- Ohh weh! - steve, 16.03.2003, 03:10
- Die Boten des Todes - Sascha, 16.03.2003, 04:50
- Danke für´s reinstellen:-) (owT) - stocksorcerer, 16.03.2003, 11:16
- D-Day bei Vollmond - Sascha, 16.03.2003, 05:16
- "Kriegsgrund dringend gesucht" - Sascha, 16.03.2003, 05:21
- Griff nach dem Ã-l von Mossul - Sascha, 16.03.2003, 05:24
- "Amerikas Macht wird gebrochen" (sehr interessant, viel Text, aus dem Spiegel) - Sascha, 16.03.2003, 05:35
- Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 10:18
- Re: Richtig spannendes Interview - mira, 16.03.2003, 12:18
- Re: Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 13:01
- Danke auch fürs Reinstellen (Drucker druckt gerade...) (owT) - Frank, 16.03.2003, 14:39
- Re: Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 13:01
- Hier noch ein Interview mit Todd - Kallewirsch, 16.03.2003, 20:51
- Re: Richtig spannendes Interview - mira, 16.03.2003, 12:18
- Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 10:18
- Die Boten des Todes - Sascha, 16.03.2003, 04:50
D-Day bei Vollmond
--><font size=5>D-Day bei Vollmond</font>
Nachts zerrt der Wind an den Zelten. Gnadenlos schlägt er auf die Planen, als hagelte es Fausthiebe vom Himmel. Die Böen rasen durch Camp Virginia. Der Orkan drückt literweise Sand in die Unterkünfte und verwandelt die qualvoll engen Mannschaftszelte in qualmende Staubsaugerbeutel.
Dazu das gleichmütige Rattern der Dieselgeneratoren, welche die Zelte mit Strom versorgen. Zuweilen übertönen sie das Heulen und Klappern des Wüstensturms. An Schlaf ist nicht zu denken.
Camp Virginia liegt mitten in der kuweitischen Sandöde, nicht weit von der irakischen Grenze entfernt. Mehr als 8000 US-Soldaten - vom Fallschirmspringer bis zum Panzerpionier - warten hier an heißen Tagen und in kalten Nächten auf den Angriffsbefehl ihres Präsidenten.
<font color="#FF0000">Kaum jemand zweifelt daran, dass George W. Bush den schon bald erteilen wird</font>. Dann wäre auch das nervtötende Warten beendet."Niemand ist hier scharf auf den Krieg", sagt eine Soldatin,"aber wenn jetzt nicht bald eine Entscheidung gefällt wird, geht das auf die Stimmung der Truppe."
Ein ganzes Kantinenzelt samt Sitzbänken für ein paar hundert Soldaten hat der Sturm in der vergangenen Nacht aus der Verankerung gerissen. Nur ein paar Fetzen Stoff und zertrümmerte Holzbohlen sind am nächsten Morgen zurückgeblieben.
Die Schlangen vor dem anderen, vom Unwetter verschonten Essenszelt sind deshalb schon beim Frühstück 300 Meter lang. Es gibt Rührei mit gebratenem Speck und Kaffee, dazu Orangensaft aus Pappkartons - einstweilen noch alles wie zu Hause.
Die Kost wird sich ändern, wenn die Einheiten gen Nordwesten marschieren."Das ist dann so wie Camping unter sehr schlechten Bedingungen", beschreibt ein Major den bevorstehenden Einmarsch in den Irak. Doch solche witzig gemeinten Sprüche sind selten. Den Krieg gegen Saddam Husseins Armee nehmen die Soldaten ziemlich ernst. Selten kommt Gelächter auf.
Während die US-Armee etwa in Afghanistan oder im Kosovo-Krieg zuweilen gar nicht abwarten konnte loszuschlagen, um dem Gegner den Garaus zu machen, beginnen Ansprachen von Offizieren in Camp Virginia eher verhalten: <font color="#FF0000">"Unser Kommandeur will, dass wir alle nach Hause kommen!"</font>, sagt ein Oberst im Briefing für Offiziere."Aber der Weg nach Hause führt uns möglicherweise über diese große Stadt nördlich von uns. Lasst uns einfach den Job erledigen." Kein Hurra-Patriotismus, nur ein unsentimentaler Verweis auf das gelernte Handwerk.
