- IG Metall fordert mehr Mitbestimmung - Dieter, 28.04.2003, 20:11
- Re: Muss man dann immer Insolvenz anmelden, um einen Betrieb zu schliessen? (owT) - Luigi, 28.04.2003, 20:47
- IG Metall fordert mehr Mitbestimmung - genau deswegen regt sich keiner mehr auf - Baldur der Ketzer, 28.04.2003, 21:46
- Baldur fragt:Meisterstueck oder Schurkenstueck? Bestimmt ein Schurkenstueck und - Josef, 28.04.2003, 22:06
- hierzu eine angebliche Bilderberger-Liste, links und rechts traut vereint - Baldur der Ketzer, 28.04.2003, 22:45
- oh, da scheint sich ein illustrer Link zu verbergen ;-) - Geheimgesellschaften - Baldur der Ketzer, 28.04.2003, 22:52
- Re: oh, da scheint sich ein illustrer Link zu verbergen ;-) - Geheimgesellschaften - monopoly, 28.04.2003, 23:11
- Geschichte der Geheimgesellschaften - HB, 28.04.2003, 23:31
- Re: oh, da scheint sich ein illustrer Link zu verbergen ;-) - Geheimgesellschaften - monopoly, 28.04.2003, 23:11
- oh, da scheint sich ein illustrer Link zu verbergen ;-) - Geheimgesellschaften - Baldur der Ketzer, 28.04.2003, 22:52
- hierzu eine angebliche Bilderberger-Liste, links und rechts traut vereint - Baldur der Ketzer, 28.04.2003, 22:45
- Baldur fragt:Meisterstueck oder Schurkenstueck? Bestimmt ein Schurkenstueck und - Josef, 28.04.2003, 22:06
Geschichte der Geheimgesellschaften
-->>Geheimgesellschaften hats zu allen Zeiten gegeben
HEINZ GRUNOW
VOM GEHEIMBUND ZUM ORDEN
ERSTES KAPITEL
Die Geheimbünde der Eiszeit-Zauberer
Daß Magie und Zauber die ältesten Ausdrucksformen religiösen Er=
lebens sind und daß Religion und Kunst von der Urzeit der Menschheit
an miteinander in enger Verbindung stehen, hat die Erforschung der Fels=
bilder der Eiszeit bewiesen. Die Magie ist seit altersher Ausübung einer
Religion. Die Menschen jener Zeit, die in Horden dem Wild nachwander=
ten, die weder Ackerbau, Viehzucht und Töpferei noch eine Schrift
kannten — Jäger und Früchtesammler — malten und ritzten nicht nur ihre
Erlebnisse, sondern auch ihre flüchtigen Gedanken, Wünsche und Hoff=
nungen, ihre Träume und ihre Zwiesprache mit dem Ewigen in die blei=
benden Felsen ein. Diese Bilder und Zeichnungen an den Kultplätzen und
Opferstätten der Höhlen sind die „Altarbilder" der Vorgeschichte. Die
Heiligkeit des Ortes hat sich mancherorts von der Eiszeit bis heute er=
halten. Noch heute gibt es eiszeitliche Kultstätten, an denen geopfert
wird. Der Wallfahrtsort Lourdes ist eine frühe kultische Höhle der Eiszeit.
Als Herbert Kühn, dem wir den Nachweis für den religiösen Urgrund
der Felsbilder verdanken, im Jahre 1923 die Felsbilder der Valltorta=
Schlucht sehen wollte und sich von den Einwohnern des Ortes Albocacer
einen Führer erbat, wollten sie ihm diesen nicht stellen, weil sie glaubten,
daß die Dämonen in jener Schlucht hausten, daß es dort spuke und daß
noch die Geister zwischen den Felsen schwebten. In den russischen Fels=
bildern am Onega=See haben christliche Mönche Kreuze über die Bilder
gemalt, um ihnen die dämonische Kraft zu nehmen und die Geister zu
bannen.
Wir können heute aus den Felsbildern der Eiszeit die Geschichte der
Kunst, der Wirtschaft, der Besiedelung, der Kultur und der Religion ab=
lesen.
Was die Religion anlangt, so ist die Vorstellung von einem Gott schon
in der Eiszeit voll ausgebildet. Wir sehen sie in den Höhlentempeln am
deutlichsten. Die schwer zugängliche Höhle mit ihrem Dunkel und ihrer
unheimlichen Atmosphäre ist der Ort des Abgesondertseins, die Behau=
sung der Dämonen und wilden Tiere, die die Menschen meiden. Die Höhle
ist der Ausgang des Lebens, der Mutterschoß, das Verborgene, das Un=
bekannte.
In dem letzten großen Saal der Höhle Trois Frères tanzt über den fünf=
hundert Tierbildern der Wand der große Zauberer, dessen Kopf mit der
Maske eines Hirsches geschmückt ist, dessen Hände Bärenpfoten haben
und der einen Pferdeschwanz trägt. Der eiszeitliche Zauberer tanzt nackt
und trägt Tiermasken von Löwen, Hirschen oder Bisons, hat Tierpfoten
und einen Schwanz. Ist er bekleidet, so ist die Bekleidung den Tieren
angepaßt, die es zu bezaubern gilt.
In der im Jahre 1940 entdeckten Höhle von Lascaux in der Dordogne
befindet sich ein rätselvolles Bild, das einen von einem Speer durchbohrten
toten Bison darstellt. Daneben befinden sich ein umfallender Mensch mit
einer Vogelmaske und ein Vogel auf einer Stange. Wenn auch die Lösung
dieser geheimnisvollen Darstellung nicht gesichert ist, so liegt die Ver=
mutung nahe, daß hier eine chamanistische Beschwörungsszene dargestellt
ist. Der Zauberer erlebt im Trancezustand die Tötung des Tieres. „Der
Vogel auf der Stange könnte die Verkörperung der geistigen Wandlung
des Zauberers in seinem Trancezustand bedeuten" (Kühn). Sibirische
Völker kennen noch heute chamanistische Vorgänge. Vor Beginn der Jagd
läßt sich der Zauberer in Trance sinken. Sein Symbol ist der Vogel.
Die Zauberbilder durften nur die Eingeweihten sehen. Das Gespräch mit
dem Heiligen ist geheimnisvoll, wie später bei den griechischen Mysterien.
Sie sind der Religion wegen geschaffen worden und sind heilige Bilder, in
denen wundertätige Kräfte liegen, die auf das Abgebildete zurückwirken.
Zeichnet der Mensch einen Pfeil in das Tierbild ein oder bespricht er das
Bild zauberisch, dann tötet er damit zugleich das Tier.
Die Felsbilder wurden von Schulen des Zauberers hergestellt. Das Ge=
heimnis seiner Kunst gab der Zauberer nur an seine Schüler weiter.
In der Nacheiszeit tritt ein Wandel in soweit ein, als das naturhaft
Malerische in der Kunst der Stilisierung und der Abstraktion weicht und
daß der Mensch zum Erlebnis seiner selbst erwacht. Er tritt in das Zen=
trum der Welt, und seine Gedanken schweifen zum Jenseits. Er wandert
aus der Höhle in die hölzernen Hütten unter freiem Himmel, bebaut den
Acker um sich, blickt zu den Sternen und Wolken auf und wendet sich in
seinen Gedanken höheren Gewalten zu, die über ihm stehen und die er
nicht zu beeinflussen vermag. Aber er will diese überirdischen Kräfte
bändigen und leiten. „So entsteht das Opfer der Feldfrüchte, das Gebet,
die heilige Handlung, das Sakrament" (Kühn).
Auch die nacheiszeitlichen Bilder ostspanischer Höhlen lassen deutlich
erkennen, daß sie neben dem Bericht für Magie und Zauber geschaffen
worden sind. Hier finden wir Zauberbilder für die Tötung von Menschen.
Der Zauber erstreckt sich vorwiegend auf den Jäger. Das Jagdglück soll
gebannt werden.
Die Nacheiszeit geht somit über die Nur=Magie hinaus. In der stilisier=
ten Kunst erfaßt der Mensch sich selbst als Geist, als innerlich wirkende
Kraft, als Seele.
Selbst in der Endphase der ostspanischen Kunst, die in die Stilisierung
hineinführt, ruhen die Bilder in der Sphäre des Religiösen. Von Asien
strömen um den Beginn des 2. Jahrtausends neue Gedanken ein: der
Glaube an Geister. Der Mensch in seiner Angst macht sie zu Gegen=
ständen, die außer ihm sind. „Die Kraft, die um ihn ist und für die er
keine Erklärung hat, wird zu einer geistigen Potenz, wird zum Geist"
(Kühn).
In der Cueva de los Letreros bei Vêlez Blanco treffen wir auf eine
Geisterfigur, die Beziehung zu den Gestirnen hat. Aus ihrem Kopf wach=
sen zwei mächtige Hörner. Eines davon läuft in ein Blatt aus. Die Hände,
von denen eine gesenkt, die andere erhoben ist, halten Halbmonde. Über
der Gestalt sind Sonne und Halbmonde gezeichnet.
„Die Kunst blickt hinein in den Raum des Übersinnlichen, Übermensch=
liehen und Jenseitigen, sie faßt das Ewige und löst es hinaus aus der ver=
wirrenden Vielfalt der Gestalt und Erscheinungen" (Kühn).
In den Westen Europas strömen die Einflüsse des Vorderen Orients: der
Glaube an ein Fortleben nach dem Tode, die Sitte der Ganggräber und der
Kult der großen Muttergottheit. Als Symbol treffen wir die Spirale
(Fruchtbarkeitssymbol), die Axt, das Radzeichen (Viergliederung der Welt).
