- Notfallplanung - Nachtrag2 - Popeye, 23.02.2003, 13:26
- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - rodex, 23.02.2003, 13:45
- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - Popeye, 23.02.2003, 14:11
- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - rodex, 23.02.2003, 17:58
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- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - Pulpo, 23.02.2003, 18:34
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- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - eine beispiellose Sauerei! - Baldur der Ketzer, 23.02.2003, 14:32
- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - eine beispiellose Sauerei! - Euklid, 23.02.2003, 14:56
- Manchmal habe ich den Eindruck - Turon, 23.02.2003, 16:20
- Re: Notfallplanung - Nachtrag - - Jacques, 23.02.2003, 15:26
- Re: Notfallplanung - Nachtrag2 - rodex, 23.02.2003, 13:45
Notfallplanung - Nachtrag2
-->Wie Schröder die Banken stützen soll
Von Christian von Hiller
Es war ein Treffen auf der höchsten Sicherheitsstufe. Am Sonntag abend um halb acht kam in Berlin die wohl mächtigste Runde dieser Republik zum Abendessen neben dem Invalidenfriedhof im Wirtschaftsministerium zusammen. Von der Regierung kamen Kanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement.
Sie trafen die Creme der deutschen Finanzwirtschaft: die Bosse von Allianz und Deutscher Bank, von Münchener Rück, Hypo-Vereinsbank und Dresdner Bank, von West-LB, DZ-Bank und KfW. Auch Berater Roland Berger nahm teil. Er hatte das Treffen auf Bitten des Kanzlers vorbereitet und organisiert.
Nur die Verbände fehlten - weder Sparkassenpräsident Dietrich Hoppenstedt noch Bankenpräsident Rolf-Ernst Breuer wurden geladen."Ich will aus der Verbandslogik raus und mit den Leuten reden, die das Geschäft machen", hat Schröder Beteiligten zufolge gesagt. Auch Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller war nicht dabei.Im Mittelpunkt stand schnell der Tagesordnungspunkt"Tatsächliche Lage von Banken und Versicherungen", wobei die Betonung auf dem Wort"tatsächlich" lag. Es sollte Tacheles geredet werden.
Seit Monaten mühen sich die Vorstände der Finanzwirtschaft, die Lage der Branche schönzureden."Bankkrise" gilt gar als Unwort. Dabei ist die Lage ernst: Vor allem im Kreditportefeuille sieht es düster aus. Im Jahr 2001 ist die Risikovorsorge für möglicherweise notleidend werdende Kreditengagements in die Höhe geschnellt (siehe Grafik). Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat sich für viele die Lage weiter verschärft. Die Hypo-Vereinsbank mußte die Risikovorsorge fast verdoppeln, auf 3,8 Milliarden Euro. Bei der Deutschen Bank stieg der Betrag von rund 1 Milliarde auf 2,1 Milliarden Euro.
Schuld sind große Schieflagen wie bei der Kirch-Gruppe in Deutschland oder bei Enron und Worldcom in den Vereinigten Staaten. Aber auch die Bankvorstände haben jede Menge Fehler gemacht:"Jahrelang herrschte bei den Großbanken ein Bilanzsummen-Denken", sagt ein Unternehmensberater."Nur um Geschäft zu machen, haben sie Kredite zu viel zu niedrigen Margen vergeben." Erlöse im Wertpapierhandel während der Jahre der Hausse haben Verluste im Kreditgeschäft verdeckt. Nun sind die Reserven aufgezehrt. Einige Banken können große Kreditausfälle kaum noch verkraften.
Deshalb reiste Josef Ackermann, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, mit einem gewagten Vorschlag nach Berlin: Die Finanzwirtschaft solle eine Auffanggesellschaft gründen, in die sie faule Kredite ausgliedern solle. Eine bestechende Idee, aus Sicht der Banken. Denn die Banken binden zuviel Eigenkapital mit Darlehen, die zu unsicher sind, als daß sie am Kapitalmarkt plaziert oder anderweitig verwertet werden könnten. Müssen die Kredite jedoch abgeschrieben werden, haben viele Banken ein Ertragsproblem.
