- Angst vor Spekulationsblase im Häusermarkt - Popeye, 21.02.2003, 09:54
- Re: Angst vor Spekulationsblase im Häusermarkt - Cosa, 21.02.2003, 11:19
Angst vor Spekulationsblase im Häusermarkt
-->Angst vor Spekulationsblase im Häusermarkt
Rückschlagsgefahr ist in England größer als in Amerika / 55 Prozent Wertzuwachs in drei Jahren
dri. FRANKFURT, 20. Februar. In Amerika und Großbritannien mehren sich die Anzeichen für eine Abkühlung der Häusermärkte. Vor allem in Großbritannien ist jedoch die Angst groß, daß die Preisberuhigung nur der Vorbote für das Platzen einer großen Spekulationsblase sein könnte. In den vergangenen drei Jahren sind die Häuserpreise in Großbritannien um satte 55 Prozent geklettert, hat die Bausparkasse Nationwide errechnet. Dies vergleicht sich mit einer Zuwachsrate von 25 Prozent in Amerika.
Manche Ã-konomen sprechen schon im Falle Amerikas von einer Spekulationsblase, also von einer Preisentwicklung, die sich von den wirtschaftlichen Fundamentaldaten weit entfernt hat. Der amerikanische Häusermarkt zeigt aber - historisch betrachtet - eine weitaus stetigere Preisentwicklung als der britische (siehe Grafik). Der Häuserpreisindex des staatlichen Office of Federal Housing Enterprise Oversight hat sich seit seiner Konzeption im Jahr 1975 noch nie mit einer negativen Jahresrate verändert - nicht einmal während der strengen Rezession von 1980/81, als die Arbeitslosenquote um 3 Prozentpunkte stieg, und die Hypothekenzinsen auf mehr als 15 Prozent kletterten.
Demgegenüber sind die Preiszyklen in Großbritannien sehr ausgeprägt. Dies erklärt sich in erster Linie damit, daß Immobilien auf der Insel im Regelfall mit variabel verzinsten Darlehen finanziert werden. Steigende Zinsen erhöhen somit schnell die Finanzierungslasten der Hauseigentümer und schrecken potentielle Käufer ab. Letztmals war dies Anfang der neunziger Jahre zu beobachten. Seinerzeit schraubte die Bank von England ihren Leitzins in weniger als zwei Jahren um 7,5 Prozentpunkte hoch. Die Häuserpreise brachen nicht zuletzt deshalb um 20 Prozent ein. Derzeit ist eine solche Zinswende freilich nicht in Sicht. Die Zentralbank hat in diesem Monat sogar überraschenderweise ihren Leitzins gesenkt, obwohl sie sich zuvor wiederholt besorgt über die"Ungleichgewichte" am Häusermarkt geäußert hatte. Die Angst vor einem Konjunktureinbruch ist in London offenbar größer als die Angst vor einem Platzen der Spekulationsblase am Häusermarkt.
Motor des Häuserbooms in Großbritannien und Amerika ist in beiden Ländern das extrem niedrige Zinsniveau. Die großen Bausparkassen in Großbritannien bieten ihre variablen Finanzierungen inzwischen zu Sätzen von 5 bis 6 Prozent an. In Amerika wiederum sind Festzinsdarlehen mit 30 Jahren Laufzeit die gängige Finanzierungsform. Der entsprechende Zinssatz liegt seit acht Wochen ebenfalls unterhalb von 6 Prozent, so niedrig wie seit den sechziger Jahren nicht mehr. In beiden Ländern haben die Hauseigentümer das Zinstief dazu genutzt, ihr Hypotheken zu erhöhen und so in der Immobilie gebundenes Eigenkapital"loszueisen". Dies war dem Konsum in beiden Ländern sehr zuträglich. Ã-konomen befürchten nun, daß die Konsumneigung deutlich nachlassen könnte, sobald die Refinanzierungswelle abebbt.
In Großbritannien stiegen die Häuserpreise im Januar mit einer Jahresrate von 25 Prozent. Im vergangenen Sommer lag diese Rate in der Spitze sogar bei 33 Prozent. In Amerika dagegen wuchsen die Häuserpreise zuletzt um 6 Prozent pro Jahr. In attraktiven Ballungsräumen wie New York, Boston, Miami oder Südkalifonien fallen die Zuwächse deutlich höher aus. In diesen Fällen sprechen Experten von kleinen"Spekulationsbläschen", die aber den amerikanischen Häusermarkt als Ganzes nicht gefährdeten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2003, Nr. 44 / Seite 23

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