In den nacheiszeitlichen Bildern Skandinaviens bleibt trotz des begin=
nenden Ackerbaus das Jägermotiv bis zur Bronzezeit erhalten. Auch hier
wird das Wild durch die Darstellung bezaubert. Das Hauptmotiv der
skandinavischen Kunst ist das des Tötungszaubers, daneben das des
Fruchtbarkeitszaubers. Im Vordergrund dieser Kunst stehen Schiffe,
Geister und Götterfiguren. Die Götter tragen meist Tierköpfe und halten
ihre Symbole in den Händen (Rad, Ring, Hammer, Speer, Pfeil und
Bogen). Offenbar ist den Bildern geopfert worden. Fußspuren der Götter
finden sich in großer Zahl. Diese Felsbildkunst hat sich bis heute noch bei
den Lappen erhalten. Lebendig ist die Tatsache, daß die Zauberer die
Bilder malen, um das Jagdglück zu beschwören, und daß die Gehilfen des
Zauberers einem Geheimbund angehören.
Vom 3. Jahrtausend an beginnt nach der Epoche des Jagd= und Analogie=
zaubers eine neue Epoche, die des Mythos. „Die Menschen dieser Zeit ent=
wickeln Vorstellungen von geheimnisvollen, übermächtigen Kräften einer
bis in die kleinsten Teile belebten und beseelten Natur, sowie den Glau=
ben an das Fortleben nach dem Tode und an das Wirken der toten
Geister" (Kühn). Die Welt zwischen Himmel und Hölle ist belebt von
Wichten, Heinzelmännchen, Zwergen, Feen, Kobolden, Gespenstern, vom
Erlkönig, Frau Holle und der wilden Jagd. Aber diese Geister kann man
beschwören, wenn man die Mittel kennt. Die Darstellung der Geister ist
entstanden aus dem Eiszeitbild des Zauberers und entwickelt sich weiter
zur Darstellung der Götter: Tyr, Wotan, Thor, Ull, Perun.
Die Felsbilder Italiens hoch in den Bergen der Alpen mit ihren Dar=
Stellungen der Jagd, des Ackerlebens und des Krieges lassen ebenfalls nur
den Schluß zu, daß sie einem Kult, einer Gottheit dienen. Auf den Höhen
der Berge ist man den Geistern näher. „Hier ist man mehr verbunden den
unbekannten und unheimlichen Kräften, die das Schicksal des Menschen
lenken und führen" (Kühn). Auch hier treffen wir Darstellungen von
Zeichen für Gestirne, Fußsohlen, die die Anwesenheit der Götter kenn=
zeichnen, auf Geisterfiguren und Maskengebilden.
Die Gravierungen in den Hünengräbern der Bretagne lassen ebenfalls
nur den Schluß zu, daß diese Gräber Opferstätten für die Ahnen und
Geister waren. Dieser Kult war so lebendig, daß sich mehrere Konzile
damit beschäftigen mußten. Karl der Große verlangte die Zerstörung der
heidnischen Bilder. Neben den Zeichen für Sonne und Mond, des großen
Rades und der Spirale finden wir die Axt sehr verbreitet. Sie war ein hei=
liges Gerät, ein Symbol der Macht. Bis in die Zeit des Christentums bleibt
sie heilig und dient als Abwehrmittel gegen die gefährlichen Einflüsse
dämonischer Wesen.
Die Felsbilder Irlands stellen eine Fortsetzung der Ganggräber der Bre=
tagne dar. Motive und Zeichen gleichen sich. „Alle die menschlichen
Zeichen und die Symbole, die in Spanien und die in Frankreich vor=
kommen, leben auch hier in Irland, und hier und wie dort ruhen sie alle
auf dem Gedanken der Religion" (Kühn).
In Deutschland sind bisher nur fünf gravierte Ganggräber gefunden
worden. In den drei menschlichen Gestalten des Steins von Anderlingen
glaubt man, die drei Götter der Germanen deuten zu können. In der
Mitte mit der Axt Donar.
*
Magie und Zauber stehen am Beginn der Menschheitsgeschichte. Die
alles bezaubernde Macht geht vom Zauberer aus. Ihm stehen Schüler zur
Seite, die seine Macht und seine Kunst weitertragen, Schüler, die sich mit
ihm in einem Geheimbund zusammengeschlossen haben.
So sind die ersten Geheimbünde der Eiszeit religiöse Vereinigungen von
Männern. Sie schützen die Erde vor Dämonen und tragen ihr Geheimnis
zum Segen der Menschen über die Jahrtausende. Ihre Macht im Kampf
gegen die Geister und Dämonen dient dem Wohle der Menschheit. Sie
mißbrauchen sie nicht gegen ihre Mitmenschen. Denn der Urgrund ihrer
Macht ist die Religion.
ZWEITES KAPITEL
Die geheimen Priesterorden Ägyptens
Um das Wirken der geheimen Priesterorden der „schwarzen Erde" ver=
stehen zu können, muß man sich in das größte Mysterium Ägyptens
hineinfühlen: in den Nil, in diesen Strom, der im steten Wandel das
ganze Land mit dem Mutterboden düngt, den die Monsunregen herüber
bringen. Wie der Strom steigt, wie der Regen fällt, wie der Wind weht —
Leben und Sterben der Menschen dieses Landes schwingen mit in diesem
Rhythmus.
Priester, Ackerbauer, Hirten, Handwerker, Kaufleute und Krieger — das
sind die vielen Kasten, die von dem „Geschenk des Nil" leben. Und so
vielgestaltig die Aufgaben der Menschen sind, so ist auch die Zahl der
Götter unbeschränkt. Neben den Nationalgöttern thronen die vielen Orts=
götter, die die Städte und Ansiedlungen beschirmen und zu denen die
Menschen gläubig aufsehen.
Die naturgebundene Vielgestaltigkeit der Kasten und Götter spiegelt
sich auch in den kultischen Handlungen, in den Ritualen, den Symbolen
und in den Künsten. Zwischen Leben und Tod schwingt das Erdendasein
dahin, und der Mensch sieht seine Aufgabe darin, die Kräfte des Lebens
zu stärken und die Mächte des Todes zu schwächen. Er blickt sehnsuchts=
voll zur lebenspendenden Sonne empor. So nimmt es nicht wunder, daß
Re, der Sonnengott von Heliopolis, der in einer goldenen Barke über den
Himmel zieht und gegen die Wolkenschlange Apophis ankämpft, lange
Zeit Hauptgott des ganzen Nillandes ist. Sein Thron ist die Sonne, und zu
ihr ziehen die reinen Seelen der Toten. In seinem Tempel erscheint alle
fünfhundert Jahre der Vogel Phönix, läßt sich auf dem wohlduftenden
Scheiterhaufen verbrennen, um verjüngt aus der Asche aufzuerstehen und
in seine Heimat zu fliegen.
Unter der Vielzahl der Götter, Halbgötter und himmlischen Wesen — die
Astrologen hatten jeder Stunde des Tages einen Schutzgott zugeteilt! —
nehmen Osiris, „der Herr des Lebens" und Geist des Segens, seine Ge=
mahlin und Schwester Isis und sein Sohn Horus eine bevorzugte Stellung
ein. Ihr Ruhm dehnt sich später bis auf das ganze Mittelmeergebiet aus.
Der Mythos um diese Dreieinigkeit, um den Tod des Osiris durch den
feindlichen Bruder Typhon und um die Rache des Horus ist bekannt. Er
ist ein wunderbares Zeugnis von der Symbolkraft des Glaubens.
Daneben spielt die Tiersymbolik eine bedeutende Rolle. Einige Tiere,
wie Stiere, Sperber, Schlangen, Katzen, Widder, galten als göttliche Wesen.
Götter werden als Tiere oder mit Tierköpfen dargestellt: der Sonnengott
als Käfer, die Himmelsgöttin als Kuh, der Totengott mit dem Kopf eines
Schakals. Schließlich wurde der Pharao zum wahren Gott und wahren
Menschen zugleich. Die Ausgrabungen der letzten Zeit und die Deutung
der Hieroglyphen, Pyramiden= und Sargtexte, die Entschlüsselung der
Weisheits= und Totenbücher haben Ergebnisse gezeitigt, die uns einen
tiefen Blick in das Reich der überirdischen Mächte und in die Vielzahl ihrer
Erscheinungen tun lassen.
Dieses Reich war den Priestern zugewiesen. Sie wachten nicht nur über
die Ausübung des Kultes, über die Einhaltung des Rituals und der Opfer=
gebrauche, sondern waren auch für Wissenschaft, Kunst, Medizin, Ge=
setzgebung und Rechtsprechung verantwortlich. Sie bildeten eine Hierar=
chie, einen Orden, dem nur Eingeweihte angehören durften. Nach müh=
samen Studien, Entbehrungen und Kasteiungen wurde der Suchende in
den Bund aufgenommen. Diese um den Hohen Priester gescharten Jüng=
linge bildeten eine abgesonderte priesterliche Gemeinschaft, die sich um
den Haupttempel in der Nähe des Göttersitzes ansiedelte. Der Eingeweihte
stieg stufen= und gradweise in den Orden auf. „Der Suchende mußte sich
einem weitläufigen Zeremoniell unterwerfen, wurde unaufhörlich durch
sinnreiche Symbole zum Nachdenken angeregt, bis er endlich in den
letzten Grad eingeführt wurde und damit die höchste Stufe der Weisheit
erklommen hatte"*.
