- noch was zum Euro (http://www.fuchsbriefe.de) - Baldur der Ketzer, 03.05.2000, 12:18
- Re: Euro - Black Elk, 03.05.2000, 14:09
noch was zum Euro (http://www.fuchsbriefe.de)
Aus FUCHSBRIEFE vom 02.05.'00
Euro: Dauerhafter Abschlag
Die Phase der (politischen) Unsicherheit für den Euro dauert an. Zunächst die Führungslosigkeit der
Euro-11-Gruppe seit dem Rücktritt von Finanzminis-ter Dominique Strauss-Kahn im Herbst. Jetzt das
Unter-suchungsverfahren gegen Frankreichs Notenbankchef Jean-Claude Trichet. Die Reaktion der Märkte
erklärt sich aus der Annahme, dass Trichet Mitte 2002 nicht zur Verfügung steht und damit die
Führungsschwäche im EZB-Direktorium unter Duisenberg anhält. Dies ist nach unseren Informationen
realistisch: Trichet steht innen-politisch offenbar auf der Abschussliste. Der ausge-kungelte vorzeitige
Rücktritt Duisenbergs ist aber auf die Person Trichet zugeschnitten. EZB-Vize, der Fran-zose Noyer, kann
schon vom Statut her nicht das Zep-ter der Bank übernehmen.
Doch der"Fall Trichet" ist nur ein weiterer Tropfen, der das Euro-Fass zum Überlaufen bringt! Die Märkte
registrieren immer deutlicher die politische Führungslosigkeit der Gemeinschaftswäh-rung. Niemand zeigt
sich in der Finanzministerriege verantwortlich für den €, keiner übernimmt die politi-sche
Meinungsführerschaft. Und kein Volk steht mehr hinter dieser Währung, die überall wie eine Außenwäh-rung
angesehen wird. Mit Argusaugen wird beobachtet, wie Finanzminister Eichel klammheimlich das alte
Schlachtross Bundesbank zum Metzger führt: durch offenbar erwünschten Kompetenzentzug
(Banken-aufsicht, Schuldenmanagement). Das kann nur heißen: (Bewusste?) Schwächung eines starken
Gliedes im Füh-rungszirkel der Notenbanken. Die Politik gewinnt im gleichen Ausmaß Macht über den
Geldwert.
Wenn jetzt keine Regierung in Europa gegensteuert - bei Osterweiterung, Griechenland-Aufnahme - und
nicht grundsätzlich die Diskussion über den optimalen €-Währungsraum entflammt, wird das Diktum
der Märkte knallhart sein: Der Wert der Gemein-schaftswährung ist den Politikern egal! Die neuer-dings
populäre Unterscheidung zwischen Binnen- und Außenwert ist ohnehin auf mittlere Sicht barer Unfug: Eine
Währung im Sinkflug importiert immer Inflation und wird unvermeidlich zum Binnen-Weichei.
Der nächste politische brisante Termin steht be-reits vor der Tür: Am 8. Mai könnte sich die Euro-11-Gruppe
mit den zwei Neulingen Fabius und Visco der Frage stellen, wann"außergewöhnliche Umstände" und
"eindeutige Wechselkursverzerrungen" im Sinne der Luxemburger Gipfelerklärung von Dezember '97
gege-ben sind, unter denen sich die Finanzminister mit Wechselkursfragen befassen können.
Allmählich könnte sich die von überschäumender Konjunktur betroffene Gruppe Portugal, Spanien, Ir-land
und Finnland, eventuell unterstützt von den Nie-derlanden, im EZB-Rat und der Euro-Gruppe als Kri-tiker der
EZB-Trippelschritte beim Zins zu Worte melden. Das Dilemma: Nur ungern würden die Mi-nister die ihnen
zustehende Verantwortung für den Eu-ro-Außenwert selbst übernehmen. Aber Druck auf die EZB würde den
Euro weitere Punkte kosten.
Übrigens: Niemand wagt es, an eine Verschiebung der Bargeldeinführung 2002 auch nur zu denken,
egal wie tief der € fällt!"Das käme einer Auflösung der Währungsunion gleich und wäre das Ende
Europas", lautet das politische Diktum.
So ist derzeit beides richtig: Der Dollar ist stark. Und der Euro ist schwach. Vor allem die Politik, weniger
die EZB, hat es (noch) in der Hand, am zweiten Punkt etwas zu ändern. Doch danach sieht derzeit nichts
aus. Dagegen ist kein Konjunktur-Kraut gewachsen. Der € muss mit einem (satten) Abschlag leben.
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