- Dazu H. G.Heller: Kein Trübsal blasen - alles billig - kizkalesi, 13.01.2003, 08:12
Dazu H. G.Heller: Kein Trübsal blasen - alles billig
-->Anleger haben keinen Grund zum Trübsal blasen
Kolumne
von Gottfried Heller
Die zurückliegende Börsenbaisse gehört zu den längsten und schlimmsten der letzten 100 Jahre. Mit einer Dauer von 31 Monaten wird sie nur um vier Monate übertroffen von der Baisse der Jahre 1929 bis1932. Kein Wunder, dass nach dieser langen Tortur die Menschen auch diesem Jahr mit Angst und Pessimismus entgegensehen.
Es gibt ja auch genug Gründe, die Schlimmes für die Wirtschaft und die Aktienmärkte erwarten lassen: ein möglicher Krieg im Irak, Terrorismus, Rezession, Deflation, ein schwacher Dollar, der steigende Ã-lpreis, das US-Handelsdefizit sowie die hohe Verschuldung der Industrie und der Konsumenten. Deutschland gilt dabei als besonders schwerer Fall: steigende Abgabenlast, zunehmende Arbeitslosigkeit, krankes Sozialsystem, Rekordfirmenpleiten und angeschlagene Banken. Und mit etwas Nachdenken ließen sich leicht noch ein paar schwarze Tupfer zu diesem Horrorgemälde hinzufügen.
Während der ungezügelten Euphorie Ende der 90er Jahre reagierten Anleger, Analysten und Manager auf Warnungen, dass der Wirtschaftsboom und die Börsenorgie ein böses Ende nehmen könnten, mit meist ungläubigem Staunen. Damals wurden gute Nachrichten nicht in Frage gestellt und schlechte schlicht ignoriert. Heute erleben wir das Gegenteil: Die Anleger sind extrem risikoscheu geworden. Die meisten sind fixiert auf die Risiken. Doch sollten sich auch nur einige der potentiellen oder eingebildeten Probleme lösen lassen oder als unbedeutend erweisen, könnte dies einen positiven Schock an der Börse auslösen.
Gäbe es beispielsweise die Unsicherheit über den Fortgang des Irak-Konfliktes nicht, stünden die Aktienkurse heute wahrscheinlich 15 oder gar 20 Prozent höher. Und zwar unabhängig davon, ob es nun zu einem Krieg kommt oder nicht. Als Beispiel kann der Ablauf des Golfkriegs 1990/91 dienen. Während der Vorbereitungsphase zum Krieg gegen den Irak fiel der Dow Jones auf seinen Tiefstpunkt und der Ã-lpreis erreichte sein Hoch bereits Mitte Oktober 1990, drei Monate, bevor der Angriff begann. Schon eine Woche vor der Intervention fing der Dow an, zu steigen, und gleichzeitig fiel der Ã-lpreis auf 17 Dollar. Wichtig ist eben, dass die Unsicherheit beseitigt wird.
Zudem hat US-Präsident Bush an der Heimatfront die Weichen auf mehr Wachstum gestellt. Mit radikalen Steuersenkungen will er die lahmende Wirtschaft ankurbeln. Besonders der Börse will er mit der Aufhebung der Doppelbesteuerung von Dividenden auf die Sprünge helfen. Zudem hat die US-Notenbank kürzlich erneut den Leitzins gesenkt. Das bedeutet, dass Finanz- und Geldpolitik gemeinsam aggressiv Geld in die Wirtschaft pumpen, um den Konsum und die Investitionen zu fördern.
Die USA werden also auch in diesem Jahr als Lokomotive für die Weltwirtschaft fungieren, unterstützt von einer steigenden Produktivität der US-Wirtschaft und einem etwas niedrigeren Dollarkurs. Nach einer mehrjährigen Restrukturierungsphase, während der amerikanische Unternehmen wenig investiert, dafür aber dank des steigenden Cash-Flows ihre Schulden reduziert haben, ist nun in den nächsten Quartalen ein kräftiger Gewinnanstieg zu erwarten.
Die Aktienkurse sind heute nicht mehr überbewertet, sondern liegen etwa auf dem historischen Durchschnittswert. Im Verhältnis zu Anleiherenditen sind sie sogar 30 bis 40 Prozent unterbewertet. Alternative Geldanlagen sind überdies wenig attraktiv, wenn nicht gar riskant. Das gilt besonders für Regierungsanleihen, deren Renditen von heute vier Prozent im Laufe des Jahres durchaus auf fünf Prozent ansteigen könnten. Geldmarktanlagen sind bei Zinsen von etwa zwei Prozent in Euroland und einem Prozent in den USA gerade gut als Sicherheit vor Verlusten, nicht aber zur Mehrung des Kapitals, geschweige denn als Schutz vor Inflation.
Aktien bieten dieses Jahr also eindeutig die besten Gewinnchancen, besonders dann, wenn die Unsicherheit um den Irak nicht mehr besteht. Manch ein niedergeschlagener Anleger wird dann von einer freundlicheren Kursentwicklung überrascht werden.
Artikel erschienen am 13. Jan 2003

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