- Christoph Wulff zu Barings: 'Bürger, auf die Barrikaden' - Popeye, 20.12.2002, 07:49
- Re: Christoph Wulff sülz, sülz, blahblah, Hopfen und Malz verloren - Baldur der Ketzer, 20.12.2002, 11:29
- Re: Christoph Wulff sülz, sülz, blahblah, Hopfen und Malz verloren - Popeye, 20.12.2002, 11:41
- Christian Wuff: es gibt kein Widerstandsrecht....wissen wir vom Adolf her - Baldur der Ketzer, 20.12.2002, 11:51
- Re: Christoph Wulff sülz, sülz, blahblah, Hopfen und Malz verloren - Popeye, 20.12.2002, 11:41
- Re: C. Wulff ** Drah dich nicht um, der Sensemann gaht um - bald! - Herbi, dem Bremser, 20.12.2002, 12:48
- Re: Christoph Wulff sülz, sülz, blahblah, Hopfen und Malz verloren - Baldur der Ketzer, 20.12.2002, 11:29
Christoph Wulff zu Barings: 'Bürger, auf die Barrikaden'
-->Von der Tribüne aus erzielte
Tore zählen nicht: Christoph
Wulff antwortet Baring
Gegensteuern statt neuer Steuern: Eine Erwiderung
auf Arnulf Baring / Von Christian Wulff
Arnulf Baring hat in einem aufsehenerregenden Aufsatz in
dieser Zeitung (F.A.Z. vom 19. November) die Bürger
aufgerufen, auf die Barrikaden zu gehen, weil die Politiker zu
den dringenden wirtschaftlichen und sozialen Reformen nicht
in der Lage seien. Er sieht unser Land auf dem besten Weg
zu einer"DDR light" - ich teile diesen zweiten Teil seiner
Diagnose. Aber gerade deshalb muß ich seiner ersten These
ebenso nachdrücklich widersprechen. Der politischen Klasse
unseres Landes insgesamt Orientierungslosigkeit zu
attestieren, das ist mir, bei allem Respekt vor Arnulf Baring,
doch zu oberflächlich. In der Demokratie gibt es kein
Widerstandsrecht gegen demokratische Entscheidungen - als
einziges legitimes Mittel gibt es das Ringen um Mehrheiten.
Verweigerung und der bequeme Rückzug ins Private sind
keine Antworten auf die Krise unseres Landes. Arnulf
Baring ruft die Bürger auf, auf die Barrikaden zu gehen.
Aber auch Rechtswidrigkeiten wie aktiver Widerstand oder
Steuerboykott sind keine Antwort. Zwar wurden hier und da
Tore auch schon von der Tribüne aus erzielt, nur sind diese
regelmäßig nicht anerkannt worden.
Allerdings wachsen die Zweifel an der Fähigkeit unserer
freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung, Probleme
zu lösen. Mir begegnen täglich mehr Zweifel vieler Bürger
an der Fähigkeit, entschlossen voranzugehen, und auch in mir
wachsen Zweifel, wenn ein Ministerpräsident mit ständig
neuen unausgegorenen Plänen zu Steuer- und
Abgabenerhöhungen bei Ehe und Familie, Erbschaften,
Schenkungen, Vermögen, Kapitalerträgen bis zur
Gesundheitsversorgung die Gazetten beschäftigt. Auf die
Titelseiten zu kommen scheint wichtiger zu sein als die
Substanz der Vorschläge. Solche Zweifel verbinden sich oft
mit dem Vorwurf,"die Politik" sei außerstande, das für
Deutschland Richtige zu erkennen und durchzusetzen.
Das hat auch mit der Gesetzmäßigkeiten des politischen
Diskurses zu tun. So wirken die Nachteile jeder
Entscheidung durch den dadurch ausgelösten Streit zunächst
größer als die Vorteile, die erst nach Wirksamwerden der
Entscheidung allmählich sichtbar werden."Qui tacet,
consentire videtur", wer schweigt, scheint zuzustimmen,
sagten die Römer. Der Satz gilt heute auch in der
Umkehrung: Wer zustimmt, schweigt. So melden sich in der
öffentlichen Diskussion stets die Gegner jeder Entscheidung
zu Wort, und das allgemeine Palaver führt schnell dazu, daß
eigentlich niemand dafür zu sein scheint. Dann wächst die
Versuchung, Veränderungen lieber zu unterlassen, zumal die
Demoskopie bestätigt, daß Streit für die politische
Überzeugungskraft einer politischen Partei Gift ist. Nicht
zuletzt wegen dieser Mechanismen spricht Baring mit seiner
Kritik am Parteiensystem viele an.
