- @dottore - Fragen zur Reflationierung - Carpediem, 23.02.2003, 16:41
- Re: Alles, was ich (dazu) weiß, steht hier: - dottore, 23.02.2003, 18:43
- Re: Schlicht und ergreifend: Vielen Dank Dottore für Ihre Mühe! - Carpediem, 23.02.2003, 19:44
- Re: Alles, was ich (dazu) weiß, steht hier: - dottore, 23.02.2003, 18:43
Re: Alles, was ich (dazu) weiß, steht hier:
-->Lieber Carpediem,
Du hast Dir eine Mega-Mühe gemacht. Zum Ergebnis kann ich nur gratulieren.
Ich weiß zwar nicht, ob es da einen"Masterplan" gibt, aber in der Reihenfolge ist es so wie ich es auch sehe. Ich versuche, kurz zu kommentieren und Deine Fragen zu beantworten.
>Wenn ich Ihre untenstehenden Gedanken zur eventuell anstehenden Reflationierungsabsicht der Zentralbanken richtig verstanden habe,
Ob es diese Absicht gibt, weiß ich nicht. Eher nein, da in den ZBs nicht in dieser Richtung gedacht wird. Es war zunächst nur ein Vorschlag von mir (Goldkauf durch die ZBs) und dann bin ich in der BW-Studie auf die central bank purchases von Gold gestoßen.
>dann könnte also ein folgendes Szenario wie folgt gerade ablaufen:
>Gegenwärtig massiv Werbung für Gold, damit sich Private und Institutionelle mit physischem Gold vollsaugen.
>Primäreffekt eigentlich eine Verstärkung der DeDe - zwar gering ein bisserl Gold- weil GZ an die Zentralbanken zurückfließen und damit die gegenwärtige DeDe tendenziell verstärken.
Ja. Jeder Goldverkauf durch die ZBs erfolgt letztlich gegen GZ.
>(Wird wegen eines eventuell bestehenden Masterplans in Kauf genommen)
>Dem Publikum vermittelt man den Eindruck: Gold wird versilbert, damit der Staat über die abgeschöpften Goldgewinnerlöse etwas Sinnvolles zur Sanierung der Staatsfinanzen tut.
Das ist die offizielle Lesart ("farming of the assets").
>Gleichzeitig wird damit der Eindruck der Zerrüttung erst recht gefördert was den Ankauf von Gold zusätzlich attraktiv macht.
Gut möglich, das mit dem"attraktiver machen", jedenfalls de facto so - die Goldbugs sind da sehr hartnäckig.
>Folge: Ein kurzzeitiger Anstieg des Goldpreises wie gerade erlebt.
>Alle fühlen sich wohl: Habe was für meine finanzielle Sicherheit getan und schlafen gut auf ihrem Gold.
>Die weiterhin vorhandene Goldwerbung nährt diesen Gedanken und hält ihn gewollt aufrecht!
De facto, nur fraglich, ob"geplant".
>Die sich gegenwärtig auf mittlere Sicht verstärkende DeDe führt allerdings dazu, daß eingefleischte Goldeigentümer trotz aller Risikovorsorge hier und da gezwungen sind sich aus Verschuldungsabbaugründen wieder von Teilen ihres Goldbestandes zu lösen. Da sich dieses Verhalten rein auf der Ebene der nicht Zentralbanken abspielt, hat es lediglich Auswirkungen auf den Goldpreis im Privatsektor - Goldpreis sinkt wie alle anderen Güter in der DeDe.
Davon gehe ich aus, aber es kann auch ganz anders kommen - sozusagen der"Durchmarsch" des POG.
>Jetzt kommt der finale Rettungsakt - wann auch immer 2003,2004,2005.....- die ZBs. kaufen Gold an zu Höchstpreisen um endlich die Märkte mit Nettogeld zu fluten und die Wirtschaft zu reflationieren - eine Art kreditbefreites Geld.
Das auf jeden Fall. Sozusagen ein "hinkender Goldstandard": Die ZBs kaufen, geben aber nicht an, zu welchem Preis sie verkaufen oder verkaufen würden.
