- OT: Fleeced by Anti-Drug Ads / Artikel mises.org - - Elli -, 16.06.2003, 18:43
- Die verlogene Doppelmoral der amerikanischen Drogenpolitik - HB, 16.06.2003, 19:56
- Afganistan - HB, 16.06.2003, 20:15
- Afghanistan schreibt sich natürlich so (owT) - HB, 16.06.2003, 20:15
- Afganistan - HB, 16.06.2003, 20:15
- Die verlogene Doppelmoral der amerikanischen Drogenpolitik - HB, 16.06.2003, 19:56
Die verlogene Doppelmoral der amerikanischen Drogenpolitik
-->Eines der"Geheimnisse", warum die Lage in Afghanistan relativ ruhig ist, ist, neben massiven Bargeldzahlungen der Amerikaner an die lokalen Warlords, die Tatsache, dass die Amerikaner den Afghanis weitgehend freie Hand beim Drogenanbau und beim Drogenhandel geben. Das System ist nicht neu, Andreas von Bülow widmet dem Thema in seinen Buch"Im Namen des Staates" dutzende Seiten:
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Rauschgifte:
Schmiermittel der Geopolitik
Noriega -Figur im
globalen Spiel
Das Duell der beiden Waffenkanäle um den Gewinn aus der Beliefe-rung
des Irans, aber auch die Sorge Israels über die Machenschaften
der CIA, einen nuklear und chemisch aufgerüsteten Gegner in Nah-ost
zu erhalten, führten zur Entdeckung bislang strikt verborgen ge-haltener
Geheimdienstverbindungen, die tiefe Einblicke in geheim-gehaltene
Methoden und Personenzuordnungen eröffnet. So wurde
die instrumentale Bedeutung Panamas und seines Diktators Noriega,
eines langjährigen CIA-Mitarbeiters, öffentlich bekanntgemacht. In
den Anhörungen des US-Kongresses ebenso wie in der amerikani-schen
Presse erschienen Hinweise auf den Drogenverkehr über
Panama in die Vereinigten Staaten, der über die Kanäle der von der
Oliver-North-Gruppe ebenso wie Teilen der CIA mit Rat und Tat wie
mit Waffen gestützten Contra-Bewegung lief 202.
In Nicaragua war es den sogenannten Sandinistas, einer zunächst
sehr breit angelegten und volkstümlichen Rebellenbewegung, gelun-gen,
den von den USA gestützten, jedoch verhaßten Diktator Somoza
und dessen Armee niederzuringen 203. Die Sandinistas hatten eine
sich aus unterschiedlichen Gruppen zusammensetzende Revoluti-onsregierung
gebildet, die sich unter anderem die Landreform, die
allgemeine Volksgesundheit und die Alphabetisierung zum Ziel ge-setzt
hatte. Die katholische Kirche war über eine Reihe von Würden-trägern,
die ein Ministeramt bekleideten, beteiligt 204. Da die Reform-ansätze
Amerikas Interessen berührten und auch marxistische
Ansätze in der neuen Regierung vertreten waren, mußte naturgemäß
die Unterstützung der Reagan-Administration tendenziell geringer
ausfallen und, im System der kommunizierenden Röhren des Ost-West-
Konfliktes, die des sogenannten sozialistischen Lagers entspre-chend
größer werden. Auf amerikanischen Druck drang der Vatikan
auf Rückzug der katholischen Kirchenvertreter aus der Regierung.
Es kam sehr schnell zu Spannungen und dem Einsatz von soge-nannten
Freiheitskämpfern, die sich in El Salvador, Guatemala und
Honduras aus Angehörigen der ehemaligen Somoza-Milizen zusam-mensetzten
205. Die USA unterstützten die Contras zunächst aus Mit-teln
des Bundeshaushalts mit militärischen und humanitären Gütern.
Darüber und über das oft brutale, sinnlose Vorgehen der Söldner-truppe
kam es zu öffentlichen Auseinandersetzungen und schließlich
zu einer Entschließung des mehrheitlich demokratisch zusammenge-setzten
Kongresses, wonach Mittel für den bewaffneten Kampf der
Contra-Rebellen aus dem Bundeshaushalt nicht mehr zur Verfügung
gestellt werden durften (Boland-Amendments). Präsident Reagan,
der sich den Contras verbunden fühlte, sie zu Freiheitskämpfern
emporstilisierte und nicht im Stich lassen wollte, sann mit seinen
politischen Freunden auf Abhilfe. Die Verbündeten, insbesondere
jene des ölreichen Nahen Ostens, sollten sich an der Finanzierung
des Contra-Kampfes beteiligen. Ob tatsächlich Gewinne aus den
Waffenverkäufen an den Iran für den Kauf und die Lieferung von
Waffen an die Contras abgezweigt wurden, erscheint eher zweifel-haft.
Die Israelis waren hierzu nicht bereit. Die Waffenhändler ver-mutlich
auch nicht. Genaue Aufzeichnungen oder gar Abrechnungen
gibt es nicht, wurden von den Kongreßausschüssen, die sich des The-mas
annahmen, auch nie eingefordert. Die Vermutung liegt nahe, daß
das Geld etwa aus arabischen Quellen oder aus Spenden wohlhaben-der
Privatleute nur der Schirm war, hinter dem sich weitaus ge-wichtigere
Finanzierungen verbargen, die noch mehr das Licht der
Ã-ffentlichkeit zu scheuen hatten, als dies bei Abzweigungen aus
dem illegalen Waffenhandel mit dem Iran der Fall war 206. Man hat
es folglich nicht mit dem Iran-Contra-Skandal zu tun, sondern mit
zwei ganz gesondert zu betrachtenden Skandal-Szenarien.
Hinflug: Waffen und Bargeld der CIA,
Rückweg: Rauschgift
Die Waffen für die Contras wurden in der Regel mit Privatflugzeu-gen
aus Florida und anderen Südstaaten der USA nach Panama, Hon-duras,
Guatemala und El Salvador transportiert, von wo sie in die
Hände der Contras in den Kampfregionen gelangten. Die Piloten
waren größtenteils Drogenschmuggler, die auf ihren Flügen zwi-schen
den USA und Kolumbien jeweils in Nicaragua, El Salvador
oder Panama zwischenlandeten. Folglich lag es nahe, daß beide Sei-ten
ihre Interessen zusammenspannten: die um Absicherung ihres
Drogenschmuggels vor Strafverfolgung besorgten Piloten einerseits
und die um verdeckte Hilfe für die Contras im Auftrag der Reagan-Regierung
bemühte CIA beziehungsweise deren Mittelsmänner
andererseits 207. Und in der Tat wurde man schnell handelseinig. Die
Piloten flogen Waffen, Kleidung und Munition in die Einsatzgebiete
und Bereitschaftsräume der Contras, tankten dort ihre Flugzeuge auf
und brachten auf dem Rückweg entsprechende Mengen an Kokain
und Marihuana mit 208. Peinlich für die CIA war dann 1986 der Ab-sturz
eines waffenbeladenen größeren Transportflugzeuges über
Nicaragua. Der einzige Überlebende ebenso wie die Borddokumente
wiesen auf Verbindungen zur CIA hin, zumal das Flugzeug der Flug-gesellschaft
Southern Air gehörte, die früher als ausgegründetes
Tochterunternehmen ständig im Einsatz der CIA unterwegs gewesen
war 209. Eine Zeugin in Kolumbien hatte des öfteren das Beladen von
Flugzeugen der Southern Air mit Kokain beobachten können. Sie
sagte auch aus, das Führungsmitglied des Medellin-Kartells, Jörge
Ochoa, habe sich gerühmt, bei der Lieferung von Kokain nach Flo-rida
mit der CIA zusammengearbeitet zu haben 210. Zu diesem Zweck
seien ein Bundesrichter, Zollbeamte und Luftraumkontrolleure in
Miami bestochen worden 211.
