- Abwärts - mit Anmerkungen - Frank, 13.03.2003, 20:26
- Re: Abwärts - mit Anmerkungen / Mein lieber Scholli.... - -- Elli --, 13.03.2003, 20:43
- Quelle war: Investors Daily, FID-Verlag (owT) - Frank, 14.03.2003, 20:11
- Re: Abwärts - mit Anmerkungen / Mein lieber Scholli.... - -- Elli --, 13.03.2003, 20:43
Abwärts - mit Anmerkungen
--> Donnerstag, 13. März 2003
Die Abwärtsspirale
von Jim Rogers
Ende Januar bestätigte der US-Senat John Snow als neuen amerikanischen Finanzminister - den 73. Finanzminister in der über zweihundertjährigen Geschichte der USA. Snow hat wie seine beiden Vorgänger versprochen, eine Politik des starken Dollar zu verfolgen und außerdem Schritte für eine wirtschaftliche Erholung einzuleiten, die langfristiges Wachstum sichern soll.
Nun, ich weiß, dass Mr. Snow gerade erst seinen neuen Job angetreten hat, aber ich habe direkt ernüchternde Nachrichten für ihn. Er kann so lange er will über seine angebliche „Politik des starken Dollar“ reden - solange er nicht damit beginnt, die Währung verantwortlicher zu managen, wird das alleine nichts nützen. Der Dollar fällt nicht nur mal eben; er befindet sich in einem neuen Abwärtstrend. Wenn nicht bald etwas getan wird, dann glaube ich, dass der Dollar seinen Status als DIE Reservewährung der Welt verlieren könnte. Und seinen Status als weltweites Zahlungsmittel. Das würde zu einem großen Rückgang des Lebensstandards der US-Bürger führen, zu einem Rückgang wie nie zuvor seit der Weltwirtschaftskrise.
Einige werfen mir vor: „Oh, Jim, du bist nur extrem. Das würde nie passieren. Der Dollar steht schließlich seit Dekaden an der Spitze.“
Das stimmt, aber mir scheint, dass die Leute vergessen, dass auch eine Vormachtstellung nicht von Dauer sein muss. Eine starke Währung spiegelt solide wirtschaftliche Fundamentals wieder: Wenig oder keine Schulden, einen Überschuss in der Außenhandelsbilanz, eine stabile Zahlungsbilanz und wachsende Devisen- und Goldreserven.
Wenn man sich die USA ansieht, dann sieht das Bild ein klein wenig anders aus. Die amerikanische Auslandsverschuldung liegt bei 6,4 Billionen Dollar (!), alleine die Zinszahlungen belaufen sich auf jährliche 333 Milliarden Dollar. Die USA importieren weit mehr, als sie exportieren. Die Devisen- und Goldreserven liegen konstant bei ca. 60 Milliarden Dollar. Jedes Jahr ziehen die USA weniger direkte ausländische Investitionen an. Das Zahlungsbilanzdefizit liegt bei 500 Milliarden Dollar pro Jahr. Mit anderen Worten: Es kostet die USA pro Tag etwa 1,3 Milliarden Dollar, den Dollar lebendig zu erhalten. Wenn die Ausländer begännen, ihre Investitionen in den USA abzuziehen, würden die 60 Mrd. Dollar-Reserven für gerade einmal 3 Minuten reichen. Die USA sind wie ein unglaubwürdiger Schwager, der sich immer weiter Geld leiht, dabei verspricht, die Schulden bald zurückzuzahlen - aber das niemals tut. Irgendwann drehen die Leute so jemandem den Geldhahn zu.
