- zum kommenden? gau - orwell, 06.03.2003, 21:22
- Wie schützt Ihr Euch vor dem Gau??? - BB, 07.03.2003, 00:12
- Re: Wie schützt Ihr Euch vor dem Gau??? - nasdaq, 07.03.2003, 03:30
- Wie schützt Ihr Euch vor dem Gau??? - BB, 07.03.2003, 00:12
zum kommenden? gau
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Aus der Neuen Solidarität Nr. 10/2003
Bankenkrise spitzt sich zu: Notstandspläne für den GAU
In London plant das Finanzministerium,"im Ernstfall" Börse und Banken zu schließen. In Berlin gab es einen Krisengipfel im
Kanzleramt, wo über Rettungspläne für angeschlagene Banken gesprochen wurde. Wir sagen: Eine umfassende Neuordnung des
Weltfinanz- und Währungssystems wäre die vernünftige Alternative zum Systemkollaps - und zum Krieg.
Leere Schubladen
Wenn in der jüngeren Vergangenheit Regierungsvertreter oder Bankenexperten mit den LaRouche-Vorschlägen für eine globale
Finanzreform konfrontiert wurden, gab es von liberal geprägten Zeitgenossen zumeist zwei zentrale Einwände: Erstens sei die
Lage doch überhaupt nicht so schlimm, daß irgendein ordnender Eingriff erforderlich wäre, und zweitens sei es in heutigen Zeiten
völlig unvorstellbar, daß sich Regierungen über die gewöhnlichen Aufsichtsfunktionen hinaus in das Geschehen auf den Märkten
einschalteten und beispielsweise im Rahmen eines neuen"Bretton Woods" ein Bankrott- und Sanierungsverfahren für den globalen
Finanzsektor durchführten. Diesen Vertretern wurde dann häufig vorgehalten, daß es vermutlich nicht mehr lange dauern werde,
bis die privaten Banken selbst in höchster Not nach der rettenden Hand des Staates rufen. Es hat den Anschein, als sei dieser
Zeitpunkt nun erreicht.
Kein Geringerer als Josef Ackermann, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, schlug auf dem Berliner Krisengipfel zur Lage
des Bankensektors am 16.Februar im Beisein des Kanzlers die Schaffung einer staatlich finanzierten Auffanggesellschaft für die
notleidenden Kredite der privaten Banken vor. Insbesondere die Mittelstandskredite von Dresdner Bank, Commerzbank und
HypoVereinsbank sollten nach Ackermanns Vorschlag in eine solche"Bad Bank" ausgegliedert werden (der Terminus"bad" steht
hier natürlich für die englische Übersetzung von"schlecht, faul" und hat nichts mit der deutschen Redewendung"baden gehen" zu
tun). Der Staat würde Garantien für die gefährdeten Kredite abgeben und müßte dann also, käme es zur Insolvenz des jeweiligen
Kreditnehmers, dem Steuerzahler in die Tasche greifen. Auf diese Weise wären jedenfalls die privaten Großbanken aus dem
Schneider und könnten sich milliardenschwere Rückstellungen und Abschreibungen ersparen. Teilnehmern des Gipfels zufolge hat
sich die Bundesregierung bereit erklärt, den Ackermann-Plan unter Einbeziehung der Bundesbank zu erörtern.
