- REUTERS-FORUM - BW-Bank zum Goldmarkt, von Christoph Eibl - marocki4, 12.03.2003, 10:06
REUTERS-FORUM - BW-Bank zum Goldmarkt, von Christoph Eibl
-->REUTERS-FORUM - BW-Bank zum Goldmarkt
Christoph Eibl, Baden-Württembergische Bank, Stuttgart
"GOLD IST 'EN VOGUE'
Dieser Tage finden wir in jeder größeren Zeitung und Zeitschrift
einen Bericht über das gelbe Metall. Doch vielfach fehlt eine
genaue Betrachtung der Einflussfaktoren des Gold-
beziehungsweise Edelmetallsektors. Das Allzweckargument
'Golfkrieg' scheint im Hinblick auf Gold als Krisensicherung oft
zu dominieren.
Es reicht jedoch nicht aus, Gold in einem Atemzug mit Krise
beziehungsweise Krieg zu nennen; auch wenn es in schwierigen
Zeiten in der Vergangenheit oft eine bessere Performance brachte
als so manch andere Vermögensanlage.
Im Zentrum der Betrachtung sollte das Verhalten der
Zentralbanken stehen. Diese haben ihre Goldbestände in den
vergangenen Jahren zunehmend abgebaut. Die Argumentation der
Zentralbanker lag auf der Hand: Gold bringt nur geringe Zinsen,
außerdem wird von den Zentralbanken die monetäre Rolle des
Goldes in Frage gestellt.
Die zunehmenden Verkäufe hatten den Goldpreis in 1999 bis auf
250 US-Dollar gedrückt. Mit dem Washington Agreement von 1999
einigten sich 14 europäische Zentralbanken, den Verkauf auf 400
Tonnen/Jahr zu beschränken. Das Washington Agreement soll im
nächsten Jahr verlängert werden und schon werden auf deutscher
Seite Meinungen hart, dass die Bundesbank das relativ hohe
Goldpreisniveau für Verkäufe nutzen sollte, da Deutschland
weltweit gesehen auf dem zweitgrößten 'Goldberg' (3446 Tonnen)
sitzt.
Mittlerweile haben einige Zentralbanken ihre Verkäufe
abgeschlossen, da Mindestgrößen erreicht wurden: so haben
beispielsweise England und die Schweiz ihre Verkäufe bis zur
Hälfte abgeschlossen. Es ist anzunehmen, dass selbst höhere
Verkäufe aus Deutschland noch nicht ganz ausreichen würden, das
strukturelle Angebotsdefizit zu decken. Die Goldproduktion
stagniert weitestgehend bei hohen Grenzkosten während die
industrielle Goldnachfrage sich im Einklang mit dem
Bruttosozialprodukt entwickelt.
Als zweiter wichtiger Aspekt sollte das Hedge-Geschäft der
Goldminen mit in die Betrachtung einbezogen werden. Seit Mitte
2001 sehen wir einen steigenden Goldpreis, der laut Angaben des
GFMS, auf Rückkäufe von Hedge-Books zurückzuführen ist. Größere
Goldproduzenten brüskieren sich mit 'No-Hedge' Strategien, um
dem 'Anti-Hedge' Investor den Mehrwert in einem steigenden
Goldszenario zu bieten. Die jüngsten Zahlen lassen darauf
schließen, dass das 'De-Hedging' noch nicht vorüber ist. Selbst
Barrick, die mit 18.2 Millionen oz. eine der bedeutendsten
Absicherungspositionen haben, ließen jüngst verlautbaren, dass
sie ihr 'Commitment' um etwa 6 Millionen oz. reduziert haben.
Der Trend des 'De-Hedging' folgt zum einen dem Gedanken des
Shareholder-Value im Hinblick auf ein steigendes Goldumfeld und
zum anderen der Erwartung der Gesellschaften an sich, dass die
fundamentalen Faktoren, wie beispielsweise das strukturelle
Angebotsdefizit und die noch unzureichend diversifizierte Asset
Allocation institutioneller und privater Anleger, einen höheren
Goldpreis implizieren.
Die Aussage der unzureichenden Diversifikation betrifft
hauptsächlich das internationale Portolimomanagement, das in den
vergangenen Jahren den Rohstoffsektor in der Anlageentscheidung
oft außen vorgelassen hat. So findet man in den heutigen
Portfolios weitaus weniger ein Prozent der gesamten
Kapitalzuordnung in Gold, Ã-l oder anderen Commodities. Der
Rohstoffsektor hat seit Mitte 2002 über 25 Prozent (CRB)
hinzugewonnen, bei einem gleichzeitig um zirka 20 Prozent
gefallenen S&P 500 Index.
Portfolios, die in ihrer jü ngsten Asset Allocation eine
Diversifikation in den Rohstoffsektor konsequent verfolgten,
konnten so eine gewisse outperformance ausweisen, und bringen
andere somit in Zugzwang. Bei einer ausgewogenen Diversifikation
der großen institutionellen Anleger würde ein für den Goldsektor
recht bedeutendes Volumen als Nachfrage in den Markt kommen.
Neben diesen fundamentalen und technischen Aspekten, die die
Nachhaltigkeit eines steigenden Goldpreises untermauern,
dominiert das Thema 'Krise in Nahost' weiterhin den Sektor.
Jedoch, und dies bleibt als Essenz anzumerken, werden nach einer
Beruhigung der Krisen nur noch die fundamentalen Faktoren die
'Reise des Goldes' bestimmen."
Christoph Eibl ist Händler bei der Baden-Württembergischen Bank
AG in Stuttgart.
Für den Inhalt des Beitrags ist allein der Verfasser
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