Die Anhörungen des Repräsentantenhauses und des Senates zum
Iran-Contra-Komplex vermitteln tiefe Einblicke in den Drogenhan-del
und dessen Nutzung durch die CIA 212, obwohl zwischen den füh-renden
Senatoren des Untersuchungsausschusses und jenen des für
die Geheimdienste zuständigen Ausschusses Einvernehmen darüber
bestand, die unmittelbare Verbindung der CIA mit dem Drogenhan-
del in den Anhörungen nicht aufscheinen zu lassen 213. Einige Zeugen
liefen vor ihren Aussagen Gefahr, entführt, gefoltert und ermordet zu
werden 214.
CIA -Rancher mit Landeplatz
für Waffen und Drogen
Aus den Zeugenaussagen ging unter anderem hervor, daß den Waf-fen-
und Drogenflugzeugen der Schmuggler eine Landepiste auf der
Ranch von John Hull in Costa Rica zur Verfügung stand, der seit Jah-ren
auf das engste mit der CIA zusammenarbeitete 215. Bei ihm wurden
sowohl die Waffen zur Abholung für die Contras als auch auf dem
Rückflug das Kokain zum Weitertransport in die Südstaaten der
USA zwischengelagert 216. Söldner, die im Dienste der CIA standen,
und deren CIA-Berater beherrschten die Szene 217. Die Drogenflieger
wußten über zu erwartende Drogenkontrollen in aller Regel im vor-aus
Bescheid; zudem veranlaßte die CIA ganz offensichtlich, daß
die Beamten der Drug Enforcement Agency (DEA) bei Contra-Flü-gen
das Kontrollieren auf den Zielflughäfen unterließen 218. Drogen-schmuggler,
die bei ihren oft millionenschweren Kokaingeschäften
erwischt worden waren, konnten meist durch kostenlose Mithilfe
beim Transport von Ausrüstungsgütern für die Contra-Operation im
Auftrag der CIA für sich den Schutz vor Strafverfolgung erwirken 219.
Daraus entstand im Laufe der Zeit der für die Strafverfolgungsbehör-den,
insbesondere des Bundesstaates Florida, höchst unerfreuliche
Zustand, daß in ein und derselben Schmugglerbande der eine, oft
sogar der Anführer und Besitzer einer ganzen Flugzeugflotte, dank
Protektion des Geheimdienstes sich vor Bestrafung schützen oder
zumindest dank den Privilegien der Kronzeugenregelung massive
Strafmaßerleichterungen aushandeln konnte, während seine Mitar-beiter
zuweilen langjährige Gefängnisstrafen verbüßen mußten. Um
so bereitwilliger packten letztere in den Anhörungen des Kongresses
über die Praktiken des Drogenhandels und die Übertölpelung der
Drogenabwehr aus 220. Der Rauschgiftausschuß des Parlamentes in
Costa Rica empfahl mit Zustimmung des ganzen Plenums, fünf Per-sonen
auf Dauer vom Betreten des Landes auszuschließen, weil sie
sich gesetzwidrig verhalten und dem Rauschgifthandel Tür und Tor
geöffnet hätten: die Mitglieder des Sicherheitsrates, Oliver North
und Generalleutnant Richard Secord, der Sicherheitsberater des ame-rikanischen
Präsidenten, Admiral Pointdexter, der frühere amerikani-sche
Botschafter in Costa Rica, Tambs, sowie der Chef der dortigen
CIA-Station, Joseph Fernandez. Darüber schwieg die amerikanische
Presse 221.
Drogenfahnder chancenlos:
Korruption und CIA vereiteln Erfolg
Die Tausende kleiner und größerer Inseln der vor der Küste von Flo-rida
liegenden Bahamas waren ebenso wie die Cayman-Inseln her-vorragend
als Drogenumschlagplätze geeignet. Aus Kolumbien kom-mend,
landeten Drogenpiloten mit ihren kleinen bis mittelgroßen
Maschinen auf einer Insel der Bahamas mit kleiner Landpiste oder
gar gewöhnlichem Verkehrsflughafen. Unmittelbar nach der Lan-dung
überreichte der Pilot dem Platzwart eine Gebühr, etwa 15 Pro-zent
des Wertes der Ladung, die dieser nach einem gewissen Selbst-behalt
an die Honoratioren der Insel und meist auch an die Mitglieder
der Regierung einschließlich Regierungschef weiterleitete 222. Die
Ladung wurde in kleine Schnellboote und Freizeitkreuzer umgela-den,
um dann an Wochenenden, wenn Zehntausende amerikanischer
Freizeitkapitäne auf dem Weg zurück zur amerikanischen Küste nach
Hause schippern, unauffällig mitgeführt und an Land gebracht zu
werden. Nicht selten nehmen die Besitzer extrem leistungsfähiger
Schnellboote, die sich ihr Geld mit dem Transport von Rauschgift
von den Bahamas nach Florida verdienen, an internationalen Schnell-bootrennen
teil. Da der Stoffwert des Kokains oder Heroins verhält-nismäßig
gering ist und nur das Risiko, beim Schmuggeln gefaßt zu
werden, den Warenwert in Schwarzmarkthöhen treibt, können es sich
die Drogenschmuggler und ihre Hintermänner ohne weiteres leisten,
nützliche Aufwendungen, das heißt beträchtliche Bestechungsgelder
an Amtspersonen auf den Bahamas wie in den USA zu verteilen 223,
um die Ware möglichst ungestört ins Endverbraucherland USA zu
bringen. So erzählten die Schnellbootfahrer in den Hearings des US-
Kongresses, daß sie genau wissen, in welchem Seemeilenquadrat die
amerikanische Küstenwacht Tag für Tag und Nacht für Nacht mit
ihren Booten steht. Die Organisation der Drogenschmuggler beschat-tet
die Zollbeamten an Land und erhält auf krummen Wegen die
Computerausdrucke über die täglichen und wöchentlichen Dienst-pläne
und Einsatzgebiete der Drogenfahnder. Dank den hohen Ein-nahmen
aus dem Drogengeschäft mangelt es weder in den Flugzeu-gen
noch den Schnellbooten der Schmuggler an den modernsten
nautischen, optischen und elektronischen Instrumenten zur Standort-feststellung
der Drogenfahnder 224. Natürlich sind die Schmuggler
auch bestens darüber informiert, wann und auf welchen Routen die
militärischen Luftaufklärungsflugzeuge AWACS Jagd auf Drogen-flugzeuge
machen. Auf Landeplätzen mitten im Lande kommt ab
und zu die Polizei vorbei. Doch die vorsorglich geschmierten Sheriffs
sehen nicht selten in die andere Richtung. Meldungen über besondere
Vorkommnisse erübrigen sich auf diese Weise. Die Drogenflugzeuge
landen zum Teil mitten auf dem großen Flughafen für Geschäftsflug-zeuge
in Miami. Zollbeamte schauen beim Entladen zu, doch die
Schmuggler haben nichts zu befürchten, weil Mitarbeiter der CIA
ihre schützende Hand über dem Vorgang halten. Zahlreiche exilkuba-nische
Piloten aus Miami flogen für die CIA Waffen in die mittelame-rikanischen
Ausgangsregionen für den Kampf der Contras gegen die
sandinistische Regierung und nahmen auf dem Rückflug ungehindert
Drogen zum Weiterverkauf in den USA mit 225.
