- Ohh weh! - steve, 16.03.2003, 03:10
- Die Boten des Todes - Sascha, 16.03.2003, 04:50
- Danke für´s reinstellen:-) (owT) - stocksorcerer, 16.03.2003, 11:16
- D-Day bei Vollmond - Sascha, 16.03.2003, 05:16
- "Kriegsgrund dringend gesucht" - Sascha, 16.03.2003, 05:21
- Griff nach dem Ã-l von Mossul - Sascha, 16.03.2003, 05:24
- "Amerikas Macht wird gebrochen" (sehr interessant, viel Text, aus dem Spiegel) - Sascha, 16.03.2003, 05:35
- Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 10:18
- Re: Richtig spannendes Interview - mira, 16.03.2003, 12:18
- Re: Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 13:01
- Danke auch fürs Reinstellen (Drucker druckt gerade...) (owT) - Frank, 16.03.2003, 14:39
- Re: Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 13:01
- Hier noch ein Interview mit Todd - Kallewirsch, 16.03.2003, 20:51
- Re: Richtig spannendes Interview - mira, 16.03.2003, 12:18
- Richtig spannendes Interview - stocksorcerer, 16.03.2003, 10:18
- Die Boten des Todes - Sascha, 16.03.2003, 04:50
Griff nach dem Ã-l von Mossul
--><font size=5>Griff nach dem Ã-l von Mossul</font>
Irakische Kurden fürchten die Türken mehr als den angeschlagenen Diktator von Bagdad. Ihre Kämpfer bereiten sich auf einen Zweifrontenkrieg vor.
Noch ist die Kälte ihr größter Feind. Nachts zieht sie in die Hütten des Flüchtlingslagers Banslawa ein. Die Fetzen alter Bananenkartons, die unter die Bast- und Wellblechdächer gestopft sind, dämmen kaum. Decken gibt es nicht. Nur ein, zwei alte Teppiche liegen auf dem feuchten Boden. Jeder wärmt sich am Körper des andern. Tagelang hat es geregnet.
Mit den ersten Sonnenstrahlen am Morgen suchen die Bewohner des Lagers die Wärme im Freien. Zwei alte Männer spielen Domino. Alle warten: auf etwas zu essen, auf Nachrichten aus dem Transistorradio - und auf die Amerikaner. Schon der nächste Tag, hoffen die Flüchtlinge, möge sie dem Ende des Regimes von Saddam Hussein wieder ein wenig näher bringen.
Nawal Ali, 36, zählt die Tage. Seit drei Jahren, fünf Monaten und knapp einer Woche lebt die Mutter von acht Kindern aus Kirkuk schon in diesem Lager in der Nähe von Arbil. Hundert Kilometer sind es von hier bis zu ihrem Haus, aber nur 30 Kilometer bis zur Frontlinie zwischen den selbst verwalteten Kurdengebieten im Nordirak und dem Reich Saddams.
<font color="#FF0000">Sollte der Krieg kommen, gibt es nirgendwo Schutz vor den Raketen des Diktators</font>. Doch Nawal Ali fürchtet sich nicht vor Saddam, dessen Schergen nicht nur ihre Familie malträtiert und vertrieben, sondern auch Tausende Landsleute mit Giftgasangriffen getötet haben. Dass zusammen mit den Amerikanern auch die Türken kommen könnten, macht ihr mehr Angst als jede irakische Unterdrückung."Das irakische Regime wird ohnehin gestürzt", sagt sie."Aber wir bringen doch nicht die Hunde von Saddam um, nur um sie dann durch türkische Schakale zu ersetzen."
Im Nordirak sehnen die Kurden den Krieg der Amerikaner und Briten gegen Saddam Hussein herbei. Die amerikanischen Pläne zur Neuordnung des Irak versprechen den vier Millionen Kurden ein Ende der Unterdrückung. Gleichwohl: Dem Traum eines unabhängigen kurdischen Staats haben sie selbst längst abgeschworen - jedenfalls offiziell.
Die Kurdenführer Dschalal Talabani und Massud Barsani fordern einen föderalen demokratischen Irak, in dem ihre Landsleute regionale Autonomie erhalten. Doch seit Ankaras Außenminister von türkischen Rechten an den Erdölvorkommen der irakischen Städte Mossul und Kirkuk sprach, fürchten die Kurden neue Fremdherrschaft. Seither bereiten sich die Zivilisten und Soldaten auf einen Zweifrontenkrieg vor.