Zweifellos haben die davon ausgehenden Schwierigkeiten im
politischen Diskurs durch die Lähmung der vergangenen
Jahre und die Enttäuschung über die Entscheidungen seit der
Bundestagswahl eine neue, noch nicht dagewesene
Zuspitzung erfahren. Dies zeigt sich vor allem in der Politik
der Bundesregierung. Es fehlt an Orientierung, an
Verläßlichkeit, an Werten, an Vorbildern. Freilich wird durch
das öffentliche Hin und Her der regierungsamtlichen Politik
vor und nach dem 22. September in den Boulevard-Blättern
nur das diskutiert, was schon oft Gegenstand politischer
Betrachtungen in Feuilletons und Leitartikeln war: die
Tatsache, daß der Bundeskanzler noch nie ein Gestalter von
Politik war. Er ist der außergewöhnliche Designer eines nicht
vorhandenen Leitbildes, über einen ordnungspolitischen
Kompaß verfügt er nicht. Deswegen vermag er dem Land
auch keine Richtung zu geben. Gerhard Schröder kann
weder sagen, wie die künftige Entwicklung der
Bundesrepublik aussehen soll noch, auf welchem Fundament
sie ruhen soll.
In einer Zeit der Stigmatisierung von Leistungsträgern und
Vermögen wird auch kein Kapital nach Deutschland
zurückkehren. Italien und Ã-sterreich hatten in dieser Frage
deswegen Erfolg, weil sie einen Politikwechsel vollzogen.
Diese Bundesregierung wird den Makel des Wahlbetrugs
und der Wählertäuschung nicht mehr los werden. Ehrlichkeit,
Pflichtbewußtsein und Glaubwürdigkeit sind aber
unentbehrlich, damit eine Gesellschaft überhaupt
funktionieren kann. Auch die politische Elite sollte Vorbild
sein. Wenn wir zulassen, daß sich zwischen unseren
Überzeugungen und unserem Handeln eine Kluft auftut, wird
es der Politik nicht gelingen, sie auch an junge Menschen
weiterzugeben. Daß einem Bundeskanzler um des
Machterhalts willen jedes Mittel, von Steuerlügen bis zum
Säen von Kriegsängsten, recht ist, erfüllt mich mit Sorge. All
dies wird für lange Zeit einen Schatten auf die Integrität des
Amtes des Bundeskanzlers werfen und die Autorität
staatlicher Institutionen beschädigen.
Die allgemeine Vertrauenskrise bleibt nicht ohne
Rückwirkungen auf die wirtschaftliche Konstitution unseres
Landes. Ludwig Erhard stellte zu Recht fest:"Konjunktur ist
zur Hälfte Psychologie." In diesen Monaten herrschen
Angstsparen, Konsumverzicht und Investitionsscheu wie nie
zuvor; die Einstellungsbereitschaft geht gegen Null. Der
private Konsum, eigentlich immer Stabilisator der
konjunkturellen Entwicklung, wird sich Ende dieses Jahres
real um fast 2,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr nach
unten gedreht haben - das hat es bisher noch nicht gegeben:
Deutschland als kranker Mann Europas. Im Ausland weicht
anfängliche Schadenfreude der tiefen Besorgnis, vom
deutschen Bazillus infiziert zu werden. Unter Fachleuten
wird die Frage diskutiert, ob in Deutschland"japanische
Verhältnisse" drohen.