Inzwischen läßt sich ein noch genaueres Bild der Verwicklung der
CIA in den Drogenhandel zeichnen 226. Der ehemalige DEA-Agent
Celerino Castillo hat über alle Flugzeuge, die jahrelang von dem
Flughafen Ilopango der US-Luftwaffe in El Salvador große Mengen
Kokain und Marihuana aus Kolumbien auf entlegene, geheimdienst-geschützte
Flughäfen in die Südstaaten der USA transportierten, ins-geheim
Buch geführt 227.
Der CIA-Pilot Brenneke gibt an, mehrfach wöchentlich mit
Dienstmaschinen allein auf dem Rückflug von Waffentransporten
zu den Rebellen jeweils 500 Pfund Kokain im Auftrag seiner Dienst-vorgesetzten
nach Mena in Arkansas mitgenommen zu haben 228.
Ähnliche Aussagen liegen inzwischen auch von anderen Piloten
vor, die von Honduras, Venezuela, Costa Rica und anderen Ländern
Landeplätze in den USA anflogen 229. Einer der Drogenflieger konnte
regelmäßig auf dem Rückflug mit Tonnen von Marihuana auf einem
Flughafen der U.S. Air Force in Florida landen 230.
Das Panama des Staatschefs Noriega ist dabei von besonderer Be-deutung,
weil Maschinen der CIA-Fluggesellschaften außer Waffen
auch das aus dem Verkauf von Kokain stammende Bargeld für die
CIA zur Einzahlung in Panama City mitnahmen. Die panamaische
Notenbank übernahm das Geld, um es direkt oder über Umwege der
Notenbank der USA zu überweisen. Noriega war auch von daher ein
strategischer Partner der CIA, der mehr wußte, als gemeinhin erlaubt
sein konnte.
Dies wird der Grund dafür gewesen sein, daß bei der Intervention
der amerikanischen Streitkräfte zur Vollstreckung des Haftbefehls
gegen den Staatschef ein Sonderkommando sich der Sicherstellung
der Akten annahm. Schließlich hatte Noriega sich noch vor Prozeßbe-ginn
damit gebrüstet, Präsident Bush an seinen edelsten Körperteilen
packen zu können 231. Doch ein nach amerikanischem Verfahrensrecht
über Kronzeugenregelung zurechtgeschneidertes Strafverfahren
machte die Hoffnung des Ex-Agenten zunichte. Inzwischen hat sich
allerdings herausgestellt, daß einer der wesentlichen Zeugen im Ver-fahren
gegen Noriega für Art, Umfang und Begrenzung seiner Aus-sage
vor Gericht Geld angenommen hat. Die Verteidigung strebt
daher die Wiederaufnahme des Strafverfahrens an. Der Drogenhandel
über Panama hat trotz der Intervention der amerikanischen Streit-kräfte
und der Überstellung Noriegas in die USA keineswegs ab-, viel-mehr
kräftig zugenommen. Das gleiche gilt für die Kriminalität 232.
Drogenkrieg des
amerikanischen Präsidenten
Das korrupte Treiben geschah in einer Zeit, in der Präsident Reagan
die kraftvolle Bekämpfung der Drogenseuche zur Chefsache ge-macht
hatte. Reagan ebenso wie vor ihm die Präsidenten Carter und
Nixon hatten den Drogenschmugglern medien- und wählerwirksam
den Krieg erklärt und eigens hierzu jeweils einen mit Sondervoll-machten
ausgestatteten »Drogen-Zaren« ernannt. In koordinierten
Großaktionen sollten Mannschaften und Gerät von Luftwaffe und
Marine zum Einsatz gebracht werden mit zum Teil durchaus beacht-lichen
Erfolgen, sofern man den Erfolg in Kilogramm oder Tonnen
beschlagnahmter Drogen mißt. Doch diese Meßlatte ist trügerisch
und dient eher der Irreführung der Ã-ffentlichkeit. Da die Anbauko-sten
für Mohn oder Koka nicht höher liegen als die für Reis, Kartof-feln,
Gemüse oder Obst, kommt der phantastisch hohe Endverbrau-cherpreis
mit den dabei ergaunerten Riesengewinnen nur aufgrund
der Kriminalisierung von Handel und Verbrauch in den Industrielän-dern
des Nordens zustande 233.
Drogenabhängige sind süchtig nach ihrem Joint, ob der nun verbo-ten
ist oder nicht. Sie sind bereit, nahezu jeden Preis zu zahlen, auch
wenn sie an das Geld nur über schwere Diebstahls-, Betrugs- und
Raubdelikte herankommen. Das Angebot bestimmt den Preis und
hängt von der Intensität des kriminalpolizeilichen Fahndungsdrucks
gegen den Drogenhandel ab. Nun kalkulieren die Drogenbosse bei
der Festlegung der Höhe der Preise ein, den Drogenfahndern weltweit
zur Beschlagnahme jede gewünschte Menge Drogen zur Verfügung
zu stellen, damit die polizeilichen Erfolgsbilanzen in der Ã-ffentlich-keit
Entwarnungssignale von der Drogenfront vermitteln können.
Auch die Politiker brauchen fernsehgerecht vorzeigbar, sicherge-stellte
Rauschgiftpakete, um der verängstigten Bevölkerung Erfolge
vorgaukeln zu können.
Der einzige verläßliche Indikator einer erfolgreichen Drogenfahn-dung
wäre das ständige Ansteigen der Preise durch Verknappung der
immer perfekter gejagten Waren und Schmuggler. Je wirksamer die
Bekämpfung des Drogengeschäftes, um so schwieriger der Schmug-gel,
um so höher der Endverbraucherpreis. Doch die Preise sinken
seit Jahren, ein Zeichen dafür, daß der Drogenkampf regelmäßig zu
Lasten der Polizei und der von ihr durchzusetzenden Drogenpolitik
verlorengeht.
Die Drogendealer von Miami
Der Drogenhandel, der für die Belieferung der Ballungszentren an der
Ostküste der USA in erheblichem Umfang über die Flug- und Seehä-fen
Floridas und hier insbesondere Miamis läuft, liegt in den Händen
kubanischer Emigranten. Daneben gibt es in Miami eine große
kolumbianische Kolonie, die ebenfalls an der Dealerei teilhat. Bei
der Wahl der Transportart, der Transportwege, der Methoden des
Austricksens der Verfolgungsbehörden sind dem Erfindungsreich-tum
der Schmuggler naturgemäß keine Grenzen gesetzt. Die hohen
Gewinne des Drogenschmuggels stacheln die Findigkeit der
Schmuggler an. So gelang es einer Fischereiflotte für Shrimps, zwi-schen
die gefrorenen Krabbenstiegen jeweils Drogenstiegen einzu-bauen
234. Das gleiche Unternehmen engagierte sich in der Geldwä-sche
und stand Oliver North für Waffentransporte zur Verfügung. In
einem anderen Fall wurde versucht, mit einem großen Verband von
Schubschiffen aus dem Golf von Mexiko kommend, Hunderttausende
von Kilo Marihuana den Mississippi aufwärts zum Hafen von St.
Louis zu transportieren und dort an kriminelle Organisationen zur
Weiterverteilung zu verkaufen 235. Der Deal scheiterte schließlich an
der Polizei, die vermutlich einen Hinweis von der Konkurrenz er-halten
hatte, die angesichts derartiger Angebotsmengen um ihre
Märkte fürchtete.
