- Die Waffeninspektoren sind fündig geworden! - Wal Buchenberg, 17.01.2003, 10:34
- alternativen? - leibovitz, 17.01.2003, 12:54
- Re: Der Zwang rund um den Erdball in allen fremden Ländern aktiv zu werden.... - Wal Buchenberg, 17.01.2003, 14:09
- Re: Für wen die Irak-Inspektoren wirklich arbeiten - marocki4, 17.01.2003, 13:00
- alternativen? - leibovitz, 17.01.2003, 12:54
Re: Für wen die Irak-Inspektoren wirklich arbeiten
-->Für wen die Irak-Inspektoren wirklich arbeiten
Von Markus Becker
Die Waffeninspektionen im Irak brachten bisher kein Ergebnis - zumindest keines, das öffentlich bekannt wurde. Den US-Experten Richard Schuller wundert das nicht: Die Inspektoren, erklärte er im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, suchen mühsam nach kleinsten Hinweisen - und berichten zuerst den Geheimdiensten ihrer Heimatländer.
Richard Schuller
Richard Schuller, 62, arbeitete fünf Jahre lang für die renommierten Oak Ridge Laboratories, eine Forschungseinrichtung des US-Energieministeriums. Der promovierte Politikwissenschaftler verfügt über langjährige Erfahrung im Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und war unter anderem an den Programmen zur nuklearen Abrüstung der Ukraine und Russlands beteiligt. Er fungierte unter mehreren US-Präsidenten als Schnittstelle zwischen der Regierung und Waffenexperten.
Hamburg - Schuller, der über langjährige internationale Erfahrungen im Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verfügt, ist fest davon überzeugt, dass der Irak nach wie vor an verbotenen Waffen arbeitet. Der 12.000-seitige Rüstungsbericht, den die irakische Regierung den Vereinten Nationen vorgelegt hat, sei zweifellos unvollständig."Die wirklich interessanten Produktionsstätten sind nicht auf der Liste", glaubt Schuller."Und über versteckte neue Anlagen verfügt der Irak ohne jeden Zweifel."
Sie zu finden könnte die Waffenexperten der Uno allerdings vor erhebliche Probleme stellen. Denn während Anlagen zur Produktion von Atomwaffen allein auf Grund ihrer Größe schwierig zu verstecken seien, verhalte es sich mit Chemie- und Biolabors anders."Sie passen in eine Wohnung oder sogar in einen Lkw." Die Größe sei abhängig von der Menge, die es herzustellen gilt."Manche chemische Kampfstoffe entfalten leider schon in kleinsten Mengen eine verheerende Wirkung."
Bei den ersten Inspektionen nach dem Golfkrieg seien zahlreiche Rüstungseinrichtungen durchsucht und anschließend elektronisch überwacht worden."Die meisten wurden danach geschlossen", sagt Schuller Der Irak habe damals eine zunächst wirksame Taktik des Versteckspiels genutzt:"Das Regime baute seine Produktionsstätten für Massenvernichtungswaffen mitten in Wohngebieten."
Dass der Irak solches Teufelszeug noch immer herstellen und zum Einsatz bringen könnte, stehe spätestens seit dem Nervengas-Anschlag der japanischen Aum-Sekte auf die Tokioter U-Bahn außer Frage. Im März 1995 starben zwölf Menschen, als Anhänger der Sekte Saringas in das Tunnelsystem einleiteten. Mehr als 5000 wurden verletzt."Wenn eine Sekte so etwas schafft", sagt Schuller,"gelingt das einem Staat wie dem Irak mit Leichtigkeit."
Das Auffinden entsprechender Produktionsanlagen sei schwierig, aber nicht unmöglich."Es ist ausgeschlossen, bei der Herstellung von Massenvernichtungswaffen keine Spurenelemente zu hinterlassen", erklärt Schuller."Und die kann man finden." Allerdings sei der Irak heute besser auf die Inspektionen vorbereitet als bei der ersten Inspektionsrunde von 1991 bis 1998 - und könne deshalb demonstrativ kooperieren."Die Situation wird sich aber dramatisch verschärfen, wenn die Inspektoren kurz vor einer wichtigen Entdeckung stehen."
Hinweise auf Waffenprogramme könnten auch Aufzeichnungen über Einkäufe von Chemikalien, biologischen Substanzen, Werkzeugen und Maschinenteilen geben. Die Staaten, die solches High-Tech-Material herstellen können, sind zumeist auch in internationale Verträge zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen eingebunden. Der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag (NPT), in Kraft getreten 1970, ist das Herzstück des internationalen Systems der Nonproliferation. Die Verbreitung chemischer und biologischer Waffen soll durch multilaterale Abrüstungskonventionen wie dem Übereinkommen zum Verbot Chemischer Waffen (CWÜ) von 1993 und dem Übereinkommen zum Verbot biologischer und Toxinwaffen (BMÜ) von 1972 gestoppt werden.
"Durch dieses Vertragssystem ist recht gut bekannt, wer welche Materialien wo gekauft hat", sagt Schuller."Allerdings muss jemand dieses komplizierte Puzzle erst zusammensetzen." Schwierig ist vor allem die Einordnung von Substanzen und Rüstungsgütern, die in den"Dual Use"-Bereich fallen: Sie sind sowohl militärisch als auch zivil nutzbar. Doch die Exportkontrolle könnte auch hier wertvolle Informationen liefern:"Wenn ein Land Geräte zur Handhabung gefährlichster Chemikalien besitzt, ist das nicht weiter alarmierend. Stehen aber an jeder Ecke solche Anlagen, kann man gewisse Schlüsse ziehen."
Dazu hält Schuller die Waffeninspektoren der Uno für durchaus fähig:"Das sind keine aus politischen Gründen ausgewählten Idioten, sondern die besten Fachleute der beteiligten Nationen. Die Iraker müssten schon versuchen, Leute hinters Licht zu führen, die mehr wissen als sie selbst."
Die mühsame Suche nach verräterischen Details sei der Hauptgrund dafür, dass bisher so wenige Resultate der Waffeninspektionen an die Ã-ffentlichkeit gelangt seien. Eine spektakuläre Entdeckung wie etwa gefechtsbereite Waffensysteme mit Bio- oder Chemiekampfstoffen sei bisher ausgeblieben."Es müsste schon einen solchen Monsterfund geben, ehe die Internationale Atomenergie-Behörde an die Ã-ffentlichkeit tritt", glaubt Schuller. Die IAEA aber werde die Ergebnisse der Inspektionen nicht als erste erfahren - denn die Inspektoren arbeiteten in erster Linie für die Geheimdienste ihrer Regierungen, und erst danach komme ihre Verpflichtung gegenüber der Atomenergie-Behörde.
Was bisher vor allem die irakische Regierung dem Westen vorwarf, ist für Schuller eine selbstverständliche Tatsache:"Ich kenne niemanden in dieser Branche, der nicht über Verbindungen zu den Geheimdiensten seines Landes verfügt. Was diese Experten über Massenvernichtungswaffen wissen, lernt man schließlich nicht auf der Universität."
Den Medien gegenüber verhielten sich diese Leute äußerst scheu."Dass keine Sensation gemeldet wird, muss nicht bedeuten, dass es keine heiße Spur gibt."
<ul> ~ aus Spiegel.de</ul>

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