Die fehlende Bereitschaft, an die strukturellen Probleme
unseres Landes heranzugehen, zeichnet nahezu alle
rot-grünen"Reform"-Gesetze der vergangenen vier Jahre
aus. Dazu gehörte die Außerkraftsetzung sämtlicher
Maßnahmen der früheren unionsgeführten Bundesregierung,
die auf mehr Wettbewerb und mehr Wahlfreiheit im
Sozialversicherungssystem setzten. Dazu zählen viele
bürokratische"Reformen", die die Beweglichkeit des
Arbeitsmarktes massiv eingeschränkt haben -
Entscheidungen, die zur krisenhaften Zuspitzung der Lage
beigetragen haben. Der Reformbegriff wurde dadurch
diskreditiert.
Einer gesetzlichen Krankenkasse wird von der
Sozialministerin jüngst untersagt, den Versicherten mehr
Wahlmöglichkeiten zu geben, um weniger Beiträge zu zahlen.
Die Bemessungsgrenzen in der Sozialversicherung werden
erhöht und die Beitragssätze gleichzeitig angehoben, um
gerade die Leistungsträger zu schröpfen, obwohl jeder weiß,
daß die höheren Beiträge niemals zu höheren
Rentenansprüchen führen werden. Mit Vermögens-,
Erbschafts-, Spekulations- und Mindeststeuer wird von der
Regierung eine Neiddebatte angezettelt - in Wirklichkeit geht
es darum, die Mitte der Gesellschaft zu schröpfen und
Leistung und Eigentum zu diffamieren. Nun soll es eine
Abgeltungssteuer geben, die, von der SPD jahrelang
bekämpft, jetzt mit der Begründung versehen wird, man
wolle damit die Millionäre schröpfen. Mit dem Angriff auf
das Ehegatten-Splitting will Rot-Grün die bürgerliche Familie
zerstören - zu heiraten soll ein materieller Nachteil werden.
Mit all diesen Maßnahmen werden bewährte Rechtsinstitute
wie Eigentum, Ehe und Familie, die unser Land
zusammengehalten haben, untergraben: Das
Koordinatensystem wird systematisch verschoben - zu
Lasten von Eigentum und Sparen, von Motivation und
Leistungsbereitschaft.
Jetzt, wo private Initiative und Ermutigung dringender denn je
sind, fordert Fraktionschef Müntefering die Menschen auf,
ihr Geld doch gleich beim Staat abzugeben. Nicht der Staat
soll seine immer teurer werdenden Aufgaben reduzieren,
sondern der einzelne soll sich einschränken. Kaum etwas
drückt den blinden Glauben an die Allzuständigkeit staatlicher
Bürokratien deutlicher aus und zugleich das Mißtrauen
gegenüber Kreativität und Initiative des einzelnen.
Müntefering befindet sich in einer Reihe mit den
Wunschvorstellungen des SPD-Generalsekretärs. Bei einem
Staatsanteil von fünfzig Prozent am Sozialprodukt die Steuer-
und Abgabenbelastung noch weiter in die Höhe zu
schrauben, noch mehr Aufgaben für den Staat zu
beanspruchen und dies auch noch mit dem Anspruch auf die
"Lufthoheit über den Kinderbetten" auszuschmücken - das ist
im Baringschen Sinne in der Tat"DDR-light". Am gleichen
Tag verkündet der niedersächsische Ministerpräsident voller
Inbrunst auf seinem Landesparteitag:"Sozialismus ist
Champagner für alle und nicht Rotkäppchen-Sekt für
wenige." Beim bisher einzigen Sozialismus-Versuch auf
deutschem Boden wurde das Volk noch mit
Rotkäppchen-Sekt abgespeist, und der Champagner blieb den
Funktionären vorbehalten.
Wie bei den Äußerungen von Müntefering, Scholz und all
den anderen steht überall der alte sozialistische Glaube von
der Allzuständigkeit des Staates Pate. Dies wird der
Schauplatz der politischen Auseinandersetzung in den
kommenden Jahren sein. Dahinter steht die Frage nach der
Aufgabenverteilung, bei der der Staat neben Familie, Betrieb,
Kirchen und Berufsverbänden nur ein Anwärter ist. Wir
sollten uns daran erinnern, daß der Glaube an den Staat
historisch eine späte Entwicklung in Deutschland ist und sich
hierzulande wirtschaftlich erst im neunzehnten Jahrhundert
als Ergebnis der etatistischen Koalition von
Kathedersozialisten und Konservativen Bismarckscher
Prägung gebildet hat. In früheren Jahrhunderten waren sich
die Menschen der Ambivalenz des Großgebildes staatlicher
Daseinsvorsorge weit stärker bewußt, wie Hobbes, der den
Leviathan zwar als Garanten des Überlebens, aber auch als
Bild des Schreckens und von absoluter Herrschaft verstand.