Einiges deutet darauf hin, daß es sich bei Ackermanns"Bad Bank" zunächst einmal nur um einen Testballon handelt. So beeilte
sich Ackermann festzustellen, daß es die Deutsche Bank selbst natürlich gar nicht nötig habe, sich an dem Vorhaben zu beteiligen:
"Wir wollen uns mit diesem Virus nicht infizieren." Schließlich hat die Deutsche Bank schon frühzeitig das Kreditgeschäft mit dem
hiesigen Mittelstand heruntergefahren, und im übrigen will man in Zukunft alle Kreditrisiken mit Hilfe von"Credit Default Swaps",
bestimmten Kreditderivaten, absichern. Einige besonders angeschlagene Banken sollen sich dem Vernehmen nach positiv zu
Ackermanns Vorstoß geäußert haben. Andere lehnten ihn rundherum ab, da man damit das Eingeständnis einer
existenzbedrohenden Bankenkrise abgäbe. Der Präsident des Sparkassenverbandes Dietrich Hoppenstedt sprach von einem
"Stück aus dem Tollhaus, wenn diejenigen, die sich bisher immer strikt gegen Einflußnahme der öffentlichen Hand gewandt haben,
jetzt den Staat zu Hilfe rufen würden."
Der Präsident des Bundesamtes für Finanzdienstleistungen (BaFin) Jochen Sanio meinte, der Begriff"Bad Bank" sei ohnehin
unsinnig, denn eigentlich ginge es hier doch wohl um die Schaffung einer"Bail Out Bank". Sanio fügte hinzu:"Das heißt, daß der
Steuerzahler die Zeche zahlen soll. Ich sehe im Moment nicht, wo in Deutschland eine solche Zeche auf dem Tisch liegt." Edgar
Meister vom Vorstand der Bundesbank meinte, es sei"jetzt nicht die Zeit, das Geld der Steuerzahler zu nutzen."
Unternehmensberater Roland Berger, der sich selbst als Initiator des Krisengipfels vom 16.Februar bezeichnet, hat ohnehin andere
Pläne. Er fordert, im Einklang mit Vertretern angelsächsischer Finanzplätze, man müsse endlich Schluß machen mit dem
deutschen Drei-Säulen-Modell aus Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken, das nicht mehr in die heutige Zeit passe.
Leere Schubladen
Genau genommen haben weder Regierung noch Banken irgendeinen Plan. Während die globalen Finanzmärkte mit jedem Tag
mehr im Morast versinken, hat unter den Akteuren vielmehr ein heftiges Hauen und Stechen jeder gegen jeden eingesetzt. Hinzu
kommen die schwersten transatlantischen Auseinandersetzungen in der Nachkriegszeit, die nicht zuletzt auch auf dem Feld der
Banken- und Unternehmenswelt ausgetragen werden. Einige Beispiele:
Credit Suisse Group, die zweitgrößte schweizerische Bank, berichtete am 25.Februar den bisher größten Jahresverlust irgendeiner
europäischen Bank, 3,3 Mrd. Schweizer Franken (SFr), und senkte zum ersten Mal seit Gründung im Jahre 1856 die Dividende.
Am Tag darauf meldete Swiss Re, der zweitgrößte Rückversicherer der Welt nach der Münchener Rück, man müsse infolge von
3,4 Mrd. SFr Verlusten im Aktienvermögen erstmals seit dem Erdbeben von San Francisco im Jahre 1906 die Dividende kürzen.
Am gleichen Tage erklärte auch der zweitgrößte britische Hypothekenkreditgeber Abbey National, man müsse erstmals seit 1849
die Dividende zusammenstreichen. Am 27.Februar stellte Zurich Financial Service mit 3,4 Mrd. Dollar einen neuen europäischen
Rekord bei Jahresverlusten auf.
