- Deutschland steht am Abgrund - Sascha, 13.05.2003, 13:12
- Alle Kinder bleiben 1meter vorm Abgrund stehen, nur Peter der geht noch 2 meter! (owT) - Bankrunner, 13.05.2003, 13:18
- Re: Deutschland steht am Abgrund ** Selbst der Typ merkt doch auch nicht mehr - Herbi, dem Bremser, 13.05.2003, 14:34
- Re: Deutschland steht am Abgrund ** Selbst der Typ merkt doch auch nicht mehr - Sascha, 13.05.2003, 15:03
- Re: Deutschland steht am Abgrund ** Selbst der Typ - Herbi, dem Bremser, 13.05.2003, 16:25
- Re: Deutschland steht am Abgrund?? @sascha - doppelknoten, 13.05.2003, 16:42
- Re: Deutschland steht am Abgrund ** Selbst der Typ merkt doch auch nicht mehr - Sascha, 13.05.2003, 15:03
Deutschland steht am Abgrund
--> Ich stelle den von dottore gefunden Artikel hier rein. Er bestätigt einmal weiter, daß es bergab geht.
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<font size=5>"Deutschland steht am Abgrund" </font>
Der grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger fordert die Bundesregierung zum Kampf Oswald Metzger war bis zum Herbst vergangenen Jahres Bundestagsabgeordneter der Grünen. Wiederholt hatte sich der Haushaltsexperte mit der eigenen Koalition angelegt. Heute arbeitet der Schwabe als freier Publizist und Politikberater, unter anderem für die Bertelsmann-Stiftung. In seinem jetzt erschienenen Buch <font color="#FF0000">"Einspruch! Wider den organisierten Staatsbankrott"</font> rechnet der 48-Jährige mit der Allparteienkoalition der Realitätsverweigerer ab. Mit Metzger sprach Stephan Haselberger.
DIE WELT: Wie erleben Sie die Debatte um die Agenda 2010?
Oswald Metzger: Ich freue mich, dass endlich ein Reformfenster aufgeht. Nach dem katastrophalen Fehlstart der Koalition hat der Kanzler in seiner Regierungserklärung mit alten sozialdemokratischen Lebenslügen gebrochen und Reformen wieder möglich gemacht. Auch wenn es Proteste vom linken Flügel der SPD und den Gewerkschaften gibt - Schröder hat es immerhin geschafft, dass beide Volksparteien den Bürgern Einschnitte bei Rente, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe zumuten wollen.
DIE WELT: Sehen Sie sich bestätigt?
Metzger: Es geht nicht um mich, es geht um das Land. Mir ist jeder Politiker recht, der mit der Bevölkerung ehrlich diskutiert.
DIE WELT: Vor dem 22. September war von Einschnitten bei den Sozialsystemen nicht die Rede, obwohl die Haushaltslage allen Beteiligten bekannt gewesen ist. Hat Schröder die Wähler betrogen?
Metzger: Natürlich hat Schröder bewusst weggesehen. Wenn wir im Februar 2002 den"blauen Brief" aus Brüssel in Demut angenommen hätten, wie Hans Eichel und ich gefordert haben, dann hätte der Kanzler im Wahlkampf die tatsächliche Situation nicht weichzeichnen können. Die CDU war aber auch nicht besser: Sie ging mit 800 Euro Erziehungsgeld auf Stimmenfang. Das war genauso unverantwortlich. Als Manager des Gemeinwohls haben maßgebliche Politiker aus allen Parteien versagt - und zwar seit Jahrzehnten.
DIE WELT: Wohin führt die systematische Wählertäuschung?
