- lügen,wie immer - orwell, 05.04.2003, 22:23
- Seit Langem das Beste in diesem Forum, Sven. - Sharps, 06.04.2003, 02:34
- klasse geschrieben! (owT) - Sushicat, 06.04.2003, 09:00
- Re: OT: Die politisch korrekte Diktion lautet... - JLL, 06.04.2003, 10:10
- Re: lügen,wie immer - Emerald, 06.04.2003, 10:17
lügen,wie immer
--> Was sich im Irak wirklich abspielt
US-Führer Bush hat vergangene Woche nochmals klargestellt:
"Wenn jemand ein gutes Gewissen hat, dann bin ich es." So
redet also einer, der kürzlich einen völkerrechtswidrigen
Angriffskrieg angeordnet hat und dessen Truppen seither Tag
für Tag irakische Frauen und Kinder morden. Mag sein, dass es
dem Schreibtisch-Krieger aus dem Weißen Haus erst so richtig
warm ums Herz wird, wenn seine Bomben auf Bagdads
Markplätzen landen und Mütter zerfetzen; herkömmliche
Menschen hingegen halten es eher mit der Auffassung von
"Stupid-White-Men"-Autor Michael Moore, der vor einem
zigfachen Millionenpublikum während einer Fernseh-Sendung
protestierte:"Wir sind gegen diesen Krieg aus erfundenen
Gründen, Mister Bush. Schande über Sie, Mister Bush."
Die wahren Ziele
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat unterdessen deutlich gemacht, dass US-Schergen auch im
weiteren Verlauf des Blutvergießens nicht mit Beifall oder Blumen rechnen können. Zahlreiche Redner
verurteilten im Rahmen einer öffentlichen Debatte die US-Aggression. Mohammed Aldouri, der irakische
Botschafter, warf Washington vor, nicht nur die Einsetzung eines neuen Regimes in Bagdad anzustreben,
sondern darüber hinaus"die Neuzeichnung der politischen Landkarte des Nahen Ostens nach den Interessen
der USA und Israels." Erheblichen Widerspruch erntete er nicht.
Ã-l und Weltherrschafts-Ansprüche bzw. Weltneuordnungs-Gespinste sind die wahren Motive für das Blutbad im
Irak. Immer mehr Menschen durchschauen das miese Spiel. Frau Merkel von der CDU gehört nicht dazu. Sie
nimmt offenbar an, dass der seit mehr als einem Jahrzehnt durch Boykott und Embargo systematisch
ausgehungerte und 15.000 Kilometer von Washington entfernte Irak eine Gefahr für die USA oder die Welt
darstellen würde. Das ist so grenzenlos lächerlich, dass man Bush für das ernste Gesicht, das er bei der
Behauptung solch blühenden Unsinns aufzulegen in der Lage ist, fast schon wieder bewundern muss.
Bush und seine Drahtzieher hatten den Irak schon vor dem 11. September 2001 auf ihrer Abschussliste. Um
der Welt nochmals Stärke zu demonstrieren, drischt man nun auf das wehrlose Volk ein. Dass mit diesem
Verbrechen auch Selbstmordanschläge oder ähnliche Verzweiflungs-Attacken provoziert werden, war Experten
schon vor Monaten klar. Die USA haben dies kaltblütig und bewusst in Kauf genommen. Für Emmanuel Todd,
Autor des spannenden Buches"Weltmacht USA - Ein Nachruf" ist Amerika mittlerweile ein"Faktor der
internationalen Unordnung":"Wo sie können, fördern sie Instabilität und Konflikte." Dabei gehe es natürlich
nicht darum, Demokratie zu fördern, sondern es sei dies der letzte verzweifelte Versuch,
Globalisierungsvorstellungen durchzupeitschen. Todd:"Die Irakpolitik der Vereinigten Staaten zielt darauf ab,
die Welt in den Krieg zu stürzen."
Keine Lüge zu blöd
Um Angela Merkel und die ganze Welt für dumm und dämlich zu verkaufen, läuft die US-Propaganda auf
Hochtouren. Keine Lüge erscheint zu blöd, um nicht verbreitet zu werden. Dafür hat man modernes Gerät, dafür
hat man Reporter bestochen und dafür kennt man keinerlei Skrupel. Verteidigungsminister Rumsfeld rotzfrech:
"Manchmal ist die Wahrheit zu kostbar und muss vom Leibwächter der Lüge begleitet werden."
Aber: Selten zuvor sind die Drahtzieher der Propagandalügen derart auf den Bauch gefallen wie bisher. Die
US-Fälschungsindustrie stockt und stellt sich merkwürdig bescheuert an. Die Geschichte mit Saddams
angeblichen Massenvernichtungswaffen ist zum Beispiel gleich mehrfach plump aufgeflogen. Gefälschte
Berichte von Atomernergie-Behörden, getürkte Telefonmitschnitte oder manipulierte Satellitenfotos: Alles
geplatzt! Nichts als peinliche Selbstentlarvungen. Und dass sich UN-Waffeninspektoren nicht als US-Hiwis
missbrauchen ließen, hatte man in Amerika auch nicht einkalkuliert. Nicht einmal die Nullachtfuffzehn-Lüge von
gemarterten Kriegsgefangenen überlebte mehr als 20 Stunden.
