- OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks - JLL, 15.02.2003, 15:47
- Re: Ich bin nicht angesprochen, antworte trotzdem ;-))) - Tempranillo, 15.02.2003, 16:45
- Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks - Turon, 15.02.2003, 17:11
- Interessante Frage von JLL und durchdachte Antwort von Turon, weiterer Gedanke: - QuertreiBär, 16.02.2003, 14:09
- Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks - tas, 15.02.2003, 18:28
- Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks - Euklid, 15.02.2003, 19:21
- Scholl-Latour über USA und Rußland - HB, 15.02.2003, 19:42
- Scholl-Latour über USA und China - HB, 15.02.2003, 19:47
- Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks - wenn ich auch mal darf - nereus, 16.02.2003, 12:01
Scholl-Latour über USA und Rußland
-->Lambroschini hatte sich zwei Wochen zuvor in Rußland
aufgehalten und war mit engen Beratern Wladimir Putins
zusammengekommen. Welche außenpolitische Linie wohl der
Kreml-Chef verfolge, wenn er den Amerikanern freien Zutritt zu
den ehemals sowjetischen Teilrepubliken Zentralasiens -
Usbekistan, Kirgistan - gewähre, frage ich ihn. Unlängst hat
sich die Militärpräsenz der USA noch auf das kaukasische
Georgien ausgeweitet, und überall entstehen stark befestigte, mit
modernstem elektronischem Gerät ausgestattete Stützpunkte und
Horchposten unter dem Sternenbanner, ganz zu schweigen von
den Erdöl- und Erdgas-Ressourcen dieser Region, die nunmehr
den amerikanischen Multis zur Ausbeutung offenstehen. »Es
gibt zwei Hypothesen, die sich nur oberflächlich
widersprechen«, meint der Franzose. Für seine weiterhin von
russischem Nationalismus und sowjetischer Nostalgie geprägten
Kritiker halte Putin das Argument parat, er warte nur darauf, daß
die USA sich in dieser extrem schwierigen
Umgebung, wo das koranische Engagement weiter
Bevölkerungsteile die postkommunistischen Regime der neuen
»Groß-Khane« und »Emire« langsam, aber unaufhaltsam
unterhöhle, in einen unbegrenzten Abnutzungskrieg, einen »war
of attrition«, verwickeln. Demnach würden die globalen
Hegemonialansprüche George W. Bushs am Ende eine
Verzettelung der ungeheuren Kapazität Amerikas bewirken und
dem geschwächten Rußland eine Last abnehmen, die seine
eigenen Kräfte - siehe Tschetschenien - überfordere. Wenn US-Generale
in Taschkent verkündeten, »we are here to stay«, so
entsprächen sie ahnungslos diesem strategischen Kalkül, erweise
sich doch schon in Afghanistan, daß die dominante Supermacht
den sich anbahnenden Partisanen- und Stammesfehden nur
bedingt gewachsen sei.
Gleichzeitig sei jedoch beim neuen Zaren Wladimir der
Wunsch vorhanden, engen Schulterschluß mit dem Westen - mit
Amerikanern und Europäern -, kurz gesagt, mit den Nationen
»weißer Rasse« vorzunehmen. In Moskau lebe man weiterhin in
der traumatischen Erinnerung an das »Tataren-Joch«, an die
endlose Vasallisierung Rußlands durch die Mongolen und
Türken der »Goldenen Horde«, deren Groß-Khane sich schon
sehr früh zur Lehre Mohammeds bekehrt und die Heilige
Orthodoxie dem Halbmond untergeordnet hatten. Der Blick in
die Zukunft bereite dem Kreml böse Ahnungen. Als Folge von
Geburtenrückgang, Alkoholismus und steigendem
Drogenkonsum zeichne sich eine dramatische Verminderung
des slawischen Bevölkerungsanteils der Russischen Föderation
ab, die mit 140 Millionen Menschen ohnehin hoffnungslos
unterbesiedelt sei. Gleichzeitig finde jedoch bei den
überwiegend türkischislamischen Völkerschaften des
zentralasiatischen Raums - nicht nur in den GUS-Republiken,
sondern auch bei jenen 25 Millionen Muselmanen, die weiterhin
innerhalb der russischen Grenzen leben - eine demographische
Explosion statt.
Auf diese ethnische Erosion zu Lasten der europäischen
Russen zwischen Kazan an der Wolga, Ufa im Südural bis zur
Grenze der Mongolei hatte mich schon der inzwischen bei
einem Hubschrauberunfall umgekommene General Alexander
Lebed sorgenvoll aufmerksam gemacht. Noch beängstigender
erscheint den Moskowitern offenbar das Erstarken des
chinesischen Riesenreichs, das im Begriff stehe, die
Mandschurei als vorgeschobene Schanze künftiger
Unterwanderung der russischen Fernostprovinz und Ostsibiriens
zu nutzen. Schon heute gerieten diese entlegenen,
menschenleeren Besitzungen in den Schraubstock des Reichs
der Mitte, ins Expansionsfeld der »gelben Gefahr«. Wir
diskutieren darüber, wie sich die russischamerikanische
Annäherung auf die Europäische Union auswirken werde, die
sich in endlosen Geburtswehen quält. Die Gefahr eines
Kondominiums der beiden Kolosse über das Abendland wäre
nicht mehr auszuschließen im Rahmen einer neuen NATO-
Struktur, die die weltumspannende Dimension der OSZE, der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa,
zwischen Vancouver und Wladiwostok annähme.

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