Als Ergebnis davon fällt der Dollar weiterhin. Im letzten Jahr hat er gegenüber dem Euro 18 % und gegenüber dem Yen 10 % verloren. Das war noch keine Katastrophe, aber immerhin ein substanzieller Rutsch. Angesichts eines Krieges, einer nur schleppenden wirtschaftlichen Erholung und der zukünftigen Terrordrohung gibt es wenig Hoffnung, dass sich die Dinge für den Dollar verbessern. Was noch schlimmer ist:
Die Leute in Washington tun wenig, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern. Der Fed-Vorsitzende Alan Greenspan ist der erste, der Geld in die Wirtschaft pumpt und den Investoren die Illusion gibt, dass die Dinge nicht so schlecht sind, wie sie wirklich sind. Aber Greenspan gibt das Signal dazu, den Dollar zu verkaufen. Manchmal frage ich mich, ob die Zentralbank einfach so lange Geld drucken will, bis es in den USA keine Bäume mehr gibt. Die Leute sagen, dass eine Inflation kein Thema sei, aber wenn man in den USA einkaufen geht, dann merkt man, dass dies nicht unbedingt der Fall ist.
Die Geschichte lehrt uns, dass ein so unkluges monetäres und fiskalisches Verhalten immer zu einem wirtschaftlichen Desaster geführt hat. In den frühen 1920ern hatte eine gewaltige Inflation die deutsche Währung zerstört. Die deutschen Arbeiter wurden zweimal pro Tag bezahlt, da der Kaufkraftverlust innerhalb weniger Stunden gewaltig war. Man brauchte am Ende fast eine Schubkarre voll Geld, um ein Brot zu kaufen. In Großbritannien wurde in den 1970ern die Geldmenge gewaltig vergrößert, bis die Schulden außer Kontrolle gerieten. Plötzlich wollte niemand im Ausland mehr britische Anleihen kaufen. Schließlich musste der Internationale Währungsfonds einspringen. Ein ziemlicher Abschwung für ein Land, das 50 Jahre vorher noch das reichste Land der Welt gewesen war.
Sie wollen ein aktuelleres Beispiel? Nehmen wir Argentinien. Die argentinische Währung hat zuletzt so viel Wert verloren, dass die Regierung den Bürgern verboten hat, Geld von Konten abzuheben.
Anmerkung 1: Ausgerechnet wenn Geld nichts mehr wert ist, werden die Konten gesperrt? Sehr seltsam. Wie doch die Mär vom Gespenst Inflation die Sinne verwirren kann. Bei Deflation gibt´s den Bankenrun!
Man könnte auch auf einige asiatische „Tiger“ blicken, deren Währungen in den 1990ern kollabierten... oder nach Malaysia, wo die Regierung 1997 alles den „bösen Ausländern“ anlastete und die Bankkonten blockierte.
Also weshalb unternimmt die US-Regierung nichts gegen den fallenden Dollar? Einerseits hat ein fallender Dollar kurzfristig gewisse Vorteile. Ein fallender Dollar ist gut für die amerikanische Exportindustrie, die mit ausländischen Gesellschaften konkurrieren muss. Wenn der Dollar fällt, dann fallen ihre Herstellungskosten (die in Dollar abgerechnet werden), und der Wettbewerb ist für diese Gesellschaften einfacher. Die globale Weltwirtschaftslage läuft schleppend, und der fallende Dollar macht die US-Exporteure wettbewerbsfähiger. Durch den fallenden Dollar wird wieder einmal die Illusion geschaffen, dass die Dinge besser seien, als sie wirklich sind.
Bedenken Sie auch Folgendes: Auch wenn es den amerikanischen Exporteuren bei einem fallenden Dollar besser gehen sollte - den ausländischen Exporteuren geht es dann schlechter. Die Welt insgesamt profitiert nicht. Und was den amerikanischen Exporteuren hilft, muss nicht notwendigerweise gut sein für die amerikanischen Konsumenten. Denn schließlich steigen die Kosten für importierte Güter. Wenn die ausländischen Güter teurer werden, dann werden die Preise in den USA steigen.