Die verlogene Drogenpolitik
Dabei offenbaren die Auseinandersetzungen um den Iran-Contra-Skandal
Widersprüchlichkeiten der amerikanischen Politik, die an
die Substanz der demokratischen Glaubwürdigkeit gehen. In den
Innenstädten Amerikas geht ein Teil der jungen Generation an Drogen
und der damit einhergehenden Beschaffungskriminalität zugrunde,
verfallen ganze Stadtteile den Aggressionen und Verzweiflungstaten
einer hoffnungslos gewordenen Bevölkerung 236, verkündet die ameri-kanische
Politik den Krieg gegen die Sucht nach und den Handel mit
Drogen, während der Geheimdienst dieser Nation schützend seine
Hand über die Organisatoren der Drogenszene hält, weil er dieselben
Personengruppen als Schmuggler seiner für bestimmte Rebellen-gruppen
bestimmten Waffen benutzt oder diesen Rebellengruppen
selbst die Drogeneinkünfte zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes
beläßt. Denn in nahezu allen Verfahren vor amerikanischen Strafge-richten
hatte der Hinweis der CIA, eine bestimmte Person sei von der
Verfolgung auszunehmen, da sie für die nationale Sicherheit, das heißt
die Arbeit der CIA, unabdingbar sei, den Vorrang vor den Ansprüchen
der Staatsgewalt auf Strafverfolgung von Rechtsbrechern 237.
Der Leiter einer Elitefahndungseinheit der Drug Enforcement
Agency gab denn auch zu Protokoll, in seiner dreißigjährigen Erfah-rung
in der Drogenbekämpfung sei er bei den »dicken Fischen« im
Drogengeschäft nahezu ohne Ausnahme auf eine Verbindung zur
CIA gestoßen 238. Da die Geheimdienste durchweg sich nicht in die
Karten sehen lassen, sich hinter dem Schutzschild des Informanten-schutzes
und der Nichtpreisgabe der Methoden ihres Handelns zu
verstecken pflegen, zudem innerhalb ihrer eigenen Amtshierarchie
nur nach dem Prinzip need to know Kenntnisse weitergeben und sich
daher der Rechenschaft gegenüber dem eigenen Amt ebenso wie
gegenüber der verantwortlichen Politik entziehen, kommt es zumin-dest
öffentlich vernehmbar selten oder nie zu einer rationalen Aus-einandersetzung
der einander widersprechenden Politikwege 239.
Im Falle der Contras wurden die vom US-Kongreß gestrichenen
Unterstützungsgelder für den Kampf über Drittmittel fremder Staa-ten,
mit Mitteln aus illegalen Waffenverkäufen und aus der Duldung
des Drogenschmuggels wettgemacht. Wie sich die Mittel der Contras
für den Kampf gegen die sandinistische Regierung im einzelnen
zusammensetzten, welchen Anteil letztlich der Drogenhandel hatte,
ist schwer zu bestimmen. Mit Sicherheit wußten die Drogenbosse
des Medellin- wie des Cali-Kartells ebenso wie die weltweite Bru-derschaft
der Rauschgiftdealer, wie man am sichersten ohne das
Risiko einer Beschlagnahme oder gar Inhaftierung, Rauschgift auf
den Markt der Vereinigten Staaten bringt 240. In den achtziger Jahren
waren es unter anderem die Wege, die über die Contras in Nicaragua
beziehungsweise die angrenzenden Länder führten 241.
Hinter scheinbaren Pannen
steht ein System
Nun könnte man für die Entgleisung einer Regierung und deren Ge-heimdienste
Verständnis haben, die versucht, den Folgen einer für
verheerend falsch erachteten Entscheidung ihres Parlamentes aus
dem Weg zu gehen, das den Freiheitskämpfern über Nacht und ohne
Übergangsfrist die Unterstützung entzieht und sie damit dem sicheren
Untergang preisgibt. Da mag es naheliegen, vorübergehend und an
der Legalität vorbei einer zeitweiligen Abschirmung einiger Drogen-transporteure
das Wort zu reden, wenn dadurch Lebensunterhalt und
zureichende Bewaffnung der Rebellen bis zu dem Zeitpunkt gesichert
werden können, da bei der Geld bewilligenden Stelle, dem amerikani-schen
Kongreß, über Einsicht oder Wahlen die »Vernunft« einkehrt.
Doch die in dem grundlegenden Werk The Politics of Heroin - CIA
Complicity in the Global Drug Trade vorgestellten Arbeiten des ame-rikanischen
Hochschullehrers Alfred McCoy zeigen in bezug auf
Asien ebenso zwingend wie das sich auf Lateinamerika beziehende
Buch Peter Dale Scotts, eines Professors an der Universität Berkeley
in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsredakteur des San Francisco
Chronicle, daß die CIA über Jahrzehnte hinweg Duldung und Ab-schirmung
einer weltweiten Drogenkriminalität als eines der wichtig-sten
Instrumente ihres globalen verdeckten Kampfes um Einfluß und
Macht eingesetzt hat und mit Gewißheit weiterhin einsetzt 242. Die
amerikanische Politik veranstaltet folglich als Täuschung der Wähler
beider Parteien einen angeblichen Kampf gegen die Verbreitung der
Drogen und nutzt gleichzeitig über ihre Geheimdienste den weltwei-ten
Drogenverkehr zur Beförderung ihrer verdeckten außenpoliti-schen
Ziele. Politik und Verwaltung der USA haben sich de facto mit
der inneramerikanischen Drogenelite und deren Banksystem arran-giert
243. Nur so können die in mehr als 50 Ländern ohne Kenntnis der
betreffenden Regierungen laufenden verdeckten Operationen welt-weit
spurenlos finanziert und damit in Gang gehalten werden 244. Mit
Sicherheit sind auch in Europa die Drogenwege so geschaltet, daß die
Einnahmequellen der der CIA zuarbeitenden Aufstands- und Protest-bewegungen
und der für Geheimdienstzwecke nutzbaren organisier-ten
Kriminalität nicht verschüttet werden. Befreundete Dienste ste-hen
dabei hilfreich zur Seite 245. So ließ das Bundeskriminalamt 1993
106 Kilogramm Kokain ins Land bringen, obwohl es hierfür keine
Käufer gab. Die Beschlagnahme wurde als Erfolg des Amtes gewertet
und dargestellt 246. Das Bundeskriminalamt räumte 1995 ein, in Zu-sammenarbeit
mit dem Zentralen Kriminalamt der Niederlande und
der amerikanischen Drogenbehörde DEA 30 Tonnen Haschisch und
Marihuana aus Pakistan über Deutschland in die Niederlande einge-
führt zu haben. Zum Transport wurde eigens ein Schiff im Auftrag des
BKA angeheuert. Die Operation sei zur Aufdeckung von Hintermän-nern
erforderlich gewesen, meinte ein Sprecher des BKA 247. Im
Observatoire Geopolitique des Drogues rechnet man spaßeshalber
bereits den Aufklärungsschmuggel des Bundeskriminalamtes in Hek-tar
Anbaufläche für die Gewinnung von Hasch und Marihuana um,
die in der Türkei, im Libanon und so weiter unter Vertrag genommen
seien. 1995 verhandelte der Anbieter russischen Plutoniums mit dem
bayerischen Landeskriminalamt über die kontrollierte Lieferung von
zirka 500 Kilogramm Kokain. Im Laufe der Erörterung des Plutoni-umdeals
werden noch größere Mengen Kokain in kontrollierter Liefe-rung
in Aussicht gestellt 247.
