- Der Niquet zum Wochenende - Zardoz, 16.05.2003, 17:08
- Re: Der Niquet zum Wochenende / wie immer schwach und überflüssig - marocki4, 16.05.2003, 17:37
- Re: Der Niquet zum Wochenende / wie immer schwach und überflüssig - Turon, 16.05.2003, 19:33
- Re: damit wäre auch geklärt, dass Niquet Null Ahnung von Devisenhandel hat... - kingsolomon, 16.05.2003, 20:34
- Re: Der Niquet zum Wochenende / wie immer schwach und überflüssig - marocki4, 16.05.2003, 17:37
Der Niquet zum Wochenende
-->16.05.2003 - 15:23 Uhr
Der Dollar-Unsinn
- von Bernd Niquet -
Der Dollar fällt - und parallel dazu steigen die Sorgen der
Finanzmärkte, dass es den USA bald nicht mehr
gelingen könnte, ihr Handelsbilanzdefizit zu finanzieren.
So etwas zu behaupten ist jedoch vollkommener Unsinn,
weshalb das Volk der Finanzleute auch eher ein wenig
an das Dorf der unbezwingbaren, rauflustigen Gallier
erinnert, deren Anführer Majestix von der einzigen Sorge
belastet wird, der Himmel könne ihm auf den Kopf fallen.
Die Herren des Geldes regieren zwar die Welt, doch der
Kopf ist ihnen verloren gegangen - so sie ihn denn
überhaupt jemals richtig besessen haben.
Dass ein Land ein Handelsbilanzdefizit aufweist und es
nicht finanzieren kann, diesen Fall gibt es nicht. Er ist
logisch ebenso unmöglich wie eine Situation, in der uns
der Himmel auf den Kopf fällt. Leider hat sich das in der
hochbezahlten Gilde der Finanzmarkt-Teilnehmer noch
nicht herumgesprochen. Aber warum auch? Es ist doch
so wunderbar lukrativ, sich endlich wieder einmal so
richtig schöne Sorgen zu machen.
Wenn ein Land ein Handelbilanzdefizit eingehen würde,
welches sich als nicht finanzierbar erweist, dann wäre
das, als würde jemand einen Kredit aufnehmen, ohne
dabei Schulden zu machen. So etwas geht schlichtweg
nicht, und zwar deshalb, weil „Kredit aufnehmen“ und
„Schulden machen“ miteinander identisch sind und
daher - selbst gedanklich - nicht voneinander getrennt
werden können.
Und nicht anders ist es in den internationalen
Handelsbeziehungen. Im selben Moment, in dem die
USA Waren aus dem Ausland kaufen, müssen sie sie
entweder in bar bezahlen oder eine Verbindlichkeit
eingehen. Doch genau damit ist ihr Defizit bereits
finanziert. Und Punkt. Ende der Geschichte.
Eine völlig andere Fragestellung ist es hingegen, was
diejenigen, die den USA die Waren geliefert haben, nun
mit ihren Dollars, beziehungsweise Dollarforderungen
machen werden. Wenn sie sie halten wollen, wird der
Dollar stabil bleiben. Wollen sie sich jedoch von ihnen
trennen, dann wird der Dollar im Kurs fallen. Die
Finanzierung des Handelsbilanzdefizit bleibt davon
natürlich völlig unberührt. Sie ist bereits mit der Existenz
des Defizits passiert, und alles, worum es jetzt geht, ist,
wer die entsprechenden Forderungen zu welchem Preis
in seinem Besitz hält.
Nun könnte man natürlich einwenden, dass bald
niemand mehr an die USA etwas liefern will, weil jeder
befürchtet, der Dollar könne weiter sinken. Das ist zwar
logisch möglich, aber reichlich unwahrscheinlich. Denn
sofort, wenn ein Marktteilnehmer den Markt verlässt,
werden sofort zwei weitere nachrücken, die brennend
gerne liefern wollen. Möglicherweise werden die Importe
für die USA damit teurer, was jedoch nur dazu führen
würde, dass sich das Problem des Handelsbilanzdefizit
durch das Verschwinden dieses Defizits von selbst löst.
Und der Rest der Welt, der jetzt so laut klagt, wird dann
offen in Tränen ausbrechen.
Noch entscheidender ist jedoch, dass die Umsätze auf
den Devisenmärkten, die rein finanzieller Natur sind,
diejenigen, die ein Warengeschäft zum Hintergrund
haben, in etwa mit einer Quote von 100:1 dominieren.
Warum sollte daher eine Weltwährung wie der Dollar an
einem derartigen Wurmfortsatz von Warenverkehr zu
Grunde gehen? Und es kommt noch etwas weiteres
hinzu: Das Konzept der nationalen Handelsbilanzen
stammt aus einer Zeit, als noch niemand den Begriff
„Globalisierung“ so recht schreiben konnte. Nach diesem
Konzept werden nämlich Vorprodukte, die
US-Unternehmen von US-Unternehmen mit Sitz auf den
Bermudas beziehen, als Importe gefasst. Und
Finanztransaktionen nur dann erfasst, wenn sie sich
auch erfassen lassen.
Das bedeutet: Dass große Teile der
US-Staatsverschuldung in den Händen ehrlicher und
stockkonservativer Japaner liegen, wird gemeinhin als
Damoklesschwert gesehen, welches über den
Weltfinanzen schwebt. Dass Teile der bundesdeutschen
Staatsschuld hingegen auf gewaschenen Depots der
Mafia schlummern, bekümmert zu Recht niemanden.
Bernd Niquet, im Mai 2003.
E-Mail: berndniquet@t-online.de

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