- Augenzeuge von drei Inflationen - EUKLID, 22.10.2000, 18:31
- und was ist mit den gütern im warenkorb - Bart, 22.10.2000, 19:17
- Re: und was ist mit den gütern im warenkorb - Diogenes, 22.10.2000, 21:24
- Re: Augenzeuge von drei Inflationen - Dr. Muthesius war ein Großer! Alles stimmt - dottore, 22.10.2000, 19:21
- Re: Augenzeuge von drei Inflationen / WUNDERBAR! - JüKü, 22.10.2000, 20:34
- Re: SUPER Beitrag - danke! - Baldur der Ketzer, 22.10.2000, 21:29
- Re: SUPER Beitrag - danke! - Oldy, 22.10.2000, 23:22
- und was ist mit den gütern im warenkorb - Bart, 22.10.2000, 19:17
Augenzeuge von drei Inflationen
Ich habe mir am Wochenende das Buch mit o.g. Titel von Volkmar Muthesius durchgelesen (2. Auflage, Oktober 1973). Besorgt habe ich mir dies aus dem Antiquariat. Folgende Angaben versetzten mich in Staunen:
1. Der Postbote kam 1912 täglich vier mal. Was für ein Service! Heute freuen wir uns, wenn es überhaupt noch eine Postfiliale in unserer Gemeinde gibt.
2. Man legte sich zehn Zentner Kartoffeln in den Keller. Das ist überhaupt nicht dumm, denn zumindest hat man damit ein halbes Jahr was zu beißen. Aber in unserer Minimalgesellschaft wird ja jetzt oft der Keller eingespart. Braucht man angeblich nicht mehr im Zeitalter des Atomstroms, der Zentralheizungen und der Erdgasversorgung. Frieren und nichts zu Beißen ist vermutlich eine Todeskombination.
3. Spätsommer 1922: Mit einem Dollar je Person konnte man eine Woche im Spessart unterwegs mit Mann und Frau sämtliche Kosten abdecken. Das äquivalent betrug 575 DM = 1 Dollar. Schlechtes Geld ist das größte Unglück das ein Volk treffen kann. Dieser Spruch wird scheinbar momentan beim Euro gerade in die Tat umgesetzt.
4. Das Wort Staatsbankrott wollte ein Notenbankfachmann überhaupt nicht hören. Er sagte immer"ei was! Der Staat macht nicht bankrott, er läßt seine Gläubiger bankrott gehen!"
5. Zum Thema Konvertibilität: Im Jahre 1911 beschlossen fünf Abiturienten des Wilhelm-Ernst-Gymnasiums in Weimar nach der Abgangsfeier nicht nach Hause zu gehen sondern stande pede direkt zum Bahnhof und nach Paris zu reisen. Sie sandten vor der Abfahrt einen Boten zu ihren Eltern und ließen ihnen ausrichten, sie möchten sich bitte gedulden, nach drei Tagen würden sie wieder heimkehren. Dies wurde nicht geglaubt. Man bekam zu hören Pässe, Visa, Reisedevisen. Antwort: Einen Pass brauchte man vor dem ersten Weltkrieg nur zur Reise nach Rußland. Die gesamte übrige Welt stand jedem offen. Devisen gab es nicht. Man zahlte in Paris mit deutschen Goldstücken wie andernorts auch oder man wechselte das Goldstück in Francs ein in jeder Wechselstube, auf jeder Bank ohne Formalitäten. Hier gab es noch Freizügigkeit des Menschen und des Geldes.
6. Inflation
a) Inflation muß nicht unbedingt am Preis festgemacht werden und ist auch gegeben wenn die Qualität sinkt da dies kaum quantifizierbar ist.
b) Wenn die Maße und Gewichte mißhandelt werden. Bei manchen Bäckern müßte heute tatsächlich wieder die Bäckertaufe eingeführt werden.
c) Bei gleichbleibenden Preisen die Packungen nicht mehr soviel enthalten. Beispiele: In den fünfziger Jahren gab es noch massenweise 0,7-Liter Gläser (großes Bier). Danach gab es nur noch 0,5-Liter Gläser (kleines Bier). Inzwischen ist das große Cola oder sogar Bier schon im 0,4-Liter Glas. Weiteres Beispiel für ständige Verteuerung: Zigaretten (weniger Inhalt oder bevor nichts mehr in der Schachtel ist Verteuerung der Schachtel und dann wieder von vorne)
d) Der Service läßt nach. Haben wir überhaupt noch einen?
e) Die Arbeitsmoral sinkt
f) Ohne das an den Preisen manipuliert wird sind oben genannte Fakten der Beginn und sicheres Symptom für den Geldwertverfall.
g) Preisstop durch den Gesetzgeber deuten auf alle Fälle massiveren Beginn an. Dies blüht vielleicht partiell bald bei den Mieten. Dann sorgt die sozialistische Regierung dafür, daß garantiert keine Wohnungen mehr gebaut werden.
h) Für den Baldur den Ketzer: Ketzer sind Leute, die solange verfolgt werden, bis man ihnen folgt (H. de Montherlan)
Euklid (ehemals RL)
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