Selbst auf den Chemietoiletten fehlen die obligatorischen forschen Sprüche oder Zoten an der Wand. Irgendjemand hat an diesem Ort aus den Psalmen zitiert:"Und wanderte ich auch im finsteren Tal, mir wird nichts mangeln. Der Herr ist mein Hirte."
Hat da jemand mit schwarzem Filzstift seine Angst bekämpft? Gibt es gegen die Furcht, Saddam könne womöglich doch Chemiewaffen einsetzen, überhaupt ein Rezept?
Gregg Martin, Kommandeur der 130. Pionier-Brigade, ist ein erfahrener Soldat. Doch diese Frage irritiert ihn."Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht", sagt er. Falls einer seiner Untergebenen Angst bekennen würde,"müsste ich wohl mit ihm reden", aber dazu hätte Martin wahrscheinlich gar keine Zeit.
In Camp Virginia herrscht hohe Betriebsamkeit. Seit ein paar Tagen gilt die Sicherheitsstufe, die für einen Einsatz von Chemiewaffen vorgesehen ist. Jeder Soldat muss seine Gasmaske am Körper tragen. Wenn Saddam Hussein seine Raketen schicken sollte, muss die Maske nach einem Gasalarm binnen sieben Sekunden fest im Gesicht sitzen. Unter Umständen kommt dann noch ein spezieller Schutzanzug hinzu, den die Soldaten in grünen Leinensäcken bei sich tragen - auch das ist seit einigen Tagen Pflicht.
Scharfe Munition wird ebenfalls seit kurzem ausgegeben, obwohl das immer wieder zu Unfällen beim Entsichern, Laden und Putzen der Waffen führen kann. Zwischen Washington, London, Paris und Berlin mögen Politiker noch am Termin für den D-Day herumzerren, hier, in Camp Virginia, galt vorige Woche das Datum, das der Präsident genannt hatte: <font color="#FF0000">Montag, 17. März, ausgerechnet eine Vollmondnacht</font>.
Ein Planungsoffizier eröffnet eine Besprechung im Kommandozelt mit einem zackigen Ruf, der offenbar der Wehrertüchtigung dient. Die Offiziere erwidern ihn etwas matt. Der Rest der Sitzung läuft dann ganz geschäftsmäßig mit Hilfe eines computergesteuerten Overhead-Projektors ab: Aufmarschpläne, Frontverläufe, Truppendiagramme. Was der Redner darlegt, wird von der Armeeführung"klassifiziert", das bedeutet:"Darüber dürft ihr nicht mal in der Kantine reden."
Denn seine Erläuterung zur Stabskarte ist gespickt mit"taktischen Informationen, die dem Feind sehr nützlich sein könnten". Zitierfähig sind allerhöchstens Sätze wie:"Die Aufgabe der Pioniere ist es, den Weg über die Grenze frei zu machen für das V. Korps." Erst wenn der Einmarsch Geschichte ist und die ersten irakischen Städte eingenommen sind, darf detailliert berichtet werden.
Noch Fragen? Die Offiziere bleiben stumm. Die Pläne kennen sie längst, mancher Teilnehmer ist schon seit September in Kuweit."Damals hieß es, wir rotieren nach einem Manöver wieder nach Hause", sagt eine Soldatin, und es klingt etwas vorwurfsvoll.
Die meisten Soldaten aus Camp Virginia sind normalerweise in Deutschland stationiert. Sie leben in Hanau, Bamberg oder Kaiserslautern. Das Hauptquartier des V. Korps liegt in Heidelberg. Hat das in der Bundesrepublik grassierende Pazifismus-Virus die Truppe etwa infiziert?"Ich weiß zwar nicht, was unsere Politiker da machen", bekennt ein Offizier,"aber ich weiß, was ich als Soldat zu tun habe, und das werde ich auch machen."
Am Abend fliegen F-16-Kampfjets über die Wüste und ziehen Kondensstreifen über den glühenden Sonnenuntergang. Doch für die Schönheit der Wüste hat hier kaum noch jemand einen Blick. Für die Einwohner von Camp Virginia war heute einfach ein Tag ganz kurz vor jenem, an dem der Krieg beginnt.
CLAUS CHRISTIAN MALZAHN
Quelle: Spiegel

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