- Zunehmender Sittenverfall bei Managern - kizkalesi, 14.03.2003, 09:21
Zunehmender Sittenverfall bei Managern
--><font size="5">Unternehmen leiden unter dem Verfall der Sitten</font>
Studie: Immer mehr Manager an Wirtschafts-Straftaten beteiligt - Berater kritisieren mangelhafte Vorsorge
von Lina Panitz und Hagen Seidel (DIE WELT)
Frankfurt/Düsseldorf - Die Wirtschaftskriminalität in Deutschland dürfte auch in den kommenden Jahren boomen. Nach einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young erwarten zwei Drittel der Führungskräfte in deutschen Unternehmen einen weiteren Anstieg der Straftaten in den kommenden fünf Jahren.
Auch die Hermes Kreditversicherung, die Risiken für Unternehmen aus Betrug, Untreue oder Unterschlagung absichert, erwartet eine Verschärfung des Problems. Im vergangenen Jahr zahlte Hermes allein sieben Mrd. Euro für Fälle von Wirtschaftskriminalität; 1998 waren es nur 3,8 Mrd. Euro."Die Zahlen werden weiter steigen", befürchtet Hermes-Vorstand Jan Lubomir Heidinger.
Fast jeder zwanzigste Täter ist nach der Ernst&Young-Studie ein Mitglied der Geschäftsführung. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG sehen sogar an 29 Prozent der aufgedeckten Taten Manager beteiligt. Angesichts dessen versuchen immer mehr Unternehmen, Korruption oder Unterschlagungen durch Vorbeugung und strafrechtliche Verfolgung zu verhindern.
Für Alexander Jakob, Mit-Autor der Studie, ist ein Hauptproblem, dass die Führungskräfte die Dunkelziffer im eigenen Unternehmen für zu gering halten."Die Unternehmer haben eine Schere im Kopf." Sie wissen, dass Wirtschaftskriminalität immer mehr zum Problem wird, vermuten sie aber nicht im eigenen Unternehmen. Dabei kommen zwei Drittel aller Täter aus den eigenen Reihen, wie Jakob sagt.
Der Schutz durch Vorsorge wird immer noch wenig genutzt. Nur etwa jedes dritte Unternehmen überprüft die elektronischen Daten in internen Computersystemen. Obwohl Mitarbeiter häufig an wirtschaftskriminellen Delikten beteiligt sind, bietet nur ein knappes Viertel der Firmen Mitarbeiterschulungen zur Verhinderung an. Eine Hotline für anonyme Tipps besitzt nur jedes achte Unternehmen.
Die Entwicklung der Wirtschaftskriminalität in Deutschland ist atemberaubend:"Noch vor zehn Jahren nahmen wir Länder wie Nigeria als Beispiel. Heute gibt es genügend vor der eigenen Haustür", hat Josef Wieland, Direktor des Zentrums für Wirtschaftsethik, festgestellt. Nach einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wurden in den letzten Jahren mehr als 60 Prozent der 1000 größten deutschen Unternehmen Opfer von Wirtschaftskriminalität. Wichtigste Ursache:"Verfall gesellschaftlicher Sitten".
Dennoch werden die Zeiten für Betrüger und Unterschlager härter:"Für die Unternehmen sind solche Dinge keine Kavaliersdelikte mehr. Sie werden heute nicht mehr unter der Decke gehalten, sondern zur Anzeige gebracht", sagt Hermes-Vorstand Heidinger."Die Firmen sind deutlich eher bereit als früher, Mitarbeiter, die sich schuldig gemacht haben, zu entlassen", bestätigt Wieland."Wer gegen die Regeln verstößt darf in einem Unternehmen keine Karriere mehr machen", fordert Otto Geiß, Revisions-Chef der Fraport AG.
Ethische Unternehmensführung wird angesichts immer neuer Fälle wichtiger:"Ein aufgedeckter Korruptionsfall hat völlig unkalkulierbare Folgen für das Unternehmen", begründet Peter Ramm, bei Siemens für die Verhinderung solcher Taten zuständig: Kunden werden zurückhaltender mit Aufträgen, der Finanzmarkt wird skeptisch, gute Mitarbeiter bewerben sich nicht mehr auf offene Stellen. Ausländische Siemens-Geschäftspartner bestünden immer öfter darauf, dass ethische Geschäftsgrundsätze in den Verträgen festgeschrieben werden. Die Bahn hat mit den Verbänden der Bauindustrie nach Korruptionsfällen ähnliche Regelungen getroffen.

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