- Und weiter geht's: Tausende Demonstranten in Iran verlangen Reformen - marocki4, 11.06.2003, 13:53
- und noch weiter: Rumsfeld - Iran könnte bald Nuklearwaffen besitzen - marocki4, 11.06.2003, 14:02
Und weiter geht's: Tausende Demonstranten in Iran verlangen Reformen
-->Tausende Demonstranten in Iran verlangen Reformen
- von Jon Hemming -
Teheran, 11. Jun (Reuters) - Tausende Iraner haben am
Mittwoch in Teheran auf der größten Demonstration seit Monaten
Reformen in der Islamischen Republik gefordert.
Rund 3000 Demonstranten versammelten sich auf dem Platz vor
der Universität und warfen in Sprechchören den einflussreichen
Geistlichen vor, die Freiheiten zu beschränken. Die
reformorientierte Regierung von Präsident Mohammad Chatami
kritisierten sie, weil sie die Geistlichen nicht im Zaum halte.
Viele Demonstranten waren dem Aufruf von in den USA ansässigen
Exil-Sendern gefolgt. Die Kundgebung begann als Versammlung von
Studenten, die gegen die Privatisierung der Universitäten
protestierten. Dann strömten immer mehr Menschen dazu.
Die letzte große Kundgebung hatte Ende vergangenen Jahres
stattgefunden, Protest-Aufrufe der Exil-Sender waren damals
weithin ignoriert worden. Anwohner sagten, die Slogans, die die
Demonstranten diesmal riefen, seien die radikalsten seit den
Unruhen vor vier Jahren."Die politischen Gefangenen müssen
befreit werden", rief die Menge auf einem Platz nahe der
Universität, wo schon 1999 Demonstranten Reformen verlangt
hatten.
Mehrere Motorräder wurden in Brand gesteckt. Die
Schaufenster einiger Geschäfte und einer staatlichen Bank gingen
zu Bruch. Polizei in Uniform und Zivil ging mit Schlagstöcken
gegen die Menge vor und löste sie ohne größere
Auseinandersetzungen auf. Eine Hand voll Menschen wurden
festgenommen.
Viele Iraner haben ihr Vertrauen in Chatami verloren, weil
er bislang keine großen Fortschritte gemacht hat, die seit 24
bestehende Islamische Republik zu reformieren. Konservative
Kleriker besetzen noch immer wichtige Positionen im Land. Zudem
sorgen hohe Arbeitslosigkeit und strenge religiöse Regeln für
Unzufriedenheit der überwiegend jungen Bevölkerung. Rund 70
Prozent der Iraner sind jünger als 30 Jahre und haben keine
Erinnerung an die Zeit vor der Revolution.
EXPERTEN: ERWARTEN WEITERE UNRUHEN ANFANG JULI
Politische Analysten rechnen mit weiteren Unruhen vor dem
Jahrestag der Studentenunruhen 1999 Anfang Juli."Es besteht ein
enormer politischer und sozialer Druck auf die iranische
Gesellschaft, so dass solche Proteste normal und unvermeidlich
sind", sagte ein Analyst."Wir können in Zukunft mit weiteren
Protesten rechnen."
"Ich habe im Fernsehen gehört, dass sich die Studenten
versammelt haben", sagte eine 46-jährige Frau."Ich bin
gekommen, um (US-Außenminister) Colin Powell zu sagen, dass wir
einen Wandel wollen." Powell hatte am Sonntag im
US-Fernsehsender CNN gesagt, seine Regierung arbeite daran, die
iranische Bevölkerung zu überzeugen, ihre Land von innen heraus
zu verändern. Damit würde Iran ein weniger störendes Mitglied
der Weltgemeinschaft. Der iranische Außenminister Kamal Charrasi
wies die Bemerkung Powells zurück."Powell sollte wissen, dass
eine Einmischung der USA die Entschlossenheit und die
Solidarität der Iraner verstärken wird."
Die USA haben nach der Islamischen Revolution 1979 ihre
diplomatischen Beziehungen zu Iran gekappt. Im Zuge der
Revolution war der von den USA unterstützte Schah Reza Pahlewi
gestürzt worden, und die Geistlichen unter Führung des aus dem
Exil zurückgekehrten Ajatollah Chomeini kamen an die Macht.
Die USA werfen dem Iran vor, nach Massenvernichtungswaffen
zu streben. Iran hat dies zurückgewiesen und erklärt, sein
Atomprogramm diene ausschließlich der friedlichen nutzung der
Atomenergie.

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