- DB-Research: Zur geopolitischen Lage - Bär, 16.05.2003, 14:13
DB-Research: Zur geopolitischen Lage
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von deutsche bank research
www.deutsche-bank.de
Wichtiges fett
" Die Abwärtsrisiken für unsere Prognose sind weiter
ausgeprägt. Bisher konzentrierten sich die Risiken
auf die Entwicklung im Irak und im Nahen Osten. In
der US-Wirtschaft könnten jedoch auch tiefer
verwurzelte, ĂĽber die geopolitischen Unsicherheiten
hinausgehende Probleme bestehen.
...
Geopolitik: Spannungen
verringern sich vorerst
Nach dem raschen Ende des Irak-Kriegs stellt sich die
Frage nach den nächsten Stolpersteinen in den geopolitischen
Auseinandersetzungen. Werden die USA angesichts
der Schwierigkeiten im Vorfeld des Irak-Kriegs
zunächst keine weiteren Schritte im Kampf gegen den
Terrorismus unternehmen, oder werden andere mögliche
Gegner zumindest vorerst eine Kooperation vortäuschen?
Selbst nach dem Ende des Kriegs erhöhen
die USA ihre Bodentruppen im Irak weiter. Es ist bereits
durchgesickert, dass die USA planen, geraume Zeit im
Irak militärisch präsent zu sein. Vom Irak aus kann auf
alle wichtigen Länder in der Region Druck ausgeübt
werden. Die entscheidende Frage ist, ob es durch
dieses Potenzial zu weiteren militärischen Auseinandersetzungen
oder zu einer Beruhigung der geopolitischen
Spannungen kommen wird.
• Die US-Truppen ziehen bereits aus der Türkei ab.
Auch der Abzug von den Basen in Saudi-Arabien hat
begonnen. Auf mittlere Sicht dürfte die militärische
Präsenz der USA in Saudi-Arabien gering bleiben. In
den Staaten am Persischen Golf sollten die zahlreichen
dem Iran gegenĂĽber liegenden Basen
weiter bestehen. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass
Syrien, der Iran und andere Länder bei einer Truppenpräsenz
im Irak jetzt von US-Truppen eingeschlossen
sind (wenn der Ring auch schwach sein
mag). Angesichts der raschen Verlagerung der USTruppen
wird sich auch in einigen Wochen das
Zeitfenster schlieĂźen, in dem Nordkorea die Ablenkung
der USA durch den Irak-Konflikt nutzen kann,
um einen ernsthaften Zwischenfall zu inszenieren.
• Die schweren Bomber sind ebenso wie drei der
sechs Flugzeugträgerverbände in die USA zurückgekehrt.
Die Flugzeugträger waren lange stationiert
und mĂĽssen ĂĽberholt werden. Entsprechend werden
sie fĂĽr mindestens 3-4 Monate nicht zur VerfĂĽgung
stehen. Einer der Verbände wird in zwei
Wochen nach Japan zurĂĽckkehren. Damit sind zwei
Verbände nahe Korea stationiert - gerade zu dem
Zeitpunkt, an dem die Gespräche zwischen China,
den USA und Nordkorea in Peking unterbrochen
wurden. Zwei Flugzeugträgerverbände verbleiben
im Mittelmeer, einer im Persischen Golf. Normalerweise
ist ein Verband im Mittelmeer stationiert.
Blieben zwei Verbände im Mittelmeer, könnte dies
einerseits als Drohung gegenĂĽber Syrien in der
inzwischen abkĂĽhlenden verbalen Auseinandersetzung
verstanden werden, andererseits als
UnterstĂĽtzung bei neuen gewaltsamen Konflikten
im Irak dienen.
• Aus welchem Grund könnten die USA gegen Syrien
vorgehen? Die USA haben ihre Absicht kundgetan,
einer UnterstĂĽtzung irakischer Widerstandsnester
abzuhalten. Nach den Erfahrungen in der Auseinandersetzung
um den Irak scheint es, als ob sich diejenigen
Länder, die Widerstand gegen den Krieg
leisteten (z.B. Frankreich, Deutschland und
Russland), nicht nennenswert fĂĽr Syrien einsetzen
werden.
• Umfang und Zusammensetzung der syrischen Armee
ähneln derjenigen der irakischen. Die Truppen
verfĂĽgen ĂĽberwiegend ĂĽber veraltete sowjetische
AusrĂĽstung. Mit dem Irak als Basis wĂĽrde die
Organisation eines Angriffs auf Syrien fĂĽr die USA
ein deutlich geringeres diplomatisches Problem
darstellen. Es wird einige Monate dauern, bis die
Luftbasen im Irak betrieben werden können. Sobald
dies der Fall ist, benötigen die USA keine Startrechte
fĂĽr Luftbasen in der TĂĽrkei, Saudi-Arabien,
Kuwait oder den Golfstaaten und keine Ăśberflugrechte
für andere Länder mehr. Die Entfernung zu
Zielen in Syrien wäre deutlich geringer. Die
Einsatzflüge von den Flugzeugträgern im Mittelmeer
aus wären deutlich kürzer. Insgesamt wären
Luftschläge daher effizienter als im Irak. Deshalb
dĂĽrfte Syrien zumindest vorĂĽbergehend zu einem
Kompromiss bereit sein.
• Ist die Anzahl der Präzisionswaffen weiterhin ein
Faktor, der den möglichen Zeitpunkt eines Kriegs
bestimmen kann? Die Bestände an JDAM-Präzisionsbomben
waren ein Faktor, der Einfluss auf
den Zeitpunkt des Irak-Kriegs hatte. Bis einschlieĂźlich
April dĂĽrften insgesamt etwa 31.000 JDAMBomben
gebaut worden sein. Bis zum 13. April
wurden insgesamt 23.000 Präzisionswaffen eingesetzt.
Wenn davon (wie schon in Afghanistan) rund
50% JDAM-Bomben waren, stehen noch ĂĽber
19.000 Bomben zur VerfĂĽgung. Zieht man davon
10.000 als Reserve fĂĽr einen eventuellen Kriegsfall
ab, dĂĽrfte immer noch eine ausreichende Menge an
Präzisionswaffen bereitstehen. Innerhalb der nächsten
drei Monate soll die Produktion etwa 2.800 pro
Monat betragen. Dies hat zur Folge, dass die
Verfügbarkeit der Waffen kein einschränkender
Faktor sein wird.
• Innerhalb der nächsten vier Monate dürfte keine
größere Konfrontation bevorstehen. Vielmehr ist
mit parallel verlaufenden Drohungen und vor allem
Verhandlungen zu rechnen. Wenn Korea, Syrien
oder der Iran den USA jedoch nicht bis
September/Oktober Zugeständnisse machen,
dürfte sich der Ton dann wieder verschärfen.
Peter Garber, (1) 212 250-5466

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