Hinter den Aufmarschplänen der Türken, die im Nordirak einen etwa 200 Kilometer tiefen Sicherheitsstreifen besetzen wollen, wittern die Kurden Verrat."Als die Türken nach Zypern gegangen sind, haben sie auch behauptet, es diene dem Frieden und würde höchstens eine Woche dauern", sagt Saadi Pira, Fraktionsvorsitzender der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) im Parlament in Arbil,"und nun sind sie schon 30 Jahre dort."
Mit ihren angeblichen Ansprüchen auf irakisches Gebiet schüren die Türken täglich neue Angst. Dabei ist der völkerrechtliche Status der Provinz Mossul seit 1926 geklärt. Der Friedensvertrag zwischen der Türkei, dem Irak und Großbritannien legte die Grenzen des Nordirak fest und sicherte den Türken für 25 Jahre zehn Prozent der Einnahmen aus der Erdölförderung von Mossul zu.
Auch das Schicksal der turkmenischen Minderheit im kurdischen Nordirak wird gern angeführt als Rechtfertigung für ein mögliches Eingreifen Ankaras. Die Mitglieder der Turkmenischen Front in Arbil fühlten sich von den Kurden verfolgt, klagt ihr Sprecher Ibrahim Kasap. Wie groß die Zahl seiner unterdrückten Landsleute sei, wisse allerdings auch er nicht ganz genau. Offizielle Statistiken gebe es nicht. Aber mehr als 400 000 Turkmenen lebten allein in Arbil und Umgebung, sagt Kasap und erklärt drohend:"Wir haben die Türkei um Truppen gebeten."
Im Garten des turkmenischen Kulturzentrums in Arbil, nur ein paar Straßenzüge weiter, führt eine Folklore-Gruppe Tänze vor. Dort schätzt man die Zahl der Turkmenen sehr viel niedriger."Was die Turkmenische Front erzählt, sind einfach Lügen", sagt Ümed Halife, Vizepräsident des Vereins, dessen Zentrum vom kurdischen Regionalparlament finanziert und unterstützt wird; es gibt neun turkmenische Grundschulen in Arbil und vier weiterführende Schulen.
Diese Turkmenen fühlen sich nicht unterdrückt. Sie sehen sich zuallererst als Iraker. Eine türkische Invasion wäre für sie die gleiche Bedrohung wie für die Kurden auch."Die Türken benutzen uns doch nur als Vorwand für ihren Griff nach dem Ã-l von Mossul", glaubt ein Zuschauer der Folklore-Aufführung.
Seit die Uno am vergangenen Donnerstag mit der Evakuierung ihrer Mitarbeiter aus dem Nordirak begonnen hat, wächst die Wut der Kurden. Dass die humanitären Organisationen ausgerechnet kurz vor Beginn des Krieges die Menschen allein lassen, wird als nicht besonders humanitär empfunden. Die ersten neuen Flüchtlinge aus Saddams Herrschaftsbereich strömen bereits nach Norden über die Demarkationslinie.
Bevor sie von den irakischen Behörden unter Hausarrest gestellt oder deportiert werden können, sind sie im Morgengrauen aufgebrochen."Wir wollten nicht als Geiseln in Kirkuk bleiben", sagt die Witwe Resan Behaden.
Die Grenze zum Süden ist durchlässig. Nacht für Nacht schmuggeln kurdische Händler Waffen und Menschen herüber in den freien, kurdisch verwalteten Teil des Irak. Auf dem Waffenmarkt von Latif Awa bieten die Schmuggler stolz feil, was sie im Süden ergattern konnten. <font color="#FF0000">Hier gibt es alles - von der Kalaschnikow über Handgranaten bis hin zu Panzerfäusten</font>.
Die blitzblanke Neun-Millimeter-Beretta, die Ibrahim Lokman auf seinem kleinen Ladentisch präsentiert, stammt von einem Leutnant Saddams."Vor den Irakern müssen wir uns nicht fürchten", sagt er,"die stehlen Waffen aus den eigenen Lagern und verschachern sie an ihre Feinde."
Die Waffen verkauft er an jeden, der damit die Freiheit der Kurden verteidigen will - vor allem gegen die Türken. Er sagt:"Wir haben die irakische Diktatur nicht ertragen, wir werden auch die türkische nicht ertragen. Wir sind bereit."
CAROLIN EMCKE
Quelle: Spiegel

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