- Buchtipp: Ich war Saddams Sohn - vladtepes, 01.02.2003, 09:45
Buchtipp: Ich war Saddams Sohn
-->Saddams Sohn
Latif Yahia war jahrelang der Doppelgänger von Odai Hussein
Wie fühlt man sich als Sohn von Saddam Hussein? Latif Yahia weiß eine Antwort darauf. 1987 wurde der 23-Jährige in Bagdad zwangsrekrutiert und dazu"abgerichtet", Odai Hussein, den Sohn des Diktators, zu doublen.
Für Latif Yahia beginnt eine jahrelange Hölle als"Fidai" im inneren Zirkel irakischer Macht. Fidai, das bedeutet, die Kopie eines anderen und somit dessen Sklave zu sein. Es bedeutet, notfalls für ihn zu sterben. Für diese Zwecke wurde Latif Yahia einer Gehirnwäsche unterzogen."Sie haben alles Menschliche in mir abgetötet. Bevor ich für Odai arbeitete, war ich gut, anständig."
Angst als Motor
Lange dauert es, bis Latif Yahia seine Identität wiederfindet. Über fünf Jahre ist er in psychiatrischer Behandlung. In dieser Zeit lernt er auch Karl Wendel kennen. Mit ihm schreibt er seine unfassbar grausamen Erlebnisse als Doppelgänger von Odai Hussein auf. Karl Wendel glaubt ihm am Anfang kein Wort. Erst nach und nach, als die Details zum Vorschein kommen, begreift er, wie ein totalitäres System arbeitet, in dem der Präsident sich vor seinem Volk fürchtet und das Volk den Präsidenten.
Diktaturen funktionieren durch das perpetuum mobile der Angst. Und Angst macht unfrei. Angst ist der Motor, setzt die Spirale der Gewalt in Gang. Auch im Fall von Latif. Am hellichten Tag wird er von Odais Schergen verschleppt, eingesperrt. Durch psychische Folter zum Fidai getrimmt. Ein bewährtes Ritual in Diktaturen."Sieben Tage bist du in einem roten Zimmer eingesperrt, das Licht ist rot, alles ist rot. Dann sagte Odai: Nimmst Du den Job nicht an, hole ich Deine Schwester. Das heißt: Ich vergewaltige sie vor Deinen Augen. Ich sagte: Ich unterschreibe, aber lass` meine Familie in Ruhe."
Er ist kein Mensch
Latifs Vertrag als Fidai wird zwischen ihm und Diktator Hussein geschlossen. Als"Saddams Sohn" ist Latif zu bedingungsloser Treue und Unterwerfung verpflichtet. Er bekommt Odais berüchtigte Ray-Ban-Sonnenbrille verpasst, Odais schwarze Uniform mit Schriftzug des Diktatorsohns und den Personalausweis mit dem irakischen Adler. Als Odai alias Latif diniert er mit den Chefs der irakischen Geheimdienste, tritt als Saddams Sohn öffentlich in Erscheinung. Vor allem aber: Latif wird Augenzeuge der irakischen Schreckensherrschaft. Saddam duldet keinen Widerspruch. Gegner werden mundtot gemacht."Vergiss den Propheten Mohamed, unser Prophet heißt Saddam Hussein."
Als 1991 der Irak Kuwait angreift und die USA eingreifen, flüchten Odai Hussein und die meisten des Saddam-Clans in die Schweiz. Latif bekommt den Befehl, die Kuwaitis auszurauben, ihre teuren Limousinen, Gold und Schmuck in den Irak zu schaffen. Später muss er sich im irakischen Fernsehen selbst bezichtigen, durch seine Beutezüge im Golfkrieg Schande über den Irak gebracht zu haben. Er sei der Übeltäter, nicht Saddams Sohn, lautet seine Selbstanklage. Kein Wort darüber, dass er auf Befehl Odais handeln musste. Latif Yahia beschreibt Husseins Sohn als krank, als Sadisten und Vergewaltiger."Er ist kein Mensch. Tiere haben mehr Gefühle als Odai. Du findest in keinem Wörterbuch eine Bezeichnung, die auf Odai passt."
Bush ist ein Cowboy
Obwohl er seit zwölf Jahren quer durch Europa auf der Flucht
vor den irakischen Geheimdiensten ist und schon mehrere Attentate auf ihn verübt wurden, sieht der politische Exilant und Ex-Fidai Latif den drohenden Krieg der USA gegen sein Land mit Beklemmung."Wir sind für die Amerikaner Tiere. Und: ein reiches Land. Sie wollen unsere Freiheit nicht. Bush ist ein Cowboy. Mein Rat an Mr. Bush: Spielen Sie Golf mit Ihrem Vater und überlassen Sie die Politik den Politikern. Und überlassen Sie Irak den Irakern."
Ich war Saddma Sohn
von Karl Wendl und Latif Yahia
Goldmann Verlag, 2003
ISBN 3442152496
€ 17,90

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