- An Alien in French: Ich greife nie als Erster an - Frank, 17.03.2003, 18:46
- muss natürlich in France heißen... (owT) - Frank, 17.03.2003, 18:48
An Alien in French: Ich greife nie als Erster an
-->Montag, 17. März 2003
>
>"Wir Amerikaner handeln. Wir verschwenden unsere Zeit nicht mit
> Gerede."
>
> von unserem Korrespontenten Bill Bonner
>
> In den letzten Tagen haben mir einige Leser des Investor's Daily per
> Email geschrieben, dass Ihnen meine Einstellung gegenüber dem Thema
>"Irak" nicht gefällt und dass Sie deshalb den Investor's Daily
> abbestellen.
>
> Einige Ausschnitte aus den Emails, die ich erhalten habe:
>
>"Hoffentlich werden die Amerikaner auf ihrem Weg in den Irak ein paar
> Bomben über ihrem Büro abwerfen..."
>
>"Sie sollten besser zurück in die USA gehen (ich arbeite und lebe seit
> ein paar Jahren in Frankreich)... die Sozialisten haben ihr Gehirn
> beeinflusst... Sie Linker!" (Ich bin noch nie zuvor so betitelt
> worden...)
>
> Zurzeit passieren verrückte und gefährliche Dinge. In der
> Vergangenheit sind die Amerikaner widerwillig in den Krieg gezogen;
> jetzt scheinen sie sich auf den Krieg zu freuen. Und fast der gesamte
> Rest der Welt scheint gegen Krieg zu sein.
>
> Der Dollar ist zuletzt wieder gestiegen... und der Goldpreis fiel
> deutlich zurück.
>
> Die Aktien sind abgehoben. Die Investoren sind in Panik verfallen -
> aber in die falsche Richtung! Es gab Kaufpanik, Dow Jones und Nasdaq
> zogen letzte Woche deutlich an.
>
> Die Entwicklung des Dow Jones hängt letztlich von der Wirtschaftslage
> ab. Und die Wirtschaftslage hängt vom Dollar ab... und dem Vertrauen,
> das der Rest der Welt in den Dollar hat. Zumindest kurzfristig scheint
> der Dollarkurs an das Thema"Irakkrieg" geknüpft zu sein, weshalb es
> kurzfristig durchaus etwas aufwärts gehen kann. Ich denke allerdings,
> dass der Dollar langfristig fallen muss... und auf lange Sicht
> untergehen wird. Schließlich sind alle Papierwährungen früher oder
> später in der Wertlosigkeit untergegangen.
>
> Kurzfristig mag es überraschende Kurssprünge geben. Die
> Kriegsnachrichten scheinen jetzt die Stimmung der Investoren zu
> bestimmen. An einem Tag können schlechte News den Dollar und den Dow
> Jones in den Keller schicken... am nächsten Tag können Gerüchte dazu
> führen, dass beide nach oben schießen.
>
> Ob es uns gefällt oder nicht - wir haben einen Krieg vor uns, den man
> bei der Analyse der Finanzmärkte berücksichtigen muss.
>
> Vertrauen in den Dollar zu haben, bedeutet, Vertrauen in die Zukunft
> der USA zu haben... und Zukunft in die amerikanische Wirtschaft und
> das amerikanische Wirtschaftssystem. Vor drei Jahren hatten die
> Amerikaner fast unbegrenztes Vertrauen in diese Dinge und in den
> Aktienmarkt; mir hingegen gefiel die Spekulationsblase am Aktienmarkt
> schon vor ihrem Platzen nicht. Die Aktienkurse basierten damals auf
> Illusionen und Lügen - das schrieb ich damals. Viele Investoren
> wollten damals davon nichts hören.
>
> Auch damals bekam ich viele Beschwerdebriefe.
>
> Jetzt erhalte ich diese Beschwerdebriefe, weil die Investoren nichts
> davon hören wollen, wenn man ihr grenzenloses Vertrauen in die
> amerikanische militärische Überlegenheit, den Dollar oder den
> amerikanischen Konsumentenkapitalismus ankratzt. Die Zuversicht der
> Leute hat sich vom Aktienmarkt zu Waffen bewegt... von der Komödie
> der Märkte zur Tragödie der Politik. Die Leute reden jetzt so gerne
> über Krieg, wie sie vor 3 Jahren über Aktien geredet haben. Die
> Amerikaner scheinen zu denken, dass die US-Militärmacht nicht nur ihr
> Land beschützen kann, sondern auch den Dollar und ihre
> Volkswirtschaft.
>
> Wird das Kriegsende zu einem Anstieg des Dollarkurses führen? Wird die
> Welt ohne Saddam Hussein ein besserer Platz sein? Die Leute, die sich
> jetzt bei mir beschweren, scheinen die Antworten zu wissen. Für sie
> ist es offensichtlich, dass der Krieg gegen den Irak erfolgreich sein
> wird - genauso wie es vor 3 Jahren offensichtlich zu sein schien, dass
> die Aktienkurse immer steigen werden.