Mit dem Schwinden von Magie und Zauber wuchs der Einfluß der Prie=
ster. Die großartigen Tempelhallen in den Städten Ägyptens, die in das
Allerheiligste des Gottes führten, sind ein Zeugnis einflußreicher Herr=
schaft. Diese Herrschaft gedieh dem Land zum Segen, denn diese Priester=
Orden sahen eine ihrer Auf gaben darin, junge Menschen zu einem reineren
Leben zu führen. Die Erziehung zu einem charaktervollen, dienenden Men=
sehen, das Leben im hohen Dienste für das Land und nicht zuletzt die
Überwindung der Vielzahl von Gottheiten durch eine Ordnung, die schließ=
lieh die Tendenz zu einem göttlichen Wesen aufwies, sind Zeugnisse für
den heiligen Ernst priesterlichen Strebens und Wirkens. So verschieden
artig auch die Priesterschulen und Orden in den einzelnen Städten Ägyp=
tens arbeiteten, allen war ein Zug gemeinsam: Ordnung zu schaffen in der
verwirrenden Vielzahl der Gottheiten und den Blick der suchenden Men=
sehen auf das eine Göttliche zu lenken.
Im Vollzug dieser Entwicklung ist der Versuch des Königs Echnaton
(1372—1355 v. Chr.) von Bedeutung, als alleinigen Gott Aton, die Sonnen=
scheibe, anzuerkennen. Er besingt ihn:
„Wie zahlreich sind doch deine Werke. Sie sind verborgen dem Gesichte
der Menschen, du einziger Gott, außer dem es keinen anderen gibt."
Für Echnaton ist Aton der Schöpfer der Erde, des Menschen und des
Getiers. Seine radikalen Reformen überlebten seine kurze Regierungszeit
nicht. Tut=anch=Amun führte den Kult des Amon von Theben wieder ein.
Aber noch heute weisen die Tempel auf die fruchtbare Arbeit der ge=
heimen Priesterorden hin. Die Obeliske, Kultsymbole des Sonnengottes,
die Pyramiden, Grabmäler der Könige, und die Sphinxe, Symbole für die
übersinnliche Macht des Herrschers und Wächter des Grabes, erinnern uns
an die machtvollen Taten religiöser Bekenntnisse.
Die Macht der Priester reichte bis in die Unsterblichkeit hinüber. Wenn
auch die Vorstellungen über das Jenseits durch vielerlei Lehren getrübt
sind und die Magie hierbei keine unwesentliche Rolle spielt, so war die
Unsterblichkeit abhängig von den Zeremonien der Priester.
Wie stark das Streben nach Wahrheit und das Streben nach Ordnung
bei den Ägyptern noch in der „Unterwelt" war, zeigt eine Vorstellung
vom Leben nach dem Tode. Danach geht der Tote in die Unterwelt des
Osiris ein, um sich vor einem Totengericht zu verantworten. Die Göttin
der Wahrheit, Ma'at, führt ihn herein vor den Thron des Osiris. Das Herz
des Toten wird dann von Horus und Anubis gegen die Wahrheit und Ord=
nung gewogen. Der Tote legt dann vor 42 Richtern das Bekenntnis ab, daß
er nichts Schlechtes getan habe. Entspricht sein Bekenntnis der Wahrheit,
wird er zur Seligkeit zugelassen.
Das Streben nach Wahrhaftigkeit gehört auch bei den neuzeitlichen
Orden, wie zum Beispiel bei den Odd Fellows, zu einem Grundprinzip
der Ethik.
DRITTES KAPITEL
Der babylonisch-assyrische Priesterorden
und der Orden der Iranier
Wie der Nil das Leben, Denken und Fühlen der Ägypter bestimmt, so
beherrscht die Völker des „Stromlandes der Mitte" das Mysterium der
Flüsse Euphrat und Tigris. Über dem Weltlauf wacht der geheimnisvolle
Wille der Götter.
Erst die Entzifferung der Keilschrift und die Ergebnisse der Ausgrabun=
gen im 19. Jahrhundert haben uns die Erkenntnisse vermittelt, die die An=
deutungen der Bibel und die Werke der antiken Historiker so ergänzen,
daß wir uns heute ein vollständiges Bild von der Geschichte, der Kultur
und dem Walten übernatürlicher Mächte machen können.
Danach war das älteste Kulturvolk des Zweistromlandes das der Su=
merer. Es begründete nicht nur die babylonische Kultur, sondern schuf die
höchste Kulturleistung zugleich: die Keilschrift. Hier entstehen die mäch=
tigen Tempel des Priesterfürsten Likbagas von Ur für den Gott des Him=
meislichtes Sin. Die vielen sumerischen Stadtstaaten eint der große Harn=
murapi. Er macht Babylon zur Hauptstadt seines Reiches.
Als nach seinem Tode die Hethiter und Kassiten das Reich erobern,
zerbricht das nicht, was Hammurapi geschaffen hat. Es dauert weiter, als
auch die Assyrer die Vorherrschaft antreten und Assur zum Mittelpunkt
des Reiches machen. Es wirkt fort, wenn auch Assyrien den Babyloniern
und Medern zum Opfer fällt.
Wenn auch die weltliche Macht wechselt: der Götterglaube ist so stark
verwurzelt, daß keine Macht ihn ausrotten kann. In drei Reichen leben
diese Götter: in dem Reich des Wassers, dem der Erde und dem des Hirn=
mels. Himmel und Erde sind wiederum dreigeteilt. Die Zahl der Götter ist
fast unbegrenzt. Jeder Ort hat neben den Hauptgöttern seinen Lokalgott.
Zu den obersten Göttern gehören die Triade Anu, der Gott des Himmels
mit dem Tempelsitz in Uruk, Enlil, der Herr des Windes in Nippur, und
Ea, der Herr der Tiefe mit dem Heiligtum in Eridu.
Neben den Tempeln stehen die hohen Stufentürme, die Erde und Him=
mel verbinden. Auf ihnen schreitet die Gottheit herab und hinauf.
Mittler zwischen der Gottheit und den Menschen ist der Priester. Das
höchste Priesteramt lag ursprünglich in den Händen des Königs. Er ist der
Stellvertreter der Gottheit auf Erden.
Der Orden der Priester kennt dreißig Rangstufen. Die stufenweise Aus=
Bildung der Priester unterliegt einem strengen Ritual und einem harten
Dienst. So mühevoll wie der Weg dieses Priesterordens war — von den
primitiven Geisterbeschwörungen bis zu dem Kodex der kanonischen
Bücher —, so mühevoll ist der Weg durch die Hierarchie des Ordens selbst.
Er wird durch Priesterschulen gekrönt, die in selbstgewählter Klausur dem
Volke dienen.
Diese Priester standen den guten und bösen Göttern im Dienste und
Kampfe gegenüber. Der Mensch jener Zeit glaubte ja noch, die bösen
Götter durch Beschwörungen und Verwünschungen, durch die Macht seiner
eigenen geheimen Kräfte, zwingen zu können. Mit dem Symbol seiner
Macht, dem Zauberstab, bannte er die Dämonen und heilte die Menschen,
in denen sie hausten. Mit seiner Zauberformel beschwor der Priester die
geheimen Mächte. Der Talisman war die „Grenzwehr", die die Götter
nicht überschritten, der „Grenzstein Himmels und der Erden, unverrück=
bar, dessen Tiefe kein Gott erforscht, Riegel, der das Böse abhält".
Und ihre Beschwörungen endeten mit der Anrufung des Guten: „Guter
Gott, nahe mit dem Geist der Erde! Anrufung des Gottes, des starken, des
starken, des starken: So sei es!"
*
Die Zeugnisse über die religiösen Orden der alten Iranier sind bis zum
Erscheinen des großen Reformators Zarathustra sehr spärlich. Der frühe
Einfluß der eroberungslüsternen Assyrer und Babylonier hat außerdem
zu einer Nivellierung des ursprünglichen Kults geführt. Heftige Kriege
zerstörten die Tempel der Ureinwohner und zwangen ihnen die Gebräuche
der Eroberer auf. Selbst die kriegerische Adelsdynastie um 1000 v. Chr.,
die ganz Ostiran beherrschte, erlag schließlich der Übermacht der Skythen.
Noch heute sind die Klagelieder Jeremias' nicht verstummt. Am Ende dieser
Unterwerfung steht das Weltreich der Perser unter Kyros.
Und doch wissen wir, daß die Iranier die fruchtbringende Sonne und
ihren irdischen Abglanz, das Feuer, verehrten. Symbolhaft leuchtete ihnen
in der lodernden Flamme und im Rauch der Flug der Seele zum ewigen
Lichte. Die Flamme war zugleich Symbol der sittlichen Reinheit und Ur=
quell alles Guten. Sie loderte nicht auf den Altären dunkler Tempel: ihr
Feuer flammte auf den Bergen und an den Strömen, und aus ihr sprach die
Stimme der Gottheit.
Die gefürchteten Dämonen brausten aus dem kalten Norden in dörren=
den Winden und erstarrenden Stürmen herein. Im Kampfe zwischen dem
Licht und der Finsternis spürte der Iraner den Kampf zwischen Gut und
Böse in sich. Gute und böse Geister hausen im Menschen selbst, und der
Mensch muß das Gute stärken, um das Böse zu überwinden.
Zarathustra ist der große Ordner. Er pflanzt die Cypresse, diesen immer=
grünen Baum, als Symbol der Unsterblichkeit, der Versöhnung und des
Friedens.
In den heiligen Schriften heißt es: „Als den Heiligen erkannte ich dich,
Weiser Herr Ahura Mazda, als ich dich bei der Erschaffung des Lebens
geschaut habe, daß du die Werke und Worte belohnt machen wirst —
Böses dem Bösen und gutes Los dem Guten — durch deinen Edelsinn am
letzten Wendepunkt der Schöpfung.“'
Das Avesta enthält im Ritualbuch Yasna das Zeugnis vom guten und
dem bösen Gott: „Und im Anbeginn waren diese beiden Geister, die
Zwillinge, die nach ihrem eigenen Worte das Gute und das Böse im
Denken, Reden und Tun heißen."
