. Er gibt der Wirtschaft Geld, wenn sie es braucht, und reduziert die Geldmenge, wenn zu viel Geld im Umlauf ist.....“ Kosto scheint hier die Entwicklungen der letzten Jahre nicht mehr so ganz mitbekommen zu haben. Die Notenbanker sind längst keine Dirigenten mehr. Die Dirigenten sind die weltweiten Devisenspekulanten geworden, die a la Sorros Gewinne privatisieren (Pfund-Abwertung) und Verluste sozialisieren (Mexiko-Krise), also der Bevölkerung aufladen.
Stabiles Geld ist für Kosto kein Ziel. Ziel ist nur Frieden und Wohlstand, auch wenn dieser mit Inflation erkauft wird. Daß er mit dieser Meinung kein Freund des Goldes sein kann, ist absolut einleuchtend. Hätten wir in unserer heutigen Zeit den Goldstandard, so wären uns wohl die meisten Exzesse erspart geblieben. Sicher, die Wirtschaft wäre nicht so schnell gewachsen, doch wäre das unbedingt ein Nachteil gewesen? Jetzt hat sie sich doch so aufgeblasen, daß es kein verträgliches Luftablassen mehr geben kann.
Für Kosto sind die entscheidenden Faktoren, damit die Märkte steigen können, Geld und Psychologie. Damit hat er zweifellos recht. Nicht umsonst hat ja die FED die Geldmenge so deutlich ausgedehnt, um die Blase weiter am Leben zu halten. „ Meiner Ansicht nach sind für die mittelfristige Börsentendenz die Faktoren Phantasie und Geld viel ausschlaggebender als die fundamentalen Tatsachen, wobei der Faktor Geld klar der dominierende ist.“ Und eben daran krankt doch alles. Wir sind schon himmelweit von den fundamentalen Tatsachen entfernt. Das ist wieder eine Stelle, an der Kosto den Drahtseilakt wagt. Er prangert zwar Überreaktionen an, sieht aber aktuell keine oder nur eine geringe Gefahr Kostos Logik folgend wäre es wohl das beste, wenn die Notenbank die Druckpresse immer fleißig in Gang halten würde. Kosto benennt den Kredit als Triebkraft der Wirtschaft. Daß diese Triebkraft aber durch exorbitante Staatsverschuldung und durch Unternehmenüberschuldung in eine immer gefährlichere Schieflage gerät, benennt er nicht. Dann aber weiter ein Satz, in dem er doch seiner Besorgnis etwas Ausdruck verleiht: „ Gelingt ihnen (den Notenbanken) diese Balance zwischen Rezession und Euphorie aber irgendwann nicht mehr, und die Wirtschaft wächst unkontrolliert schnell (diese Gefahr besteht zur Zeit allenfalls in den USA), gepaart mit anziehenden Inflationsraten, werden die Folgen dramatisch sein.“ (S. 110) Und weiter: „Je euphorischer die Stimmung zuvor war, desto heftiger wird der Krach...... Der Vollblutspekulant, der sich a la baisse engagiert, kann ein Vermögen machen.“
Er greift auch kurz die Massenpsychologie auf und erwähnt Le Bons Buch. Für ihn entziehen sich aber die psychologischen Motivationen der Vorhersage. Uns kann dafür die EW-Theorie sehr hilfreich sein. Auch darauf geht Kosto ein. Was dann folgt, ist seine bekannte Geschichte von den Zittrigen und den Hartgesottenen. Die Frage ist die, wer wohl jetzt die Papiere hält. Ich erinnere mich gut an eine Statistik über US-Internetwerte, die auswies, daß z.B. Priceline im Durchschnitt 3 Tage gehalten wird. Im Nachhinein haben die Zocker da noch Glück gehabt. Fakt ist aber, daß dadurch die Börse kaputtgeht.
Dem Ei des Kolumbus entlehnt, erklärt Kosto dann das Ei des Kosto. Wir dürften jetzt in Phase A3 sein, die einen euphorischen Wendepunkt darstellt.
Und jetzt wird es für EW-Freunde interessant. Es war im Jahre 1987. „ Ein Börsenguru namens Robert Prechter, der mit Hilfe der Elliot (!!!!) - Wellen einen Dow Jones von 3686 für 1988 vorraussagte, war der Star der Anleger. Seine Berühmtheit war ein klares Indiz dafür, daß sich die Papiere bereits überwiegend in den Händen der Zittrigen befanden. Jeder nur ein wenig erfahrene Börsianer würde niemals einem Guru hinterherlaufen, der behauptet, den Dow Jones auf den Punkt genau vorhersagen zu können....... was Prechter machte, war eine Beleidigung des gesunden Menschenverstandes.“ Kosto vergißt hier nur, daß Prechter diese Prognose Ender der Siebziger Jahre (!!!) abgab, als der Dow bei 1000 Punkten lag. Daß sich Kosto nie ernsthaft mit EW befaßt hat, ist klar. Man merkt Kosto an, daß er innerlich gespalten ist: „ kein Börsenkrach, und kein Boom, der nicht in einem Börsenkrach endet“. Ja, und ich will besonders diesmal beim Krach nicht dabei sein.
Es folgen noch eine Reihe anderer Auslassungen, so z. B. über 1929 (Blasenwerte wie Radio Corp. eingeschlossen), antizyklisches Handeln (verkaufen wenn alle anderen kaufen und umgekehrt), Charakterstärke, Informationsgesellschaft, Insider, Turnaround - Werte usw.
Zusammenfassend stelle ich fest, daß Kosto hier kein neues Buch an sich geschrieben hat, sondern aus alten Büchern, etwas aufgepeppt, zusammengefaßt hat. Er sieht die realen Verwerfungen an der Börse, wagt die Konsequenzen aber nicht auszusprechen. Seine dreisten Aussagen zum Gold und zur Weimarer Republik haben mich wütend gemacht und Kosto in meiner Wertschätzung herabgesetzt. Dieses Buch war nicht sein bestes, ist aber für Einsteiger recht brauchbar, die Funktionsweise der Börse besser zu verstehen. Lesenswert und witzig sind wie immer seine Anekdoten, die viele aber schon kennen. Auf meiner Notenskala eine 3,0.
Grüße und bis zum nächsten Mal!
Jan
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