- Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...'' - manolo, 12.01.2003, 12:42
- Re: Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...'' - manolo, 12.01.2003, 12:50
- Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...'' - fürwahr wir sind die nächsten - doppelknoten, 12.01.2003, 18:28
- Re: Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...'' - fürwahr wir sind die nächsten - Euklid, 12.01.2003, 19:19
- Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...'' - fürwahr wir sind die nächsten - doppelknoten, 12.01.2003, 18:28
- Frage an die Spanien Fraktion hier im Board - Tiffany, 12.01.2003, 20:41
- Re: Frage an die Spanien Fraktion hier im Board - manolo, 13.01.2003, 13:09
- Re: Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...'' - manolo, 12.01.2003, 12:50
Auswanderer: ''Scheiden tut nicht weh...''
-->Scheiden tut nicht weh
Arbeitslosigkeit, steigende Sozialabgaben, bessere Chancen: Immer mehr Deutsche suchen Erfolg und Lebensqualität im Ausland. Auch in Nordrhein-Westfalen sind schon viele auf dem Sprung.
Von ANNETTE LÜBBERS
DÜSSELDORF. Singapur - die Handelsmetropole im südchinesischen Meer. Auf der Insel, die fast 10 400 Kilometer von Deutschland entfernt liegt, leben 3,4 Millionen Einwohner. Einer von ihnen heißt Andreas Schuster. Der 29-Jährige aus Leverkusen ist kein Aussteiger, sondern Unternehmer. Der Diplom-Volkswirt will im fernen Osten eine Plattenfirma betreiben. Warum gründet er das Unternehmen nicht in Deutschland?"Um Himmels willen", sagt Schuster und schmunzelt."In Singapur herrscht noch Aufbruchstimmung. Es ist spannend, sich zusammen mit einem kulturell interessanten Land weiterzuentwickeln." Zumal, wenn der Spitzensteuersatz in Singapur bei 17 Prozent liegt. In Deutschland beträgt er 47 Prozent.
Andreas Schuster war für die FDP Stadtrat in Leverkusen. Er glaubt nicht an eine Trendwende in Deutschland:"Die alten Politiker kennen die fetten Jahre und können sich nicht von all dem überflüssigen Schrott verabschieden." In der Anspruchshaltung der Menschen liegt für ihn einer der Hauptgründe, warum Deutschland nicht auf die Beine kommt:"Man muss auch anpacken wollen", lautet sein Resümee. Vor dem Scheitern hat er keine Angst."Die Firma ist als GmbH eingetragen. Wenn es schief geht, habe ich zwar keinen Job mehr, aber auch keine Schulden."
Zahl der Auswanderer steigt
Deutschland ade - Scheiden tut gar nicht so weh. Immer mehr Menschen wenden ihrer Heimat den Rücken zu. Christina Busch ist beim Raphaelswerk der Caritas für die Beratung von Ausreisewilligen zuständig. Sie bestätigt den Trend:"Alleine im Jahr 2001 haben sich 8181 Deutsche und 10 857 Ausländer an uns gewandt." An der Spitze der Zielländer liegen die USA, danach folgen Spanien, Kanada und Irland.
Auch Torsten Schulz (31), Chemikant aus Wermelskirchen und seine Frau Monika (31), von Beruf Kindergärtnerin, sitzen auf gepackten Rucksäcken. Torsten Schulz hat eine Greencard für die USA gewonnen. Sein neuer Wohnort: Danapoint in Kalifornien. Für diese Perspektive hat der Mann aus dem Bergischen Land das Angebot ausgeschlagen, in Deutschland Betriebsleiter mit Firmenwagen zu werden.
Eine Fahrt ins Ungewisse steht den beiden bevor: In Amerika hat er bislang nur Kontakte, aber keine Jobzusage. Woher nehmen die beiden den Mut?"In Deutschland gibt es zu viele Auflagen und Vorschriften. Außerdem schreckt mich die Unfreundlichkeit der Menschen hier ab", erklärt Schulz. Er ist optimistisch, auch wenn er damit rechnet, erst einmal Dosen in einem Supermarkt einzuräumen:"Meine Frau und ich brauchen nur wenig zum Leben. Das Meer und die Sonne sind Entschädigung genug."
Nicht nur der drohende Gang zum Arbeitsamt, auch erweiterte berufliche Qualifikationsmöglichkeiten treiben viele Deutsche außer Landes."So langsam gilt auch hier ein Auslandsaufenthalt als Pluspunkt in den Bewerbungsunterlagen", erklärt Christina Busch.
Was sind das für Menschen, die es wagen, ganz von vorne anzufangen?"Unter den Kandidaten finden sich alle Berufssparten. Akademiker, Handwerker, Krankenschwestern und Ärzte. Sie alle haben besondere Charaktereigenschaften: Sie sind flexibel, neugierig und können sich an veränderte Bedingungen anpassen." Zudem macht sich der Generationswechsel bemerkbar: Die Studenten von heute sind oft karrierebewusster und denken in internationalen Maßstäben.
Nach zwei Jahren wieder zurück
Ute (46) und Roland Fuchs (51) sind bereits 1981 nach Australien ausgewandert. Er arbeitet als Immobilienmakler, sie besitzt eine Reinigungsagentur in Brisbane. Die Kinder des Ehepaares, Kim (13) und Tracy (18), sind in Australien geboren. 1998 versuchte die Familie den Sprung zurück nach Solingen. Bereits nach zwei Jahren hatten sie jedoch genug und verließen Deutschland wieder Richtung"Down under". Ute Fuchs:"In Deutschland gibt es kaum noch Freiräume." Die Kinder seien schockiert gewesen über die rauen Sitten auf deutschen Schulhöfen:"Wie die Schüler miteinander umgehen - furchtbar."
Carl-Wilhelm Bienefeld hat vor sieben Jahren auf seinen Beamtenstatus verzichtet. Der ehemalige Religionslehrer an einem Neusser Gymnasium saß für die CDU im Stadtrat, war in der Gemeinde und im Karneval aktiv. Keine Chance, auszusteigen? Doch! Dem heute 53-Jährigen wurde es zu eng in Deutschland. Er trat von allen Ämtern zurück und fing ganz von vorne an. Heute arbeitet er in der kanadischen Kleinstadt St. Thomas im Hotelfach - und engagiert sich wieder für die Gemeinschaft. Kanadier ist er bislang nicht geworden:"Ich vermisse den Kölner Dom, die rheinische Mundart und natürlich meinen Beruf."
© copyright Rheinische Post 2002

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