- Minderheitenmeinung. - Zardoz, 21.03.2003, 17:11
- Re: Minderheitenmeinung und Ketzerantwort - Baldur der Ketzer, 21.03.2003, 19:08
- Re: Minderheitenmeinung und Ketzerantwort - - Elli -, 21.03.2003, 19:24
- ... und ich hörte einen Völkerrechtler... - Zardoz, 22.03.2003, 01:33
- zum Völkerrecht - silvereagle, 22.03.2003, 10:49
- ... und ich hörte einen Völkerrechtler... - Zardoz, 22.03.2003, 01:33
- @Baldur: nur eine Kleinigkeit - silvereagle, 21.03.2003, 20:49
- Re: @Baldur: nur eine Kleinigkeit - Euklid, 21.03.2003, 20:53
- Re: @Baldur: nur eine Kleinigkeit - RetterderMatrix, 21.03.2003, 21:45
- Re: @Baldur: nur eine Kleinigkeit - Baldur der Ketzer, 21.03.2003, 22:12
- danke für diese Info / Nachfrage - silvereagle, 21.03.2003, 23:55
- Re: danke für diese Info / Nachfrage - Tempranillo, 22.03.2003, 00:15
- Re: danke für diese Info / Nachfrage - RetterderMatrix, 22.03.2003, 10:07
- nochmals danke mkT - silvereagle, 22.03.2003, 18:25
- Re: nochmals danke mkT - Tassie Devil, 23.03.2003, 04:04
- nochmals danke mkT - silvereagle, 22.03.2003, 18:25
- Re: Minderheitenmeinung und Ketzerantwort - - Elli -, 21.03.2003, 19:24
- Re: Minderheitenmeinung und Ketzerantwort - Baldur der Ketzer, 21.03.2003, 19:08
Minderheitenmeinung.
-->Pax Americana
- von Bernd Niquet -
In der entscheidenden UNO-Resolution steht, dass der Irak binnen 15 Tagen vollständigen Einblick in sein Massenvernichtungswaffen-Programm geben muss und zu akzeptieren hat, dass Inspektoren-Teams kontrollieren, ob diese Massenvernichtungswaffen auch tatsächlich zerstört worden sind. Eine Nichtbefolgung dieser Bestimmungen der nach Kapitel VII der UN-Charta angenommenen Resolution können mit militärischen Mittel geahndet werden.
Es handelt sich hierbei um die Resolution 687 vom 3. April 1991. Heute schreiben wir März 2003 und sind bereits über die 1440er Nummer der UN-Resolutionen hinweg. Passiert ist bis heute allerdings nichts. Wer nach derartigen Prinzipien Kinder erziehen wollte, würde feststellen müssen, plötzlich von kleinen Terroristen umgeben zu sein. Doch wie im Kleinen, so auch im Großen.
Was also tun? Als mündiger Bürger und als Kapitalanleger? Meine persönliche Entscheidung sieht wie folgt aus: Ich habe in der vergangenen Woche, als der Dax sich den 2200-Punkten annäherte, ausgiebig Aktien eingekauft - Dax-Indexzertifikate, sowie verfallene Blue-Chips aus Deutschland und den Niederlanden (Aegon und ING). Denn ich glaube, dass der Stillstand in der Irak-Frage, der gegenwärtig die Konsumenten, Unternehmer und Börsianer lähmt wie Schlangengift, jetzt endlich zu Ende geht. Für die Börse (und die Wirtschaft) wird es dabei relativ egal sein, wie er zu Ende geht, Hauptsache, er geht zu Ende.
Denn es ist schon erstaunlich, wie divergent gegenwärtig die Entwicklung verläuft: Die harten Fakten (Unternehmensgewinne, Ist-Wirtschaftszahlen) mach keinesfalls einen schlechten Eindruck, wohingegen die Stimmungsfaktoren (Vertrauensindices, Börsen) richtiggehend saumiserabel aussehen.