Die Schwierigkeiten, den Umfang der notwendigen
staatlichen Leistungen festzulegen, entstehen dadurch, daß
deren Inanspruchnahme Regeln unterliegt, deren Einhaltung
vom Bürger Solidarität und Gemeinsinn fordert, also den
Willen, in das persönliche Verhalten auch das allgemeine
Interesse einzubeziehen. Schon bei Rousseau und Hegel wird
das Problem des Verhältnisses von Staat und privaten
Organisationsformen - der Umfang der Staatstätigkeit - in
der Vermittlung des Allgemeinen und des Besonderen
gesehen, der Sorge für andere und der Bereitschaft, diesen
Gemeinsinn im eigenen Willen aufzunehmen.
Für mich liegt hier der Kern des Problems:"Was ist des
Staates?" Wir sollten uns davon leiten lassen, daß der Staat
als Verkörperung des Allgemeinen nur das Allgemeine
organisieren und erzwingen, nicht aber die maximale
Absicherung des einzelnen zum allgemeinen Interesse
machen kann. Das Subsidiaritätsprinzip ist hier entscheidend:
Der Staat kann und darf nicht an sich ziehen, was der
einzelne selbst besser zu regeln vermag. Sonst ist das
Ergebnis nicht der mündige Bürger, sondern der"betreute
Mensch", wie ihn Helmut Schelsky beschrieben hat. Der
allzuständige Staat der Daseinsvorsorge neigt dazu, die
Bürger zu umhegen, die Familie, den Sparsinn und das
Vorausdenken entbehrlich zu machen, das Eigeninteresse zu
verengen und den Gemeinsinn entbehrlich zu machen. Es ist
zweifellos ein überbürokratisierter, überregulierter Staat, der
mit einer Staatsquote von fünfzig Prozent und mehr jede
Dynamik, Veränderung und Bewegung in Wirtschaft und
Gesellschaft zu ersticken droht. Die Kehrseite von zuviel
Staat ist eine exorbitante Steuer- und Abgabenbelastung.
Ã-kosteuer für die Rente, Tabak- und Versicherungssteuer
für die innere und äußere Sicherheit, Kapitalertragssteuern
für die Bildung - ein Staat, der hoheitliche Aufgaben nur noch
mit Hilfe von Sondersteuern und -abgaben zu bestreiten
weiß, wird am Ende die bisherigen Steuern ausschließlich für
Personal und Schuldendienst erheben. Die fiskalische
Ausweglosigkeit einer solchen Politik ergibt sich von selbst.
Dies alles stellt weitreichende Anforderungen an den
politisch Verantwortlichen. Die Staatsquote als umfassender
Ausdruck der Staatstätigkeit muß zwingend zurückgeführt
werden - durch Ausgabenrückführung und nicht durch
Steuererhöhungen. Gerade die wachstumsstarken Länder
Europas zeichnet heute alle ein gemeinsames Merkmal aus:
Sie haben seit Mitte der neunziger Jahre ihre Staatsquote
zwischen sechs und zwölf Prozent senken können und damit
das wiederholt, was die Bundesrepublik Deutschland schon
in den Jahren 1982 bis 1989 vorgemacht hat. Dies kann nur
gelingen, wenn die Rückführung der Staatsquote Richtschnur
aller ausgabenwirksamen Entscheidungen des Bundes wird -
dies ist sie seit 1998 erkennbar nicht.