Dieser anfängliche Dualismus geht in einen Monotheismus über.
Die Macht der Priester ist unbegrenzt und unbestritten. Das Priester=
amt ist erblich. Die Priester haben die heilige Pflicht, den Menschen in
seiner rechten Wahl zu helfen und mit Ahura Mazda gegen die Dämonen
zu kämpfen. Wahrhaftigkeit, Treue, Friedfertigkeit, Wohltätigkeit, Gerech=
tigkeit und Reinheit sind die Haupttugenden, die den Menschen, der sie
übt, ins Paradies geleiten. Und die Priester sorgen dafür, daß die Menschen
diese Tugenden üben und so zu guten, edlen Menschen werden. Diese
Aufgaben der Priesterschulen fanden später ihren Niederschlag in den
strengen Riten zur Reinhaltung des Körpers und der Seele.
Das strenge Ritual spiegelte sich auch in dem zuchtvollen Dienst der
Zöglinge. Die Unterweisung in den geheimen, dem Volke unbekannten
Wissenschaften, die Verrichtung des Gottesdienstes, das Erlernen der
Schreibkunst und der heiligen Schriften forderten Konzentration und
Selbstzucht.
Die Mitglieder des Priesterordens waren durch Abzeichen zu erkennen.
Sie trugen den Schlangenstab und die Opferschale. Der untere Teil des
Gesichts war durch ein Tuch verhüllt, damit der Atem nicht das heilige
Feuer verunreinige.
VIERTES KAPITEL
Die Priesterkaste der Brahmanen
Das heutige Indien verdankt seine hohe Kultur der Urbevölkerung des
Landes und den im 2. Jahrtausend v. Chr. eingewanderten arischen Volks=
stammen.
Erst die Ausgrabungen in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts
haben die Vorstellungen über Kultur und Religion der Ureinwohner vor
der Einwanderung der Arier dahin korrigiert, daß nicht erst diese, wie man
bisher meinte, als Kulturbringer anzusehen seien. Großartige Bauten,
formvollendete Plastiken und gute Handwerkzeuge, die bei den Aus=
grabungen in der Landschaft Sindh und im Panjáb gefunden wurden,
zeugen von einem hohen Stand des Städtebaues, der Kunst und des Kunst=
handwerks. Wenn wir auch bis heute nichts Näheres über die Schöpfer
dieser hohen Induskultur wissen, so erkennen wir doch aus den auf uns
überkommenen Fragmenten, daß sie Gottheiten beiderlei Geschlechts,
heilige Tiere und Pflanzen verehrten und daß sie als heiliges Symbol das
Hakenkreuz kannten.
Demgegenüber sind unsere Kenntnisse über Kultur und Religion der
Arier reichhaltiger, weil sie ihre Götterlieder und Opfersprüche in heiligen
Schriften (Veda) später niedergelegt haben. Die frühen Hymnen des
Rigveda besingen vornehmlich Natur=Gottheiten (Sonne, Mond, Himmel,
Erde und das Feuer), von denen der Gott Indra, der wie ein Rad die
Speichen das All umfängt, der König der Götter war. Daneben erscheinen
die Gottheiten Mitra, ein Sonnengott, und Varuna, ein Gott, der in vieler=
lei Gestalt verehrt wurde. Beide Götter aber sind zugleich die Urheber
und Hüter der ewigen Weltordnung.
Wenn auch Vorstellungen über das Jenseits und über eine Seelenwande=
rung in früher Zeit noch nicht nachweisbar sind, so glaubte man im allge=
meinen, daß der Verstorbene in der Nähe seines letzten Wohnsitzes um=
gehe und daß man ihn ernähren müsse, auch daß man ihn durch magische
Riten aus der Unterwelt erlösen könne, damit sein Geist zu den Göttern
im Himmel emporsteigen könne.
Mit dem weiteren Vordringen der Arier, etwa 1000 Jahre v. Chr., bildete
sich ein Kastenwesen aus, das zu einer strengen Scheidung der Arier von
der Urbevölkerung führte. Die ganze Macht ging bald in die Hände der
Priesterkaste der Brahmanen über. Ihre Mitglieder machten sich zu
„Göttern in der Menschenwelt". Sie waren die alleinigen Hüter und Voll=
Strecker des Rituals. In den an den alten Opfertexten angehängten Geheim=
lehren machte sich bald eine Philosophie breit, die in dem Einzelwesen
ein Teil des Allwesens erblickt. Ein Seelenwanderungsgedanke schleicht
sich ein: der Tote wird nach seinen guten oder bösen Taten hier oder im
Jenseits als Tier, Mensch, Gott oder anders wiedergeboren.
Wenn man bedenkt, daß die Arier einst ein jugendfrisches, kriegerisches
Volk waren, das die Freuden des Lebens mit all ihren sinnlichen Genüssen
liebte und mit kindlicher Unbekümmertheit die letzte Frage des Lebens
dahin beantwortete, daß es nur ein sonnenhelles Paradies — und keine
Hölle! — gebe, so wird man den verderblichen Einfluß der Brahmanen
richtig einschätzen. Einst behütete das freundliche Feuer den Herd und die
Familie. Der Mensch fühlte sich als ein Glied in der Kette der Natur=
wesen, opferte den Göttern aus einem Gefühl guter Nachbarschaft und
sah sich nun verworfen und bestraft, Qualen ausgesetzt und geängstigt.
Die Brahmanen lebten in strenger Abgeschiedenheit. Sie erschienen in
der Ã-ffentlichkeit mit einer heiligen Schnur umgürtet, den Bambusstab
und das Reinigungsgefäß in den Händen. Ihre komplizierte Philosophie
vom Übergange und vom Jammertal, ihre ausgeklügelten Systeme und
Riten und ihre Mysterienbünde führten dazu, daß sie nur begabte Söhne
von Priestern unter sich duldeten. Fünfzehn bis zwanzig Jahre dauerte die
Unterweisung der Brahmanen, und am Ende dieses beschwerlichen Weges
zur Selbsterkenntnis und zur Erkenntnis der Wahrheit und des höchsten
Selbst stand die Unterweisung in der Lehre des Uspanishad, dem „Tief=
sinnigsten und Geheimnisvollsten, was brahmanische Spekulation und
Weisheit hervorgebracht haben".
Diese Mysterienbünde gaben sich aber nicht nur der philosophischen
Spekulation hin. Sie waren zugleich die Bewahrer des Wissens, die Ge=
lehrten des Volkes, die Rhetoriker, Astronomen und Mediziner. Alle Be=
zirke der Wissenschaft waren Gegenstand der Ausbildung. Diese Ver=
dienste sind unbestritten, wie ihr Verdienst, die Ziffern erfunden zu
haben, mit denen wir heute noch rechnen.
Und aus einem indischen Bettlerorden, der sich ausschließlich der Er=
forschung der höchsten Wahrheit (Nirvana) geweiht hatte, ist schließlich
die Lehre Buddhas hervorgegangen.
FÜNFTES KAPITEL
Die hellenischen Mysterien und
der Orden des Pythagoras
Dank Homer und den Dichtern bis auf unsere Zeit! Die GötterGriechen=
lands sind uns noch immer vertraut. Sie leben noch unter uns, wenn auch
ihre Tempel zerstört sind. Selten sind Mythen so stark in das Gedächtnis
der Völker der Erde eingedrungen wie diese, die sich um Delphi, den
Parthenon und die Akropolis ranken. Nur die große Toleranz der Hellenen
hat es vermocht, ihren Göttern Heimat zu geben bis in alle Zukunft. Ob=
wohl das alte Hellas keine Staatskirche und kein Dogma kannte, obwohl
es überall Lokalkulte unter Staatsaufsicht duldete, sind uns diese Götter
geblieben. Und wir sehen ehrfurchtsvoll zu ihnen auf.
Den Priestern waren hohe Ämter und Aufgaben übertragen. Sie dienten
den Göttern in Wäldern und Bergen, unter freiem Himmel und in dunk=
len Höhlen, wo immer die Götter ihren Wohnsitz auf Erden genommen
hatten. Erst viel später errichteten sie ihnen Tempel und stellten ihre
Bilder auf. Weihgeschenke und Opfergaben legten sie nieder und deuteten
die Zukunft aus Träumen, aus dem Zug der Vögel und aus den Orakel=
Sprüchen zu Delphi. Ein freundlicher Umgang mit den Göttern führte zu den
großen Kulturleistungen und zu jener tiefen Ethik, die wir heute noch be=
wundern. Nicht Angst, nicht Askese, sondern das Streben nach Harmonie, die
Freude am Schönen und Edlen, die Hingabe an die Kunst — das bestimmte
das Leben der Hellenen. Freundschaft zu üben, dem Bedrängten zu helfen,
den Nächsten zu lieben, das waren Tugenden, die den Menschen ver=
edelten.
So nimmt es nicht wunder, daß sich überall unter dem Himmel Griechen=
lands Mysterienkulte bildeten, die sich mit heiligem Eifer dem Dienste
widmeten.
Der Mythus vom Raub der Persephone, die Suche der Demeter nach der
verlorenen Tochter und ihre Rückkehr aus dem Schattenreich war der Aus=
gangspunkt für den ältesten, weit verbreiteten Geheimkult zu Eleusis bei
Athen. Die eleusinischen Mysterien standen nicht im Gegensatz zur herr=
sehenden Volksreligion, sondern waren eine vom Staat geduldete und über=
wachte Ergänzung. An der Spitze stand ein Oberpriester, dem ein Kolle=
gium zur Seite stand. Der Fackelträger, der Herold, der Opferpriester und
eine Vielzahl von Ministranten, Sängern und Musikern waren im Dienste der
Mysterien tätig.