In den Niederlanden importierte allein der Polizeidistrikt Haarlem
400 000 Kilogramm Weichdrogen und 400 Kilogramm Kokain, die
hätten beschlagnahmt werden sollen, dann jedoch nicht mehr auffind-bar
waren 248. Die V-Leute der Polizei bereicherten sich in Millionen-höhe.
Ein Teil des Geldes wurde für Funkgeräte, Pkws der Polizei ver-wandt.
Von Holland wurden große Mengen Kokain über diese Kanäle
nach England geschmuggelt, ebenso wie 4,5 Millionen Ecstasy-Pil-len,
ohne daß die Polizei der Niederlande den britischen Kollegen
Nachricht gegeben hätte. Angeblich hätten keine ausreichenden
Beweise vorgelegen. Vor dem parlamentarischen Untersuchungsaus-schuß
machten die Beamten häufig von Erinnerungslücken und
Gedächtnisschwierigkeiten Gebrauch. Die Justizministerin des Lan-des
muß von den Vorgängen gewußt haben, war sie doch als General-staatsanwältin
zumindest von einer der Operationen der »kontrollier-ten«
Durchlieferung unterrichtet.
Im Ansatz rechtswidrig
Geheimdienste arbeiten im geheimen, weil große Teile der geheim-diensttypischen
Arbeit weder das Licht der Ã-ffentlichkeit im eigenen
noch im »Gastland« vertragen. Daher gibt es auch in den meisten
Ländern wie in der Bundesrepublik keine klaren Rechtsgrundlagen
für den Einsatz der Geheimdienste. Es müßte sonst öffentlich zuge-geben
werden, daß sämtliche für das Zusammenleben zivilisierter
Gesellschaften erforderlichen Bestimmungen eines Strafgesetzbu-ches
im Interesse der Staatsraison nicht nur im Krieg, sondern auch
im Frieden außer acht gelassen werden können. Lediglich die Vor-schriften
über die Kronzeugenregelung sowie Recht und Praxis der
verdeckten Ermittler hängen ein für den Kenner oft durchlässiges
Mäntelchen der Rechtmäßigkeit über die Verbindungslinien des
Staates zur organisierten Kriminalität und eröffnen so Möglichkeiten
der geheimdienstverdeckenden Gestaltung von Strafverfahren. Ge-heimdienste
sammeln ja nicht nur geheime Nachrichten über das
Innenleben gegnerischer Staaten. Hier müssen Wege, Methoden
und Quellen ebenso wie die Rückschlüsse erlaubenden Ergebnisse
geheimgehalten werden. Geheimdienste der Großmächte sowie der
früheren Kolonialmächte führen in zahlreichen Ländern ihres politi-schen,
militärischen und wirtschaftlichen Interesses verdeckte Ope-rationen
durch, indem sie sich mit Personen und Gruppen der Oppo-sition,
aufständischer Minderheiten, aber auch der organisierten
Kriminalität verbünden. Diese Wege müssen verdeckt bleiben, das
heißt, sie dürfen weder der betroffenen Regierung noch den benutz-ten
Akteuren bekannt sein. Die Befehlsstränge zu den Führungsper-sonen,
von denen die jeweiligen Ansprechpartner ihre Anweisungen
erhalten, müssen für Außenstehende ebenso unerkennbar bleiben
wie die Transportwege für Nachrichten, Material und Geld. Das Ein-brechen
in den Telefonverkehr über das Anzapfen von Leitungen,
das Eindringen in den Richtfunkverkehr, der Mitschnitt von Telefo-naten,
Faxen, Telexverbindungen, Computerausstrahlungen aus dem
Weltall müssen auch in anhängigen Gerichtsverfahren verschleiert
werden. Nun ist es stets außerordentlich riskant, fremde Staatsange-hörige
zum Verrat ihres Landes zu veranlassen. Zwar gelingt es
Geheimdiensten mit Bestechung, Erpressung, zuweilen auch unter
Ausnutzung von Gewissensnot immer wieder, an entscheidende
Knotenstellen der gegnerischen Staatsmacht vorzudringen. Doch
der Aufbau eines verläßlichen, den aufzuklärenden und verdeckt zu
beeinflussenden Staat wirksam durchdringenden Netzwerkes von
Informanten gelingt von außen in der Regel nur in den Fällen eines
verfallenden, total korrupten Staatsgebildes, in dem die Loyalität der
Staatsbürger sich verflüchtigt hat und die materielle wie moralische
Not der Bevölkerung dem mit harter Währung zahlenden Kontakt-mann
die Tore öffnet.
Ethnische Minderheiten
Die Geheimdienste der Großmächte, aber auch der ehemaligen
Kolonialmächte nutzen ethnische und soziale Minderheiten zur ver-deckten
Beeinflussung und Schwächung ihrer Gegner, indem sie
ihnen von außen stützend unter die Arme greifen, die Führer in ihrem
Bestreben nach Autonomie, nach einem selbständigen Staatswesen
unterstützen und Freischärlern in ihrem Kampf mit Waffen, Geld,
Ausbildung, Rat und Tat beistehen 249. Die Minderheit ergreift die ret-tende
Hand des Geheimdienstes einer dem Staat des Mehrheitsvol-kes
in Spannung gegenüberstehenden ausländischen Macht gerne
nach dem Motto »Auch der außenpolitische Feind meines Feindes
ist mein Freund«250. Gerade die Beherrschungstechnik der Kolonial-mächte
suchte genau diesen Ansatz. Um riesige Territorien mit gro-ßen
Bevölkerungsmassen ökonomisch, das heißt ohne den Einsatz
eigener umfangreicher Truppenkontingente, unter Kontrolle zu hal-ten,
war es stets zweckmäßig, auf geeignet erscheinende, kriegerisch
taugliche Minderheiten zu setzen, deren Angehörigen die Kolonial-macht
gut besoldete Stellungen in Militär und Polizeidienst ein-räumte.
Sie erhielten Waffen und sonstige Machtmittel, um die
Mehrheitsbevölkerung in Schach zu halten. Die Minderheit wurde
materiell und in ihrem persönlichem Schutz von der Kolonial- oder
Führungsmacht abhängig.
In der jüngsten Auseinandersetzung der Volksgruppen des ehema-ligen
Jugoslawiens brechen die tiefsitzenden, jederzeit aufputschba-ren
Haßgefühle der je mit Konstantinopel/Istanbul, Wien/Berlin,
Paris/London/Washington zum Teil über Jahrhunderte verbundenen
jeweiligen Mehr- und Minderheiten wieder auf. Minderheiten wer-den
von außen zur Manipulation der Mehrheit genutzt. Die Mehrheit,
zuweilen über Jahrhunderte gereizt, rächt sich durch Ausgrenzung
bis hin zur ethnischen Vertreibung der Minderheit. Das Ausschlach-ten
der Spannungsverhältnisse von außen, die Finanzierung der Un-versöhnlichkeit,
die Prämie für das Aufschaukeln der Spannung
machen das Zusammenleben unerträglich. Würde die Einmischung
von außen unterbleiben, könnten sich die Partner oft arrangieren.
Mehrheiten würden toleranter mit Minderheiten umgehen, Selbst-verwaltung
gewähren. Die Minderheit könnte auf ihre Minderheiten-
rechte vertrauen. Es fiele der Zentralregierung leichter, Autonomie
und Menschenrechte zu gewähren. Doch die Technik der Spannung,
des divide et impera, des Teile und Herrsche, zerstört von außen die
Keime des Friedens.
Ein weiteres, schon klassisch gewordenes Beispiel sind die Kur-den,
denen im Ersten Weltkrieg für den gemeinsamen Kampf gegen
das von der Türkei angeführte Osmanische Reich von England und
Frankreich der eigene unabhängige Staat zugesichert worden war.
