- Neues von Roland Leuschel - yatri, 19.01.2003, 21:27
Neues von Roland Leuschel
-->Roland Leuschel
Die todsichere Prognose mit Hilfe des Dezember-Barometers
Wie soll sich ein privater Anleger eigentlich noch zurechtfinden? Ende 2000, nachdem seit März die Aktienkurse an den Weltbörsen eingebrochen waren, machten die deutschen Banken dem Anleger Mut und gaben eine durchschnittliche Prognose für den Dax per 31.12.2001 von 7.722,00 ; der tatsächliche Stand waren magere 5.160,10. Im letzten Jahr wiederholten sie ihre Fehlprognose und sagten einen durchschnittlichen Dax-Endstand von 5.827,65 voraus. Wie Sie wissen, kamen 2.892,63 Ende 2002 zustande, das wären 50% unterhalb der Prognose. Den Vogel schossen übrigens die Analysten der Berenberg Bank ab ; sie sahen einen Jahresendstand von 6.850 voraus und lagen damit erheblich höher als die BHF-Bank, die sich mit einer Prognose von 6.250 begnügte. Als zu Beginn des Jahres 2003 die deutsche Börse geradezu explodierte (+7,3% am 2.1.), verkündete der Aktienstratege der BHF-Bank, Kai Franke: « Wir sind zuversichtlich für das neue Jahr. » Und viele Strategen entdecken Statistiken, wonach die erste Woche des neuen Jahres entscheidend ist für das Gesamtjahr, oder andere sprechen vom Januar-Barometer, wie Ralph Acampora von Prudential Financial: « Wenn der erste Börsentag eines neuen Jahres gut verlaufe sei dies meist ein gutes Omen für die ersten fünf Börsensitzungen. Wenn die ersten fünf Börsentage Gewinne bringen, kündige sich meist ein Plus für den gesamten Januar an. Bringe der gesamte Januar einen Gewinn, so ende gewöhnlich das gesamte Jahr im Plus. » Der Stratege behauptet, « Die Treffsicherheit, die das Januar-Barometer seit 1950 bewiesen habe, sei erstaunlich. » Ich würde diesem Januar-Barometer das Dezember-Barometer anfügen: « Bringen die ersten elf Monate einen Gewinn bei den Aktienkursen, und sind dann die nächsten vier Wochen im Dezember auch positiv, dann schliesst das Gesamtjahr mit einem deutlichen Plus ab! » Aber es gibt noch viele andere Optimisten. Der renommierte Chefstratege von Morgan Stanley, Byron Wien, der sich seit gut 18 Jahren bei dieser Bank in Brot steht, kündigt für das erste Halbjahr 2003 einen Anstieg von 25% der US-Aktienmärkte an. In der zweiten Jahreshälfte würden dann die Kurse zwar nachgeben, aber insgesamt am Jahresende deutlich im Plus liegen. Auch über die amerikanische Wirtschaft hat er eine positive Meinung und erwartet einen weiteren Anstieg der Konsumausgaben der US-Bürger. Auch wird die Immobilienblase nicht platzen sondern weiterwachsen, und insgesamt erwartet er ein Wachstum der amerikanischen Wirtschaft von 4%.
Ich wiederhole meine Prognose für 2003: Wirtschaftlich steuern wir auf die zweite Weltwirtschaftskrise zu. In USA erwarte ich bestenfalls eine Stagnation, während wir in Deutschland in eine Rezession zurückfallen, die Schuldenfalle wird zuschnappen, und im ersten Halbjahr erreichen die Aktienbörsen neue Tiefststände, die unterhalb Oktober 2002 und September 2001 liegen. Nach dem Sommer könnten sich allerdings die Aktienbörsen wieder erholen, und ich erwarte insgesamt ein leichtes Plus für das Gesamtjahr 2003. Ich stehe mit meiner Analyse nicht ganz alleine; eine Bank, die bereits den Mut hatte im Sommer 1999 vor der Börsenblase zu warnen, HSBC in London, hat soeben eine Analyse veröffentlicht, die das ehrgeizige Konjunkturpaket von 670 Milliarden Dollar des amerikanischen Präsidenten George Bush berücksichtigt. Die Volkswirte dieser Bank erwarten von diesem Konkunkturpaket ein Stimulus von 1,6% des Bruttosozialproduktes, das in etwa den vor dem Paket erwarteten Rückgang des Wachstums ausgleichen wird. Ausserdem dürfte das Haushaltsdefizit der USA auf 250 bis 370 Milliarden Dollar ansteigen. Diese Prognose deckt sich mit der Analyse von Morgan Stanley, die ein Defizit von 300 Mrd in diesem Jahr und 350 Mrd im nächsten Jahr voraussagt. Für die Leser meiner Kolumne dürfte dies keine Überraschung sein, denn schon im November letzten Jahres zitierte ich den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph E. Stieglitz, der behauptete: « Wie mit einem Zauberstab hat es die amerikanische Regierung fertiggebracht, den in 10 Jahren kumulierten Haushaltsüberschuss von 3.000 Milliarden Dollar in ein titanisches Defizit von 2.000 Milliarden in einigen Monaten zu transformieren… Indem sie ein riesiges Steuererleichterungsprogramm lanciert hat, hat die Regierung ähnliche betrügerische Buchhaltungsmethoden angewandt wie Enron. »
Bleiben Sie gelassen und halten Sie nach wie vor einen Grossteil (70%) Ihres Wertpapierportefeuilles in Cash und Triple A Kurzläufern (Euro übergewichten). Es könnte zu einem deftigen Einbruch des amerikanischen Dollars kommen. Mittelfristig sollte der Anleger auch 3 bis 5% seines Depots in physischem Gold halten.
Roland Leuschel
15.01.2003
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