- db-newsletter: Kommentare von Prof. Norbert Walter - Tombstone, 21.02.2003, 11:26
- Re: Sparttip für die DeutscheBank: Ein Pfarrer und jemand der ein paar Artikel - Luigi, 21.02.2003, 11:34
- RE:"pastorales Larifari" macht der Walter, sonst nichts! Danke dottore! (owT) - Luigi, 21.02.2003, 13:03
- Re: Sparttip für die DeutscheBank: Ein Pfarrer und jemand der ein paar Artikel - Luigi, 21.02.2003, 11:34
db-newsletter: Kommentare von Prof. Norbert Walter
-->Wie viele Tage bis zum Angriff auf den Irak werden uns bleiben? Wir wissen es nicht. Aber angesichts der Entschlossenheit der USA in der Irak-Frage wird ein Krieg immer wahrscheinlicher. Ohne Kapitulation von Saddam Hussein - und die ist wohl kaum denkbar - können die Amerikaner nicht mehr hinter ihre Ankündigungen zurück. Ein Rückzug käme einem Gesichtsverlust gleich. Eine hoch einsatzbereite Truppe von mehreren 100.000 Mann kann man zudem nicht über einen ganzen Wüstensommer in der Region in Wartestellung halten. Die Inspektoren haben also faktisch nur noch wenige Wochen, um Evidenz für Massenvernichtungswaffen zu finden; gleiches gilt für die UN und einen Beschluss, der die Weltgemeinschaft in der Irak-Frage (weitgehend) eint. Gelingt dies nicht, beginnt der Krieg kraft alleiniger US-Entscheidung, und das spätestens bis Mitte März.
Der Luftkrieg dürfte höchst wirkungsvoll und kurz sein. Die für die Entmachtung Saddam Husseins nötigen Bodenkämpfe dagegen dürften - vor allem in den Städten - zäh und verlustreich verlaufen. Neue, strategisch geplante terroristische Aktionen sind sehr wahrscheinlich. Zudem ist zu befürchten, dass der Terrorismus eine neue Dimension erreichen wird, weil der Einsatz von chemischen und biologischen Kampfstoffen droht. Die Reaktionen der Ã-ffentlichkeit und die Aktionen westlicher Staaten sind kaum prognostizierbar.
Die gewünschte Etablierung eines nicht-diktatorischen und pro-westlichen Regimes in Bagdad, das das komplexe Land zusammenhält, ist fast ausgeschlossen. Die Beruhigung des Nahen Ostens in absehbarer Zukunft und die kurz- und mittelfristige Sicherung der Energieversorgung bliebe im Falle eines Krieges Illusion. Die Konflikte und Spannungen werden nicht nur auf den Nahen Osten (einschließlich Nordafrika) beschränkt bleiben, sondern sich auch auf Pakistan/Indien, Indonesien und auf die Philippinen ausdehnen.
Schon vor dem Krieg ist die Lage der Weltwirtschaft fragil. Hohe Ã-lpreise und zusätzliche Sicherheits- und Militärausgaben haben in den USA Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizit bereits kräftig erhöht. Die Haushaltslage in Japan und Deutschland erlaubt nicht die Übernahme der Kriegskosten, wie das beim ersten Golfkrieg der Fall war. Bei Kriegsausbruch dürfte der Ã-lpreis noch einmal kräftig steigen. Dieser Belastungsfaktor wird auch dann nicht (vollständig) verschwinden, wenn die Bombenangriffe vorüber sind, da weder Ã-lquellen noch Transportwege im Mittleren Osten sicher sein werden. Die Ã-lanbieter in politisch sicheren Gegenden (wie z.B. Russland/Norwegen /Mexiko) werden die großen Nutznießer sein. Mit den kriegsbedingten Zusatzausgaben und -belastungen der USA dürfte das staatliche Defizit noch weiter steigen; damit ist die Chance auf niedrigere langfristige Zinsen dahin und der Dollar dürfte seine Schwächetendenz wohl kaum überwinden. Das macht all jene verletzlich, die vom Export in die USA abhängen. Hierzu zählt unglücklicherweise auch Japan, wo dies zu systemischen Problemen führen könnte. Aber auch Europäer, vor allem solche, deren finanzpolitisches Pulver vollkommen nass geworden ist (über 3% Staatsdefi-zit in Relation zum Sozialprodukt, wie z.B. in Deutschland) stehen ohne Möglichkeit der Gegenwehr vor einer Rezession. Falls - was wahrscheinlich ist - der Terrorismus zunimmt, sind bestimmte Sektoren wie die Luftfahrt, der Tourismus und die Versicherungswirtschaft erneut stark betroffen. In Ländern, die als potentielles Versteck für muslimische Fundamentalisten gelten, wird die Last überproportional hoch sein.
In dieser Situation sollten Ã-konomen ihre gebetsmühlenartig vorgetragene Aufschwungthese für den Herbst 2003 vergessen. Beten wir, dass im Herbst 2004 der Aufschwung kommt.

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