- Nichr wahr, Herr Schramm? So bescheiden kann man werden! - Theo Stuss, 21.01.2003, 11:44
Nichr wahr, Herr Schramm? So bescheiden kann man werden!
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In unsicheren Zeiten gewinnt die Dividende an Attraktivität
Aber auch die Orientierung an der Gewinnrendite ist sinnvoll
von Beatrix Wirth
Berlin - Das „D-Prinzip“ - ein bevorzugtes Investment in dividendenstarke Aktien - hat an der Börse Hochkonjunktur. Die Papiere mit hoher Gewinnausschüttung erscheinen den Anlegern attraktiver denn je: Sorgen Dividenden doch für eine Stabilisierung der Erträge in unsicheren Börsenzeiten mit starken Kursschwankungen. Und auch in den USA ist das reizvolle Schmankerl Thema, seit US-Präsident Bush den Wegfall der Dividendenbesteuerung angekündigt hat. In dem Land, in dem 82 Prozent der Unternehmen bislang keine Dividende gezahlt haben, deutet sich ein Sinneswandel an: So ließ der US-Softwareriese Microsoft in der vergangenen Woche seine Aktionäre wissen, im März erstmals eine Dividende auszuschütten. Experten rechnen angesichts des steigenden Erwartungsdrucks von Investoren mit zahlreichen Nachahmern.
Doch schauen viele Anleger nicht allein auf die absolute Höhe der Ausschüttung. Vielmehr richten sie ihre Investmententscheidungen an der so genannten Dividendenrendite aus. Diese Kennzahl gibt an, wie hoch die Ausschüttung gemessen am Aktienkurs ist. Eine hohe Dividendenrendite gilt als Zeichen für Unterbewertung und damit als Indikator für Kurschancen. „Diese Strategie ist gerade jetzt wieder sinnvoll, da eine Kennzahl wie die Gewinnentwicklung wegen der unsicheren Konjunkturlage mit vielen Fragezeichen versehen ist“, sagt Karl-Dietrich Graeff von der Commerzbank. „Bei den Dividenden herrscht in Deutschland dagegen Kontinuität: Die Ausschüttung wird allenfalls in starken Schwächephasen vorübergehend ausgesetzt.“ Auch Hendrik Garz von WestLB Panmure hält die Dividendenrendite für einen sinnvollen Bewertungsmaßstab - zumal sie auch über die defensiven Qualitäten einer Aktie Aufschluss gebe. „Eine hohe Dividendenrendite macht ein Papier in schwierigen Börsenzeiten besonders interessant“, so Garz.
Allerdings gibt es für Anleger eine noch bessere Strategie, meint Jörg Krämer von Invesco. Er empfiehlt, sich nach der Gewinnrendite zu richten, die er aus dem Jahresüberschuss plus Abschreibungen, geteilt durch den Aktienkurs ermittelt. „Denn um attraktive Aktien oder Märkte auszumachen, kommt es auf die Gewinnentwicklung und nicht die Dividende an.“ Es sei ein Trugschluss, dass nur Unternehmen, die Gewinne erwirtschafteten, Dividenden zahlten: Teilweise würde für die Ausschüttung das Eigenkapital angegriffen, was wiederum den Aktienkurs belaste und damit die Gesamtrendite schmälere.
Eine Simulationsrechnung über die vergangenen sieben Jahre, in der er ein Portfolio aus den MSCI-Welt-Aktien mit der höchsten Dividendenrendite einem Depot mit MSCI-Welt-Aktien mit der höchsten Gewinnrendite gegenüberstellte, bestätigt ihn in seiner Einschätzung: „Das auf der Gewinnrendite basierende Portfolio erzielte gegenüber dem MSCI-Welt-Index einen höheren Mehrertrag als das Portfolio, das auf der Dividendenrendite beruhte.“ Zudem sei der Mehrertrag stetiger gewesen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Ian Scott von Lehman Brothers bei einer Untersuchung des US-Aktienmarktes: Ein Investmentstil, der sich nach den höchsten Free-Cash-Flow-Renditen gerichtet habe, habe seit 1987 noch bessere Ergebnisse generiert als die Dividendenstrategie.
Allerdings könnten sich die Vorzeichen ändern. „Durch die neuen Steuergesetze dürften Ausschüttungen künftig wichtiger werden“, sagt Scott. In einigen Jahren könnte dann das dividendengestützte Portfolio die Outperformance gegenüber dem gewinnrendite-basierten Depot liefern. Denn bekanntermaßen gilt: Je mehr Investoren einer bestimmten Strategie hinterherlaufen, desto besser tut es den favorisierten Aktien.
Artikel erschienen am 21. Jan 2003
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