- Hoch leben die administrierten Preise - Infla marschiert! (Agentur) - dottore, 24.02.2003, 09:58
- Re: ohne Moos nix los am Bau - Baldur der Ketzer, 24.02.2003, 10:44
- Re: ohne Moos nix los am Bau - der Niedergang der Kleinen geht immer weiter - kizkalesi, 24.02.2003, 11:30
- Re: ohne Moos nix los am Bau - Baldur der Ketzer, 24.02.2003, 10:44
Re: ohne Moos nix los am Bau - der Niedergang der Kleinen geht immer weiter
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Interview mit Bilfinger-Berger-Chef Herbert Bodner über Private Public Partnership und das künftige Branchen-Wachstum
Herbert Bodner, Vorstandschef des zweitgrößten deutschen Baukonzerns, Bilfinger Berger, erwartet vom geplanten „Kompetenzzentrum Private Public Partnership“ (PPP) eine Stabilisierung der schwer angeschlagenen Baubranche. Über die Chancen und die PPP-Erfahrungen des Konzerns in Großbritannien und den drohenden Arbeitsplatzabbau auf deutschen Baustellen sprach Hagen Seidel mit Bodner. Der Manager ist auch Vorsitzender des Arbeitskreises „Private Finanzierung“ des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.
DIE WELT: Viele öffentliche Gebäude sind wegen der Finanznot von Kommunen, Ländern und Bund in äußerst schlechtem Zustand. Gleichzeitig steckt die Bauwirtschaft in der Dauerkrise. Kann das angekündigte „Kompetenzzentrum PPP“ das Ende allen Übels sein?
Herbert Bodner: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, auf einem sehr langen Weg. Ich bin allerdings hundertprozentig davon überzeugt, dass es in diese Richtung gehen wird. Es ist angesichts leerer Kassen die einzige Chance, die dringend notwendigen Investitionen im öffentlichen Hochbau, etwa für Schulen oder Krankenhäuser, umzusetzen. An diesem Punkt sind wir angekommen und das erkennen auch immer mehr Politiker. Die Frage ist jetzt nicht mehr, ob Private auf eigenes Risiko öffentliche Bauprojekte übernehmen, sondern wann sie das auch in Deutschland tun. Es gibt keinen anderen Weg.
DIE WELT: Über welches Investitionsvolumen reden wir?
Bodner: Wenn wir uns an Großbritannien orientieren, ließen sich rund 20 Prozent des Investitionsvolumens im öffentlichen Hochbau von privater Hand verwirklichen. Das wäre ein Volumen von mindestens fünf Milliarden Euro jährlich in Deutschland.
DIE WELT: Die Rettung der deutschen Bauwirtschaft wäre das aber noch nicht.
Bodner: Sicher nicht. Aber nach acht Jahren der Krise könnte man zumindest im öffentlichen Hochbau den Abwärtstrend stoppen und für eine Stabilisierung sorgen. Der Wirtschaftsbau würde davon ebenso wenig profitieren wie der desolate Wohnungsbau. Im Übrigen: PPP ist kein Allheilmittel. Es sind nicht alle Bauprojekte dafür geeignet. Wenn sich eine Investition nicht rechnet, wird niemand einsteigen. Der Schulbau etwa hat sich in England für Private als sehr geeignet erwiesen, ebenso Gefängnisse und - mit Einschränkungen - Krankenhäuser.
DIE WELT: Befürworter weisen darauf hin, privat abgewickelte Projekte seien 15 bis 20 Prozent kostengünstiger als klassisch vom Bund, den Ländern oder den Kommunen finanzierte. Wo sollen diese Einsparungen herkommen?
