- Die deutsche Doppelmoral - No_Fear, 15.04.2003, 22:22
- Re: Die deutsche Doppelmoral - eine Kleinigkeit zu Friedensverträgen - nereus, 15.04.2003, 22:36
- Jo- Nereus - Turon, 16.04.2003, 01:27
- Re: Oder: Doppelmoral übersetzt ins Deutsche - André, 15.04.2003, 22:47
- Re: Oder: Doppelmoral übersetzt ins Deutsche - AB Citrus, 16.04.2003, 00:03
- Worüber sollen die Deutschen denn nachdenken? - Turon, 16.04.2003, 00:54
- Deine angeführte Story ist genau so wahr wie - rocca, 16.04.2003, 01:29
- ME beides konkrete Ereignisse - silvereagle, 16.04.2003, 12:24
- Re: Oder: Doppelmoral übersetzt ins Deutsche - AB Citrus, 16.04.2003, 00:03
- Re:die Hurenpresse veröffentlich fleissig CIA-Machwerke - kingsolomon, 15.04.2003, 22:52
- Re:die Hurenpresse veröffentlich fleissig CIA-Machwerke - Turon, 16.04.2003, 00:46
- Re: Die amerikanische Nullmoral - Turon, 16.04.2003, 00:44
- Re: Die deutsche Doppelmoral mL - Reikianer, 16.04.2003, 01:00
- Re: Die deutsche Doppelmoral - eine Kleinigkeit zu Friedensverträgen - nereus, 15.04.2003, 22:36
Die deutsche Doppelmoral
-->Die deutsche Doppelmoral
Auf einer Tagung in England wandte sich vor einiger Zeit der Erzbischof von Canterbury an Colin Powell. Er fragte den amerikanischen Außenminister, ob die US-Kriegspläne im Irak nur ein Schritt auf George W. Bushs Weg zu einem weltumspannenden Imperium seien. Inzwischen haben sich die Amerikaner alle möglichen abstrusen Theorien über ihre Motive anhören müssen. Mal heißt es, es gehe ums Ã-l, ein andermal, hinter dem Krieg stecke die jüdische Lobby, dann ist von Plänen zur Schwächung Europas die Rede. Eine weitere Theorie besagt, der Präsident wolle nur die Geschäfte seines Daddys besorgen. Wieder eine andere schiebt alles auf den christlichen Fundamentalisten Bush und seinen Kreuzzug gegen die moslemische Welt. Kürzlich fragte mich ein
Gymnasiallehrer, ob das Pentagon den Irak braucht, um neue Waffen zu testen.
Der Zynismus mancher Kriegsgegner scheint keine Grenzen zu kennen. Zuerst argumentierten sie gegen eine Intervention, weil sie zu gefährlich sei:"Saddam hat Massenvernichtungswaffen!", schrieen sie. Dann behaupteten sie, der Irak sei entwaffnet und alle Massenvernichtungsmittel beseitigt. Bei anderer Gelegenheit lehnten sie den Krieg aus Liebe zu Israel ab:"Saddam würde unsere Freunde angreifen", mahnten sie. Das funktionierte aber nur so lange, bis die Israelis selbst unpassenderweise ein Ende der irakischen Bedrohung forderten. Heute vergießen viele der Friedensbewegten Tränen über die unschuldigen zivilen Opfer im Irak. Es sind die gleichen, die in der Vergangenheit ruhig an ihrem Milchkaffee nippten und in ihren Urlaubskatalogen blätterten, während Saddam ungestraft folterte und mordete. Zahlreiche Deutsche sind von einem neuen Nationalpazifismus verhext worden. Es ist ein berauschendes Gefühl, wenn man Wahrheit und
Gerechtigkeit auf seiner Seite weiß. Die Vernunft weicht dann von selbst zurück.
Denken Sie an die seltsamen Diskussionen, die Bundeskanzler Schröder mitprägte. Sie werden uns bis nach Kriegsende begleiten und die transatlantischen Beziehungen wohl noch eine Zeit lang belasten. Schröder war gegen diesen Krieg, weil der Irak nach seinen Worten"von der UNO umfassend kontrolliert wurde". Selbstverständlich war das nicht annähernd der Fall. Wenn es vor Kriegsbeginn eine Art von Eindämmung des Regimes gab, dann allein dank der 250 000 alliierten Soldaten. Und der Bundeskanzler wusste und weiß das genau. Aber wissen diejenigen, die sich jetzt bei den Vereinten Nationen einschmeicheln, wie es bei der UNO tatsächlich zugeht? Sind sie so zynisch oder einfach nur naiv?
Es ist schon fast komisch, was man dieser Tage über die Unantastbarkeit des Sicherheitsrats und des Völkerrechts zu hören bekommt. Tatsache ist, dass die Experten über die Legitimität des Kriegs gegen Saddam uneins sind. Der deutsche Außenminister höchstpersönlich deutete einmal an, Resolution 1441 biete möglicherweise eine Rechtsgrundlage für den Einsatz militärischer Gewalt. Amerikanische und britische Juristen betonen darüber hinaus, der Irak habe nach dem Golfkrieg von 1991 keinen Friedensvertrag unterzeichnet. Stattdessen sei lediglich eine Waffenruhe in Kraft getreten, die Saddam von Anfang an gebrochen habe. Ihrer Einschätzung zufolge ist der letzte Golfkrieg"rechtlich" damit bis heute nicht beendet. Aber halten wir uns nicht an Details auf. Christian Ströbele von den Grünen will Bush vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag sehen. Blendende Idee. Wenn wir schon einmal dabei sind, sollten wir gleich die französische Staatsspitze, Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Rudolf Scharping mitschicken. Die Deutschen brachen das Völkerrecht im Kosovo, und die Franzosen denken nicht im Traum daran, um UN-Billigung nachzufragen, wenn sie unilateral in Afrika intervenieren. Dennoch marschieren die UN-Moralisten weiter. Nur wohin? Für den Fall, dass es jemand vergessen haben sollte: Die Mitglieder des Sicherheitsrats beginnen ihre Sitzungen nicht, indem sie Händchen haltend"We are the world" singen. Wir leben in einer Welt, in der Libyen den Vorsitzenden der Menschenrechtskommission stellt, um nur ein Beispiel zu nennen. Bei der letzten Zusammenkunft der Kommission wurde Israel nicht weniger als acht Mal verurteilt; China, Saudi-Arabien und Syrien kein einziges Mal. Wir leben in einer Welt, in der 7000 Menschen in Srebrenica dahingemetzelt wurden, während die Führer großer Nationen in Manhattan zu Mittag speisten und es am Ende einfach nicht schafften, sich zu Taten durchzuringen. Und dennoch scheint der Chor derjenigen immer weiter anzuschwellen, die singen:"Die UNO, die UNO hat immer Recht." Immer mehr Amerikaner sehen die Vereinten Nationen als eine Mixtur aus Korruption und endlosen Erklärungen. Andere träumen den Traum einer"Reichen wir uns alle die Hand"-Welt. Und die Deutschen? Eines Tages werden wir sehen, was sie wirklich denken - wenn der Bann gebrochen ist und sie endlich aufwachen.
von Jeff Gedmin
A. d. Amerik. von Daniel Eckert Der Autor ist Leiter des
Aspen-Instituts in Berlin.
http://www.welt.de/data/2003/04/12/70174.html

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