- Was soll nur nach den Wahlen passieren??? Auf die nächsten Wahlen warten? - Koenigin, 30.01.2003, 21:06
- Re: Was soll nur nach den Wahlen passieren??? Auf die nächsten Wahlen warten? - Reikianer, 31.01.2003, 11:32
- Re: Was soll nur nach den Wahlen passieren?H.Vogel weiß es - kizkalesi, 31.01.2003, 12:15
- Re: Was soll nur nach den Wahlen passieren:Gezeitenwechsel?????????? - kizkalesi, 01.02.2003, 13:19
Re: Was soll nur nach den Wahlen passieren?H.Vogel weiß es
-->„Ein Gerhard Schröder tritt nicht zurück“
Bernhard Vogel zu Folgen der Landtagswahlen
DIE WELT: Fiebern Sie schon freudig dem Sonntag entgegen?
Bernhard Vogel: Voller Erwartung, aber auch mit der gebotenen Nüchternheit. Ergebnisse zählen, nicht Umfragen.
DIE WELT: Alle Umfragen sagen der SPD ein Debakel voraus, einige trauen der CDU sogar in Hessen und in Niedersachsen eine absolute Mehrheit zu.
Vogel: Die Wähler sind sauer und unzufrieden. Sie verfügen aber über viel mehr Fingerspitzengefühl, als viele Politiker meinen. Warten wir also den Sonntag ab.
DIE WELT: Würde der erwartete Ausgang den Kanzler schwächen? Halten Sie es für denkbar, dass er bei einem Debakel seinen Stuhl zugunsten von Wolfgang Clement räumt?
Vogel: Ein Gerhard Schröder tritt nicht zurück. Ein gutes Abschneiden der Union würde vor allem zur Stärkung der Kontrollfunktion des Bundesrates führen. Außerdem müsste der Kanzler dann seinen Kurs der Nichtbeachtung der Opposition aufgeben. Den hat er bisher beispielsweise beim Thema Reform der sozialen Sicherungssysteme eingeschlagen.
DIE WELT: De facto wird also fortan eine große Koalition regieren?
Vogel: Bestimmt nicht. Möglicherweise bestätigt der 2. Februar die alte Erfahrung, dass derjenige, der in der Hauptstadt die Opposition stellt, die Chance hat, in den Ländern gestärkt zu werden. Im Gegensatz zu England stand bisher keine der beiden großen Parteien für längere Zeit außerhalb der Verantwortung. Das stärkt das föderale System.
DIE WELT: Trauen Sie der FDP den Einzug in beide Landtage zu?
Vogel: Ja. In Hessen haben die Liberalen mit Frau Ruth Wagner eine handlungsstarke Vorsitzende, während ihnen in Niedersachsen die dortige Wählerstruktur und eine langfristig gefestigte Position im Parteienspektrum zugute kommt. DIE WELT: Trotz aller Turbulenzen um Jürgen W. Möllemann?
Vogel: Herr Möllemann ärgert mich. Herr Möllemann hat in der deutschen Politik Schaden angerichtet. Ein solcher Mann gehört nicht in eine traditionsreiche liberale Partei in Deutschland. Ich hoffe, dass die FPD die Kraft hat, das Problem Möllemann abschließend zu regeln.
DIE WELT: Verschieben könnten sich mit dem Sonntag auch die Gewichte in der Union. Wächst einem triumphierenden Ministerpräsidenten Roland Koch nicht automatisch die Rolle eines Gegenspielers von Angela Merkel zu?
Vogel: Zunächst stärkt es jeden Parteivorsitzenden, wenn die Partei bei Wahlen erfolgreich ist. Ein möglicher Sieg in Hannover und in Wiesbaden festigt also die Stellung der Parteivorsitzende Angela Merkel. Neben ihr verfügt die Union inzwischen in der Generation der 40-Jährigen über eine starke Mannschaft. Das beschränkt sich nicht auf Roland Koch und Christian Wulff, aber beide sind zwei besonders herausragende Beispiele.
DIE WELT: Außenpolitisch dürfte der 2. Februar wenig bewegen. In der Irak-Frage werden sich die Positionen von SPD und CDU wohl auch nach diesem Datum unversöhnlich gegenüber stehen.
Vogel: Es gehört zu den Pluspunkten der deutschen Außenpolitik seit den Tagen von Konrad Adenauer, dass die demokratischen Parteien in der Außenpolitik meistens ein größeres Maß an Übereinstimmung hatten als in der Innenpolitik. Dieser Konsens ist durch Bundeskanzler Schröder und seine außenpolitische Schnellschüsse sträflich verletzt worden. Es wäre zu wünschen, dass auch in der Außenpolitik nach dem Wahlsonntag Besinnung eintritt.
DIE WELT: Unbestreitbar ist wohl, dass die SPD in der Irak-Frage das Mehrheitsempfinden der Bevölkerung besser trifft als die CDU. Woran liegt das?
Vogel: Ich weiß nicht, ob das so ist. Hundert Tage nach der Bundestagswahl hat man große Mühe, die Wähler der Sozialdemokraten vom 22. September noch zu finden. Und es zeigt sich erfreulicherweise, dass in der Irak-Frage Nachdenklichkeit eingetreten ist. Übrigens ganz offensichtlich auch bei Teilen der Bundesregierung. Niemand will Krieg. Die Frage geht darum, wie man ihn verhindert.
DIE WELT: Eine klare Haltung der Union ist schwer auszumachen. Wolfgang Schäuble hält einen Militärschlag der USA bereits für gerechtfertigt, Peter Gauweiler hingegen lehnt ihn prinzipiell ab.
Vogel: Die Entscheidungen müssen in den Vereinten Nationen und dem Sicherheitsrat fallen, nicht durch Alleingänge Einzelner. Aber leider geht es in der freien Welt derzeit zu wie in einem Hühnerhaufen, wo jeder etwas gackert. Das schwächt die Position der freien Welt.
DIE WELT: Die alten großen Männer des Aufbau Ost wie Kurt Biedenkopf (CDU) und Manfred Stolpe (SPD) haben ihr Amt als Ministerpräsident aufgegeben. Nur Sie wollen noch bis zur Landtagswahl 2004 durchhalten. Warum?
Vogel: In dem Alter, in dem Kurt Biedenkopf seine Aufgabe beendet hat, werde ich sie auch beendet haben. Herr Stolpe hat sich nicht zurückgezogen, sondern eine neue Funktion im Bundeskabinett angetreten. Außerdem habe ich mein Amt später als die Herren Biedenkopf und Stolpe angetreten. Deshalb höre ich auch etwas später auf.

gesamter Thread: