- Gerade bei PANORAMA gelaufen - wie Politiker ticken - McShorty, 15.05.2003, 21:00
- Panorama: das war spitze! - susi, 15.05.2003, 21:05
- Re: Panorama: das war spitze! - monopoly, 16.05.2003, 12:16
- Re: Gerade bei PANORAMA /Die Welt schrieb: Die Wanze des Herrn Rasmussen - monopoly, 15.05.2003, 21:13
- abgesehen davon, dass der TV-Beitrag super war, war doch alles wie immer - nasowas, 15.05.2003, 21:29
- Wie der dĂ€n. MP Rasmussen Schröder geleimt hat + warum wir mehr zahlen mĂŒssen... - McShorty, 15.05.2003, 21:43
- Panorama: das war spitze! - susi, 15.05.2003, 21:05
Re: Gerade bei PANORAMA /Die Welt schrieb: Die Wanze des Herrn Rasmussen
-->>Hallo,
>gerade bei Panorama gesehen. Ich lach mich schlapp! Ein Reporter hat den dÀnischen MP 3 Monate stÀndig begleitet + auch hinter den Kulissen alles aufgenommen.
>Auch Schröder mit bei - die abgew... Typ sah echt nicht gut aus.
>Der vollstÀndige DokuFilm am 27.5.03 um 23 Uhr auf NDR.
>UNBEDINGT GUCKEN!!!!!!!
>GruĂ
>McShorty
Die Wanze des Herrn Rasmussen
Vertrauliche Diplomatie als TV-Spektakel: Wie sich der dÀnische Regierungschef freiwillig ins Abseits stellte
von Andreas Middel
So richtig gehört DĂ€nemark ja eigentlich gar nicht zur EU. Statt mit dem Euro zahlt man in Kopenhagen und Umgebung immer noch mit der Krone, Volksabstimmungen ĂŒber Europa schrammen mit schöner RegelmĂ€Ăigkeit nur knapp an einer Katastrophe vorbei. Irgendwie sind die DĂ€nen anders als der Rest Europas. Sie machen nicht mit bei der Gemeinsamen AuĂen- und Sicherheitspolitik, auch nicht bei der gemeinsamen Grenzsicherung. Dennoch sind sie im Kreis der EU-LĂ€nder wohl gelitten. Bis jetzt jedenfalls.
Denn was sich Regierungschef Anders Fogh Rasmussen jetzt geleistet hat, könnte DĂ€nemark in Europa endgĂŒltig ins Abseits stellen. DĂ€nische Transparenz wird vielleicht dazu fĂŒhren, dass DĂ€nemark, zumindest aber Rasmussen in Europa zum Paria wird."Mit dem redet keiner mehr", heiĂt es bei zahlreichen EU-Regierungen.
Die Vorgeschichte ist nahezu einmalig in der EU: Ohne die ĂŒbrigen EU-Partner zu informieren, hatte Rasmussen wĂ€hrend der dĂ€nischen RatsprĂ€sidentschaft im zweiten Halbjahr 2002 einem TV-Team erlaubt, ihn bei allen Ereignissen zu begleiten. Fast immer trug Rasmussen dabei ein kleines, verstecktes Mikrofon am Revers, das alle GesprĂ€che aufzeichnete, die Rasmussen wĂ€hrend der sechsmonatigen EU-RatsprĂ€sidentschaft fĂŒhrte. Besonders pikant: WĂ€hrend der delikaten Erweiterungsverhandlungen im Dezember in Kopenhagen, als es auch darum ging, ob die TĂŒrkei nĂ€her an die EU heranrĂŒckt, schaltete Rasmussen sein Mikrofon frei. Mit diplomatischen Folgen fĂŒr den ganzen Alten Kontinent.
Dank der Wanze an Rasmussens Revers weiĂ jetzt die geneigte Ă-ffentlichkeit, dass Frankreichs StaatsprĂ€sident Jacques Chirac Angst vor den heimischen Bauern hat und deswegen an den Agrarsubventionen nicht rĂŒtteln darf. Ein 45-minĂŒtiger Fernsehbeitrag, gespeist aus den geheimen Mitschnitten, diskreditiert die EU-Politik als ein einziges Geschacher und Gefeilsche.
Peinlich fĂŒr die deutsche Bundesregierung, fĂŒr AuĂenminister Joschka Fischer ist demnach das Lavieren in der TĂŒrkei-Frage."Hab ich dir schon gesagt, dass Joschka Fischer innerhalb von zwölf Stunden dazu drei verschiedene Meinungen hat?", fragt DĂ€nemarks AuĂenminister Per Stig Moeller den MinisterprĂ€sidenten Rasmussen."Er hat mir gesagt, dass unbedingt die eine oder andere Form der Angliederung gefunden werden mĂŒsse, aber dass die TĂŒrkei niemals Mitglied der EU sein wird", plaudert Moeller laut Fernsehbeitrag weiter aus.
Ein diplomatischer GAU. Umgehend musste Berlin in Ankara erklĂ€ren, dass die Haltung der Bundesregierung zu einem tĂŒrkischen EU-Beitritt positiv sei. Ob die Wogen damit geglĂ€ttet werden können, ist offen.
Auch Russlands StaatsprÀsident Putin kommt dank Rasmussens Wanze schlecht weg. Auf kritische Fragen von Journalisten zum Tschetschenien-Krieg mault er vernehmbar"Banditen" ins Mikrofon.
Rasmussens nordische Transparenz hat halb Europa blamiert, denn auch Bundeskanzler Gerhard Schröder bekommt in dem Beitrag sein Fett weg. Rasmussen war verĂ€rgert, dass ihm Schröder beim Kopenhagen-Gipfel die Show gestohlen hatte, als er den Durchbruch bei den Agrarverhandlungen mit Polen verkĂŒndete, bevor Rasmussen sich als erfolgreicher EU-RatsprĂ€sident feiern lassen konnte. Die Verstimmung auf dem Alten Kontinent ist jedenfalls hinter den Kulissen spĂŒrbar. Und niemand der Staats- und Regierungschefs möchte gerne an seine lobenden Worte fĂŒr Rasmussen nach dem Kopenhagener EU-Gipfel erinnert werden.
Allerdings: So ĂŒberraschend kommt die dĂ€nische Offenheit nicht ĂŒber Europa. 1995 sorgte schon einmal skandinavische Transparenz fĂŒr Unmut in der EU. Die dĂ€nische Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard hatte ohne Wissen der EU-Behörde ihr privates Tagesbuch ĂŒber den europĂ€ischen Alltag in BrĂŒssel veröffentlicht und aus dem NĂ€hkĂ€stchen geplaudert. In der EU finde sich eine"Ansammlung von Heuchlern und Intriganten", schrieb sie damals. Einige Spitzenpolitiker, wie der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, seien"ganz eindeutig abwesend", Jacques Chirac sei ein"unhöflicher Gastgeber". Und ihr oberster Dienstherr, der damalige EU-KommissionsprĂ€sident Jacques Santer, sei ein"SchwĂ€chling". Die dĂ€nische Dame erhielt damals einen heftigen RĂŒffel, und fortan wurde es in BrĂŒssel einsam um sie. Das gleiche Schicksal droht jetzt auch Anders Fogh"die Wanze" Rasmussen.
Artikel erschienen am 26. Apr 2003
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Klingt nach einer Schön-Wetter-EU, wehe wenn mal StĂŒrme aufziehen...

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