>Mein mangelndes Verständnis für volkswirtschaftliche globalisierte Zusammenhänge reicht nicht aus um die Folgewirkungen richtig einschätzen zu können.
>Selbst wenn die Goldbesitzer sich als Glückskinder der Weltnation fühlen
>„Mit einer Unze machte ich meine erste Million“ ist doch nicht klar ob Sie bei diesem Spiel mitmachen und wenn ja in welchem Umfang. Abgesehen von gesetzgeberischen Maßnahmen wie Verbot des privaten Goldbesitzes und dgl.
Das ist alles offen. Ein Goldverbot wäre ein Goldablieferungszwang zu einem bestimmten Preis und damit wären die ZBs ihres Instrumentes (= mehr"unverzinstes GZ" in die Wirtschaft"pumpen") los.
>Nehmen wir an die Nettogeldversorgung oder besser Reflationierung kommt in Gang, so drängen sich mir einige Fragen auf:
>1.Auch dieser Nettogeldsegen verschwindet in der Abgabenwirtschaft oder wird er so hoch sein, das wirklich sämtliche Altschulden damit getilgt werden können?
Theoretisch könnten damit alle Altschulden verschwinden. Da sie aber unterschiedlich verteilt sind und dies auch noch zu unterschiedlichen Terminen fällig, wird es damit nichts. Was aber sicher möglich ist, wäre das:
Die ZBs kaufen Gold, sagen wir in zwei Partien, damit es leichter klar wird (ansonsten müsstest Du Dir das gleitend vorstellen):
Zunächst 1/2 des Außengoldes (sagen wir 30.000 Tonnen) zu 10 Mio $ / t. Und die 2. Hälfte (wieder 30.000 Tonnen) zu 10 Mrd $ / t. Dann hätten sie 60.000 Tonnen aktiv und können die zweiten 30.000 Tonnen nur zu 10 Mrd $ in die Bilanz nehmen.
Aber die erste Tranche können sie ebenfalls mit 10 Mrd bewerten (Stichtagsprinzip) und hätten dann die DIFFERENZ (30.000 mal 10 Mrd minus 30.000 mal 10 Mio) aktiv als"verlängerte Bilanz" (klar so?) und entsprechend könnten sie passiv in Höhe der Differenz einen GEWINN ausweisen, den sie als Gewinn aus"Realisierug der stillen Reserven" (denn das war die erste Tranche zum ersten Preis verglichen mit dem Bilanz-Preis) AN DEN / DIE STAAT(EN) auskehren könnten.
Damit wäre der Staat (die Staaten) FORMELL seine Schulden los, denn er würde den"Gewinn" aus dieser Operation sofort an jene weiterreichen, denen er (sie) etwas schuldet (bzw. schulden). Dies würde bedeuten:
Jeder, der einen Titel gegen den Staat hat, würde mit einer entsprechenden"Schuldenerlöschungsbuchung" (bzw. auf Wunsch Ablieferung von Banknoten) bedient und wäre"bezahlt". Das Publkikum hätte jetzt statt Titel"Papiergeld" - ob es dann zur sofortigen Ausgabe des Geldes kommt, ist zwar wahrscheinlich, muss aber nicht sein. Denn die Titelhalter hatten ja die Titel, weil sie das darin"steckende" Geld nicht sofort brauchten, sondern später, denn sonst hätten sie die Titel gar nicht erst gekauft.
Mit ziemlicher Sicherheit würde das Publikum höchst misstrauisch, außerdem wären die ZBs in größter Erklärungsnot, da sie ja einen Trick anwenden, um Geld an den Staat zu geben. Man muss also den Start der"Aktion" (die dann gleitend verliefe, außerdem kann nicht jeden Tag bilanziert und ausgeschüttet werden) abwarten und sich vorher schon über die Goldankäufe der ZBs informieren, was diese wiederum notfalls verschleiern könnten (Sub-ZBs usw.), so dass es also nicht einfach ist, sich optimal zu positionieren.
>2.Wenn Nettogeld vorhanden ist, was wird dann aus dem Kapitalismus?