Bodner: Wir sehen bei unserer Kalkulation ja nicht nur die Baukosten, sondern die Kosten für die gesamte Lebensdauer des Projektes. Einfach ausgedrückt: Wenn wir 30 Jahre lang ein solches Projekt betreiben, planen wir von vornherein so, dass hinterher weniger Unterhalts- und Reparaturkosten anfallen. Uns treibt der Anreiz, die Kosten nicht nur beim Bau, sondern auch im Betrieb dauerhaft gering zu halten. Eines müssen Sie bedenken: Das Risiko geht vom Steuerzahler voll auf den Privaten über, für die gesamte Laufzeit. Trotzdem haben wir in Deutschland bislang kein einziges PPP-Hochbauprojekt - mit Ausnahme der neuen britischen Botschaft in Berlin. Die hat Bilfinger Berger für die Briten gebaut. Das Gebäude gehört uns, wir stellen es zur Verfügung und kümmern uns um alles, vom roten Teppich bis zur Klimaanlage. Wenn irgendetwas in der Botschaft nicht voll nutzbar ist, werden wir für diesen Teil auch nicht bezahlt. In 30 Jahren übergeben wir das Gebäude an Großbritannien - in welchem Zustand ist ganz genau in den Verträgen vereinbart. Solche Projekte will man jetzt auch in Deutschland endlich angehen.
DIE WELT: Und die Aufgabe des Kompetenzzentrums?
Bodner: Es soll unter anderem für eine gewisse Standardisierung der Ausschreibung sorgen, damit nicht an 30 oder 40 Stellen gleichzeitig experimentiert wird. Denn die Kosten für eine Kalkulation über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes sind ungleich höher als für eine Baukalkulation. Um die Kosten zu dämpfen, muss das Kompetenzzentrum einheitliche Richtlinien erarbeiten und darauf hinwirken, die Zahl der Bewerber pro Ausschreibung zu begrenzen. Die Beteiligung ist nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, am Ende einen Auftrag zu bekommen. In Großbritannien haben wir zudem gelernt, dass die Projekte eine bestimmte Mindestgröße brauchen. Ich würde etwa 30 Millionen Euro als Untergrenze ansetzen.
DIE WELT: Höre ich aus diesen Forderungen den Vertreter eines Großkonzerns heraus? Wie sollen kleine oder mittlere Unternehmen diese Anforderungen erfüllen?
Bodner: Ohne Zweifel macht sich der Mittelstand Sorgen, außen vor zu bleiben. Aber ich bin sicher, dass leistungsfähige Mittelständler auch hier eine eigene Rolle spielen werden. Hinzu kommt, dass wir ohne die Hilfe mittelständischer Unternehmen viele solcher Projekte kaum bewältigen könnten. Würden wir einen Großauftrag bekommen, würden davon auch kleinere Firmen als Nachunternehmer profitieren. Aber klar ist: Bei großen Projekten muss man mehr als das eigentliche Bauhandwerk beherrschen. Da müssen sich die Anbieter breiter ausrichten. Das ist natürlich eine Herausforderung.
DIE WELT: Können sich die kleineren Anbieter diese Herausforderung im achten Krisenjahr am Bau denn überhaupt noch leisten?
Bodner: Die guten Unternehmen setzen sich auch in dieser Situation durch. Firmen allerdings, die finanziell ohnehin mit dem Rücken zur Wand stehen, werden diesen Aufwand nicht treiben können. Zweifellos wird die Selektion in der Branche dadurch gefördert. Aber die ginge auch ohne PPP weiter.
DIE WELT: Im vergangenen Jahr mussten in Deutschland fast 10 000 Baufirmen Konkurs anmelden, 75 000 Arbeitsplätze verschwanden. Gibt es 2003 eine Besserung?
Bodner: Die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe sind 2002 um sechs Prozent zurückgegangen. Im Jahr 2003 ist folglich keine Trendwende zu erwarten, die Bauinvestitionen dürften weiter sinken. Für das Jahr 2004 hoffe ich allenfalls auf eine Stagnation.
DIE WELT: Was heißt das für die Arbeitsplätze?
Bodner: Der Arbeitsplatzverlust wird weitergehen. Es steht die EU-Osterweiterung mit Niederlassungsfreiheit für polnische oder tschechische Firmen an. Nach dem Ablauf der Übergangsfristen werden gewerbliche Arbeitskräfte in deutschen Beschäftigungsverhältnissen weiter abgebaut. Die große Masse der Beschäftigten auf den Baustellen wird jedenfalls nicht mehr aus Deutschland stammen. Konzerne unserer Größe werden sich leichter darauf einstellen, in Deutschland mit Firmen aus Osteuropa zusammenzuarbeiten. Für die Kleinen sind die Osteuropäer nur eine zusätzliche Konkurrenz.

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