- Zur Abwechslung mal die reine Wahrheit - dottore, 08.04.2003, 13:59
- Re: Zur Abwechslung mal die reine Wahrheit - Euklid, 08.04.2003, 14:08
- Re: Warum darf man Sahhaf nicht zitieren? (2. Freiland-PK vorhin) (owT) - dottore, 08.04.2003, 14:17
- Erinnert mich an längst vergangene Zeiten - rocca, 08.04.2003, 14:30
- Re: Zur Abwechslung mal die reine Wahrheit - Tempranillo, 08.04.2003, 14:37
- Re: Zur Abwechslung mal die reine Wahrheit ** Lessing plus - Herbi, dem Bremser, 08.04.2003, 15:10
- Re: Warum darf man Sahhaf nicht zitieren? (2. Freiland-PK vorhin) (owT) - dottore, 08.04.2003, 14:17
- Wo ist die irakische Armee? mkT - Sascha, 09.04.2003, 09:03
- Re: Zur Abwechslung mal die reine Wahrheit - Euklid, 08.04.2003, 14:08
Re: Zur Abwechslung mal die reine Wahrheit
-->>wir sollten uns nicht über Allah oder Gott oder Maria Mutter Gottes lustig machen und jedem seinen Glauben lassen wie er ihn mag.
>Wir sollten doch vernünftig bleiben und den religiösen Aspekt rauslassen.
>Laß ihnen doch ihren Gott.
Hi Euklid,
vielleicht wird es Dir gefallen, was Lessing vor über 200 Jahren, 1779, gechrieben hat. In Jerusalem diskutieren Sultan Saladin und der reiche Jude Nathan, welcher der 3 großen Religionen der Vorrang gebührt:
Nathan.
Vor grauen Jahren lebt' ein Mann in Osten,
Der einen Ring von unschätzbarem Wert
Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein
Opal, der hundert schöne Farben spielte,
Und hatte die geheime Kraft, vor Gott
Und Menschen angenehm zu machen, wer
In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder,
Daß ihn der Mann in Osten darum nie
Vom Finger ließ; und die Verfügung traf,
Auf ewig ihn bei seinem Hause zu
Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring
Von seinen Söhnen dem geliebtesten;
Und setzte fest, daß dieser wiederum
Den Ring von seinen Söhnen dem vermache,
Der ihm der liebste sei; und stets der liebste,
Ohn' Ansehn der Geburt, in Kraft allein
Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. -
Versteh mich, Sultan.
Saladin. Ich versteh dich. Weiter!
Nathan.
So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn,
Auf einen Vater endlich von drei Söhnen;
Die alle drei ihm gleich gehorsam waren,
Die alle drei er folglich gleich zu lieben
Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit
Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald
Der dritte, - sowie jeder sich mit ihm
Allein befand, und sein ergießend Herz
Die andern zwei nicht teilten, - würdiger
Des Ringes; den er denn auch einem jeden
Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen.
Das ging nun so, solang es ging. - Allein
Es kam zum Sterben, und der gute Vater
Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei
Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort
Verlassen, so zu kränken. - Was zu tun? -
Er sendet in geheim zu einem Künstler,
Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes,
Zwei andere bestellt, und weder Kosten
Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich,
Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt
Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt,
Kann selbst der Vater seinen Musterring
Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft
Er seine Söhne, jeden insbesondre;
Gibt jedem insbesondre seinen Segen, -
Und seinen Ring, - und stirbt. - Du hörst doch, Sultan?
Saladin (der sich betroffen von ihm gewandt).
Ich hör, ich höre! - Komm mit deinem Märchen
Nur bald zu Ende. - Wird's?
Nathan. Ich bin zu Ende.
Denn was noch folgt, versteht sich ja von selbst. -
Kaum war der Vater tot, so kömmt ein jeder
Mit seinem Ring, und jeder will der Fürst
Des Hauses sein. Man untersucht, man zankt,
Man klagt. Umsonst; der rechte Ring war nicht
Erweislich; -
(nach einer Pause, in welcher er des Sultans Antwort erwartet)
Fast so unerweislich, als
Uns itzt - der rechte Glaube.
Saladin. Wie? das soll
Die Antwort sein auf meine Frage?...
Nathan.
Soll mich bloß entschuldigen, wenn ich die Ringe
Mir nicht getrau zu unterscheiden, die
Der Vater in der Absicht machen ließ,
Damit sie nicht zu unterscheiden wären.
<ul> ~ Nathan der Weise in voller Länge</ul>

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