- DAX: Nun unter 2000!? - kizkalesi, 26.02.2003, 08:02
- Nein, wir haben doch"gute Vorgaben aus den USA" - Nachfrager, 26.02.2003, 08:04
- Re: DAX: Nun unter 2000!? - - ELLI -, 26.02.2003, 11:23
DAX: Nun unter 2000!?
-->Gute Nachrichten gehen unter
von Jens Wiegmann und Holger Zschäpitz
Der Dax im freien Fall
Berlin - Stell dir vor, der Deutsche Aktienindex fällt auf den tiefsten Stand seit sechseinhalb Jahren und kein Börsianer bekommt es mit. Fast so geschehen am Dienstag in Frankfurt. Während das Gros der Marktprofis auf der Investorenkonferenz der Deutschen Bank führenden Konzernlenkern der heimischen Industrie lauschte, rauschte der Dax bereits am Vormittag unter die wichtige Unterstützungsmarke von 2519 Punkte. Um exakt 11.04 Uhr, als Adidas-Finanzvorstand Robin Stalker sein Unternehmen auf der „German Corporate Conference“ im Hotel Hilton präsentierte, rutschte der Index unter das alte Tief vom vergangenen Oktober.
Und damit nicht genug. Der Dax bekam erst bei 2448 Punkten Boden unter den Füßen - Notierungen, die Anleger das letzte Mal im Juli 1996 zu sehen bekamen. Da half es auch nicht, dass der Ifo-Geschäftsklimaindex weit besser als erwartet ausfiel. „Die Stimmung ist einfach komplett kaputt“, sagt Joachim Paech, Chefhändler bei Julius Bär. „Kein Anleger will mehr etwas kaufen. Es gibt nur Verkäufer.“
Verkaufsdruck kam nach dem Durchbrechen der wichtigen 2519-Punkte-Marke vor allem von den Versicherungen. Händlern zufolge trennten sich in erster Linie die großen Spieler wie Münchener Rück und Allianz von ihren Stücken, beziehungsweise sicherten sich durch Termingeschäfte gegen weiter fallende Kurse ab. Solche Hedging-Aktivitäten wirken für die Märkte wie echte Aktienverkäufe.
Der Dax steuert damit unaufhörlich auf Rekordtiefen zu. Ein wichtiger Punkt verläuft dabei bei 2156 Punkten. Auf diesem Niveau hätte das Kursbarometer 73,5 Prozent vom Hochpunkt im März 2000 an Wert eingebüßt und damit genauso viel wie der deutsche Markt in der schlimmsten Börsenkrise 1929. Strategen streiten, ob ein solcher Einbruch angesichts der momentanen Fundamentaldaten gerechtfertigt ist. Schließlich sei Deutschland noch von einer Depression wie in den 1930er Jahren weit entfernt. Die Experten von Dresdner Kleinwort Wasserstein geben sich pessimistisch. Zwar seien fundamental durchaus 3000 Zähler gerechtfertigt. Auf Grund schwacher Wirtschaftsdaten sei ein Einbruch beim Dax auf 2400 Punkte aber nicht auszuschließen.
Gleich heute dürften schwache Daten die Börsianer einmal mehr enervieren, wenn das Statistische Bundesamt die endgültigen deutschen Wachstumszahlen fürs vierte Quartal 2002 vorlegt. Es droht ein Minus von 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal und damit könnte Deutschland zum zweiten Mal in diesem Konjunkturzyklus in eine Rezession abkippen, sollte auch das Wachstum für das erste Quartal des laufenden Jahres negativ ausfallen. Dann wären die Bedingungen für eine Rezession per definitionem erfüllt. Und ein Abgleiten ins Minus - verbunden mit negativen Effekten für die Unternehmensgewinne - ist gar nicht so unwahrscheinlich. Bereits am Montag wartete Morgan Stanley mit einer Rezessionswarnung für Europa auf.
Von Seiten der technischen Analysten ist vorerst auch keine Aufmunterung zu erwarten. Im Gegenteil: „Es steht für mich völlig außer Frage, dass der Dax auch noch die 2000-Punkte-Marke nach unten durchbrechen wird“, sagt Wieland Staud, Geschäftsführer von Staud Research. In den vergangenen Wochen hatte der deutsche Blue-Chip-Index häufig um die 2520 bis 2540 Punkte gependelt und immer wieder versucht, sich zu stabilisieren. Erfolglos, wie sich am Dienstag herausstellte. „Nun gibt es gar keinen Grund für Optimismus mehr“, sagt Staud.
Die nächste Unterstützungslinie dürfte der Dax zwar bei 2270 Zählern finden, dem Stand von Ende 1993 und Mai 1994. Die Baisse am deutschen Aktienmarkt dauere jetzt schon drei Jahre und damit länger als die des Dow Jones, die im Jahr 1929 begann. Staud kann diesem Szenario aber auch etwas Positives abgewinnen. „Skepsis wird inzwischen akzeptiert, es wird nicht mehr immer nur Optimismus verbreitet“, so der Charttechniker. Anleger würden vermehrt verkaufen statt zu versuchen durchzuhalten. Auch das sei positiv.

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