- Die USA leiden an Erdgas-Knappheit - Stephan, 15.06.2003, 12:38
Die USA leiden an Erdgas-Knappheit
--><h3>Kräftige Preissteigerungen - keine rasche Abhilfe in Sicht </h3>
Neue Zürcher Zeitung/kk. New York, 13. Juni
Es ist schon ungewöhnlich, wenn sich Amerikas oberster Notenbanker Alan Greenspan vor dem Kongress zum Thema Erdgas äussern muss, so wie es am vergangenen Dienstag geschehen ist. Sein Rat war zu einem Thema gefragt, das in den USA derzeit sehr ernst genommen wird. Amerika wird von einem historischen Höchststand bei den Erdgaspreisen geplagt, ein Faktum, das nach Ansicht der primär Betroffenen sogar auf die Konjunktur durchschlagen könnte. Gekennzeichnet wird der amerikanischen Erdgasmarkt gegenwärtig durch eine explosive Kombination von steigender Nachfrage, knappem Angebot, niedrigen Reserven und der Unfähigkeit, rasch grosse Erdgasmengen zu importieren.
In dieser Woche lag der Preis für 1 Million British Thermal Units (BTU) Erdgas an der New York Mercantile Exchange bei $ 6.33. Vor einem Jahr hatte er noch $ 3.65 betragen. Im Winter 2001 waren die Preise bereits einmal auf 10 $ gestiegen, ein Szenario, das sich nach Ansicht von Experten wiederholen kann, zumal der Erdgasverbrauch in den kommenden Jahren sprunghaft ansteigen dürfte. Bis 2025 wird mit einem um 65% höheren Bedarf an dem vergleichsweise umweltfreundlichen Energieträger gerechnet. Gemäss Informationen des US-Energieministeriums sind die eingelagerten Erdgasreserven momentan um 38% niedriger als vor einem Jahr.
Betroffen sind zunächst einmal diejenigen Branchen, die direkt auf billiges Erdgas angewiesen sind. So sahen sich die amerikanischen Düngemittel-Hersteller bereits gezwungen, ein Fünftel ihrer Kapazitäten ausser Betrieb zu nehmen. Greg Lebedev, Präsident des American Chemistry Council, eines Interessenverbands der chemischen Industrie, sieht kaskadenhafte Auswirkungen und einen Dominoeffekt für andere Branchen, wenn eine Industrie von der Bedeutung der Chemie durch die hohen Kosten für den Energieträger in Mitleidenschaft gezogen werde.
Gesteigert werden kann die Produktion kurzfristig kaum. Nach den Schätzungen der US- Regierung wird die Gasförderung in den USA im laufenden Jahr um 2% sinken. Die Gasanbieter fordern daher, dass die Einschränkungen bezüglich der Exploration von unerschlossenen Gasreserven in den USA gelockert werden und dass die Branche einen besseren Zugang zu Reserven erhält, die sich unter Grund und Boden im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. Die US- Regierung soll auf bis zu 40% der noch nicht geförderten US-Gasreserven sitzen. Dabei handelt es sich oftmals um geschützte Gebiete wie Nationalparks, die für die Förderung «off limits» sind.
Importe können kurzfristig auch keine Erleichterung bringen, auch wenn Greenspan derartige Möglichkeiten als ein wichtiges «Sicherheitsventil» für den Markt erachtet. In den USA gibt es lediglich vier Terminals, in denen Tanker mit verflüssigtem Erdgas (Liquified Natural Gas, LNG) anlegen und entladen können. Im vergangenen Dezember wurde erstmals seit 35 Jahren wieder der Bau eines neuen LNG-Terminals genehmigt. Geplant sind gegenwärtig zwei Einrichtungen. In Betrieb gehen können die Anlagen frühestens 2006 bzw. 2007. - Über eines sind sich die Beobachter jedoch einig. Die hohen Preise sind nicht auf die Fehlfunktion eines dilettantisch deregulierten Marktes zurückzuführen - so wie dies für den Strommarkt der USA gilt. Der Markt funktioniert, wobei der Preisschub nicht in einer möglichen Dysfunktionalität, sondern schlicht in der Knappheit des Angebot begründet ist.
GruĂź
Stephan
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