In dieser"bad bank", wie Banker solche Auffanggesellschaften nennen, sollten zunächst Dresdner Bank, Commerzbank und Hypo-Vereinsbank ihre Risiken im Geschäft mit dem Mittelstand bündeln. Da kommen leicht 7 Milliarden Euro zusammen. Damit die Banken jedoch entlastet werden, so Ackermanns Vorschlag, solle der Staat für das Risiko möglicher Zahlungsausfälle haften. Die Deutsche Bank selbst will sich nicht an der Konstruktion beteiligen. Der Konzern sei stark genug, meint Ackermann großzügig, um sich aus eigener Kraft zu helfen."Wir wollen uns mit diesem Virus nicht infizieren", zitieren Beteiligte den Deutsche-Bank-Chef.
Ackermanns Vorschlag überzeugte so sehr, daß Sengera und Brixner Wohlwollen signalisierten. Offenbar erhoffen sich der Boß der West-LB und der Chef des Spitzeninstituts der Volks- und Raiffeisenbanken, DZ-Bank, daß auch sie einen Teil ihrer Risikokredite in die"bad bank" schieben können.
Bei der DZ-Bank ist die Lage offenbar schon so angespannt, daß unter den Kreditgenossen schon offen über eine Übernahme durch eine"andere große Bank" gesprochen wird. Nun wird gerätselt, ob eine ausländische Gruppe (Credit Mutuel oder Banques Populaires aus Frankreich?) oder eine andere Bank Interesse zeigen könnte. Auch die Commerzbank und die Hypo-Vereinsbank sind schwer angeschlagen. Seit Monaten kommen die Gespräche über ein Zusammengehen nicht voran. Denn keine der beiden Banken könnte es verkraften, auch noch die Kreditrisiken der anderen zu schultern.
Der deutsche Bankenmarkt, so lautet einhellig der Befund, muß dringend konsolidiert werden: Fusionen sollen Überkapazitäten abbauen. Doch solange die einzelnen Konzerne durch unwägbare Kreditrisiken belastet sind, sind weitere Zusammenschlüsse kaum möglich. Aus eigener Kraft können die Banken - entgegen offizieller Verlautbarungen - diese Krise kaum schultern. Schon der Zusammenbruch der Schmidt-Bank in Hof an der Saale, die kaum größer als eine mittlere Sparkasse war, hat die privaten Banken mit rund 3,5 Milliarden Euro belastet.
Die Bündelung von faulen Krediten in einer"bad bank" macht nur Sinn, wenn auch der Staat - zumindest teilweise - in die Bresche springt und Haftungszugaben abgibt. Das weiß Ackermann, und das wissen auch die Politiker. Zwar hat die Regierung vor staatlichen Haftungszusagen in der Vergangenheit noch nie zurückgeschreckt. Im Fall Philipp Holzmann oder bei Mobilcom war der Kanzler zur Stelle. Aber dieses Mal hält sich Schröder bedeckt. Die Bundesregierung habe sich den Vorschlag angehört und wolle ihn nun unter Einbeziehung der Bundesbank weiter erörtern, heißt es in Regierungskreisen.
Zu riskant wäre ein voreiliges Ja. Staatliche Haftungszusagen wirken in einer Marktwirtschaft schnell wie ein Fremdkörper, vor allem wenn der Eindruck entsteht, daß Verluste auf diese Weise verstaatlicht werden und die Bankvorstände allzu schnell aus ihrer Verantwortung entlassen würden.
Doch eine Beteiligung der Bundesregierung muß auch mit dem Beihilferecht der Europäischen Union in Einklang gebracht werden. Als der französische Staat Mitte der Neunziger dem schwer angeschlagenen Credit Lyonnais mit umfangreichen Finanzspritzen zur Seite sprang, waren haarige Verhandlungen mit der EU-Kommission die Folge. Nur unter harten Auflagen genehmigte Brüssel schließlich die Beihilfen - der Credit Lyonnais mußte sich aus vielen Märkten und Geschäften zurückziehen. Kein Wunder, daß sich Schröder, Eichel und Clement Zeit mit einer Antwort lassen.
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 23.2.2003

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