Da der Kapitalismus ein erfüllungsdruck-getriebenes System ist (Kettenbrief), wäre damit sein Ende eingeläutet. Jeder könnte dann Schulden machen, dass es kracht (moral hazard), in der sicheren Erwartung, dass ihn der Staat rauspaukt, der"zum Schluss" dann seinerseits mit der"Goldnummer" vom Haken kommt.
Wenn letztlich alle Rechnungen mit Hilfe einer laufenden Höherbewerung von Gold mit anschließender Ausschüttung der dabei entstandenen"bilanziellen Gewinne" bezahlt werden, werden sie nicht mit Leistung bezahlt, sondern mit einem Buchungstrick, womit sich das System"Leisten" verflüchtigen würde. Damit landen wir auf diesem Weg, so er in immer größeren Stil angegangen würde, in der leistungslosen Hyperinflation, d.h. einer dauernden Abwertung von vorhandenem GZ durch immer mehr hereinbrandendes ex Gold-Trick entstandenes GZ, wobei das GZ selbst natürlich untergeht und mit ihm all auf GZ lautenden, späteren Fälligkeiten ("Kredit").
De facto hätten wir also eine dauernde Aufwertung von Gold gegen GZ und entsprechende Abwertung von GZ gegen Gold (die ZBs können nur GZ fabrizieren, und keinen"Kredit").
>Warum soll ich ohne Rückzahlungsdruck jeden Tag 14 Stunden malochen schließlich droht ja kein Zinstermin und keine Zwangsvollstreckung mehr.
Ja. Aber Du gehörst dann dem, der für Dich sorgt - Du bist eine moderne Variante des Staatssklaven.
>Verfallen wir nicht eher erst recht in Leistungslethargie.
Ja, es wird in einem Kommunismus neuer Art enden (wem die Produktionsmittel formal noch gehören, ist egal), bei dem der Staat dann nur noch jene Produktionen aufrecht erhält und auch nur noch diese durchsetzen kann, die zur direkten Ernährung der Bevölkerung dienen ("Getreidespenden usw.).
>Wie soll - wenn einmal eine Reflationierung stattgefunden hat die Inflation am Laufen gehalten werden. Wieder über ein neu beginnendes Schuld auf Schuldspiel.
Geht dann nur noch über die Fortsetzung des Goldspiels, sobald diese Form der"Inflationierung" begonnen hat. Der Anteil privater (späterer!) Fälligkeiten nimmt rasch ab, d.h. es kann (!) nicht mehr privat investiert werden usw., da jeder, der ein Investitionsgut herstellt (Zahlung später) automatisch der Dumme ist. Es findet nur noch Lebensmittel- und Alltagsproduktion und Verteilung dieser durch den Staat statt.
>Preise inflationiert, Produzenten geldgeil - verschulden sich wieder um künftig noch mehr Geld zu haben - weil sie in steigenden Preiszeiten wieder Absatz und Gewinnchancen sehen?
Die Produzenten wollen sich zwar verschulden, und etwas auf Kredit kaufen, aber das, was sie kaufen wollen (lange"Produktionsumwege", man denke an F & E, an Stahlwerksbau, usw.), wird nicht mehr gefertigt. In jeder Hyper-Infla geht die Investition automatisch gegen Null.
>3. Wenn es so ist wie beschrieben, sind dann nicht doch Sachwerte sinnvoller als Geldwerte.
Erst mal abwarten, ob es so kommt. Falls tatsächlich, dann selbstverständlich. Und der Sachwert, der dann noch eine Rolle spielt, ist jener, der Dich zum freien Menschen macht, d.h. Dich aus der"Für den Staat arbeiten und von ihm leben müssen"-Kette abschneidet: selbstgenutzter Grund & Boden in unauffälligem Umfang.
>4.Wann kommt Ihrer Meinung nach der optimale Zeitpunkt um vom Geld zum Sachwert und /oder Gold zu switchen.? Eher 2003, 2004 oder noch später.?
