- FTD: Anti-Kriegsbewegung gewinnt an Kraft - Wal Buchenberg, 20.01.2003, 08:16
- Re: Danke - da wird mir aus der Seele gesprochen! (owT) - marocki4, 20.01.2003, 10:20
FTD: Anti-Kriegsbewegung gewinnt an Kraft
-->Irak-Krieg: Anti-Aggressionsbewegung gewinnt an Kraft
Von Yvonne Esterhazy, Washington und Peter Müller, Berlin
Rund eine halbe Million Menschen haben am Wochenende nach Angaben der Veranstalter in Washington gegen einen möglichen Krieg gegen Irak demonstriert. Der eisigen Winterkälte trotzend schwenkten die Demonstranten Spruchbänder mit den Worten"Kein Blut für Ã-l","Unterstützt unsere Truppen - lasst sie zu Hause" und"Würde Jesus Irak bombardieren?".
Tausende protestierten auch in Kanada, in Frankreich wurden Veranstaltungen in mehr als 40 Städten gemeldet. In Deutschland gingen rund zehntausend Menschen gegen einen Krieg auf die Straße....
<font color=red>Dass die Bewegung gegen die US-Aggresssionen im Nahen Osten zahlenmäßig an Stärke gewinnen, ist eine gute Sache. Dass das Bild durch Parolen bestimmt wird, die harmlos-naiv sind („Kein Blut für Ã-l!“ - die Parole propagiert nur die kapitalistische Weisheit, dass alles für Geld käuflich ist - auch Ã-l) über dümmlich-naiv („Würde Jesus Irak bombardieren?“) bis dümmlich-untertanenhaft („Unterstützt unsere Truppen....“). Die wirkliche antikapitalistische Kraft und Gefährlichkeit dieser Bewegung liegt tiefer als solche Sprüche vermuten lassen.</font>
Die Demonstrationen in den USA zeigen, dass die Unterstützung für die Irak-Politik der Regierung Bush nachlässt. Die Veranstaltung war eine der größten Friedensdemonstrationen in der Geschichte der amerikanischen Hauptstadt. Sie widerlegt Berichte aus den vergangenen Monaten über die Abwesenheit einer Anti-Kriegs-Bewegung im Falle Iraks. Nach Ansicht vieler Aktivisten könnte sich nun die stärkste Friedensbewegung seit dem Vietnam-Krieg formieren.
Hauptredner waren in Washington der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson und der schwarze Aktivist Al Sharpton."Wir marschieren heute, um Militarismus, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und Vorurteile gegen Araber zu bekämpfen", sagte Jackson. In San Francisco beteiligte sich mit Joan Baez auch eine Ikone der Anti-Vietnam-Proteste an den Demonstrationen.
<font color=red>Dass Berufspolitiker die Anti-Kriegsbewegung als Zellenfrischkur für ihre Politkarriere benutzen, sind wir längst gewohnt. Diese Leute wollen im Strom mitschwimmen und gleichzeitig die Richtung des Stromes ändern. Der Strom ist stärker als die Bewegungen dieser Schwimmer.</font>
Mehr Zeit für Kontrollen
Die Demonstranten forderten Präsident George W. Bush auf, den Uno-Waffeninspektoren in Irak mehr Zeit für ihre Kontrollen einzuräumen. <font color=red>Das ist mehr als eine halbe Lüge: Die UNO-Waffeninspektoren sind keine neutrale Instanz. Sie suchen im Irak nach Kriegsgründen für die USA wie Staatsanwalt und Polizei in einer Wohnung nach Beweisen für ein Verbrechen suchen, das schon begangen worden ist. Wer mehr Waffeninspektoren oder längere Durchsuchungszeiten fordert, der verlängert die Kriegsdrohungen gegen den Irak. Hände weg vom Irak!</font>
Bush wies angesichts der Proteste auf die Bedeutung der Meinungsfreiheit in der Demokratie hin."Die Menschen in den Vereinigten Staaten (haben) anders als in Irak die Freiheit, zu protestieren und sich Gehör zu verschaffen", sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses.
<font color=red>Das ist das übliche Geschwätz kapitalistischer Machthaber, die ständig die Rechte und Freiheiten in ihren Staaten durch „Anti-Terror-Gesetze“ u.ä. beschneiden, und gleichzeitig meinen, durch den Hinweis auf andere Regierungen, die vielleicht noch autoritärer vorgehen, Sympathiepünktchen sammeln zu können.</font>
Eine Umfrage des Nachrichtenmagazins"Newsweek" ergab, dass 60 Prozent der Amerikaner Bush empfehlen, der Suche nach einer friedlichen Lösung mehr Zeit zu geben. Eine Gallup-Umfrage zeigt, dass es für Bush zunehmend schwierig wird, einen Krieg gegen Irak zu rechtfertigen, solange die Inspektoren keine Massenvernichtungswaffen finden. <font color=red>Also wäre es töricht, das Mandat der Waffeninspektoren zu verlängern!</font>
Hauptveranstalter der Kundgebung in Washington war Answer ("Act Now to Stop War and End Racism"), eine Gruppierung, die kurz nach dem 11. September gegründet worden war."Die Anti-Kriegs-Bewegung ist jetzt auf einem ganz neuen Niveau", sagte Tony Murphy von Answer."Wir sprechen jetzt über eine Bewegung, die den Krieg wirklich stoppen kann."... <font color=red>Das ist dummes Zeug. Noch nie hat eine Volksbewegung einen Krieg verhindert, zu dem ein großer Staat mit einer intakten Regierung entschlossen war. Alles, was eine Anti-Kriegsbewegung erreichen kann, ist den Kriegstreibern die Hölle heiß machen. Letztlich kann man nur durch drohenden oder wirklichen Bürgerkrieg einen Krieg vorzeitig beenden. So geschehen 1917 in Russland, 1918 in Deutschland und Anfang der 70er Jahre beim Vietnamkrieg.</font>
Breite Koalition
Tatsache ist, dass Teilnehmer einer breiten Koalition von Kriegsgegnern aus allen Bevölkerungsschichten auf die Straße gingen, sogar Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg waren darunter. 200 Gruppen hatten zu den Demonstrationen aufgerufen. Letzte Woche hatte auch eine Gruppe von republikanischen Geschäftsleuten im konservativen"Wall Street Journal" eine ganzseitige Anzeige geschaltet, um ihre Vorbehalte gegen einen Militärschlag kundzutun.
In Deutschland erweisen sich vor allem die christlichen Kirchen als treibende Kraft hinter den Demonstrationen. In fast allen Gemeinden gibt es mittlerweile Aktionen von Mahnwachen bis zu Schweigemärschen. Der Trierer Bischof Reinhard Marx forderte die Christen auf, sie müssten sich"an die Spitze einer neuen Bewegung für den Frieden" setzen. Die Synode der Berlin-Brandenburgischen Kirche rief zur Teilnahme an der Friedensdemonstration in Berlin am 15. Februar auf. <<font color=red>Wie gesagt: Die Teilnahme von Altpolitikern, Protestopas und christlichen Berufsschwätzern kann der Anti-Kriegsbewegung nur schaden, wenn wir auf wirkliche Kritik der Verhältnisse verzichten. Diese Kritik kommt jedoch gerade erst wieder in Gang.</font>
Text in Normaldruck aus der FTD vom 20.1.2003
<font color=red>Kommentar in Rot von Wal Buchenberg, 20.1.2003.</font>

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