Gibt es keinen Krieg, umso besser. Doch gibt es einen Krieg, so sollte sich niemand darüber hinwegtäuschen, wie brillant positiv und idealistisch die Mediengesellschaft USA diesen darstellen wird. Es wird nur Erfolgsmeldungen geben sowie Berichte darüber, dass schon bald alles vorbei sein wird. Und wahrscheinlich wird dann auch Osama Bin Laden bald gefasst sein.
Und was ist mit der Moral? Wer in den düsteren Tagen dieser Woche gekauft hat, hat sich extrem stabilisierend verhalten. Ihm ist keineswegs der Vorwurf des Zynismus zu machen, mit dem Elend anderer Menschen Geld zu machen. Außer mit dem Elend derjenigen, die in dieser Woche bedingungslos ihre Aktien auf den Markt geworfen haben. Doch ihnen gebührt nun sicherlich keinerlei Mitleid.
Und außerhalb der finanziellen Aspekte? Als die russische Führung begonnen hat, das Volk der Tschetschenen systematisch auszurotten, hat sich hierzulande keine Hand gehoben. Obwohl wir überall über die"menschlichen Bündel" lesen konnten, bei denen Frauen und Kinder zusammengebunden werden und dann eine Handgranate in die Mitte geworfen wird. Als die chinesische Führung ihre Studenten niederschießen und von Panzern überrollen ließ, gab es ebenfalls nur wenig Proteste. Heute jedoch sind diese Mächte neben Frankreich und Deutschland diejenigen, die über den Kurs der UNO zu beschließen haben.
Da präferiere ich persönlich lieber einen Pax Americana. Ich habe weit über zwanzig Jahre unter amerikanischer Besatzung gelebt und habe persönlich wenig Zweifel an deren Integrität. Viel mehr noch: Ich will lieber nach der Musik tanzen, die die Amerikaner spielen - als auf Chinesen, Russen und größenwahnsinnige Franzosen angewiesen zu sein! Natürlich geht es den USA auch darum, im arabischen Raum Fuß zu fassen. Doch es geht natürlich auch um Demokratie. Ist es nicht interessant, dass wir die Amis in Europa stets als naiv brandmarken, jedoch niemals auf die Idee kommen, dass sie völlig naiv ihr Modell von Demokratie und Gleichheit exportieren zu wollen. Diese Art der Weltbeglückung ist mir auf jeden Fall die liebste von allen zur Verfügung stehenden.
Ich weiß natürlich, dass das eine Minderheitsposition ist, die ich hier vertrete. und dass die meisten meiner so weltgewandten Mitbürger das völlig anders sehen werden. (Das Gefühl dabei ist übrigens grundsätzlich identisch mit dem beim Erteilen von Kauforders, wenn der Markt bei einem Dax-Stand von unter 2300 senkrecht fällt. Und nicht nur das Gefühl - in beiden Fällen wird erst
die Zukunft weisen, ob man richtig oder falsch gedacht hat.)
Und Europa? Ich liebe das"alte Europa" sehr, doch ich sehe es nicht anders als einen alten Wein. Beides weckt romantische Gedanken in mir, befähigt zu außerordentlichem Genuss, doch wenn die Flasche leer ist, dann ist Schluss mit lustig. Ich habe große Sorgen, wie wir Europäer mit unserem"Weiter so!" über die nächsten Jahrzehnte kommen wollen. Weltpolitisch wie wirtschaftlich. Und sollte es jetzt zum Bruch mit den USA kommen, wird dies nur umso schwerer wiegen. Man schaue sich dazu nur einmal an, wie systematisch in den USA die Betrüger der letzten Hausse verknackt werden, wohingegen bei uns - bis auf mikroskopische Dosen - alle bösen Buben weiterhin völlig unbehelligt sind. Und dieser Unterschied setzt sich überall fort. Überall und überall und überall.
Bernd Niquet, im März 2003
E-Mail: berndniquet@t-online.de

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