- Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse - - Popeye, 01.03.2003, 10:37
- Re: Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse - - Euklid, 01.03.2003, 10:51
- Re: Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse - - Victor, 01.03.2003, 14:31
- Re: Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse - - Euklid, 01.03.2003, 15:25
- Re: Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse - - Victor, 01.03.2003, 14:31
- Re: Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse - - Euklid, 01.03.2003, 10:51
Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse -
-->Henkel nennt die Arbeitgeber eine Reformbremse
Der ehemalige BDI-Chef sieht die Bündnisgespräche zum Scheitern verurteilt /"Der Kanzler hat Angst vor Clement"
nf. BERLIN, 28. Februar. Die Kanzlerrunde am 3. März ist wie die bisherigen Spitzengespräche im Bündnis für Arbeit zum Scheitern verurteilt."Die Runde kann nichts bringen", sagte Hans-Olaf Henkel, Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), im Gespräch mit dieser Zeitung. Henkel ist ferner Präsident der Leibniz-Gesellschaft, zu der die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute gehören. Auch in der Vergangenheit habe das Bündnis nur geschadet, sagte er."Mir ist nicht ein Beispiel bekannt, daß aus dem Bündnis etwas herauskam, das die Reformer in den Fraktionen gefreut hätte. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, daß diese Art von Bündnisgespräch nur zu einer Verhinderung von Reformen führt. Dem Volk wird suggeriert, daß etwas geschieht. Und sowohl die Medien als auch die Bevölkerung verwechseln dann das Gerede über Reformen mit Reformen selbst."
Die Regierung dürfe sich nicht länger von der IG Metall das Reformtempo diktieren lassen, mahnt Henkel."Es gibt in der ganzen westlichen Welt keine ideologisch so betonierte Gewerkschaft wie die IG Metall." Die Arbeitgeber wiederum fordert er auf, sich nicht länger von Schröder ruhigstellen und"mißbrauchen" zu lassen, indem sie sich zu immer neuen, aber ergebnislosen Gesprächen locken ließen. Notwendig sei vielmehr ein lautstarker Protest gegen diese Verschleppungstaktik.
Daß weder Bundesfinanzminister Hans Eichel noch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement an dem Treffen mit den Sozialpartnern teilnähmen, sei bezeichnend."Das läßt bei mir sämtliche Alarmlampen aufblinken", sagt Henkel. Offenbar habe Bundeskanzler Gerhard Schröder"Angst vor dem Reformwillen Clements". Der Minister sei für den Mittelstand zur letzten Hoffnung geworden. Ebenso bezeichnend sei, daß nur Gewerkschaftsfunktionäre, aber keine Betriebsräte an der Runde teilnehmen."Ich könnte mir vorstellen, daß die zur Frage des Kündigungsschutzes oder zur Frage des Tarifkartells eine ganze andere Meinung beziehen würden."
Die Proteste der Gewerkschaften, die vor der Abschaffung des Sozialstaats warnen, wertet Henkel als"Propaganda, der leider in Deutschland viele auf den Leim gehen". Alle Statistiken belegten, daß das soziale Netz in Deutschland immer enger geknüpft worden sei."Wir sind nur in einem Punkt unsozial geworden - das ist der dramatische Anstieg der Arbeitslosenrate." Die Propaganda der Gewerkschaften ziele darauf,"ihr Monopol gegen mehr Freiheit in den Betrieben zu verteidigen. Das Tragische ist, daß die Arbeitgeber mit ihnen zur entscheidenden Reformbremse geworden sind", klagt Henkel. Ein Aufbrechen des Tarifkartells liege aber weder im Interesse des DGB-Vorsitzenden Michael Sommer noch in dem des Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt.
Unabhängig von der Höhe der Arbeitslosigkeit in den einzelnen Regionen, von der Wirtschaftslage der Betriebe und der Situation innerhalb einer Branche schreibe der Flächentarif überall die gleichen Löhne vor."Diese Gleichmacherei ist der Hauptgrund für die hohen Arbeitskosten und damit auch die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland." Die Flächentarifverträge müßten gesetzlich geöffnet und betriebliche Abmachungen ermöglicht werden, sofern dies drei Viertel der Belegschaft, Betriebsrat und Geschäftsleitung wollen. Ob eine Reform des Kündigungsschutzes, moderatere Lohnabschlüsse oder eine kleine Gesundheitsreform -"all das hätte nicht die Wirkung, die eine Aufhebung des Tarifkartells hätte, die nicht einmal Kosten verursachen würde, aber an den Betonköpfen in beiden Lagern scheitert". Scharf geht Henkel mit Arbeitgeberpräsident Hundt ins Gericht. Dessen Angebot, notfalls überbetriebliche Ausbildungsplätze zu organisieren und finanzieren, wenn nicht jeder ausbildungswillige und -fähige Jugendliche eine Lehrstelle finde, sei"totaler Quatsch. Wenn man sich auf so was einläßt, dann kriegen wir bald auch noch eine Abgabe für jeden nicht eingerichteten Arbeitsplatz."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.03.2003, Nr. 51 / Seite 11
Bildmaterial: dpa

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