Das Versprechen wurde 1918 nicht eingelöst. Seither ist es das
Schicksal der Kurden, in der Türkei, im Irak und Iran jeweils als
regionale Minderheit zu leben, auf deren Aufputschbarkeit die Ge-heimdienste
der Anrainerstaaten, aber auch die USA noch heute mit
Erfolg setzen. Über die in zahlreiche Gruppen zersplitterten Kurden
können Spannungen für und gegen die Türkei, den Irak, den Iran,
Syrien und die Sowjetunion genutzt werden. Kein Wunder, wenn
sich hier die entsprechenden Geheimdienste einschließlich der CIA
und des Mossad mit Geld, Ausbildung und Waffen engagieren. Als
in den siebziger Jahren der Iran des Schah im Streit um die Grenzzie-hung
mit dem Irak lag, unterstützten die US-Geheimdienste einen
Teil der Kurden jährlich mit rund 16 Millionen Dollar, bildeten ihre
Kämpfer aus, versahen sie mit Waffen und hielten sie zum Kampf
gegen Bagdad an. Kaum war der Streit zwischen Iran und Irak beige-legt,
stellten die USA die Zahlungen ein und vernichteten damit die
materielle und zum großen Teil auch physische Existenz der bisheri-gen
»Freiheitskämpfer«. Der Iran verweigerte den Rebellenhaufen
über Nacht den rettenden Rückzug über die Grenze, mit der Folge,
daß Tausende von Kämpfern ermordet wurden und 200000 Flücht-linge
das Land verlassen mußten 251. Auf die moralischen Verpflich-tungen
einer Großmacht angesprochen, meinte Henry Kissinger, der
Sicherheitsberater Präsident Nixons, man solle doch nicht verdeckte
Operationen mit Missionarsarbeit verwechseln 252. Jeder weitere Ver-such,
dem Verbündeten der verdeckten Kämpfe eine vertraglich aus-zuhandelnde
sichere Überlebenschance zu gewährleisten, wurde sei-nerzeit
der Tagespolitik geopfert 253.
1996 ging die irakische Armee in den Nordprovinzen militärisch
gegen die Kurden vor und brachte damit eine von der CIA mit rund
100 Millionen Dollar gegen Saddam Hussein finanzierte und in Stel-lung
gebrachte Opposition der Kurden zum Scheitern.254 Nur wenige
der Beteiligten konnten gerettet werden. (Zur Nutzung der Kurden
durch Geheimdienste vgl. auch S. 495 f.)
Wie Geheimdienstmanipulationen mit Minderheiten in der Dritten
Welt über Nacht auch in Deutschland innenpolitisch wirksam werden
können, zeigt das Beispiel der Tamilen, einer aufständischen Minder-heit
im Inselstaat Sri Lanka. Mitte der achtziger Jahre brachten Inter-flug-
und Aeroflotflugzeuge Tamilen zum Flughafen Schönefeld in
Ostberlin, von wo sie nach Westberlin zur Stellung von Anträgen auf
Asylgewährung geschleust wurden. Als sich die öffentliche Erregung
über die in großer Zahl über die westlicherseits nicht kontrollierte
innerstädtische Berliner Grenze und in die Bundesrepublik einreisen-den
Tamilen immer mehr erhitzte, meinte der damalige Minister im
Kanzleramt, Schäuble, zu seinem DDR-Gesprächspartner Schalck,
daß er kein Geheimnis verrate, wenn er mitteile, daß von seiten der
CDU/CSU das Problem des geltenden Asylrechts zum Wahlkampf-thema
gemacht werde. Wenn es dadurch und vielleicht mit Unterstüt-zung
der DDR gelänge, die SPD für eine entsprechende Änderung des
Grundgesetzes zu gewinnen, so könnte durch diese Veränderung des
Asylrechts in der BRD das Problem gelöst werden. Die Sache ist nicht
ohne Pikanterie insofern, als in Sri Lanka die Tamilen ebenso vom
Mossad beraten und ausgerüstet wurden wie die brutal gegen sie vor-gehende
Regierung. Die USA lieferten der Regierung Spezialwaffen
zur Aufstandsbekämpfung, insbesondere langsam fliegende Flug-zeuge,
aus denen mit Maschinengewehren und Napalmbomben
gegen die Rebellen vorgegangen werden konnte. Außerdem wurden
Spezialberater zur Aufstandsbekämpfung ebenso wie Söldner ver-mittelt.
Es wird von regelrechten Ausrottungsfeldzügen gesprochen.
Mossad und CIA müssen bei den Operationen Hand in Hand gearbei-tet
haben, denn die Mossad-Truppe muß verdeckt aus der CIA-Nie-derlassung
heraus gearbeitet haben. Die Massenflucht der Tamilen
erreichte auch Indien, wo die Tamilen regional eine bedeutende Min-derheit
darstellen. Es wird berichtet, daß dort wiederum die CIA die
Minderheit zu Aufständen gegen die indische Zentralregierung ver-wandt
hat 255. In Deutschland konnten sie noch zur Änderung des
Asylrechts genutzt werden.
Jüngstes Beispiel der Nutzung von Minderheiten ist das wechsel-seitige
Morden von Tutsis und Hutus in Ruanda und Burundi, wo sich
Frankreich und die USA mit Minderheiten und Söldnern aus Süd-
afrika und aus Serbien einen verdeckten Kampf um Einfluß, Ã-l,
Gold, Kupfer und andere Bodenschätze Afrikas liefern 256.
Aus der Zeit der Dritten Reiches sei neben der systematischen
Nutzung von Minderheiten für Kollaborationszwecke durch Wehr-macht
und SS in der Sowjetunion und ganz Osteuropa die Steuerung
der deutschen Minderheit in der ehemaligen Tschechoslowakei an-geführt.
Der Führer der Sudetendeutschen, Henlein, wurde als Ange-höriger
der SS zum kompromißlosen Konfrontationskurs gegen die
tschechische Mehrheit angehalten mit der Folge der ethnischen Säu-berung
des Gebietes nach der deutschen Niederlage. Die Geschichte
wiederholt sich in der Technik der Machtausübung und -beherr-schung,
einerlei, ob persisch, römisch, britisch, französisch, deutsch
oder jetzt amerikanisch. Die Instrumente der Geheimdienste bleiben
sich gleich. Die Folgen berechenbar bis zum heutigen Tag.
Geheimdienste und
organisierte Kriminalität
Einen wichtigen Ansatz für das wirksame Durchdringen eines Lan-des
bietet die organisierte Kriminalität, die eine Minderheit eigener
Art darstellt 257. Sie überzieht letztlich jedes Land der Erde mit einem
lockeren bis dichten Netz von sich zur Durchführung krimineller
Handlungen wechselseitig unterstützenden Personenkreisen, meist
Familien-, nicht selten auch Stammesclans, deren wirtschaftliche
Existenz vom wirtschaftlichen Erfolg des kriminellen Treibens ab-hängt.
