- Verschuldungszwang? - @dottore -- Elli --, 29.05.2003, 12:16
- Re: Verschuldungszwang? - dottore, 29.05.2003, 15:32
- Re: Verschuldungszwang? / Danke, das hat wieder etwa erhellt oT (owT) - @dottore - Elli -, 29.05.2003, 18:47
- Mann, dottore, machst Du's wieder kompliziert! - Frank, 29.05.2003, 23:46
- Re: Verschuldungszwang? - dottore, 29.05.2003, 15:32
Re: Verschuldungszwang?
-->Hi,
Tassie Davil hatte das allerbestens erklärt und insofern ist dem eigentlich nicht hinzuzufügen.
Vielleicht darf ich's trotzdem nochmal von einer anderen Ecke her beleuchten:
Das Wort"Verschuldungszwang" nehmen wir mal als etwas Personales und fragen:
Kann jemand in den Status des Schuldners gezwungen werden?
Dabei lassen wir offen, um welche Form, Gestalt oder welches"Schuldmaterial" es sich handelt.
Wollen A und B zwei Dinge, Waren, Sachen tauschen, tauschen sie diese zum bestimmten Termin (normalerweise: sofort, also uno actu), es kann sich aber auch um einen"verzögerten Tausch" handeln.
Dann ist der mit der verzögerten Leistung die Sache, Leistung usw. zu dem vereinbarten Zeitpunkt schuldig, was aber nicht bedeutet, dass er sich"verschuldet" hat, sondern, dass er eben dann und dann leisten muss.
Um diese Leistung zu sichern, sollte tunlichst (muss aber nicht) ein Leistungsversprechen in irgendeiner Form niedergelegt sein. Wenn es nur"Zeugen" sind, passiert auch weiter nichts. Etwas anderes: Wenn das Leistungsversprechen irgendwie"schriftlich", also auf einem gesonderten Dokument festgehalten wird.
Dieses Dokument ist - entsprechende Rechtssicherheit usw. vorausgesetzt - dann genau die Leistung wert, die es"verbrieft", allerdings ist die Leistung nur zum Termin und nicht auf Sicht abholbar.
Will nun derjenige, der das Leistungsversprechen verbrieft (und ergo"besichert", wobei es natürlich auch noch eine Klausel über Ersatzleistung wie Pfand usw. geben kann) die Leistung früher haben als er sie aufgrund des Dokuments erhalten würde, kann er versuchen, das Dokument an einen Dritten zu verkaufen. Ob er einen solchen Dritten findet, ist offen.
Findet er ihn, wird der Dritte dem mit dem Dokument nicht die Leistung geben, die der mit dem Dokument erst zum Termin bekommen würde (und er, der Dritte, selbst natürlich auch nicht), sondern weniger als die Leistung, sagen wir statt 100 % nur 90 %.
Der Dritte gibt also 90 sofort und erhält die 100 zum Termin. Die Differenz (10) ist gerechnet auf die 90 der"Zins", den der Dritte bekommt. Verschuldet hat sich keiner der Drei. Und es war auch niemand gezwungen, sich zu"verschulden". Damit ist die Sache dann beendet. Der aus (Gegen-)Leistung zum Termin Verschuldete leistet zum Termin (was er ohnehin vorgehabt hatte).
Zu fragen ist also nach etwas anderem, nämlich ob es eine Möglichkeit gibt, jemand in den Status des Schuldners zu versetzen, ohne dass er in diesen Status (wie eben) kommen wollte.
Kann also A den B in einen Schuldner-Status versetzen, obwohl B dies nicht - wie oben - freiwillig und von sich aus wollte?
Dies ist, wie leicht erkennbar, nur möglich, wenn A gegenüber B etwas einsetzen kann, das B zu seinem Schuldner macht (egal in was) - ohne, dass diese"Verschuldung" auf einer freiwilligen Vereinbarung beruht, also B eine Leistung von A erhalten hat, die er mit einer Gegenleistung (später) beantwortet.
Damit sind wir wieder mitten in der Staats- bzw. Zwangs- und Machtdebatte, die schon ausführlich durchdekliniert wurde und auf die ich deshalb nur noch einmal aus meiner Sicht kursorisch abhandeln will:
Hat A es geschafft (seine dazu erforderlichen Vorfinanzierungskosten außen vor), B zum Schuldner zu machen (Schuldhöhe plus Fälligkeitstermin!), muss B also zum Termin leisten. Was er zu leisten hat, ist tributum oder census.
Ob B leistet oder nicht, ist seine sache, wobei er die Sanktionskosten, die ihm entstehen zu berücksichtigen hat. Gibt es diese Kosten nicht, wird er selbstverständlich nicht leisten.
Wann entschließt er sich zu leisten, obwohl er zum Termin das an A zu Leistende nicht zur Verfügung hat?
Offensichtlich nur, wenn er jemand finden kann, der ihm das zu Leistende anbieten kann, das er selbst nicht hat. Dabei wird er wiederum abwägen, ob er das Angebot annimmt oder die Sanktionkosten trägt. Nimmt er das Angebot an, muss dieses günstiger sein als die Sanktionskosten.
Was er für das Angebot zu bezahlen (leisten) hat und zwar solange, bis er selbst das zu Leistende zur Verfügung hat, ist Sanktion minus X = usura, also jenes Phänomen, an dem sich seit eh und je die großen und kleinen Geister reiben ("Wucher" etc.).
Haben wir ein solches"System", wird jeder daran (passiv) Beteiligte versuchen, das zu Leistende möglichst zum Termin zur Verfügung zu haben, um die mit usura verbundene"Ersatzleistung" (von einem anderen zum Termin zur Verfügung gestellte) zu vermeiden, was natürlich nicht jedem gelingen kann.
Damit ist dann der bekannte (debitistische)"Druck" im System, permanent mehr an Leistung zu erbringen, was den bekannten"Kapitalismus" ausmacht und dem vor allem dann nicht zu entkommen ist, wenn das zu Leistende vom ursprünglichen Leistungsabforderer selbst festgesetzt wird (woraus auch immer es bestehen mag, heute ist es das verehrliche GZ, auf welches lautend die Versetzung der Bevölkerung in den Schuldnerstatus stattgefunden hat).
Ich hoffe, mich nicht wieder unnötig verplaudert und Zeit gestohlen zu haben.
Herzlichen Gruß!

gesamter Thread: