- Krieg - eine Krisenlegende wird geboren - Wal Buchenberg, 20.02.2003, 08:52
- alles schön und gut - silvereagle, 20.02.2003, 12:18
Krieg - eine Krisenlegende wird geboren
-->Eine Krisenlegende wird geboren
Jetzt da es nicht länger zu verschweigen und zu verheimlichen ist, jetzt da nicht nur Industrieunternehmen rote Zahlen schreiben und noch mehr Lohnarbeiter entlassen, sondern auch Banken Defizite machen und schon ein Gipfelgespräch zwischen Banker und Regierung stattgefunden hat, was im Falle von Bankenpleiten zu tun ist, jetzt müssen gute Ausreden her, wer oder was uns die weltweite Krise beschert hat.
Es müssen Ausreden her, damit nicht der Kapitalismus und die Kapitalisten öffentlich für den Wirtschafts-Schlammassel, für Massenpleiten und Massenarbeitslosigkeit verantwortlich gemacht werden.
Es müssen Ausreden her, die von jahrelanger Überinvestition und Überproduktion ablenken, die von der Überspekulation und Überschuldung ablenken, die seit Jahren von Kapital und Regierung aufgebaut wurden.
Zu gerne haben die Ideologen des Kapitals die nächstbesten Umstände wie Ã-lpreiserhöhungen für kapitalistische Krisen verantwortlich gemacht.
Jetzt ist die passende Legende für die jetzige Krise gefunden: Schuld ist einfach „der Krieg“ - nein, nicht einmal die US-Kriegstreiber und Kriegsvorbereiter, nein schuld an der Weltwirtschaftskrise ist einfach DER Irakkrieg wie ein Naturphänomen - Hagelschlag oder Erdbeben.
Vielleicht ist es aber umgekehrt als es im folgenden Artikel der Financial Times Deutschland steht: Nicht der Krieg bringt die weltweite Krise, sondern weil die US-Wirtschaft überinvestiert und überschuldet ist, sucht die US-Regierung einen Ausweg in Kriegsabenteuer - Krieg als Mittel der Wirtschaftspolitik.
Aus der Financial Times Deutschland (gekürzt) vom 20.2.2003.
(...) Die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Irak-Kriegs dürften durchaus die Dimensionen vergangener Krisen erreichen. Denn anders als im ersten Golfkrieg 1991, bei dem die arabische Welt an der Seite des Westens kämpfte, könnte der Militärschlag gegen Irak die gesamte Region im Nahen Osten destabilisieren.
Der Krieg wirft seine Schatten voraus
Schon jetzt treiben die Risiken des drohenden Krieges den Ã-lpreis nach oben: Seit November 2002 hat der Preis für das Schmiermittel der Weltwirtschaft um etwa 28 Prozent zugelegt. Sollte die Ã-lversorgung durch einen Krieg nachhaltig unterbrochen werden, könnte der Ã-lpreis nach Berechnungen der Investmentbank Morgan Stanley von derzeit 32,53 $ auf über 100 $ je Barrel nach oben schießen. Kommen mögliche neue Terroranschläge hinzu, muss damit gerechnet werden, dass die wachsende Unsicherheit bei Unternehmern und Konsumenten die Investitionen einbrechen und die Nachfrage abstürzen lässt
Bereits ein etwa zwei Monate dauernder mittelschwerer Krieg würde das Wachstum der Weltwirtschaft um etwa einen Prozentpunkt reduzieren, rechnet das US-Forschungsinstitut Center for Strategic and International Studies vor. Komme es zu einer langwierigen Auseinandersetzung, bei der schließlich auch Massenvernichtungswaffen eingesetzt würden, drohe der Absturz der Weltwirtschaft in eine schwere Rezession.
(...) "Sollte es zu einem langen Krieg mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Verwerfungen kommen, muss die Politik reagieren", fordert auch Ulrich Kater, Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Deka-Bank. (...)
Dollar-Flucht
Auch bei den Wechselkursen könnte sich nach Einschätzung der Experten Handlungsbedarf ergeben. Seit Monaten flüchten die Devisenhändler angesichts der steigenden Kriegsgefahr aus dem Dollar. Ã-konomen fürchten einen regelrechten Absturz der US-Währung, wenn sich der Kriegsverlauf ungünstig entwickelt. (...)
Snow - Das große Rätselraten
Noch ist zudem völlig ungewiss, wie sich der neue US-Finanzminister John Snow positionieren wird. "Wir wissen nicht, wie er sich die internationale Zusammenarbeit vorstellt, wir wissen nicht, ob er die Politik des starken Dollar fortsetzen will, wir wissen eigentlich gar nichts", heißt es in G7-Kreisen. (...)
Jeder für sich allein
So bleibt den Staaten nur, sich aus eigener Kraft für einen Konjunktureinbruch zu rüsten. In den Hauptstädten laufen Vorbereitungen für den Ernstfall an. Die EZB rechnet mögliche Auswirkungen eines Irak-Kriegs auf die ökonomische Entwicklung durch, die Deutsche Bundesbank arbeitet an Szenarien für Deutschland.
Bleibt es bei der internationalen Kakophonie, wird sich mit nationalen Initiativen aber nur wenig bewegen lassen. (...)“
Wal Buchenberg, www.marx-forum.de

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