Dieses oft regional gegliederte Netzwerk plant und begeht die
kriminellen Handlungen, besorgt Transport und Versteck der Beute
beziehungsweise des Erlöses, verfügt über Rückzugsmöglichkeiten
für die Akteure und kümmert sich bei Zwischenfällen um die Betrof-fenen
und Angehörigen. Das Netz kennt die Bestechlichkeit von
Amtspersonen in Politik und Verwaltung, deren Duldung, Schweigen
oder sonstiges Fehlverhalten für den Erfolg unabdingbar ist. Sollte
einer der beteiligten Gangster die Solidarität der kriminellen Ge-meinschaft
verlassen und sich zur Zusammenarbeit mit den Organen
der Staatsgewalt entschließen, setzt ein der organisierten Kriminalität
eigenes Sanktionssystem ein. Von der beiläufigen Verwarnung, der
Anrempelung, der Folterung bis hin zur Ermordung des gegen die
Ganovenpflichten Verstoßenden stehen der organisierten Kriminali-tät
drakonischere, unbürokratischere und damit »wirksamere« Mittel
zur Verfügung als der rechtsstaatlich gebändigten staatlichen Straf-rechtspflege.
Zur Not werden die notwendigen Maßnahmen mit Waf-fengewalt
durchgesetzt. Das gilt für das Morden in den amerikani-schen
Städten, wo die Endverteiler von Drogen, oft minderjährige
Kinder, um ihre Gebiete mit der Waffe in der Hand zu kämpfen
gewohnt sind, ebenso wie für die größeren Repräsentanten des
Systems, die sich in der Regel mit Auftragsmorden durchzusetzen
pflegen 258. Man mordet nicht selbst, sondern bedient sich eines
Berufskillers, der für den minutiös geplanten Tatablauf am Morgen
der Tat aus dem Ausland einfliegt und unmittelbar nach Tatende das
Tatland per Flugzeug und falschen Papieren verläßt, lange bevor die
Strafverfolgung die Fährte des Täters aufzunehmen in der Lage ist.
Für Geheimdienste ist die Szene der organisierten Kriminalität in
fremden Ländern von großem Reiz, weil die Verbrecherpopulation
von dem nachrichtendienstlich zu durchdringenden Staat als Rechts-brecher
und Feind der Rechtsordnung verfolgt wird 259. Diese Gruppe
wird nicht selten gerne bereit sein, sich mit den Feinden ihrer Feinde
zu verbinden. Das Netzwerk der organisierten Kriminalität bietet den
Geheimdiensten den Vorzug, über ein mehr oder weniger flächen-deckendes
Netz kooperierender Ansprechpartner zu verfügen, das
in der Lage ist, nahezu an jeder Stelle des gegnerischen Territoriums
Aufträge zu erledigen. Die Kriminellen haben aus der Kriminalität
ihr eigenes Auskommen, müssen folglich nicht wie feindliche Agen-ten
besoldet werden. Sie bewegen sich in einem vor den Eingriffen
des Staates weitgehend abgeschirmt gehaltenen Raum, in dem sie
sich zudem besser auskennen, als jeder noch so gut geschulte Aus-länder.
Sie kennen den sie bewachenden und verfolgenden Staatsap-parat
und wissen auch, wer an welchen Stellen bestochen werden
muß und kann, um erfolgreich operieren zu können.
Traumwelt der Ganoven:
Drogenschmuggel ohne Risiko
Doch die Zusammenarbeit zwischen einem Geheimdienst und der
organisierten Kriminalität eines Landes kommt nur zustande, wenn
auch der die Kontakte suchende Geheimdienst eine Gegenleistung
zu bieten hat. Dies kann in der Regel nur der Schutz vor Verfolgung
bei der Durchführung und Sicherung der kriminellen Handlung oder
auch bei der Veräußerung der Beute sein 260. Der Drogenlord in
Kolumbien, der Schmuggler in München, Amsterdam oder Paris
steht nur dann für CIA, BKA oder BND zur Verfügung, wenn gesi-chert
ist, daß nicht die Drogenfahndung um die Ecke für lange Jahre
des Verschwindens hinter schwedischen Gardinen sorgt. Für den Ge-heimdienst
andererseits ist die Möglichkeit einer komplikations-freien
Trennung aus einer Verbindung zur organisierten Kriminalität
von Bedeutung. Die an der Trennlinie zwischen organisierter Krimi-nalität
und Geheimdienst arbeitenden Täter werden der Strafver-folgung
im Interesse der Tätigkeit des Geheimdienstes so lange ent-zogen,
wie die Verbindung sich als nützlich erweist. Sollte das
Gegenteil sich abzeichnen, können die Kriminellen blitzschnell
durch entsprechende Hinweise der Strafverfolgung überantwortet
werden. Die Behauptung, sie hätten im Interesse eines Geheimdien-stes
gearbeitet, wird bestritten und als nicht zu beweisende Schutzbe-hauptung
abgetan. Allerdings pflegt die organisierte Kriminalität
vorzubeugen, indem sie ihrerseits versucht, die Geheimdienstopera-teure
in kriminelle Handlungen mit entsprechender Spurendokumen-tation
zu verstricken und diese gegebenenfalls der Ã-ffentlichkeit
preiszugeben. Jüngstes Beispiel ist der Ablauf des Plutoniumskan-dals
in Bayern unter Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes,
des Bayerischen Landeskriminalamtes und der politischen Verbin-dung
in das Bundeskanzleramt in Bonn.
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
für den Drogenhandel
Bei der immer wieder auftretenden Verbindung von Rauschgifthan-del
und Geheimdiensten ergeben sich einige Besonderheiten. Der
Handel mit Drogen läuft über transkontinental geknüpfte Netze, die
an entscheidenden Knotenpunkten von der organisierten Kriminali-tät
beherrscht werden. Auf mehr als hundert Milliarden Dollar be-läuft
sich der jährliche Umsatz weltweit. Das Geschäft ist nur des-halb
finanziell so attraktiv, weil der Besitz von Rauschgiften ebenso
wie deren Vertrieb in den reichen Industrieländern der nördlichen
Halbkugel im Gegensatz zum konkurrierenden Alkohol unter hohe
Strafandrohung gestellt ist. Der Bauer in den Bergen Birmas steht
wie seine Kollegen in ähnlichen geologischen und klimatischen Ver-hältnissen
etwa Asiens oder Südamerikas vor Beginn eines jeden
Wirtschaftsjahres vor einer einfachen Entscheidung: Er wird im
Frühjahr mit dem Anbau von Mohn zur Herstellung von Heroin be-ginnen,
wenn der Preis, den die Abnehmer seines Rohstoffes für die
Rauschgiftproduktion aufgrund der Einnahmen in den reichen Ver-brauchsländern
bieten, deutlich höher liegt als für Alternativpro-dukte
wie etwa Reis oder Gemüse 261. Nur die Sicherheit des Absatzes
seiner Mohn- oder Kokaernte gegen ein ordentliches Entgelt gibt
dem Bauer die Sicherheit, seine Familie in oft abgelegenen Gebirgs-regionen
durch Zukauf von Nahrungsmitteln aus dem höheren Erlös
von Drogenrohmasse ernähren und die darüber hinausgehenden Ein-nahmen
für eine leichte Steigerung seines Lebensstandards verwen-den
zu können.
Die Drogenbarone im Goldenen Dreieck von Birma, Thailand,
Laos, im Goldenen Halbmond von Afghanistan, China, Pakistan
und Indien oder in Kolumbien und auch in Mexiko organisieren das
Geschäft vom Ankauf der Rohernte über die Raffinierung, die Ver-packung
bis hin zum Transport in die Länder des Verbrauchs. In
den Anbauländern selbst ist der Verkauf von Heroin oder Kokain in
der Regel straffrei oder allenfalls ein Kavaliersdelikt. Da jedoch die
Regierungen der Anbauländer insbesondere von der amerikanischen
Bundesregierung unter erheblichen Druck gesetzt werden, beim
Kampf gegen die sich auf den amerikanischen Markt ergießende
Drogenflut mitzuwirken, werden nicht selten mit großer öffentlicher
Ankündigung Anbauverbote erlassen oder chemische Vernichtungs-maßnahmen
ergriffen, mit meist nur geringem oder keinem Erfolg.
