- Streit um Bin-Laden-Botschaft: Kein Freund Saddams - Henning, 12.02.2003, 16:47
Streit um Bin-Laden-Botschaft: Kein Freund Saddams
-->So seh ich das auch.. wie ich schon schrieb ;)
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Kairo (dpa) - Die Ankündigung der neuesten Botschaft von Terroranführer Osama bin Laden war mehr als merkwürdig. Erst erklärte US-Außenminister Colin Powell am Dienstag, der arabische Fernsehsender El Dschasira werde eine Botschaft des El-Kaida-Chefs an die Iraker ausstrahlen, die endlich den Beweis für eine «Partnerschaft» Bin Ladens mit dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein liefere. Dann dementierte der Sender, im Besitz des Tonbandes zu sein, um es dann am Abend schließlich doch noch zu senden.
«Seit wann macht denn die US-Regierung Werbung für El Dschasira?», fragte eine ägyptische Journalistin am Dienstagabend, kurz bevor sie nach Hause lief, um die Botschaft des meistgesuchten Terroristen der Welt bloß nicht zu verpassen. Als sie das Band hört, ist sie überzeugt: Das ist wirklich Bin Ladens Stimme.
Dia Raschwan, Terrorismusexperte am Kairoer Al-Ahram-Zentrum für Strategische Studien, hat seine eigene Theorie zum plötzlichen Auftauchen des Tonbandes, das auch er für echt hält. «Ich glaube, El Dschasira hatte das Band schon länger, wollte es aber nicht ausstrahlen, weil darin diejenigen, die den Amerikanern Stützpunkte und sonstige Unterstützung liefern, zu Apostaten (Abtrünnigen) erklärt werden, und das würde ja die Herrscher von Katar, denen El Dschasira gehört, mit einschließen», sagt er.
Tatsächlich gehört Katar neben Bahrain und Kuwait zu den Staaten der Golfregion, die den US-Truppen bei ihren Kriegsvorbereitungen weitgehende Handlungsfreiheit einräumen. Und die angebliche Bin-Laden-Stimme erklärt auf dem in bester Tonqualität produzierten Band, diejenigen, die den Amerikanern, helfen, zu Vogelfreien, deren Besitz geplündert und deren Blut ungestraft vergossen werden dürfe.
Raschwan glaubt, dass die US-Regierung sich ihre Kopie des Bandes durch Geheimdienstkanäle beschafft hat und den katarischen Sender mit Powells Ankündigung zur Ausstrahlung zwingen wollte, da die Botschaft nach Washingtons Lesart einen Zusammenhang zwischen Bagdad und El Kaida aufzeigt. Diese Interpretation wird von den Menschen in der arabischen Welt aber überhaupt nicht geteilt.
«Das ist völliger Blödsinn - Bin Laden hat das irakische Volk und die Islamisten in aller Welt in seiner Botschaft vielmehr aufgefordert, Widerstand gegen die Amerikaner zu leisten», erklärt Raschwan. «Seine Tipps für den Krieg richten sich aber nicht an die reguläre Armee, sondern an Guerilla-Kämpfer.» Dies stellt auch der von El Dschasira um einen Kommentar gebetene irakische Politologe Zhafer el Auni fest, der Bin Laden vorwirft, mit seinen Vorschlägen, die Kämpfer sollten sich in Gräben und Tunneln verstecken, die Armee mit ihren Panzern und Raketen völlig unberücksichtigt zu lassen.
Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass die in Bagdad regierenden Sozialisten der Baath-Partei auf dem Tonband zu «Ungläubigen» erklärt werden. Denn für einen Moslem gibt es eigentlich keine schlimmere Beschimpfung. «Es ist einfach undenkbar, dass gerade ein fanatisch-religiöser Moslem wie Bin Laden mit jemandem gemeinsame Sache macht, den er zum Ungläubigen erklärt», meint ein westlicher Diplomat in Kairo. «Ganz im Gegenteil - der Terrorchef hat die Regierung in seiner Botschaft sogar angegriffen - indem er dem irakischen Volk sozusagen über die Köpfe von Regierung und Armee hinweg erklärt, wie es gegen die Amerikaner zu kämpfen hat.»
Terrorismusexperte Raschwan geht sogar noch einen Schritt weiter. Er sieht in dem Tonband die Aufforderung an die Islamisten in aller Welt nun in dem Irak zu ziehen und dort Widerstand gegen die amerikanischen «Kreuzritter» zu leisten, ähnlich wie in den 80er Jahren, als moslemische Kämpfer aus vielen Nationen und auch Bin Laden selbst nach Afghanistan zogen, um gegen die «ungläubigen Kommunisten» der Sowjetarmee zu kämpfen.

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