- Schleichender oder plötzlicher Tod? - Morpheus, 06.02.2003, 14:04
- Re: Inflations-/Deflations-Debatte - Palstek, 06.02.2003, 14:31
- Re: Ganz genau so ist es, so kommt es - Danke für den Text! (owT) - dottore, 06.02.2003, 15:11
- Re: Inflations-/Deflations-Debatte - Jagg, 06.02.2003, 19:38
- Re: Schleichender oder plötzlicher Tod? - auf der sushi road! - McShorty, 06.02.2003, 15:28
- Echte Liquiditätskrise ohne Bankenzusammenbrüche? - Morpheus, 06.02.2003, 16:08
- Re: Inflations-/Deflations-Debatte - Palstek, 06.02.2003, 14:31
Schleichender oder plötzlicher Tod?
-->Meine Antwort auf die Frage ob Deflation oder Inflation:
Es kommt darauf an, was du mit Deflation und Inflation genau meinst. Schon hier beginnt die Diskussion. Für die einen ist Inflation die Ausweitung der Geldmenge, für andere die Ausweitung der Kredite,"normalerweise" wird unter Inflation Preissteigerung verstanden. Ich denke, es sieht so aus: Kreditaufblähung => Geldmengenaufblähung => Preissteigerungen, Fehlinvestition. Deflation entsprechend entgegengesetzt: Pleiten, Entlassungen, Kreditausfälle => Schrumpfen der Kredite, Geldmengenrückgang => fallende Nachfrage, fallende Preise.
Die Deflation, die wir seit 2 Jahren sehen, ist primär anderer Natur: es sind Preisnachlässe wegen der Globalisierung und Folgen der geplatzten Börsenblase. China exportiert Deflation zu uns, die USA profitieren von der vorangegangen Inflation ihrer Währung und können über den fallenden US-Dollar einen Teil der Preisdeflation an Europa weitergeben (wir haben demnach die schlechteste Position). Hinzu kommt eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen aus China. Der Clou ist also: China erzeugt Deflation und Inflation gleichzeitig, wenn man diese Phänomene als Preisveränderung ansieht - dabei spielen die Kreditentwicklungen noch gar keine große Rolle. Daher steigen die Rohstoffpreise in einem deflationären Umfeld, denn Rohstoffe werden bei uns auch in einer Rezession verbraucht und in China wächst eben die Nachfrage schneller, als sie bei uns nachgibt.
Die wirklich gefährliche Deflation, die aus Kreditausfällen und Reduzierung der Kredit- und Güternachfrage hervorgeht, hat meines Erachtens gerade erst angefangen. Wir sehen sie in Deutschland schon etwas länger, weil wir ein Volk von Hortern sind. Den USA steht das aber auch noch bevor. Die Verschuldung der US-Bürger wird dazu führen, der Staat wird dies durch eine höhere Staatsverschuldung versuchen zu kompensieren. Das alles wird den US-Dollar belasten. Die anderen Notenbanken, vor allem die japanische, werden den US-Dollar kaufen, um ihre Währungen nicht zu stark werden zu lassen, damit nicht auch noch die Exportwirtschaft zusammenbricht.
Ich habe ein ziemlich klares aber düsteres Bild für die Zukunft: der Bärenmarkt hält noch 10 Jahre an, die Arbeitslosigkeit steigt, vor allem in Europa, noch deutlich an. In den USA wird es soziale Unruhen geben, aber auch hier wird sich Unzufriedenheit breit machen. Die Staaten verschulden sich solange, bis die Zinslast ganz offensichtlich nicht mehr gezahlt werden kann. Spätestens dann wird die Krise der Papierwährungen offensichtlich. Wer dann noch Vermögen hat, will etwas Greifbares. Daher wird Gold in jedem Fall interessant bleiben. Der Trumpf des Geldes ist seine Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel, der Trumpf des Goldes der Schutz vor Kaufkraftverlust. In einer Deflation kann der Trumpf des Geldes stärker sein, ich glaube aber es kommt auf den Typ und die Entwicklung der Deflation an. So merkwürdig das klingen mag: solange es Banken bzw. ein funktionierendes Bankensystem gibt, denke ich, dass Gold das Geld schlagen wird. Erst in einem völligen Fiasko mit Bankpleiten und Chaos verliert das Gold gegen Geld, aber ich halte es für wahrscheinlichr, dass wir in den nächsten Jahren eher einen"schleichenden" als einen"plötzlichen Tod" sehen werden. Die Ursache dafür liegt in staatlichen Interventionen, die das System am Leben erhalten werden, notfalls durch Verstaatlichung. In Japan sieht man sehr schön, wie die Entwicklungen verlaufen könnten.
Der"schleichende Tod" wird später Reformen ermöglichen bzw. erzwingen und womöglich Gold wieder in die Währungsordnung einbinden. Nur im"plötzlichen Tod" des Systems, in einem schnellen Zusammebruch, ist das Gold der Verlierer und Bargeld der Gewinner - temporär.
Wir werden es sehen.
Morpheus

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