- Schröder und Müntefering sauer: Rürup-Kommission vor der Auflösung? - manolo, 27.03.2003, 08:32
Schröder und Müntefering sauer: Rürup-Kommission vor der Auflösung?
-->aus der heutigen<font size=5">Hannoversche Allgemeine Zeitung
Kanzler droht der Rürup-Kommission die Auflösung an</font>
Schröder und Müntefering ärgern sich über unkoordinierte Veröffentlichung von Vorschlägen zur Sozialreform.
Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sind tief verärgert und sagen auch warum: Ständig werden von Mitgliedern der Rürup-Kommission neue Vorschläge für eine Gesundheitsreform in die Ã-ffentlichkeit lanciert. In der SPD-Vorstandssitzung zu Beginn dieser Woche hat sich der Kanzler vor allem über jüngste Vorschläge zur Abschaffung der privaten Krankenversicherung erregt und nach Angabe von Teilnehmern sinngemäß gesagt: „Wenn das nicht zu stoppen ist, wird die Kommission aufgelöst.“ Müntefering habe „ins selbe Horn gestoßen“, sagte ein Vorständler dieser Zeitung. Der Kanzler sah sich inzwischen genötigt, öffentlich eine Bestandsgarantie für die private Krankenversicherung abzugeben.
Zuvor waren zahlreiche unabgestimmte Ideen von Mitgliedern der „Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme“ (Rürup-Kommission) den Medien zugespielt worden. So schlug die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Barbara Stolterfoht, die Abschaffung der gesetzlichen Pflegeversicherung vor. Das war kurz vor den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein. Andere Mitglieder empfahlen etwa eine jährliche Selbstbeteiligung der Patienten von 900 Euro, die Erhöhung der Tabaksteuern oder eine Selbstbeteiligung von 15 Euro für jeden Arztbesuch. Dies alles ärgert die Sozialdemokraten. „Die Fraktion ist auf 190“, sagte gestern ein SPD-Abgeordneter.
In Regierungskreisen wird das Stimmengewirr vor allem dem Kommissionsvorsitzenden Bert Rürup angelastet. Er hatte sich selbst an Spekulationen über denkbare Empfehlungen der Kommission beteiligt. So begrüßte er eine Umstellung der Krankenkassenbeiträge auf einheitliche „Kopfprämien“. Das wurde umgehend vom Regierungssprecher zurückgewiesen. Der Plan habe keine Chance, weil er unsozial sei.
Die Verärgerung der Bundesregierung ist auch deswegen so groß, weil die Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes ihre Vorschläge weitgehend unter Ausschuss der Ã-ffentlichkeit ausgearbeitet und beschlossen hatte. Der VW-Manager Peter Hartz hatte sich Verlautbarungen für die Ã-ffentlichkeit selbst vorbehalten und Abweichler in Sitzungen heftig gerügt.
Einstimmige Empfehlungen für eine Sozialreform werden von dem Rürup-Gremium nicht mehr erwartet. Was die Vertreterin des DGB befürworte und was der Vertreter der Arbeitgeber in der Kommission vorschlage, sei ohnehin klar. Die Vertreter der Wissenschaft haben ihre Reformpläne gerade in einem Sachverständigenbericht der Regierung übergeben. Das Kopfprämien-Konzept des Kommissionsvorsitzenden sei amtlich schon in den Papierkorb geflogen, heißt es in Regierungskreisen.
Das Bundeskabinett hat gestern den Reformfahrplan bestätigt, den Bundeskanzler Schröder in seiner Regierungserklärung am 14. März angekündigt hatte. Danach soll das Paket bis zum Sommer komplett umgesetzt werden.

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