Das größere Problem für die amerikanische Wirtschaft wäre es, wenn die ausländischen Investoren und Regierungen ihren Appetit auf den Dollar verlieren würden. Die amerikanischen Zinssätze - die jetzt absurd tief sind - müssten wieder steigen, um den Ausländern einen Anreiz zu geben, wieder im Dollarraum zu investieren. Sonst werden sie ihr Geld woanders anlegen. Historisch gesehen haben die Investoren ihr Geld immer in sichere Häfen gebracht, wenn sie bemerkt haben, dass die Währung, in der sie ihr Geld angelegt haben, vor weiteren deutlichen Verlusten steht. Ein solcher sicherer Hafen ist seit Jahren der Schweizer Franken, ein Synonym für monetäre Stabilität.
Währungen wie der Schweizer Franken, der japanische Yen oder die dänische Krone - ich habe übrigens in diesen drei Währungen Geld angelegt - sind zwar in besserer Verfassung als der Dollar, aber ich habe trotzdem kein großes Vertrauen in diese Währungen. Diese drei Länder haben schließlich die gefährliche amerikanische Gewohnheit übernommen, ihre Währungen zu manipulieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Warum das so ist: Wenn die Währung eines Landes stark ist und die Währungen der anderen Länder gegenüber dieser Währung fallen, dann werden die Exporte dieses Landes teurer, und die Wettbewerbsposition dieses Landes verschlechtert sich. Deshalb wird dieses Land wahrscheinlich die Geldmenge erhöhen, die Zinssätze anpassen, um den Höhenflug der eigenen Währung zu stoppen, damit die eigenen Produkte wettbewerbsfähig bleiben.
Anmerkung 2: Es gibt hier im Forum jemanden, der behauptet, sowas würde überhaupt nicht funktionieren. Glaubt ihm nicht! In normalen Zeiten lässt sich über M3 und Zinsen einiges beeinflussen.
Und was ist mit dem Euro? Er ist offensichtlich stärker als der Dollar, der im letzten Jahr 18 % gegenüber dem Euro verloren hat. Ich glaube, dass der Erfolg oder das Scheitern des Euro eine der wichtigsten Fragen des 21. Jahrhunderts ist, eine mit gewichtigen Implikationen für die Weltwirtschaft. Die Welt braucht den Euro, weil sie eine Alternative für den Dollar braucht. Es gibt derzeit nur zwei Währungen, die liquide genug sind, um eine Reservewährung für die Welt sein zu können: Den Dollar und den japanischen Yen (der Schweizer Franken mag eine gesunde Währung sein, aber es gibt einfach nicht genügend Schweizer Franken).
Die Europäische Union hat alles, was den Aufstieg des Euro zu einer Reservewährung der Welt unterstützen würde: Eine große Bevölkerungsbasis, einen Handelsbilanzüberschuss. Die meisten Staaten der Europäischen Union sind Gläubiger, nicht Schuldner. Wenn der Euro Erfolg hat, dann könnten die Leute damit aufhören, den Dollar als Reservewährung und weltweites Zahlungsmittel zu nutzen.
Dennoch glaube ich, dass der Euro eine Währung mit Fehlern ist. Viele der 12 Staaten der Eurozone haben Probleme. Deutschland, das in der Mitte des letzten Jahrhunderts der Musterknabe des fiskalisch verantwortungsbewussten Handelns wurde, hat mittlerweile einen riesigen Schuldenberg aufgetürmt (erinnert sich in Deutschland niemand mehr an die Schubkarren voll Geld während der Mega-Inflation der 1920er?). Die Portugiesen haben ein hohes Defizit in der Staatskasse. Die Franzosen wollen sich nicht an den EU-Stabilitätspakt halten. Was passiert, wenn diese Länder ihre Staatsfinanzen nicht in den Griff bekommen? Wird Brüssel dann Panzer nach Lissabon schicken? Ich bezweifle das. Es könnte Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern, bis diese Probleme gründlich beseitigt worden sind. Erinnern Sie sich, was der Euro alles geändert hat: Die Banksysteme haben sich geändert. Die Bilanzierungspraktiken haben sich geändert. Sogar die Parkuhren mussten umgestellt werden. Wenn der Euro scheitern sollte oder auch nur ernsthafte Probleme bekommen sollte, dann könnte es große wirtschaftliche Verluste geben.