>
> Ich wünschte, auch ich könnte in die Zukunft sehen... aber bis jetzt
> bin ich nicht hinter dieses Geheimnis gekommen. Deshalb muss ich mich
> auf die Geschichte berufen, um Beispiele für vergleichbare
> Entwicklungen zu finden... und alte Regeln und Richtlinien für mein
> eigenes Verhalten aufstellen zu können. Die habe ich gefunden: Ich
> kaufe keine Aktien, wenn sie hoch bewertet sind; ich sage bitte und
> danke; und ich greife niemals als erster an.
>
> Aber wir leben in verrückten Zeiten. Sogar diese drei Richtlinien
> werden von vielen Leuten derzeit als Verrat bezeichnet.
>
> Ein Amerikaner schrieb mir:"Wir Amerikaner handeln. Wir verschwenden
> unsere Zeit nicht mit Gerede, wie die Franzosen."
>
> Aber die Bevorzugung von schnellem Handeln gegenüber"Gerede" ist
> wahrscheinlich nicht genetisch bedingt, sondern temporär. Auch die
> Franzosen gaben einmal dem sofortigen Handeln den Vorzug - in der
> Napoleonischen Ära."Kühnheit, mehr Kühnheit, immer Kühnheit", so
> Danton zu den französischen Generälen 1792. Innerhalb weniger Jahre
> waren die Leichen kühner französischer Soldaten überall in Europa
> verstreut. Dann kam der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 - und
> die Franzosen bevorzugten immer noch das"schnelle Handeln". Es waren
> die Franzosen, die angriffen - nicht die Preußen. Und wieder einmal
> lagen ihre schönen Leichen verstreut auf dem Weg von Paris bis zur
> belgischen Grenze. Die Preußen umzingelten innerhalb relativ kurzer
> Zeit Paris; die Pariser mussten Katzen, Hunde und Ratten essen, bevor
> sie schließlich kapitulierten.
>
> Was haben die Franzosen daraus gelernt? Die Doktrin des"Elan" kam
> auf. Colonel Granmaison schrieb dazu:"In der Offensive ist die
> Dummheit die beste Versicherung."
>
> Zu Beginn des 1. Weltkriegs konnten die Franzosen diese neue Taktik
> ausprobieren. Ich habe vor ein paar Monaten mit einem alten Franzosen
> zu Abend gegessen - Monsieur Junot -, der von seinem Onkel erzählte:
>
>"Er attackierte hoch zu Pferd mit gezogenem Säbel... die deutschen
> Reihen mit Maschinengewehren!"
>
> Alistair Horne schrieb über die Geschichte dieser Periode:"Niemals
> zuvor hielten die Maschinengewehre so reiche Ernte. Die französischen
> Schlachtfelder tränkten sich blutrot. Die imposanten Kürassiere zu
> Pferd, mit golden glänzenden Brustplatten, wurden einfach hoffnungslos
> niedergemäht. Es war fürchterlich, und fürchterlich vorhersehbar...
> dieser grandiose, wahnsinnige Mut von 1914..."
>
> Im ersten Kriegsjahr verloren die Franzosen mehr Soldaten als die USA
> in beiden Weltkriegen zusammen. Die Franzosen begannen
> nachzudenken... und zu reden...
>
> Eines Tages werden das auch die Amerikaner tun. Natürlich werden bis
> dahin noch viele Jahre vergehen...
>
> *** George Soros schrieb in der Financial Times:
>
>"Ich sehe eine Parallele zwischen dem Machtstreben der
> Bush-Administration und dem Boom und Untergang der Spekulationsblase
> am Aktienmarkt. Spekulationsblasen wachsen nicht nur durch Luft. Sie
> haben in der Realität eine solide Basis, aber diese Basis wird durch
> Fehleinschätzungen überbewertet. In diesem Fall ist die Realität die
> dominante Position der USA, aber das Streben nach umfassender
> Weltherrschaft ist das falsche Konzept. Die Realität kann die
> Fehleinschätzung korrigieren, aber genauso kann auch die Lücke
> zwischen der Realität und der Fehleinschätzung untragbar werden. Je
> später die Korrektur der Fehleinschätzung kommt, desto verheerender
> sind die Konsequenzen."
>
>"Dieser Ablauf der Ereignisse scheint unausweichlich zu sein, (...)
> aber je früher dieser Prozess der Korrektur der Fehleinschätzungen
> beendet wird, desto besser. Präsident Bush kam an die Macht, und bis
> zum 11. September 2001 hatte er keinen klar definierten Feind. Die
> Attacke vom 11. September veränderte alles. Terrorismus ist der ideale
> Feind. Er ist unsichtbar und kann deshalb niemals verschwinden. Ein
> Feind, der eine ernste und anerkannte Bedrohung darstellt, kann eine
> Nation zusammenhalten. (...) Die Bush-Administration fördert diese
> Angst noch, weil sie die Nation hinter dem Präsidenten zusammenreiht.
> Seit Franklin D. Roosevelt hat sich viel geändert. Roosevelt meinte:
> 'Wir haben nichts zu fürchten als die Furcht selbst.'"
>
> *** Willkommen in der Zukunft. Ein argentinischer
> Präsidentschaftskandidat hat vorgeschlagen, den argentinischen Peso
> weder an den Dollar noch an den Euro zu koppeln - sondern ans Gold.
>
Quelle: Investors Daily

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