In den gleichen Tagen stürzte der deutsche Aktienindex DAX-30 auf den tiefsten Stand seit Sommer 1996, auf weniger als ein
Drittel seines Höchststandes vom Frühjahr 2000. Größter Verlierer am 24. und 25.Februar waren die Aktien von ThyssenKrupp,
nachdem zuvor die US-Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit des führenden Stahlherstellers und
Transrapidbetreibers auf"Ramsch" herabgestuft hatte. S&P begründete die Aktion mit einer neuartigen Betrachtungsweise
hinsichtlich der Pensionsverpflichtungen von Unternehmen. In den USA und Großbritannien schaffen die Unternehmen zu diesem
Zweck spezielle Pensionsfonds, die dann in Aktien oder andere Finanzwerte investieren. Solche Unternehmen, die nicht in das
orthodoxe angelsächsische Schema passen, und dies sind insbesondere deutsche, werden künftig mit dem zumindest teilweisen
Verlust ihrer Kreditwürdigkeit bestraft. Viele Fonds weltweit dürfen keine Aktien oder Anleihen von"Ramsch"-Unternehmen in
ihrem Portfolio haben und müssen Papiere von ThyssenKrupp nun zwangsläufig abstoßen. Das Management von ThyssenKrupp
bezeichnete die Entscheidung von S&P als völlig unverständlich, zumal das Unternehmen seine Nettoschulden in den letzten zwei
Jahren von 7,2 auf 4,9 Mrd. Euro gesenkt hatte. Konzernchef Ekkehard Schulz hat S&P den Kampf angesagt und will in einem
unabhängigen Gutachten die Methoden von S&P untersuchen lassen:"Die Amerikaner maßen sich vom hohen Roß ein Urteil an."
Wenige Tage später erwischte es den Bayer-Konzern. Neue Vorwürfe von US-Anwälten in Zusammenhang mit dem wegen
Nebenwirkungen vom Markt genommenen Cholesterinsenker Lipobay ließen die Bayer-Aktien regelrecht einbrechen, um 20%
innerhalb von zwei Tagen, auf ein Fünftel des Standes vom Sommer 2001. Bayer spricht von gezielter"Stimmungsmache" und der
Anwalt der deutschen Lipobay-Kläger von den Nebenwirkungen der Schröder-Position im Falle Irak.
Offenbar stellt die beispiellose Bankrottwelle im deutschen Mittelstand mit all ihren Folgen nur eine von vielen Mega-Katastrophen
dar, welche die weltweite Banken- und Wirtschaftswelt gegenwärtig erschüttern. Im Finanzsektor wären hier zu nennen: die
Kernschmelze an den Aktienmärkten, der fast vollständige Zusammenbruch des Geschäfts mit Börsengängen und
Firmenübernahmen, die größte Bankrottwelle aller Zeiten bei den Anleihen von Großunternehmen, die tickende Zeitbombe eines
fünfzehnstelligen Dollarbetrags an ausstehenden Finanzwetten, die abzusehende Implosion der Blasenbildungen auf den
Immobilienmärkten und bei Regierungsanleihen. Mit ein paar Milliarden an Steuergeldern lassen sich diese Probleme nicht aus der
Welt schaffen.
Die britische Regierung weiß jedoch einen anderen Ausweg: Am 25.Februar präsentierte das britische Finanzministerium
Notstandspläne für die City of London zur Vermeidung einer wirtschaftlichen und finanziellen Kernschmelze im Falle von
"extremen Situationen" wie einem schweren Terrorangriff. Die Regierung selbst würde dann die vollständige Kontrolle über
Aktienmärkte, übrige Wertpapierbörsen sowie die Systeme zum Zahlungsausgleich übernehmen. Die gewöhnlichen Handelsregeln
und sonstigen Regularien, so das"Konsultationspapier", würden außer Kraft gesetzt. Beispielsweise, heißt es in dem Papier,
könnten die Clearingstellen gezwungen werden, bestimmte Zahlungsanweisungen nicht auszuführen, wenn diese zum Schutze von
Unternehmen nötig ist, die keine Löhne mehr zahlen können, weil die Bankensysteme zusammengebrochen sind. Freilich sollen die
Notmaßnahmen nur unter"extremen Bedingungen", nicht bei herkömmlichen Finanzkrisen, eingesetzt werden. Ruth Kelly,
Staatsekretärin im Finanzministerium, erklärte:"Wir würden dies nur tun, wenn das Risiko für das gesamte Finanzsystem und die
übrige Wirtschaft die Kosten rechtfertigen."
Lothar Komp

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