- Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind... hier ein letzter. - Zardoz, 28.03.2003, 19:41
- Re: Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind... hier ein letzter. - Euklid, 28.03.2003, 20:01
- Gott sei Dank, muss keiner in Niquets Geschwafel nach Sinn suchen... - kingsolomon, 28.03.2003, 20:10
- Re: Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind... - na ja - nereus, 28.03.2003, 23:10
- Klasse, nereus!:-) - silvereagle, 29.03.2003, 11:13
- Re: Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind... - na ja - Jochen, 29.03.2003, 14:59
- Über das Wesen des Sinns - QuertreiBär, 30.03.2003, 10:23
Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind... hier ein letzter.
-->Das Wesen der Verschwörung
- von Bernd Niquet -
Worum geht es eigentlich in Wirklichkeit beim gegenwärtigen Irak-Krieg? Geht es tatsächlich nur darum, den irakischen Diktator zu entwaffnen? So, wie es in beinahe unzähligen UN-Resolutionen gefordert wurde? Oder um Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung, wie die US-Amerikaner und Briten es stets behaupten?
NEIN! sagen die meisten Menschen hierzulande und woanders in der westlichen Welt - von den anderen Hemisphären ganz zu schweigen. Und dieses Urteil scheint völlig unabhängig davon zu sein, ob sie zur Intelligenz zu rechnen, gar Künstler sind oder sich vielmehr als völlig platt im Kopf erweisen, was ja leider nur allzu oft identisch ist. Und warum NEIN? Weil die ganze Geschichte ansonsten keinen Sinn macht! werfen sie unisono ein.
Wie zum Beispiel Ralf Flierl vom GoingPublic Magazin, der sich im Vorfeld des Krieges in seiner „SmartInvestor“-Kolumne laufend über die mangelnden Beweise der Alliierten hinsichtlich des Schurkentums von Saddam Hussein beschwert hat, um daraufhin über die USA zu schreiben: „Ich sage Ihnen, das ist Propaganda von der übelsten Sorte, mit dem Ziel einen längst gefassten Plan in die Tat umzusetzen. Sehr verehrte Leserinnen und Leser, über das, was in der Weltpolitik derzeit geschieht, kann man nur sagen: Da stimmt was nicht!“
Da stimmt also etwas nicht? So macht die Sache keinen Sinn? Doch anstatt wie der König in Lewis Carrols „Alice im Wunderland“ zu reagieren und zu schließen, dass dann, wenn es keinen anderen Sinn gibt, man sich viel Arbeit ersparen kann, weil man dann auch keinen suchen muss, wird nun überall fleißig nach einem höheren oder tieferen, auf jeden Fall nach einem hinter der Oberfläche liegenden Sinn gesucht. Doch was durch die Erwähnung von „Alice im Wunderland“ auf den ersten Blick vielleicht humorig aussehen könnte, ist mir bitterer Ernst.
Denn Geschichte macht niemals Sinn! Das ist einer der wichtigsten Sätze, den es überhaupt gibt. So etwas wie einen Sinn können wir in die Geschichte stets nur „hereinlegen“, selbst kennt die Geschichte jedoch keinen Sinn. So ist es denn auch das größte Missverständnis nicht nur aller Verschwörungstheoretiker, sondern schlichtweg aller Zeitgenossen, die versuchen, das Chaos der täglichen Bilder, die unglaubliche Vielfalt und Komplexität der Welt, wie sie täglich auf unsere Sinne herniederprasselt, in ein stimmiges Bild einzupassen. Es gibt so etwas nicht wie ein"stimmiges Bild". Die Tatsache, dass sich nicht alles schlüssig zusammenfügt, hat Methode. Es ist der Normalfall. Niemals wird es uns gelingen, alle Beobachtungen auf ein und den selben Nenner zu bringen. Es sei denn, unsere Beobachtung ist rein selektiv. Das heißt: Wir haben ein vorgefasstes Bild und registrieren jeweils nur diejenigen Tatsachen, die dieses Bild auch stützen, und die anderen lassen wir geflissentlich weg.
Etwas anderes ist es natürlich, wenn wir ausschließlich isolierte menschliche Handlungen beobachten. Denn während die Natur kein Ziel und keinen Sinn kennt, handeln Menschen durchaus zielorientiert und keinesfalls sinnlos. In diesem Zusammenhang kann man nun allerdings auch kontrafaktische Fragen stellen, wie beispielsweise die folgenden: Wenn es den USA im Irak nur ums Ã-l und die Vormacht geht, wenn die USA also tatsächlich die wirklichen Schurken sind, die nach Ansicht vieler sogar den 11. September billigend in Kauf genommen haben, um ihre Vormachtziele durchzusetzen, warum haben sie dann das Ã-l nicht bereits 1991 genommen?
Warum sind sie den quälend langen Weg durch die UNO gegangen und dabei sogar gescheitert - und haben nicht einfach ein paar Inspektoren umbringen lassen? Das wäre doch ein wunderbarer Kriegsgrund gewesen. Warum gibt es keine Nachrichten über den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen? Die ganze Weltgemeinde wäre sofort auf Seiten der Amerikaner. Und warum lassen sie sich auf Schritt und Tritt im Krieg von Kameras beobachten? Die Fragen sind beinahe endlos - und selbstverständlich gibt es auf sie keine Antwort. Außer vielleicht diese: Die Amerikaner sind einfach trottelige Demokraten. Jedenfalls erscheinen sie so in einem Land, in dem den Quellen des irakischen Informationsministerium prinzipiell der gleiche Wahrheitswert zugebilligt wird wie denjenigen des Pentagon.
Das Geschehen an den Börsen ist natürlich ebenfalls"sinnhaft", obwohl es auf den ersten Blick nicht danach aussieht. Das liegt daran, dass die Börse ein nur zweidimensionales Gebilde ist. Die Kurse können im Zeitablauf immer nur steigen oder fallen - und regulieren damit gleichsam wie ein „Thermostat“ die Wirtschaft. Die Börse bezieht ihren Sinn also ausschließlich aus ihrer Einfältigkeit. Und ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass dies bei den meisten Gläubigen einer Verschwörung ebenfalls der Fall ist.
Liebe Leser, ich freue mich, dass ich mich ab jetzt wenigstens eine Weile nicht mehr ärgern werde, sondern etwas Urlaub mit totaler Medienabstinenz machen kann. Ich freue mich auf ihre Mails, werde sie jedoch dieses Mal erst später beantworten können.
Bernd Niquet, im März 2003.

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