Metzger: <font color="#FF0000">Geradewegs in die Krise der Sozialsysteme, die wir jetzt erleben</font>. Die Schuld trägt aber nicht nur die Politik. Es gibt eine unheilige Allianz zwischen Politikern und Parteien auf der einen und der Bevölkerung auf der anderen Seite: Die Politik verschweigt die wahre Lage, weil der Überbringer schlechter Nachrichten in der Vergangenheit von den Wählern regelmäßig abgestraft worden ist. Es ist eben auch so, dass die Deutschen über Jahre hinweg systematisch betrogen werden wollten. Und jetzt kommt das böse Erwachen, denn die Maßnahmen der Reform-Agenda 2010 können nur ein Anfang sein. Wesentlich härtere Reformen müssen folgen.
DIE WELT: Auf welche weiteren Einschnitte müssten ehrliche Politiker die Bürger jetzt vorbereiten?
Metzger: Zunächst muss das eigentliche Staatsdefizit schonungslos offen gelegt werden. <font color="#FF0000">Es liegt in Wahrheit bei fast fünf Billionen Euro</font>, wenn man die Leistungsansprüche der Rentner und Beamten-Pensionäre hinzurechnet. Das ist eine <font color="#FF0000">gigantische Erblast, die den kommenden Generationen nicht zugemutet werden kann</font>. <font color="#FF0000">Heute gehen fast 60 Prozent aller Staatsausgaben für Renten und Pensionen sowie für den Schuldendienst drauf. Das macht klar: Wir stehen am Abgrund!</font>
DIE WELT: Was heißt das für die Rentner?
Metzger: <font color="#FF0000">Erstens muss die heutige Rentner-Generation Abschläge bei den Rentenerhöhungen in Kauf nehmen</font>. Ihr Einkommen wird deutlich geringer wachsen als das Einkommen der aktiv Beschäftigten. <font color="#FF0000">Zweitens muss der Trend zur Frühverrentung sofort mit radikalen Maßnahmen gestoppt werden</font>. Wer mit 60 in die Rente geht, soll auf rund ein Drittel seiner Rente verzichten. Bisher liegen die Abschläge für einen 60-jährigen Rentner nur bei 18 Prozent. Das können wir uns nicht mehr leisten, wenn wir die Lohnnebenkosten senken und Arbeitsplätze schaffen wollen. Und drittens muss die junge Generation früher ins Berufsleben starten, damit die Lebensarbeitszeit steigt. <font color="#FF0000">Das alles muss die Koalition gegen alle Widerstände jetzt unbedingt durchsetzen. Ansonsten wird es im nächsten Jahrzehnt Rentenkürzungen geben, weil die Zahl neuer Beitragszahler infolge der demographischen Entwicklung bis dahin dramatisch sinkt</font>.
DIE WELT: Ist damit das Rentensystem zu retten?
Metzger: Alle Sozialsysteme werden nur überleben, wenn die Eigenverantwortung gestärkt wird. Bei der Rente führt nach meiner Überzeugung kein Weg an einer privaten Pflichtversicherung als Ergänzung vorbei.
DIE WELT: Wie kann der Kollaps des Gesundheitssystems verhindert werden?
Metzger: Wir haben es mit einem mafiösen System des organisierten Betrugs zu tun. Es wird beherrscht von den Hofschranzen der Kassenärztlichen Vereinigung, den Raffkes von der Pharmaindustrie und vielen Scharlatanen in der Ärzteschaft. Aber auch die Patienten bedienen sich ungeniert. Deshalb steigen die Beiträge unaufhörlich. Dieses Selbstbedienungssystem muss zerschlagen werden.
DIE WELT: Wie?
Metzger: Marktwirtschaftlicher Wettbewerb und Transparenz müssen Einzug halten. Das Vertragsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigung muss fallen, damit einzelne Ärzte eigene Kostenvereinbarungen mit den Krankenkassen treffen können. Der Wettbewerbsdruck auf die Pharmaindustrie und die Apotheker muss erhöht werden. Dann erst können wir den Patienten höhere Eigenbeteiligungen abverlangen.
DIE WELT: Wie will die Koalition diese Herausforderungen bestehen?