Zugelassen zu den Mysterien wurde nur der, der von einem Eingeweih=
ten empfohlen wurde und die Aufnahmeprüfung bestanden hatte.
Mit zwei großen Festen traten die Mysterien an die Ã-ffentlichkeit,
einem Frühlings= und einem Herbstfest, beim Erwachen der Natur und
nach der Ernte. Die kleinen Februar=Mysterien dienten dabei lediglich der
Vorbereitung der großen geheimen Hauptmysterien, an denen nur die Ein=
geweihten teilnehmen durften. Geschmückt mit bunten Bändern und
Myrten zogen die Mysten am 20. September auf der heiligen Straße von
Athen nach Eleusis, wo das Fest seinen Höhepunkt fand. Sammlung und
Zerstreuung brachte dieser Tag, Fröhlichkeit, Ausgelassenheit und strengen
Tempeldienst. Bei Anbruch der Nacht wurde der heilige Trunk gereicht.
Die Hauptfeier fand dann in den abgeschlossenen Räumen des Tempels
statt. „Heimliche Dämmerung, ein von wundersamen Lichtströmen durch=
kreuztes Halbdunkel von geheimnisvoller Wirkung umfing sie, und feier=
liehe Stille herrschte im ganzen Heiligtum. Der nach dem Geheimnisvollen
dürstende Sinn fühlte sich beunruhigt durch die Fülle magischer, mystischer,
nie gesehener Zeichen, Figuren und Gestalten. Im Vordergrund standen
die Priester in ihrem bedeutungsvollen Schmuck, aus dem Hintergrunde
ertönten die rhythmischen Chöre der Sänger und Musiker. Den Schluß der
Mysterienfeier bildete ein Ritus von symbolischer Bedeutung: Zwei
tönerne Gefäße von kreiseiförmiger Gestalt wurden mit einer, uns un=
bekannten Flüssigkeit, das eine in der Richtung nach Morgen, das andere
nach Westen unter Hersagen mystischer Formeln ausgegossen" (Schuster).
Über die Bedeutung dieser Mysterien sagt Plutarch durch den Mund des
Sophokles: „O dreimal selig jene Sterblichen, welche diese Weihen ge=
schaut haben, wenn sie zum Hades hinabsteigen. Für sie allein ist Leben in
der Unterwelt, für die ändern eitel Not und Drangsal."
Von den vielen anderen Mysterien seien nur noch die Dionysien er=
wähnt, weil sie im besonderen Maße die Feier der überschwenglichen, oft
ausschweifenden Lebensfreude begingen. Niemals zuvor und niemals da=
nach ist der blühende Frühling schwärmerischer begrüßt und ist die Elegie
des welkenden Herbstes inniger besungen worden, wie hier bei den
Hellenen. Das Frühlings=Trinkfest der Anthesterien, ein Zechgelage zur
Feier der Auferstehung der Persephone; die großen Dionysien im März
zur Feier des Frühlingsgottes mit prunkvollen Aufzügen, jubelnden
Chören und weinbekränzten Tänzern; die Mänadenfeste der Frauen — all
dies ist ein einziger großer Hymnus auf das köstliche Leben.
Wie anders dagegen ist der ernste Dienst der Pythagoräer! Hier hatten
sich in einem Orden Gleichgesinnte zusammengeschlossen, nicht um das
Leben festlich zu feiern, sondern um das dunkle Geheimnis des Lebens zu
lüften. Pythagoras ist uns vor allem als genialer Mathematiker bekannt.
Noch größer jedoch war er als Philosoph und Oberhaupt eines Ordens.
„In den einfachen Zahlen, die allen Figuren und Körpern zu Grunde
liegen, fand er das Gesetz, welches die Verhältnisse und Formen der
Dinge beherrschte, welches die Einheit in der Mannigfaltigkeit begreifen
ließ. Sie boten sich ihm dar als eine Art von magischem Schlüssel zu physi=
sehen wie moralischen Erscheinungen."
„Alles ist Zahl", mit dieser Formel kann man die Grundlehre und Ethik
des Pythagoras zusammenfassen. Das mag sehr nüchtern klingen, aber daß
sich in der Zahl auch die Harmonie offenbare, ist ein Fortschritt im Den=
ken, der kaum zu erfassen ist. Alles Bestehende wird durch Zahl und Har=
monie erhalten. Auch der menschliche Geist und die sittliche Welt! „Dar=
aus folgt als ethische Aufgabe der Menschen, die stürmischen Triebe und
Leidenschaften durch die überlegende Vernunft und Einsicht zu beherr=
sehen, die unversöhnten Gegensätze der Seele durch ruhige Harmonie aus=
zugleichen." Und diese Harmonie soll auch unter den Menschen hergestellt
werden.
Die bange Frage nach dem Schicksal der Seele beantwortet Pythagoras
dahin, daß der Tod die körpergebundene Seele befreie und sie in ihre
Heimat zurückkehre. Sie kann aber nur in die große Harmonie eingehen,
wenn sie selbst harmonisch geordnet ist. Die unharmonische Seele kann
nicht in das Reich des ewigen Einklangs, wo der Gott des reinen Lichts,
Apoll, herrscht, eingehen. Sie muß so lange durch Menschen= und Tier=
leiber auf Erden wandern, bis sie zu vollkommener Reinheit und schöner
Harmonie geläutert ist.
Um nun den Menschen schon auf Erden zu harmonisieren, bedarf es des
Dienstes an sich selbst: der Enthaltung, der Reinigung und des religiösen
Rituals. Sein Orden hatte zwei Grade, den der Esoteriker und den der
Exoteriker. Die Zahl der Geweihten, die die volle Wahrheit schauten, war
auf dreihundert beschränkt, während die Exoteriker eine äußere Klasse
bildeten, die sich dem Orden anschloß, bis sie in ihn aufgenommen werden
konnte.
Die Ordenslehre war streng. Lauterkeit des Charakters und eine gründ=
liehe Prüfung waren die Voraussetzungen für die Aufnahme. Schweigender
Gehorsam, Unterwerfung unter die Autorität der Ordenslehre, völlige
Hingabe an den Meister, strenge Selbstprüfung, Askese und innere Samm=
lung waren Grundbedingungen. In der Abgeschiedenheit von der lauten
Welt, in klösterlicher Stille gingen die Ordensmitglieder ihrem entsagungs=
vollen Dienste nach, „die Ordnung zu fördern und der Unordnung zu
wehren, das Leben des einzelnen in Harmonie zu bringen mit dem Leben
der Gesamtheit".
Die schönen Künste, Gymnastik und Heilkunde gehörten ebenso zur
Harmonisierung des Menschen wie die Beschäftigung mit den Wissen=
schaften.
SECHSTES KAPITEL
Die Druiden
Das alte Druidentum
I.
Cäsar berichtet in seinem Bucht „De bello Gallico" (VI, 13), es gebe in
ganz Gallien zwei Klassen von Menschen, die irgendwelche Geltung und
Ehre genießen, die der Druiden und die der Ritter, während das niedere
Volk beinahe die Stellung von Sklaven einnimmt. Er fährt dann fort:
„Die Druiden versehen den Gottesdienst, besorgen die öffentlichen und
privaten Opfer und legen die Religionssatzungen aus. Bei ihnen befinden
sich junge Männer in großer Zahl zur Unterweisung ein, und sie genießen
bei diesen hohes Ansehen. Denn bei allen öffentlichen und privaten
Streitigkeiten urteilen und entscheiden sie. Sie setzten Belohnung und
Strafe fest, wenn ein Verbrechen begangen wurde, ein Mord geschah,
Erbschafts= oder Grenzstreitigkeiten ausbrachen. Fügt sich ein Privatmann
oder ein Volk ihrem Entscheid nicht, so schließen sie die Betroffenen vom
Gottesdienst aus. Dies bedeutet bei ihnen die härteste Strafe. Die so Aus=
geschlossenen gelten als gottlose Verbrecher.
An der Spitze aller Druiden steht einer, der bei ihnen das höchste An=
sehen genießt. Nach seinem Tode tritt an seine Stelle der, der unter den
übrigen an Würde hervorragt.
Sie tagen zu einer bestimmten Jahreszeit an einer geheiligten Stätte
im Lande der Carnuten, das ungefähr in der Mitte ganz Galliens liegt.
Hier treffen sich von überall alle, die Streitigkeiten haben, und beugen
sich der Entscheidung und dem Urteil der Druiden. Ihre Lehre soll in
Britannien aufgekommen und von dort nach Gallien gelangt sein, und
auch jetzt noch (53 v. Chr.) reist, wer sie genauer erforschen will, meist
dorthin, um sie zu lernen."
Die Druiden sind der geistliche und zugleich richterliche Stand der
Kelten. Diese gehören dem indogermanischen Sprachstamm an und hatten
bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. ihre Wohnsitze in Süddeutschland und
Böhmen. Auf ausgedehnten Wanderungen erreichten sie Gallien, Spanien,
Portugal, Italien, Griechenland und Kleinasien, wo sie das Reich der
Galater gründeten.
Es ist bis heute leider nicht gelungen, die Religionsgeschichte der
Kelten zu schreiben, da die Quellen so verschiedenartig und widerspruchs=
voll sind, daß ein abschließendes Gesamtbild nicht gezeichnet werden
kann. Von den antiken Schriftstellern, die sich mit den Kelten befaßt
haben, seien Aristoteles, Cäsar, Lucan und Cassius Dio, von den Kirchen=
Schriftstellern sei Gregor von Tours erwähnt. Von Handschriften seien
das Leinster=Buch, das im 12. Jahrhundert zusammengestellt wurde, und
das walisische Mabinogion aus dem 14. Jahrhundert genannt. So zeigen
sich erhebliche Unterschiede in der Religionsausübung bei den gallischen,
britischen und irischen Kelten.
