- Regierung schürt Konsumfrust - Sushicat, 08.01.2003, 11:36
- Re: Regierung schürt Konsumfrust - stocksorcerer, 08.01.2003, 11:55
- Re: Regierung schürt Konsumfrust - Deflation ist doch längst im Gange - kizkalesi, 08.01.2003, 13:41
- Re: Regierung schürt Konsumfrust - stocksorcerer, 08.01.2003, 11:55
Regierung schürt Konsumfrust
-->Hallo zusammen,
sehr schön finde ich in diesem Artikel den Abschnitt:
Das DIW forderte die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer weiteren Leitzinssenkung um 50 Basispunkte auf. Von der Bundesregierung erhofft sich das DIW eine Entlastung der unteren Einkommen.
Das solle durch eine höhere Mehrwertsteuer finanziert werden.
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Aus der FTD vom 8.1.2003
Regierung schürt Konsumfrust
Von Mark Schieritz, Thomas Fricke und Birgit Marschall, Berlin
Die deutsche Wirtschaft droht als Folge der im Herbst beschlossenen Abgabenerhöhungen in eine viel tiefere Krise zu stürzen als bislang vermutet. Darauf lässt der Rekordeinbruch im Einzelhandel nach dem Antritt der rot-grünen Bundesregierung im Oktober schließen.
Wie am Dienstag bekannt wurde, haben deutsche Verbraucher schon allein auf Grund der heißen Debatten über steigende Abgaben ihren Konsum eingeschränkt - also Wochen bevor die Erhöhungen zum Jahreswechsel tatsächlich in Kraft traten.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte am Dienstag, dass es zu einer Deflationsspirale kommen könnte, bei der sich sinkende Preise und Ausgaben gegenseitig verstärken."Die Gefahr einer erneuten Rezession ist real, ein Abrutschen in die Deflation ist nicht auszuschließen", sagte DIW-Konjunkturchef Gustav Horn bei der Vorstellung der neuen Institutsprognose. Die Experten erwarten in diesem Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent statt wie bislang 0,9 Prozent. Die Regierungsprognose liegt dagegen noch immer bei 1,5 Prozent.
Das Einsetzen deflationärer Trends würde der wirtschaftlichen Krise in Deutschland - wo der Konsum zwei Drittel der Wirtschaftsleistung ausmacht - eine neue Dimension verleihen. So versuchte Japan vergeblich, die Deflation seit Mitte der 90er Jahre durch niedrige Zinsen oder staatliche Konjunkturprogramme zu stoppen. Das zeigt, dass eine solche Entwicklung kaum mehr wirtschaftspolitisch zu bekämpfen ist.
Geringster Umsatz seit 1997
Erste Umfragen nach Bekanntwerden der Steuer- und Abgabenpläne vom Herbst hatten bereits befürchten lassen, dass die Verbraucher sparsamer sein würden. Viele Experten hatten das als übertrieben eingestuft. Wie die Bundesbank jetzt mitteilte, sanken aber im November die Einzelhandelsumsätze - ohne Auto- und Benzinverkauf - saisonbereinigt um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Ein so geringer Umsatz wie jetzt wurde seit der Wiedervereinigung nur einmal erreicht, das war 1997. Die Autoverkäufe sanken um 4,5 Prozent.
"Der Schock der Steuer- und Abgabenerhöhungen ist den Verbrauchern tief in die Glieder gefahren", sagte Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels."Die Auswirkungen der Steuerpolitik auf den Konsum sind stärker, als wir angenommen hatten", räumte Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen ein. Thomas Amend, Konjunkturexperte von HSBC, rechnet damit, dass der Konsum im Januar zusätzlich gedämpft werden könnte. Denn dann führen die höheren Abgaben erstmals zu niedrigeren Nettogehältern.
Das schwache Wachstum erhöhe das Risiko einer Deflation, sagte DIW-Experte Horn."Es gibt Parallelen zwischen Deutschland und Japan", sagte er. Die Politik müsse auf diese Gefahr reagieren."Strukturelle Reformen können das Problem des binnenwirtschaftlichen Nachfragemangels nicht lösen. Von der Geldpolitik und von der Finanzpolitik müssten jetzt klare expansive Impulse ausgehen." Das DIW forderte die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer weiteren Leitzinssenkung um 50 Basispunkte auf. Von der Bundesregierung erhofft sich das DIW eine Entlastung der unteren Einkommen. Das solle durch eine höhere Mehrwertsteuer finanziert werden.
In der rot-grünen Koalition werden nun erstmals Stimmen laut, die auf eine Revision der Wachstumsschätzung der Regierung drängen."Ich gehe davon aus, dass die Prognose nicht über das ganze Jahr hinweg haltbar ist", sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, dem"Tagesspiegel".
Neue Prognose erwartet
"Die Bundesregierung hat die Prognose von 1,5 Prozent. Die gilt", sagte dagegen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement."Es wäre verfrüht, wenn wir jetzt auf die allgemein schlechte Stimmung einschwenken", sagte Klaus Brandner, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Berlin muss Ende Januar eine neue Prognose vorlegen.
© 2003 Financial Times Deutschland
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