Metzger: <font color="#FF0000">Als Manager des Gemeinwohls sind Gerhard Schröder und Joschka Fischer zum Kampf gegen den Staatsbankrott verpflichtet. Wenn sie die Sozialsysteme gegen die Wand fahren lassen, werden die Staatsschulden explosionsartig steigen, und der Staat wird handlungsunfähig werden</font>. Es hilft nichts: Man wird mit Millionen Wählern den argumentativen Kampf aufnehmen müssen - <font color="#FF0000">vor allem mit den Rentnern</font>.
DIE WELT: Könnte eine schwarz-grüne Koalition die Reformen besser bewältigen?
Metzger: Ich glaube, am Ende wird diejenige Konstellation zum Zuge kommen, die das Notwendige tut. Schwarz-Grün hätte jedenfalls Esprit. Schwarz-Grün wäre auch ein Zeichen dafür, dass die Politik endlich aus ihren parteipolitischen Schützengräben herauskommt, um die Probleme unideologisch anzupacken. Wenn die Grünen ihrer Verantwortung als Interessenvertretung der künftigen Generationen gerecht werden wollen, müssen sie sich für alle Bündnisse öffnen. Wir dürfen uns nicht auf Gedeih und Verderb an die SPD ketten, wir brauchen eine weitere Option, damit wir uns stärker durchsetzen können. Nur wer selbstbewusst ist, wird langfristig im politischen Spektrum bestehen.
DIE WELT: Kann es zu Schwarz-Grün kommen, solange Joschka Fischer die Grünen dominiert?
Metzger: Da habe ich große Zweifel. Fischer hat ein Riesenproblem mit der CDU: Gesellschaftspolitisch ist er im Grunde ein waschechter Sozialdemokrat - staatsgläubig und etatistisch wie so viele in der heutigen Grünen-Führung.
DIE WELT: Sie schreiben in Ihrem Buch, Fischers Nibelungentreue zur SPD sei nur durch seine Ambition auf das Amt des europäischen Außenministers zu erklären.
Metzger: Fischer hat die Partei, so sehr er unsere Ikone war, immer auch für sich benutzt. Machtpolitik ist seine große Stärke. Das war nicht immer zum Vorteil der Grünen, auch wenn wir in Bundestagswahlkämpfen von seiner Zugkraft enorm profitiert haben. Es war auch nicht immer zum Vorteil des Landes. So hat Fischer 1997 verhindert, dass die Grünen im Vermittlungsausschuss den Petersberger Steuerbeschlüssen der unionsgeführten Bundesregierung zur Mehrheit verhalfen. Das deutsche Steuersystem musste so bleiben, wie es ist, damit er Vizekanzler und Außenminister werden konnte. Aber um es klar zu sagen: Er verkörpert im politischen Handwerk eine Extraklasse und wäre als EU-Außenminister eine erstklassige Besetzung.
DIE WELT: Wäre Fischers Wechsel eher eine Befreiung oder eine Belastung für die Grünen?
Metzger: Sein Wechsel könnte eine große Chance sein. Die Grünen müssen sich inhaltlich erneuern, sie müssen zu einer eigenständigen Konzeptpartei werden, die die Interessen künftiger Generationen ehrlich vertritt und ohne eigennützige Rücksichtnahme auf den Machterhalt für einen vernünftigen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen und der Ressource Geld kämpft. Mit einem solchen programmatischen Fundament könnten die Grünen auch erfolgreich sein und bis zu 20 Prozent der Wähler erreichen. Es gibt in der Bevölkerung eine Gier nach Ehrlichkeit und nach einer Politik, die keiner Klientel verhaftet ist.
DIE WELT: Ihr Buch liest sich in Auszügen wie eine Streitschrift der FDP. Sind Sie sicher, dass Sie in der richtigen Partei sind?
Metzger: Keine andere Partei bietet so große Chancen, quer zu den Lagern und Interessengruppen zu denken. Ich bin mir sicher: In dem Laden gibt es für mich eine Heimat. Deshalb werde ich als Grüner im Jahr 2006 wieder für den Bundestag kandidieren, wenn diese Partei mich aushält.
Artikel erschienen am 13. Mai 2003

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