Auch die"Bild"-Zeitung, seit Wochen in Bombenstimmung, hatte zuletzt größte Mühe mit dem Feindbild. Man
dichtete dem bösen Saddam rasch noch ein paar zusätzliche Folter- und Mord-Vorwürfe an, um ihn im
Schurken-Wettlauf mit Bush nicht zu sehr ins Hintertreffen geraten zu lassen. Denn trotz Lug und Trug steht für
ungezählte Deutsche fest: Der Bösewicht sitzt in Washington und nicht in Bagdad. Der Springer-Konzern aber
hält mit bemerkenswertem Fanatismus dagegen. Um amerikanisch-israelische Interessen tapfer zu verteidigen
und Schaden von ihnen zu wenden, ist den"Bild"-Machern kein Schwindel zu abenteuerlich, um ihn nicht den
eigenen Lesern zur Frühstücks-Stulle zu präsentieren. Zuletzt stand da tatsächlich geschrieben, Saddam
Hussein würde - als US-Amerikaner verkleidet - durch die Gegend laufen, um zu fliehen. Beweis:
"Kronzeugen"-Aussage eines irakischen Deserteurs. Erkenntnis: Für die"Bild" gibt es auf der nach unten
offenen Skala des Schwachsinns immer einen Platz...
Doch auch die Schreibtisch-Kriegstreiber spüren: Das blutige Spiel will diesmal nicht wirklich aufgehen. Zwar
arbeiten die US-Strategen wieder mit jener Medienfirma zusammen, die im ersten Golfkrieg schon
schauerliche Gräuel-Märchen erfunden hatte, um die Menschen für ihren schmutzigen Krieg zu begeistern, doch
Pleiten und Irrtümer häufen sich und zehren am Nerv der letzten Getreuen. Die USA hatten offenbar noch nicht
einmal eingeplant, dass böse Iraker sich unter Umständen zur Wehr setzen könnten, wenn Eindringlinge in ihre
Heimat einfallen. Doch die Sehnsucht der Irakis nach Cola und Pommes ist nicht so unendlich groß, und die
Dummheit offenbar nicht so weit verbreitet, dass man US-Soldaten mit Boten für"Frieden, Freiheit und
Demokratie" verwechseln würde. Was man Angela Merkel erzählen kann, glaubt ein anständiger und stolzer
Iraker noch lange nicht. Wahr ist nun, dass sich Einheimische mit aller Leidenschaft gegen die Bush-Krieger
wehren.
Die Logik der Merkel
Allein die Vorsitzende der demokratischen Christen in diesem Lande glaubt offenbar noch immer, dass der
Papst irrt und Bush die Wahrheit spricht. Die Merkel gab letzte Woche der ARD zu verstehen:"Man hatte einen
Punkt erreicht, an dem Krieg unvermeidbar geworden war. Bei einem Nichthandeln wäre der Schaden noch
größer gewesen." Solcher CDU-Logik vermag man allerdings nicht einmal in Kreisen von ABC-Schülern zu
folgen. Denn bei einem Nichtangriff wäre der"Schaden" (also tote Frauen und Kinder) nicht"noch größer",
sondern schlicht nicht eingetreten.
Frau Merkel ist außerdem ganz empört darüber, dass der Irak insgesamt 17 Resolutionen der Vereinten
Nationen"nicht beachtet" habe. Abgesehen davon, dass der Irak auch eine Friedenstaube als neues
Staatssymbol hätte ausrufen können, ohne dass kriegslüsterne Amerikaner von ihrem blutigen Vorhaben
abgelassen hätten, sollte die Merkel lieber mal nachzählen, wie viele UN-Resolutionen Israel in den
vergangenen Jahrzehnten missachtete. Sie wird bei etwa 800 landen. Und anschließend möge sie dann einmal
nachrechnen, wie oft sie ähnlich mutig Protest gegen die Nichteinhaltung angemeldet hatte...
Vielleicht will sie ja auch nur auf der Sonnenseite des Sieges stehen. Experten wie Peter Scholl-Latour
sprechen zwar bereits von einer gewaltigen Blamage für die USA, doch der"stern" dürfte Angela Merkel mit
einem höchst bemerkenswerten Beitrag beruhigt haben:"Der Präsident wird seine Ziele erreichen: der Irak
unter amerikanischer Militärverwaltung, das Sternenbanner im Herzen der arabischen Welt, das Ã-l unter
US-Kontrolle, Syrien und Saudi-Arabien von Amerika und Israel umklammert, die Palästinenser
zurückgeworfen auf den Status des Eingeborenen-Reservats unter israelischer Aufsicht und - strategischer
Hauptgewinn - die US-Armee an der persischen Grenze, bereit zur nächsten Runde, dem Angriff auf
Schurkenstaat Nummer zwei."
Sven Eggers

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