Das weiß ich leider nicht. Es kann auch sein, dass ich den optimalen (als frühestmöglich definierten) Zeitpunkt schon verpasst habe. Nach bestem Wissen und Gewissen denke ich aber, der kommt (falls es überhaupt in die oben gezeigte Richtung gehen sollte) frühestens dann, wenn die Regierenden merken, dass es nicht nur sinnlos ist, auf den"nächsten Aufschwung" zu warten, sondern auch, dass es um ihren Kopf geht. In der Geschichte gab es tausend Mal mehr Armen-Revolten als Friedensdemos.
Dass es weltweit rasant eindunkelt, sieht jeder. Es kann noch"Zwischenhochs" geben, aber auch einen beschleunigten Fall. Wir starren hier nun Tag um Tag auf jeden nur möglichen Indikator, der Hinweise geben könnte, einschließlich aller möglichen Counts. Geht es so weiter wie jetzt und platzen noch die letzten Blasen (Immo-Märkte USA, GB usw.), ist eher an 2003/04 zu denken als an 2005.
Mir (persönlich, die Goldbugs lesen das bitte nicht) wäre es lieber, alle Blasen gegen GZ würden platzen (Rest-Börsen, und vor allem GOLD), um zu switchen. Aber wir leben leider nicht mehr in einer Zeit, da Wünschen noch geholfen hat. So wie's nach m.M. jetzt ausschaut, haut das mit dem GZ im Safe (noch) hin. Es kann aber schon Morgen sein, dass ich sage: Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern.
Das GZ ist genau so ein Zock wie alles andere auch. GZ hat nur den Vorteil, nicht verboten werden zu können und es hat die mächtigsten Verbündeten, die es gibt: Sämtliche, die es nicht haben, weil sie überschuldet sind und es dringendst brauchen. Vom kleinen Handwerker & Hausbesitzer nebenan bis zum größten Staat.
>5.Muß nicht nach der Reflationierung zwangsläufig eine Währungsrefom stattfinden?
Diese Reflationierung wäre eine permanente Währungsreform (= laufende Abwertung aller Währungen gegen Gold). Eine EINMAL-Reflationierung bringt nichts (siehe Roosevelt: die USA kamen bis zu WK II nicht aus dem Knick).
>Preise die sich plötzlich durch Reflationierung vervielfachen schreien doch danach.
Vervielfachte Preise sind selbst keine Währungsreform. Ansonsten siehe oben und: Liefe die permanente Goldaufwertung über die ZBs, liefe jede Währung schließlich aus - es würde dann kein GZ mehr geben können.
Was allgemeines Staatsende bedeuten würde - und keiner trauert....
>Auch eine Hyperinflation läuft sich nach kurzer Zeit tot.
Die früheren Hyper-Inflas arbeiteten nach dem Kredit-in-die-ZB-Muster, um GZ wieder dort abzuholen. Die Kredite wurden immer kurzfristiger, siehe 1920/23.
Eine Hyperinfla über Metall wäre etwas völlig Neues, lässt man die römische Hyperinfla (GZ in nominal gegen immer geringhaltigere Silbermünze weg, siehe Gallienus, Dioklatian usw.), die aber eins nicht angetastet hatte: Gold! Gold blieb GZ bis zum Ende und mit fast durchgehend gleichem Kurs (Nominal).
>6. Wie hoch sehen Sie den Goldpreis bei einer Reflationierung via Goldankauf durch die ZBs.
Nach oben offen.
>Habe zwar alle Artikel in diesem Forum mehr oder weniger gelesen, weiß aber nicht ob ich sie immer richtig verstanden habe.
Doch, Carpediem, das hast Du alles bestens verstanden! Du hast Deinem Nick alle Ehre gemacht und deine Zeit nicht mit Petitessen verplempert, jedenfalls nicht die Zeit, die sich jeder nehmen sollte, um sich über die Lage (Zustand, Ursache, mögliche Folgen) zu informieren. Hier leistet jeder sein Bestes und es tut gut, immer wieder erleben zu dürfen, dass nicht Besserwisser Dogmatik betreiben, sondern jeder von jedem lernt (ich ganz besonders, auch wenn es manchmal nicht so"rüberkommt").
Herzlichen Dank also an Dich (und die übrige Forumsrunde, den Forenmaster ganz besonders - everybody tries harder) und einen schönen Abendgruß!
Stay tuned...

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