Wir wissen, daß die Kelten die verschiedensten Naturkräfte und Natur=
objekte verehrten: Sonne, Mond, Meer, Wind, Quellen, Berge, Bäume.
Besonders verehrten sie die Eiche. Daneben wurden bestimmten Tieren
übernatürliche Fähigkeiten zugeschrieben.
Cäsar berichtet (VI,17): „Unter den Göttern verehren sie am meisten
Merkur. Er hat die meisten Bildnisse, ihn halten sie für den Erfinder aller
Künste, ihn für den Führer auf Wegen und Wanderungen, ihm sprechen
sie den größten Einfluß auf Gelderwerb und Handel zu.
Nach ihm verehren sie Apollo, Mars, Jupiter und Minerva. Von diesen
haben sie ungefähr dieselbe Vorstellung wie die anderen Völker.
Alle Gallier rühmen sich, vom Vater Dis abzustammen und behaupten,
das sei ihnen von den Druiden überliefert worden. Deswegen bestimmen
sie alle Zeiträume nicht nach der Zahl der Tage sondern der Nächte."
Hier spürt man den starken Einfluß der Druiden auf die Gallier. In
diese bevorrechtigte Priesterkaste gelangte man nicht durch Abstammung,
sondern durch Erziehung, Ausbildung und Noviziat.
Man hat lange über den Sinn des Wortes gestritten. Es darf nunmehr
als gesichert angesehen werden, daß „Druide" nicht, wie Plinius annimmt,
mit dem griechischen „drys" oder dem irischen „deruo" (die Eiche) in Ver=
bindung zu bringen ist, sondern „die intensiv Erkennenden, die Weisen"
(intensiv = dru; sehen, wissen = uid) bedeutet. Cäsar berichtet von den
Druiden, daß sie gewöhnlich nicht mit in den Krieg ziehen, daß sie vom
Waffendienst befreit sind und keinerlei Abgaben und Steuern zahlen
(VI,14). „Durch so große Vorrechte verlockt, begeben sich viele freiwillig
in ihre Lehre oder werden von ihren Eltern und Verwandten hingeschickt.
Sie sollen dort Verse in großer Zahl auswendig lernen; deswegen bleiben
einige zwanzig Jahre in der Lehre. Sie halten es für Sünde, sie schriftlich
niederzulegen, während sie fast in allen übrigen Angelegenheiten, in
Staats= und Privatgeschäften, die griechische Schrift benützen.
Sie scheinen mir aus zwei Gründen dies eingeführt zu haben: Sie wollen
nicht, daß die Lehre unter der Menge verbreitet werde, noch daß die
Schüler, sich auf das Geschriebene verlassend, das Gedächtnis weniger
übten.
Vor allem wollen sie die Überzeugung hervorrufen, daß die Seelen nicht
vergehen, sondern nach dem Tode von einem zum ändern wandern. Sie
glauben, daß man vor allem durch diese Lehre, wenn die Todesfurcht
beseitigt sei, zur Tapferkeit angespornt werde."
Damit kommen wir auf die Ethik und auf die Vorstellung von dem
Leben nach dem Tode. Als Quintessenz der Ethik bezeichnet Diogenes
Laertius den Satz:
„Man muß die Götter verehren, nichts Böses tun und ein männliches
Verhalten zeigen."
Die Überzeugung der Kelten von der Unzerstörbarkeit der Seele gipfelt
in der Erkenntnis:
„Der Tod ist nur die Mitte eines langen Lebens."
*
Was nun das von Cäsar angedeutete Ursprungsland des Druidentums,
Britannien, anbetrifft, so ist diese Annahme begründet, wie neuere For=
schungen bestätigt haben. Britannien war der Zufluchtsort der Druiden,
als sie vom Festlande verschwunden waren. Sie haben in Irland und
Schottland ihr Leben gefristet bis zum Eintritt des Mittelalters (Wiese).
Pokorny hat in einem Vortrag in der Anthropologischen Gesellschaft in
Wien (13. März 1907) die Auffassung vertreten, daß die Druiden die
Zauberer der vorkeltischen Ureinwohner Britanniens seien. Die unter=
worfenen Ureinwohner der Steinzeit hätten die Kelten trotz höherer
Kultur so wesentlich beeinflußt, daß diese die Zauberer jener annahmen.
Das von den Gaelen auf britannischem Boden angenommene Druidentum
sei auf die stammverwandten Gallier übertragen worden, habe sich über
das hier vorhandene Priestertum gestellt.
Somit würde nach dieser Theorie, die auch im „Handbuch des Druiden=
ordens" akzeptiert wird, die Verbreitung des Druidentums nicht mit
der des Keltentums übereinstimmen.
Die Druiden kannten nicht das Zölibat. Die unverheirateten Priester
werden wohl in einer Art klösterlicher Verbindung gelebt haben.
Sie hatten eine Ordens=Kleidung, die mit dem Eintritt in den Orden
angelegt wurde. Über ein Unterkleid wurde ein Mantel mit einer Kappe,
ähnlich einer Mönchskutte gezogen. Die eigentlichen Druiden trugen
weiße, wallende Kleider, die Barden (Sänger) blaue Gewänder. Die Höhe=
ren trugen golddurchwirkte Kleider, goldene Halsketten, Armspangen und
Fingerringe. Der oberste Priester war an den Hauptfesten und in amtieren=
der Eigenschaft mit dem langen weißen Gewände angetan, über das eine
lichtblaue Tunika gelegt war, während ein purpurfarbiger Mantel seine
Schultern umwallte.
Als besondere Insignien wurden die Druidenknöpfe — aus Kristall und
Glas geschliffene Knöpfe verschiedener Größe — und das Schlangenei —
Symbol der Welt, Schale der Himmel — getragen.
Der Orden kannte drei verschiedene Grade: Die Barden, die Seher und
die Druiden.
Die Barden erfreuten sich besonderer Hochachtung. Mit der Einführung
des Christentums bildeten sie einen selbständigen Stand. Ihr Instrument
war die crotta, eine kleine Harfe. Mit ihrer Musik verschönten sie die
Feste. Ihre Heldengedichte und Schlachtgesänge (Merlin) sowie ihre Spruch=
dichtungen oder Triaden waren weit verbreitet. Es sei an den Ruhm
Ossians erinnert (Herder, Goethe).
Die Seher (Ovaten) nahmen die Wahrsagekunst für sich in Anspruch.
Sie beobachteten den Flug der Vögel, die Eingeweide des Tieres, die
Stellung der Gestirne und erforschten den Willen der Götter.
Die Druiden übernahmen die Seelsorge, die soziale Fürsorge, Recht=
sprechung und Heilkunde. Wahrscheinlich fand der Dienst nicht in
Tempeln statt, sondern in Eichenhainen. Aber auch in Höhlen und auf
Bergen versammelten sie sich. Besondere Felsgruppen zogen sie an. Ja, sie
legten selbst Holz= oder Steingehege mit Vorliebe auf Inseln (Sena, Mona,
Joña) an. In Britannien finden wir heute noch Überreste jener großartigen
Bauwerke, in denen die Kelten ihre Feste feierten: Die Stonehenge und die
Bauwerke von Amesbury.
In dem in der Grafschaft Wiltshire gelegenen Amesbury befindet sich
ein Woodhenge, eine Art hölzernes Gegenstück des benachbarten Stein=
bauwerkes, das aus einem großen runden Graben besteht, in dem sechs
grob konzentrische Ringlöcher vorhanden waren. In der Nähe von Ames=
bury treffen wir auf die Stonehenge, eine Rundanlage von 90 Meter
Durchmesser, die von einem einfachen Wall mit Außengraben umgeben
ist. Der erste Steinring besteht aus 30 dicken Pfeilern, die mit Zwischen=
räumen von etwa l Meter gestellt sind. In 3 Meter Abstand bildet sich
ein zweiter Kreis von 40 bis 50 sich nach oben verjüngenden Steinen.
Dann folgen in Hufeisenform fünf Trilithen, also Gruppen von je zwei
durch ein Auflager verbundenen großen Tragsteinen. An der nach der
Mitte gebildeten Front zieht sich noch eine Linie der kleineren kegel=
förmigen Steine ebenfalls in Hufeisenform entlang. Innerhalb des Huf=
eisens liegt ein Stein, der als Altarstein betrachtet wird. Der Opferstein
liegt schiefwinklig zur Achse und ist von unregelmäßiger Form.
*
Das „Handbuch des Druidenordens" faßt die Ziele des alten Ordens
wie folgt zusammen: Die Druiden hatten eine Stellung zwischen der Gott=
heit und der Menschheit. Sie vertraten das Volk vor den Göttern als Priester.
Sie vertraten auch die Gottheit vor dem Volke.
Sie hatten also einerseits das Opfer und alle Verrichtungen des Kultus
zu versehen, die Feste zu ordnen und am großen Neujahresfest im Mai
die heilige Mistel einzuholen. Andererseits waren sie Gesetzgeber, Richter
und Lehrer des Volkes.
Die Barden waren Sänger des lyrischen und epischen Gesanges. Der
Zweck war: Pflege der Kunst.
In den Händen der Ovaten lag die Mantik. Sie waren die Vertreter der
Weisheit. Das gesamte Volk und die einzelnen Menschen zur Weisheit zu
führen, war der Zweck des Ovatengrades.
Die Philosophie und die Ethik aller drei Grade gipfelt darin:
„Gott zu dienen,
die Wissenschaften zu mehren,
die Menschheit zu veredeln,
die Kunst zu pflegen und
Weisheit zu üben."