Die säkularisierten Heilserwartungen, die der Staat geweckt
hat, wenden sich letztlich gegen uns selbst. Denn der Staat
verfügt nicht über das Füllhorn, aus dem er mehr verteilen
könnte, als was die Gesellschaft zur Verteilung
erwirtschaftet. Das bedeutet nicht, Verzicht zu üben, sondern
zu einem Gemeinwesen zurückzukehren, in dem der
Grundsatz der Subsidiarität stärker beachtet wird. Um
Mißverständnissen vorzubeugen: Dies ist kein Plädoyer für
ein Sozialversicherungssystem auf rein privatwirtschaftlicher
Basis, schon deswegen nicht, weil eine rein private
Absicherung die Bedürftigen nicht ausreichend zu schützen
vermag. Doch angesichts einer Lohnnebenkostenbelastung,
die so hoch ist wie in keinem anderen Industrieland, und
angesichts unverhältnismäßig hoher Steuerbelastungen
müssen wir uns davor hüten, die Leistungsfähigkeit unseres
Gemeinwesens aufs Spiel zu setzen und das
Motivationsgefüge unserer Gesellschaft durch Steuern und
Abgaben weiter zu beschädigen. Weniger, nicht ein Mehr an
intervenierendem Staat führt zu höherem Wachstum und
steigender Beschäftigung.
Unsere freiheitliche Gesellschaft hat eine offene Zukunft. Es
gibt keinen staatlichen Heilsplan. Und weil wir uns in eine
offene Zukunft hineintasten, brauchen wir möglichst viele, die
bereit sind, im Interesse des Fortschritts Leistung zu bringen
und unternehmerische Risiken zu übernehmen. Ein Land, das
wie das unsrige an der Spitze des technischen Fortschritts
stehen muß, kann im Konflikt zwischen Wachstum und
Gleichheit nicht der Gleichheit den Vorrang einräumen. Die
Entwicklung verlangsamt sich zum Nachteil aller, weil reines
Gleichheitsstreben in den Zielen immer lähmend wirkt.
Eine solche Auffassung von Leistung und Eigentum,
Eigeninitiative und Gemeinsinn, Ehe und Familie ist in
Deutschland zukunftsfähig, weil sie mehrheitsfähig bleibt. Ich
bin auch davon überzeugt, daß unser Parteiensystem - hier
widerspreche ich Baring mit Nachdruck - sehr wohl die
Kraft zu dieser Wende besitzt. Dies erfordert aber mehr
Glaubwürdigkeit, Verläßlichkeit und Aufrichtigkeit bei denen,
die zur politischen und gesellschaftlichen Elite unseres
Landes gehören. Schließlich geht es um unser Vaterland.
Wir haben nur das eine.
Der Verfasser ist Landesvorsitzender der CDU
Niedersachsens und stellvertretender Bundesvorsitzender
seiner Partei.
Am 19. November veröffentlichten wir an dieser Stelle
einen Text von Arnulf Baring, in dem dieser die Politik
kritisierte und zu einem Aufstand des Bürgertums gegen die
Parteien aufrief. Wenige Tage später wurde Baring in der
Sendung"Sabine Christiansen" vom niedersächsischen
Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel attackiert. Dieser
bemängelte insbesondere den Ort des Vorstoßes, das
Feuilleton. Gabriel schien die Schauspieleratmosphäre der
Talkshow offenbar angemessener als das gedruckte Wort,
das den Vorteil hat, daß die Argumente auch nach Jahren
noch überprüfbar sind und sein Verfasser für sie
verantwortlich gemacht werden kann. Deshalb bekam
Sigmar Gabriel von uns Gelegenheit, seinen Standpunkt an
dieser Stelle deutlich zu machen und Baring zu antworten.
Nach einer bereits gegebenen Zusage besann sich Gabriel
anders. Er wollte nun nicht mehr. F.A.Z.
"Wer schweigt, scheint zuzustimmen", sagten die Römer.
Der Satz gilt heute auch umgekehrt: Wer zustimmt, schweigt.
Das Koordinatensystem wird systematisch verschoben - zu
Lasten von Eigentum und Sparen, von Motivation und
Leistungsbereitschaft.
Der Staat darf nicht an sich ziehen, was der einzelne besser
zu regeln vermag. Sonst ist das Ergebnis der betreute
Mensch.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.12.2002, Nr. 296 / Seite 39

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