- Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - thomas, 25.03.2003, 11:18
- Re: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - dottore, 25.03.2003, 12:32
- @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - thomas, 25.03.2003, 22:45
- Re: @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - dottore, 26.03.2003, 12:59
- Re: @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld/UMBRUCH S. 20 - -- Elli --, 26.03.2003, 13:10
- Re: @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - dottore, 26.03.2003, 12:59
- @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - thomas, 25.03.2003, 22:45
- Re: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld - dottore, 25.03.2003, 12:32
Re: @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld
-->Hi Thomas,
>Ich muss das erstmal verdauen. Der Gedanke, dass Geld ausschließlich durch die Sanktions-Androhung bei Nicht-Abgabe (an den Staat) einen"Wert" erhält, ist mir neu. (Habe ich das in"Umbruch" übersehen?)
Das stand im"Umbruch" nicht, richtig. Es handelt sich um neuere Erkenntnisse, speziell von archaeometallurgischen Tagungen und danach folgenden Ableitungen mit Hilfe des Gossen'schen Theorems (Grenznutzenlehre): Der"Wert" (Preis) einer Sache, Ware usw. ergibt sich danach nicht aus dem"Haben" dieser Sache, Ware, sondern aus dem"Nichthaben" bzw. den Folgen aus diesem Zustand.
>Welche Relevanz hat z.B. die babylonische Tontafel ("Umbruch" 1. Auflage, Seite 20:"Zalilum schuldet Nanna 6 Shekel Silber...")?
Ich habe den"Umbruch" gerade nicht zur Hand, nehme aber an, es handelt sich um die Tafel mit der Bürgschaft. Jedenfalls beweist sie, dass a) Silber GZ (Abgabengut) gewesen sein muss (thesauriert in Tempeln, die quasi"Staatstresore" waren) und dass wir (sofern es die Bürgschafts-Tafel ist) b) einen Kontrakt mit dinglicher Besicherung durch einen Dritten (Bürgen) sehen. Entgegen meiner ersten Einschätzung bestätigt die Tafel HS leider nicht, sondern wiederlegt sie (der Ergänzungsband war damals noch nicht erschienen).
Silber, das als"Geld", i.e."Banknote" (Forderung) quasi seine dingliche Besicherung mit sich führt, ist ein theoretisches Unding (den Hinweis verdanke ich Herrn Oswald, Luzern, der Top-Kritiker von HS ist).
Das Silber kam ex Baktrien (Afghanistan), wo vor einigen Jahren erst die größten Silberminen aller Zeiten entdeckt wurden.
>Was war in der Situation das Geld (GZ)?
Silber. Die Thesaurierung war gigantisch, wenn man sich an Alexander erinnert, der nach der Eroberung des Perserreichs (inkl. Mesopotamien natürlich) Millionen von Münzen schlagen lassen konnte. Ich hatte das mal ausführlich gepostet, wie viel.
Alexander bezahlte mit den Münzen (VS Herkules mit Löwenskalp, RS thronender Zeus, Unmengen von Beizeichen) seine Truppen, daran kann überhaupt kein Zweifel sein. Damit war das"System" geschlossen: Abgabe = Einzahlung - Ausgabe = Auszahlung - neue Abgabe. Die Tontafeln gingen natürlich weiter, auch unter makedonischer Besatzung, die Keilschrift auch, die ja anhand einer persischen Königsinschrift (Zeitgenosse Alexanders) entziffert werden konnte.
>War Silber Geld? Dann wäre die Tontafel lediglich die Dokumentation eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses.
Ja, das steht wohl außer Zweifel.
>Nanna hat gegen Zalilum eine (abtretbare) Forderung.
Zedierbare Forderungen gab es in Unmengen. Die Tontafeln liefen allerdings nicht um. Sie werden fast ausschließlich in privaten oder staatlichen Archiven gefunden, in letzteren lagen auch die"Doppel" (wie Secunda beim Wechsel oder wie von städtischen Verwaltungen ab dem MA geführte"Schuldbücher", in denen die privaten Schulddokumente nochmals eingetragen waren).
>Aber Geld wäre schon vorher definiert gewesen (Silber), und die Tontafel trägt nicht zur Erhellung der Geldgeschichte bei, außer dass es Geld (und Staat) schon damals gab.
Ja. Es ist nur zu fragen, warum überhaupt Schulden in Geld (Silber) aufgenommmen wurden, da es nichts zu"investieren" gab, womit sich also die berühmte Keynes'sche und mainstreamige S = I - Gleichung (Sparen = Investition) erledigt. Ein Kauf, nachdem man sich das"Geld" geliehen hat, ist keine Investition, da das Geld bereits vorhanden ist, nur bei jemand anderem. Dadurch, dass jemand Silber ausleiht,"spart" er ja nicht. Dann wäre es sichereres Sparen, das Silber selbst zu behalten.
>War die Tontafel Geld? Dann müsste"Nanna" Inhaber bedeuten, und die Tontafel wäre ein Inhaberpapier (Inhaber-Tontafel).
Die Tafeln kursierten nicht. Die ersten kursierenden Forderungen in Form von Depotscheinen kann ich erst in Milet (Cheirographoi) und Karthago ("Ledergeld") entdecken. Dann natürlich die Masse der römischen"Syngraphen.
Wie das alles zu datieren ist, kann ich noch nicht abschließend beurteilen. Die Chronologie-Kritik (auch und vor allem von Heinsohn!) ist bekannt. Vielleicht müssen wir von ganz kurzen Zeiträumen BC ausgehen. Das würde auch nach der ökonomischen Logik einleuchten: Abgabe - GZ - Depotscheine - Zins - Titel - Termin, usw. - dazu braucht man keine Genies, um das in ganz kurzer Zeit hintereinander zu entwickeln.
Die Venezianer brachten das in weniger als 150 Jahren hin. Der bekannte"neue Durchlauf" nach ca. 1100 AD.
Gruß!

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