Hierzu der Kommentar des Druiden=Handbuches:
„Ein Ziel, so erhaben, daß wir auf die Alten wie auf unsere Vorbilder
blicken können, ein Ziel, wie es in seiner Gesamtheit keine andere Ver=
einigung von Menschen aufzuweisen hat. Ein Ziel, wie es in den An=
schauungen Spinozas, Kants und Fichtes in neuerer Zeit endgültig fest=
gelegt wurde. Humanität also, aber nicht im weitesten Sinne, sondern
national, wie es im Altertum einmal Sitte war. National war ihr ganzes
Empfinden. National war ihre Baukunst. National waren ihre Lehren und
ihre Rechtsprechung, ihr ganzes Tun..."
*
Der Untergang der Druiden vollzog sich zuerst in Gallien, wo die
Druiden die Seele des nationalen Widerstandes gegen die Römer wurden.
Tiberius, Claudius und Nero ließen sie hinmorden. Nach 79 n. Chr. sind
die letzten Druiden ausgerottet.
Der Römer Paullinus beendete 61 n. Chr. durch die Eroberung von
Anglesy das Leben der Druiden in Britannien.
In Irland sog im 4. Jahrhundert das Christentum die Druiden auf. In
Schottland hielt es sich noch bis zum 6. Jahrhundert.
Nur das Bardentum hat sich, vor allem in Britannien und Schottland,
noch Jahrhunderte halten können. Die Blütezeit des welschen Bardentums
dauerte vom 7. bis zum 15. Jahrhundert. Hier waren sie die Träger des
nationalen Hasses gegen Angeln und Sachsen, Normannen und Engländer.
Unter Heinrich Tudor (1485) erfolgte ein friedliches Einleben der Welschen
in die englischen Verhältnisse. Mit dem Ende der Tudorzeit ist der Stand
der Barden im Aussterben.
„Sie suchten die Lage der Menschheit zu heben, und wir wollen das
Gleiche tun. Laßt uns daher einen Verein schaffen, der von einem Präsi=
denten geleitet wird, den wir Most Noble Arch=Druid (Hochwürdiger Erz=
Druide) nennen. Man unterstütze ihn durch zwei Männer, die wir Barden
nennen, wie die druidischen Führer durch Barden und Sänger unterstützt
wurden; und dann wollen wir den teuren Namen Bruder allgemein unter
uns annehmen. Unsere großen Vorbilder befolgten den Grundsatz, da=
nach zu streben, daß der Geist aufgeklärt, die Musik ge =
pflegt, Mäßigkeit, Tatkraft und Tugend ermutigt wur =
den. Laßt uns ihnen in einem engeren Wirkungskreise in ihren Bemühun=
gen nacheifern."
So wurde im November 1781 die erste Loge dieses Ordens, Nr. l Lodge
of Antiquity, in London gegründet. Hurle wurde erster Erzdruide.
Um nicht in den Verdacht zu kommen, daß der Orden aufrührerische
Ziele verfolge, wurden seine Bestrebungen als patriotisch, wohltätig, ge=
sellig und brüderlich dargestellt. Religiöse und politische Gespräche waren
verboten. Ein Eid eines Suchenden wurde nicht abverlangt. Ein feierliches
Versprechen genügte. Die Aufnahme erfolgte nur durch Empfehlung eines
Bruders und nach strenger Prüfung des Charakters und der Würdigkeit
des Suchenden.
Es gibt noch eine andere Version der Gründung, die darauf hinzielt, der
Bruderliebe das Ziel zu setzen, sich in Zeiten der Not durch hilfreiche
Hand zu bewähren (zum Beispiel bei Todesfällen). Man will auch neben
den politischen Verhältnissen der Zeit den Einfluß der bedeutenden eng=
lischen Philosophen Franz Baco von Verulam, John Locke, Isaac Newton,
John Toland auf die Freidenkersekten, Deisten und Atheisten, die dem
Dogmatismus den Skeptizismus, dem Glauben die Vernunft gegenüber=
stellten, dadurch brechen, daß man die Lehre des Druidentums entgegen=
stellt.
An der Spitze der Zentralverwaltung in London, dem Council of Direc=
tion, standen sieben Mitglieder. Wie bei allen solchen Gründungen zeig=
ten sich bald Diadochenkämpfe, die für eine Erneuerung des Ordens ein=
traten. So auch hier. Einige Logen fielen ab und gründeten den United
Ancient Order of Druids (UAOD). Während der Ancient Order of Druids
(AOD) mehr dem gesellschaftlichen und geistigen Verkehr dienen wollte,
wurde das Motto des UAOD: „United to assist" (vereinigt, um zu helfen).
Nach vierzehn Jahren war das Interesse in der höchsten Körperschaft
des UAOD erlahmt. In einer Versammlung sagten sich viele Brüder los
und nannten sich „The Order of Druids" (OD). Dieser Orden stellte nun=
mehr die materiellen Unterstützungen in Krankheits= und Sterbefällen
stark in den Vordergrund und nahm so den Charakter einer Versicherungs=
gesellschaft an, die im Rahmen eines Ordenrituals ihre Sitzungen abhält.
Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts lebte das neukymrische Druiden=
turn durch die Gründung des Welsh = Order wieder auf. Unter Führung
des Dichters Jolo Morganwg begann in Wales eine Wiedergeburt des
Keltentums in nationalen Dichter= und Sängerfesten.
In Anlehnung an die Eisteddfods — bis zum 15. Jahrhundert unregel=
mäßige Sitzungen der Barden — veranstalteten die Hochschotten seit 1892
ein literarisch=musikalisches Fest (Mod), die Iren seit 1897 ein gleiches,
das sie Oireachtas nennen, und die Bretonen seit 1898 ihren Kendalch.
In Ausführung eines im Jahre 1899 in Cardiff gefaßten Beschlusses
wurde das erste gemeinsame Fest der keltischen Volksstämme 1901 in
Dublin begangen. An der Spitze der Barden=Versammlung (Gorsedd) steht
der Erzdruide. Die Gorsedds finden in freien Steingehegen statt, „ange=
sichts der Sonne, in dem Auge des Lichts und unter der unendlichen
Freiheit des Himmels, frei allen Augen und Ohren".
Der Erzdruide trägt eine aus Gold getriebene Regalie und ein Schwert
mit einem großen Kristall, in dem das Zeichen für die Gottheit ein=
gelassen ist.
Der Bund arbeitet nach dem alten, ungeschriebenen Ritual.
II.
Das neue Druidentum
Neben dem Welsh Order, der Vereinigung der Alten Druiden, entstand
im Jahre 1781 in England ein neuer Bund unter dem Namen „Ancient
Order of Druids". Diese Gründung erfolgte in einer Zeit völkischer Zer=
rissenheit, die auf die Unbeliebtheit des Krieges zwischen England und
seinen amerikanischen Kolonien zurückzuführen ist. Die Empörung der zu
einer erheblichen Steuer herangezogenen Kolonisten führte im Mutterland
beinahe zu offenem Aufruhr. Daneben zeigten sich gefährliche religiöse
Gärungen. „Es war beinahe unmöglich, eine ruhige, freundschaftliche
Zusammenkunft abzuhalten wegen des erbitterten Zeitgeistes und der
Zwangsmaßnahmen einer kopflosen Regierung" (Charles Beale).
So trafen sich Kleinhändler und Handwerker gelegentlich in der Kings
Arms Tavern in London und beschlossen, um unangenehme Auftritte zu
vermeiden und lästige Teilnehmer abzuwehren, eine Gesellschaft zur För=
derung guter Kameradschaft und zur Pflege gesellschaftlichen Verkehrs zu
gründen. Heiterkeit und brüderliche Liebe sollten gefördert werden.
Ein Mitglied der Gesellschaft, H. Hurle, schlug vor, sich „Druiden" zu
nennen und die Ziele dieses alten Ordens wieder zu verfolgen. Er charak=
terisierte diese dahin:
„Sie suchten die Lage der Menschheit zu heben, und wir wollen das
gleiche tun. Laßt uns daher einen Verein schaffen, der von einem Präsidenten
geleitet wird, den wir Most Noble Arch=Druid (Hochwürdiger Erz=Druide)
nennen. Man unterstütze ihn durch zwei Männer, die wir Barden nennen,
wie die druidischen Führer durch Barden und Sänger unterstützt wurden;
und dann wollen wir den teuren Namen Bruder allgemein unter uns an=
nehmen. Unsere großen Vorbilder befolgten den Grundsatz, danach zu
streben, daß der Geist aufgeklärt, die Musik gepflegt,
Mäßigkeit, Tatkraft und Tugend ermutigt wurden. Laßt uns
ihnen in einem engeren Wirkungskreise in ihren Bemühungen nacheifern."
So wurde im November 1781 die erste Loge dieses Ordens, Nr. l Lodge
of Antiquity, in London gegründet. Hurle wurde erster Erzdruide.
Um nicht in den Verdacht zu kommen, daß der Orden aufrührerische Ziele
verfolge, wurden seine Bestrebungen als patriotisch, wohltätig, gesellig und
brüderlich dargestellt. Religiöse und politische Gespräche waren verboten.
Ein Eid eines Suchenden wurde nicht abverlangt. Ein feierliches Versprechen
genügte. Die Aufnahme erfolgte nur durch Empfehlung eines Bruders und
nach strenger Prüfung des Charakters und der Würdigkeit des Suchenden.
Es gibt noch eine andere Version der Gründung, die darauf hinzielt, der
Bruderliebe das Ziel zu setzen, sich in Zeiten der Not durch hilfreiche Hand
zu bewähren (zum Beispiel bei Todesfällen). Man will auch neben den poli=
tischen Verhältnissen der Zeit den Einfluß der bedeutenden englischen
Philosophen Franz Baco von Verulam, John Locke, Isaac Newton, John
Toland auf die Freidenkersekten, Deisten und Atheisten, die dem Dogma=
tismus den Skeptizismus, dem Glauben die Vernunft gegenüberstellten,
dadurch brechen, daß man die Lehre des Druidentums entgegenstellt.
An der Spitze der Zentralverwaltung in London, dem Council of Direc=
tion, standen sieben Mitglieder. Wie bei allen solchen Gründungen zeigten
sich bald Diadochenkämpfe, die auf eine Erneuerung des Ordens abzielten.
So auch hier. Einige Logen fielen ab und gründeten den United Ancient
Order of Druids (UAOD). Während der Ancient Order of Druids (AOD)
mehr dem gesellschaftlichen und geistigen Verkehr dienen wollte, wurde
das Motto des UAOD: „United to assist" (Vereinigt, um zu helfen).
Nach 14 Jahren war das Interesse in der höchsten Körperschaf t des UAOD
erlahmt. In einer Versammlung sagten sich viele Brüder los und nannten
sich „The Order of Druids" (OD). Dieser Orden stellte nunmehr die mate=
riellen Unterstützungen in Krankheits= und Sterbefällen stark in den Vor=
dergrund und nahm so den Charakter einer Versicherungsgesellschaft an,
die im Rahmen eines Ordensrituals ihre Sitzungen abhält.
Im April 1824 gründete Henry Cox, Past Arch der Albionloge Nr. 29, die
erste Druidenloge in Neu=Braunschweig, Britisch=Nordamerika. In den Ver=
einigten Staaten erfolgte die erste Logengründung 1832 in New York. Ein
Freibrief wurde von England nicht angefordert. Vielmehr wurde eine Groß=
loge unter dem Namen „Groß=Washington=Loge der Alten Druiden"
gebildet.
Auch hier entstanden bald Streitigkeiten über Verwaltungsfragen, die
zu einer Einigung im Jahre 1839 führten und zu einer Umbenennung in
„Vereinigter Alter Orden der Druiden". Er war eine brüderliche, gesellige
und wohltätige Vereinigung, die sich der Kranken und Notleidenden
annahm und im Sterbefalle für das Begräbnis sorgte.
Aus einer engeren Fühlungnahme mit dem englischen UAOD ergab sich
am 19. Dezember 1855 die Gewährung eines Freibriefes. Dieser Erfolg ist
dem damaligen HEGE Thomas Wildey zu verdanken. Allmählich voll=
zog sich jedoch eine vollständige Trennung vom Mutterlande. Erst im Jahre
1869 kam es zu einem Vertrage, der es solchen Mitgliedern, die von
Amerika nach England und umgekehrt reisen oder in fremden Ländern
einen längeren Aufenthalt nehmen, ermöglicht, sich die Kranken= und Be=
gräbnisgelder des Heimatlandes zu sichern. Dieser Vertrag war der erste
Schritt zur Herstellung einer Verbindung aller Ordenszweige der ganzen
Welt.
In den Vereinigten Staaten konnte der Orden nicht recht Fuß fassen.
Der Odd Fellow=Orden und die Freimaurer sind ihm weit voraus.
James Hyman verpflanzte den Orden nach Australien.
*
Auf einer Sitzung des GH im Dezember 1870 in New Orleans wurde die
Frage erörtert, warum es in D eutschland noch keinen Druiden=Orden
gebe. Zu dem Ball, der während der Tagung stattfand, waren auch die
Offiziere des gerade im Hafen liegenden Lloyddampfers „New York" ein=
geladen und — fühlten sich sehr wohl. Sie erklärten schließlich, daß sie
dem Orden beitreten wollten. Diesem Gesuch kam man nach in der Hoff=
nung, daß sie, wenn sie nach Deutschland zurückkehren würden, einen
Hain gründeten.
Aber die Bestrebungen, in Deutschland Fuß zu fassen, wurden auch auf
anderem Wege fortgesetzt, obwohl in Deutschland Krieg war (1870/71).
Man erteilte dem Bruder J. Hafky, der zugleich ein Odd Fellow war, Voll=
macht, in Deutschland und sonstwo achtbare Männer dem Druiden=
Orden zu weihen und Haine einzusetzen. Im September des Jahres 1872
traf Hafky in Hamburg ein. Von dort reiste er, nachdem er seinen Be=
kannten Dr. Marcus besucht und eine Gründung besprochen hatte, nach
Berlin.
Hafky stieg im „Dresdner Hof" ab. Sein Besitzer war ein Odd Fellow.
Kurz zuvor — am 2. April 1871 — war in Berlin die erste Odd Fellow=Loge,
die Germania=Loge Nr. l von Preußen, gegründet worden.
Am 15. Dezember 1872 konnte Hafky in Berlin, Lindenstraße 47, den
ersten Hain mit 35 Brüdern eröffnen, den Dodona=Hain Nr. l von Preu=
ßen, zu Ehren Hafkys so benannt, der dem Dodona=Hain Nr. 18 von
Woodland angehörte. Ihm folgte der nächste Hain in Hamburg.
Die ersten Haine waren untergeordnete Haine des Groß=Hains von
Amerika. Auf einer Tagung in Nordhausen am Harz im Jahre 1874 wurde
der Beschluß gefaßt, beim Groß=Hain von Amerika um einen Freibrief für
die Gründung eines Staats=Groß=Hains zu bitten. Der amerikanische Groß=
Hain gewährte diesen Freibrief am 12. August 1874. Hafky kam im Herbst
1874 nach Deutschland und setzte am 16. November in den Räumen des
Walhalla=Hains Nr. 1 in Bremerhaven den Groß=Hain von Deutschland ein.
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Der Deutsche Druiden=Orden kennt drei Grade: den Ovaten=, den Bar=
den= und den Druidengrad. Er arbeitet in Logen, die in einer dem Unein=
geweihten unzugänglichen Halle tagen. Einrichtung und Ausstattung der
Logenräume sind durch Gebrauchtum geregelt. Die Logen sind der Reichs=
Groß=Loge als der höchsten Ordensinstanz untergeordnet.
„Wer einer Loge beitritt, muß sich dessen bewußt sein, daß er eine
Dauerverpflichtung übernimmt. Ordensarbeit ist kein zeitbegrenztes Stu=
dium, das allein mit den Kräften des Geistes und Verstandes in bemes=
sener Frist durchwandert werden kann und an dessen Ende das stolze
Wort Bestanden!' steht. Ordensarbeit ist vielmehr das immerwährende,
sich immer wieder erneuernde Suchen nach Menschenwürde und Men=
sehen turn" (Wilhelm Schroeder im „Ordensdienst").
Das Ordensziel wurde 1874 in der Konstitution für die untergeordneten
Haine so formuliert:
„Der Zweck des Ordens ist die Betätigung und Förderung der Bruder=
liebe, der gemeinschaftliche geistige Verkehr aller seiner Mitglieder, die
Fürsorge für die kranken und notleidenden Brüder im ganzen vereinigten
Orden bis an das Grab und die Sorge für die Witwen und Waisen noch
über dieses hinaus. Das religiöse und politische Glaubensbekenntnis ist
nicht Sache der Druiden, um so mehr aber die aus dem Wesen wahrer
Religiosität geborene Humanität."
Wilhelm Schroeder hat im Jahre 1953 den Sinn der Ordensarbeit so
dargestellt:
„Ordensarbeit soll innere Kraft geben. Innere Kraft aber, nur gesam=
melt und dann in Ruhe verharrend, hat noch nicht ihren ganzen Wert.
Sie muß kund werden in einem Wirken nach außen, in Taten. Wenn sie
gut sein sollen, müssen sie unter dem Sittengesetz des christlich=abend=
ländischen Kulturkreises stehen, das für uns alle gilt. Es umschließt sehr
viele Pflichten. Für den Ordensbruder ist eine vor allen wichtig: die dem
einzelnen gegebene oder gewonnene Kraft ist nicht nur dazu da, dem
Wohle und dem Vorteil der Einzelperson zu dienen, sondern sie ist ebenso
entschlossen einzusetzen für das Wohlergehen der Mitmenschen.
Altruismus kommt aus offenem Herzen und will Herzen erschließen, ist
Abgeklärtheit und Harmonie der eigenen Wesensart, führt zur Gemein=
schaft.
Deshalb stellt der Orden diejenigen Tugenden, die dafür besonders ge=
eignet sind, in den Mittelpunkt seiner Arbeit:
die Gerechtigkeit,
die Toleranz,
die Achtung vor dem ändern,
die reine Mitfreude,
das Mitgefühl mit den Leidenden,
insbesondere die Liebe zu den Nächsten
und die Wohltätigkeit in Wort und Tat."
Unter den Leitsätzen für die Ordensarbeit, die die Reichs=Groß=Loge
im Jahre 1925 annahm, befinden sich folgende:
„Die Aufgabe des Ordens ist nach dem Grundgesetz die Mitarbeit an
der Erziehung der Menschheit. Das Ziel muß sein: eine auf Brüderlichkeit
begründete und durch Brüderlichkeit gekrönte geistige und sittliche Ein=
Stellung der Ordensbrüder, die, im Ordensleben gekräftigt und geläutert,
sich bewußt und erkennbar auf die menschliche Gesellschaft veredelnd
auswirkt."
Die drei Grade werden wie folgt gekennzeichnet:
Der Ovatengrad ist der Grad der Erkenntnis und des Wissens. Die
Ovaten sind „Seher", wie die sehenden Vorfahren aus der Beobachtung
der Natur die Erscheinungen der Zukunft deuteten. Der eingeführte Ovate
hat zunächst bei seiner feierlichen Einführung viel zu sehen. Auf seine
Sinne wirken der Ritus, die Ausstattung der Loge, die Formen und Ge=
brauche innerhalb derselben. Die gewonnenen Anschauungen und Vor=
Stellungen werden durch weiteres Denken verarbeitet.
Der Bard

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