Deshalb ist der Euro eines der wichtigsten Themen der Welt: 1. Wenn er Erfolg haben wird, dann wird er den Dollar als Welt-Reservewährung ersetzen, was Auswirkungen für uns alle haben wird. 2. Wenn er scheitert, dann werden Hunderte Milliarden Dollar/Euro verloren sein.
Bis zur Entscheidung investiere ich auch in Euro, denn der Euro hat weniger Fehler als der Dollar.
Anmerkung 3: Der Euro ist definitiv ein Fehler, weil damit der letzte Schritt als erster gemacht wurde. Dieses Thema wird hier im Forum meines Wissens nicht diskutiert. Wäre aber interessant und würde den Horizont erweitern. Also los!
Wie lange wird sich der Dollar noch halten können? Ein Jahr? Eine Dekade? Ich bin mir da nicht sicher. Solange keine andere Währung eindeutig auf den Plan tritt - und die EU hat mit dem Euro noch ihre Probleme - wird die US-Regierung wahrscheinlich in der Lage sein, weiterzuwursteln. Aber die Geschichte hat gezeigt, dass kein Land der Welt aus so einer verfahrenen Situation herausgekommen ist, ohne zumindest eine teilweise Krise zu erfahren.
Aber erinnern Sie sich: Immer, wenn es eine solche Krise gab, trat eine neue Macht auf die Weltbühne. Vor 100 Jahren hätten nur wenige Leute geglaubt, dass der Dollar die dominierende Währung der Welt werden würde. Aber es gibt immer einen Phoenix, der aus der Asche steigt. Wer wird dieser Phoenix im 21. Jahrhundert sein? Ich schätze, dass der chinesische Yuan seinen Tag in der Sonne haben wird - und ganz bestimmt dann, wenn der Euro scheitern sollte.
China erfüllt die Voraussetzungen für eine starke Währung: Eine große Bevölkerung, einen großen Zahlungsbilanzüberschuss. China ist jetzt der größte Importeur der Welt, und der zweitgrößte Gläubiger der Welt (Japan steht an erster Stelle). Die chinesische Währung ist noch nicht konvertibel, aber das wird sich bald ändern, da China der WTO beigetreten ist. Es gibt noch jede Menge kultureller Barrieren - u.a. die Angst vor den kapitalistischen Interessen -, aber nichts beseitigt Angst so gut wie ein stetiger Geldfluss in die eigenen Koffer.
Anmerkung 4: Auch China sollte gut im Auge behalten werden. Meines Wissens ist dessen Währung an den Dollar gekoppelt. Oft - wie hier - kann man aber Dinge lesen, die dies zu ignorieren scheinen. Fakt ist, dass eine Währung weder stark noch schwach sein sollte, sondern flexibel, um als Regelmechanismus Handelsbilanzen auszugleichen. Auch hier wird scheinbar viel falsche Propaganda gemacht.
In den USA sprechen wir vom „Gresham‘s Law“, wenn wir meinen, dass schlechtes Geld dazu tendiert, gutes Geld zu verdrängen. Nun, ob es uns gefällt oder nicht: Der Dollar ist schlechtes Geld geworden. Trotz der Proklamationen aus Washington („Politik des starken Dollar“) sehe ich keinen Grund, warum der Dollar nicht weiter fallen sollte. Die USA werden Ihre Defizite weiterhin vom Ausland finanzieren lassen - bis zu dem Tag, wenn die Gläubiger sagen, dass es reicht. Und dieser Tag könnte nicht weit entfernt sein.

gesamter Thread: