- Versicherungstechnik: Anschlag auf WTC war ein «einzelner Schadenfall» (NZZ) - Jagg, 08.04.2003, 22:08
- Anschlag auf WTC war ein «einzelner Schadenfall» - oegeat, 08.04.2003, 22:27
- Re:ja, man merkst! Da gehts um richtig Kohle. - tstg, 08.04.2003, 22:41
- Re: Versicherungstechnik: Anschlag auf WTC war ein «einzelner Schadenfall» (NZZ) - Jacques, 08.04.2003, 22:54
- Anschlag auf WTC war ein «einzelner Schadenfall» - oegeat, 08.04.2003, 22:27
Versicherungstechnik: Anschlag auf WTC war ein «einzelner Schadenfall» (NZZ)
-->Anschlag auf WTC war ein «einzelner Schadenfall»
Erstes Urteil in einer komplexen Auseinandersetzung
Cls. New York, 26. September
Bundesbezirksrichter John S. Martin hat in einem summarischen Urteil entschieden, dass der Anschlag auf die Zwillingstürme des New Yorker World Trade Center (WTC) am 11. September versicherungstechnisch einen einzigen Schadenfall konstituiere und nicht zwei separate Ereignisse, wie das Eigentümerkonsortium unter der Führung des Immobilienmoguls Larry Silverstein behauptet. Der Entscheid betrifft allerdings nur 3 der ursprünglich 22 Versicherungsunternehmen, die zusammen eine Deckungssumme von 3,55 Mrd. $ zugesagt hatten. Bei den dreien handelt es sich um Konzerneinheiten der Hartford Financial Services Group, St. Pauls Cos. sowie der britischen Royal Sun & Alliance, die zusammen mit 112 Mio. $ beteiligt sind und jetzt nur diesen Betrag an das Silverstein-Konsortium zahlen müssen.
Fehlende Police
Die Silverstein-Gruppe hatte nur sechs Wochen vor dem Anschlag den WTC-Komplex durch einen 99-jährigen Pachtvertrag mit der Port Authority of New York and New Jersey übernommen. Die 22 Versicherer hatten in sogenannten Binders Versicherungsdeckung zugesagt, aber Policen waren am 11. September noch keine ausgestellt. Die Swiss Re ist mit 22% die Hauptbeteiligte. Sie hatte als Erste beantragt, gerichtlich abzuklären, wer überhaupt Versicherungsforderungen stellen könne. Silverstein hat gleich zu Beginn argumentiert, es handle sich um zwei Schadenfälle, da zwei Flugzeuge in je einen der Türme geflogen seien; also habe er Anspruch auf eine Zahlung von 7,1 Mrd. $. Während Silverstein diese Behauptung darauf gründet, dass die Versicherer sich eines Formulars der Travelers-Versicherungsgruppe bedienen wollten, berufen sich Swiss Re und Konsorten auf ein Policen-Muster von Willis of New York, also Silversteins Versicherungsbroker, auf welches Silverstein abstellen wollte. Swiss Re unterstellt Silverstein ein nachträgliches Konstrukt zu seinen Gunsten. Im Falle der Travelers-Police scheint der Terminus «Schadenereignis» nicht eindeutig definiert zu sein, während dies bei dem Willis-Formular (Wilprop) klarer scheint.
Unterversichert
Bei den drei Versicherungsunternehmen, zu deren Gunsten Richter Martin jetzt entschieden hat, scheint klar, dass die Wilprop-Police zugrunde gelegt werden sollte. Laut Martin kann es deshalb keine Zweifel geben, dass das WTC als Folge einer «Serie ähnlicher Ursachen» in einem einzigen Schadenereignis zerstört wurde. Silverstein behält sich vor, gegen das Urteil Rekurs einzulegen. Davon abgesehen, sei es materiell aber nicht von grossem Gewicht. Umgekehrt sehen Swiss Re und die andern Beteiligten in dem Entscheid einen wichtigen Etappensieg, der nur hilfreich sein könne. Diese Gruppe konnte sich mit Silverstein nicht auf einen Vergleich einigen. Richter Martin hatte zuvor einen Antrag Silversteins auf einen summarischen Entscheid mit dem Hinweis auf die Komplexität der Materie abgelehnt. Ein Prozess zur Klärung der Angelegenheit beginnt voraussichtlich am 4. November. Allerdings wird dann nicht der Richter, sondern ein Geschworenengericht zu befinden haben, und dieser Entscheid könnte unter Umständen emotional, das heisst «zugunsten Manhattans», ausfallen. Silverstein hat wiederholt bekräftigt, dass er «Ground Zero» wieder aufbauen möchte, was ihm allerdings die Versicherer nicht ganz abnehmen. Dafür reicht die einfache Versicherungssumme nicht.
Laut Swiss Re wurde Silverstein schon vor dem Anschlag darauf hingewiesen, dass er mit 3,55 Mrd. $ unterversichert sei. Im Urteil von Experten kostet der Wiederaufbau mindestens 5 Mrd. $. Deshalb haben sich auch die Port Authority sowie der New Yorker Gouverneur Pataki und andere Politiker auf Silversteins Seite geschlagen. Mit zwei Versicherern, nämlich Ace Bermuda Insurance Ltd. und XL Insurance Ltd., hat sich Silverstein auf eine Einfachauszahlung von zusammen 365 Mio. $ geeinigt. Zwei weitere, Zurich Financial Services und Allianz AG, haben beim Gericht ebenfalls ein summarisches Urteil beantragt, aber Richter Martin hat darüber nicht entschieden.
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