- Wieder was von dem mit der Oma - Palstek, 05.03.2003, 18:06
- Re: Wieder was von dem mit der Oma - Zet, 05.03.2003, 18:43
Wieder was von dem mit der Oma
-->Gewehr bei Fuß. Düsseldorf, den 05.03.2003
Guten Morgen, meine Damen und Herren
Das nehmen Sie heute wörtlich und lesen Sie diesen Bericht am besten zwei Mal. Es sind auch einige Ungeheuerlichkeiten enthalten, die ich so und nicht anders bezeichnen kann. Der Reihe nach. Zunächst:
Alles wartet mehr oder weniger auf ein Stichwort aus New York oder Washington. Das dauert so lange, bis es voraussichtlich knallt, woran seriöse Beobachter kaum noch zweifeln. Die technische Lage an der Wall Street ist angesichts dieser Umstände vergleichsweise ausgewogen. Minus 1,7 % im Dow sind zwar eine harte Kantenfahrt, aber noch nicht gefährlich. Das Risiko liegt aber bei unverändert 5 % bis zum Test des Oktobertiefs. Damit läßt sich leben.
Die deutsche Marktlage ist schwieriger. Die Wetten laufen in Frankfurt auf einen Test von 2000/2200 im DAX, wie schon hinreichend berichtet. Das ergibt ein Risiko von 20 %. Der dicke Hund:
Die größte deutsche Anlagegesellschaft spekuliert auf Baisse. Gezielt werden einige Aktien neu „ausgeguckt", um sie in den Boden zu rammen. Eine ganze Heerschar von Hilfskräften ist dabei, analytische Hilfestellung zu geben. Die Aktie, die seit gestern auf der Abschußliste steht, heisst SAP. In der Verbindung mit MLP wird eine Story gestrickt, die zwar haarsträubend, aber wirksam ist. Nachdem mein Klassenziel von 95 E. für SAP erreicht war, hatte ich das Korrekturrisiko mit 72 E. angegeben. Ich reduziere es aus diesem Grund auf 60 E. Viel schlimmer:
„Wir rechnen mit einer BAYER-Pleite". Das wurde mir gestern aus gleicher Quelle am Telefon avisiert. Es kommt nicht von einer obskuren Quelle, sondern mit dem eindeutigen Gebot des Vorstandes: Kaufverbot für BAYER und Offenhaltung aller Shorts. Ziel der gleichen Quelle:
Die Wave-Calls machen wir platt. Sie kennen dieses neue Konstrukt, das vielfach an Privatanleger verkauft worden ist. Unterbietet ein Wave-Call einen bestimmten Kurs, ist er nichts mehr wert. Dies hängt aber vom dahinterstehenden Aktienkurs ab. Drücke ich diesen unter ein bestimmtes Niveau, sind diese Calls wertlos. Für den Emittenten ein sattes Geschäft. Wer steht noch auf der Latte?
"Die ALLIANZ versuchen wir auf 50 - 55 E., TELEKOM knapp unter 8 E. und SIEMENS auf 36 bis vielleicht 28 E. herunterzuziehen. Wir erwarten dann eine dramatische Erholung um rund 50 % für alle Aktien." Das hört sich an, als wenn Onkel Dagobert Börse spielt und ich darüber berichten muß. Aber es ist im Moment die bittere Wahrheit im völlig unregulierten Frankfurter Markt, der keine ausreichende Transparenz bietet. Meine Schätzung, wenn auch unverbindlich: Ca. 3,5 % des DAX ist Short. Was in der umgekehrten Folge anschließend ablaufen wird, überlasse ich Ihrer Fantasie. Noch nie ist ein derartiges Rad in dieser Dimension gedreht worden.
Was tun? Eine Adresse macht nicht den Markt, aber zwei weitere sind auf einer ähnlichen Linie. Aus purem Eigennutz und ohne jede Verantwortung läuft dieses Spiel. Ich bin zu lange an der Börse, um über die Folgen nicht hinreichend besorgt zu sein. An keinem Markt Europas ist dies möglich.
Der SAP-Chart sagt alles:
Warren Buffet meldete sich gestern zu Wort. Lesen Sie die heutige FAZ. Ein Kernsatz trifft zu: „Manchmal verlangt erfolgreiche Geldanlage Untätigkeit", das gilt momentan wirklich. Buffet hält auch noch viele Aktien für zu teuer. Das ist wiederum der Überprüfung wert. Was ich jedoch nachdrücklich unterstreiche: Buffet warnt vor den Derivaten als „Massenvernichtungswaffen der Finanzmärkte". Darin hat er 100 % Recht. Sie kennen meine Meinung darüber schon seit vielen Jahren. Im übrigen ist Deutschland wiederum einer der Hauptspielplätze dieser Art. Was macht Buffet daraus? Er investiert seit letztem Jahr in Risikoanleihen, also Junk-Bonds. Was Sie daraus machen, hatte ich in der letzten AB auf S. 8 dargestellt. Es geht um 16 % Rendite und so sieht das Portfolio aus, das Sie im Moment „etablieren" können:
Wer näheres dazu erfahren möchte sendet bitte eine Mail an info@bern-stein.de Nebenbei: Den Spitzengewinn brachte das Rand-Zero-Portfolio mit + 72 % in knapp 15 Monaten, Stand heute.
Ein Blick auf die Politik: Der Bundeskanzler macht es nun persönlich. Na also. Er möchte am 14. Mai eine Grundsatzrede halten und Deutschland dabei umkrempeln. Darüber wird noch zu berichten sein. Mitten in diesem Tohowabaho schauen Sie auf den aussagefähigsten Konjunkturindikator, der soeben überarbeitet wurde und den ich seit Jahren sehr schätze. Aus dem Handelsblatt:
Schröder hat zumindest Sinn für Timing, falls er diesen Konjunkturindikator gesehen haben sollte, was ich nicht glaube. Dieser Indikator hat immer eine Vorlaufzeit von etwa 6 - 7 Monaten. Es kündigt sich also tatsächlich eine Erholung der deutschen Konjunktur an. Das wird noch näher zu beleuchten sein. Wenn Sie aber den DAX und diesen Indikator auf der Zeitachse einmal aufeinander legen und sodann zeitverschoben daneben plazieren, dann ahnen Sie, wohin die Tendenz der nächsten Monate geht. Das ist natürlich eine strategische Linie, die mit kurzfristigen Geschäften nichts zu tun hat.
Nachrichtlich: Brüssel berichtet gestern Abend, dass das VW-Gesetz doch kippen wird. Mit der neuen Regierung in Niedersachsen ist dies wahrscheinlicher als mit der alten. Dann ist der VW-Kurs sorgfältigst zu verfolgen. Im übrigen bleibt es aber bei meiner technischen Einschätzung der Autoaktien, wie in der AB beschrieben. Die gestrigen Berichte vom Genfer Autosalon legen Sie bitte beiseite.
Zusammenfassung: Mit der eingangs gezeichneten Markttechnik und deren Hintergründen müssen wir bis zum Verfalltermin (21.03.) oder bis zum Kriegsbeginn warten, so makaber dies klingt.

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