Es gibt in vielen Ländern namentlich Lateinamerikas mit US-Hilfe
aufgebaute polizeilich-militärische Eingreifverbände, die, mit Hub-schraubern
ausgestattet, gegen Drogenbauern, Raffinerien und Dro-genhändler
vorzugehen versuchen. So werden die Brandrodungsfel-der
der Bauern mit Chemikalien besprüht, die die Ernte vernichten.
Aber auch hier wird nur selten ein nachhaltiger Erfolg erzielt, die
Verwaltungsapparate sind in der Regel korrupt, so daß die Aktionen
vor Ort ins Leere gelenkt werden. Die Wut der vor der Existenzver-nichtung
stehenden Bauern sorgt für den Kompromiß, das Auswei-chen,
die Täuschungsmanöver. Zwar könnten mit einem Bruchteil
der aus amerikanischen Steuermitteln für den Krieg gegen die Dro-gen
aufgewandten Beträge - derzeit eine Größenordnung von jähr-lich
rund 17 Milliarden Dollar - den Bauern in den Anbaugebieten
attraktive Alternativen angeboten werden. Doch die Lieferung von
militärischer High-Tech-Ausrüstung an die korrupten Drogenpoli-zeien
der Welt und die Nutzung eines erheblichen Teiles des US-Militärapparates
zur Drogenabwehr bringt der heimischen amerika-nischen
Industrie ein Vielfaches an Beschäftigung. Man denke nur
an die Hubschrauberindustrie mit den weltweiten Absatzchancen
über die amerikanische Militär- und Drogenbekämpfungshilfe.
Korruption von Militär,
Polizei, Justiz und Politik
Die Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenanbaus führen in den
Anbauländern zu einer deutlichen Militarisierung der Auseinander-setzung,
zu massiver Korruption von Politik, Verwaltung, Polizei,
Justiz und Militär 262. In vielen Ländern bringt die Komplizenschaft
mit den Drogenhändlern und Schmugglern den Ordnungshütern,
aber auch den in den entlegensten Regionen operierenden Militärs
ein nicht unbedeutendes Zusatz-, wenn nicht sogar das eigentliche
Haupteinkommen, neben dem sich der Beamtensold wie ein
Taschengeld ausnimmt. Es ist folglich nahezu ausgeschlossen, daß
sich die Zentralregierung eines Landes der sogenannten Dritten
Welt mit einem Bekämpfungsprogramm gegen diese Art von Kor-ruption
durchsetzen könnte 263. Allerdings verlangen die Vereinigten
Staaten von den Drogenanbauländern den Nachweis kontinuierli-cher
und energischer Mithilfe beim Kampf gegen die Drogenseuche.
Die Forderung muß von den Drogenanbauländern ernst genommen
werden, zumal da sie vom Fluß der amerikanischen Entwicklungs-und
Militärhilfe abhängig sind. Da die Regierungen sich jedoch
durchweg den eigenen Landsleuten gegenüber nicht durchsetzen
können, meist auch von der stillschweigenden Deckung des Drogen-handels
handfest profitieren, ziehen die betroffenen Politiker zu
bestimmten Zeiten Washington gegenüber eine Show ab. Man tut
alles, um dem State Department in Washington über die Drogenspe-zialisten
in der amerikanischen Botschaft den Eindruck einer sich
scheinbar bessernden Drogensituation zu vermitteln. Dazu gehören
Verhaftungen von Drogenhändlern, die kurz darauf wieder freigelas-sen
werden, der mediengerechte Aufmarsch martialischer Polizei-und
Militärverbände, die Beschlagnahme großer Drogenmengen
beim Erzeuger, wo sie ja auch so billig sind wie Reis oder Gemüse.
Da Hubschrauber im Fernsehen immer wieder eindrucksvoll den
Verfolgungswillen demonstrieren, werden entsprechende Einsätze
mit amerikanischen Journalisten an Bord geflogen. Einige wenige
Sekunden Sendezeit reichen für solche Vorführungen aus. In
Washington legt das State Department dem Kongreß in der jährli-chen
Vorlage die Fortschritte in der Bekämpfung der Drogenseuche
dar, die weiter auszubauen seien. Dann wird, mit erkennbarem
Bauchgrimmen zwar, behauptet, das in Betracht kommende Land
habe deutliche Fortschritte auf dem Weg der Drogenbekämpfung
erzielt, sich auch den amerikanischen Bemühungen gegenüber
zunehmend aufgeschlossen verhalten. Diese Feststellung genügt im
allgemeinen, um den Kongreß erneut zur Freigabe der jährlichen
Zahlungen der Entwicklungs- und Militärhilfe zu veranlassen 264.
Da die Wunschliste für die Hilfeleistungen des großen Bruders in
der Regel vorher feststeht, die amerikanischen Lieferanten, etwa
die Hersteller von Kampfhubschraubern bereits als Lobbyisten auf
der Matte stehen und Druck auf die Mitglieder der Bewilligungsaus-schüsse
ausüben, bedarf es oft nur einer das Gesicht wahrenden
Erklärung von seiten des Drogenlandes wie des bestätigenden State
Departments, um die Washingtoner Geldschleuse geöffnet zu hal-ten.
Die Regierungen der Drogenanbauländer wissen inzwischen her-vorragend,
wie man mit dem Regierungsapparat und dem Kongreß
umzugehen hat. Sie schalten Anwaltskanzleien und PR-Agenturen
in Washington oder New York ein, die rechtzeitig zu den absehbaren
Terminen der Haushaltsaufstellung und -beratung die entsprechen-den
Zeitungsmeldungen auf dem amerikanischen Medienmarkt
unterbringen, ihre Helfer im Kongreß mobilisieren oder sich mit Ein-zahlungen
in Wahlkampfkassen und auf Schweizer Nummernkonten
erkenntlich zeigen 265. Die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts
hilft bei der diffizilen Arbeit am Rande oder jenseits der Legalität.
Im übrigen pflegen die Drogen-Zaren der amerikanischen Regierung
mindestens so häufig zu wechseln wie die Direktoren der CIA, ein
Zeichen dafür, daß die Apparate entweder nicht in den Griff zu be-kommen
sind oder die Kontrollfunktion durch einen energischen
Administrator von vornherein nicht erwünscht ist.
Der erste Drogen-Zar unter Nixon ließ Drogenbosse der korsi-schen
Mafia von Spezialteams der DEA, gesteuert aus dem Weißen
Haus, ermorden. Nutznießer waren die Bosse der italienischen
Mafia. Dem Drogen-Zar waren auch die ehemaligen CIA-Agenten
unterstellt, die die Watergate-Einbrüche für den Präsidenten erledig-ten.
Der nächste Drogen-Zar wurde mit seinem Busenfreund, einem
strafverfolgten Waffenschmuggler, an der mexikanischen Grenze
entdeckt. Sein Nachfolger baute zusammen mit dem damals noch
jungen Offizier Noriega, von dem man damals schon wußte, daß er
engsten Umgang mit bekannten Spielhöllenbesitzern und verdächti-gen
Drogenhändlern pflegte, in Panama die Drogenbekämpfungsbe-hörde
auf. Unter seiner Führung wurde das Ermittlungsverfahren
gegen Robert Vesco wegen Finanzierung eines großen Heroinge-schäftes
eingestellt. Der Mitarbeiterstab eines Untersuchungsaus-schusses
des amerikanischen Senates bescheinigte ihm, er habe das
Umfeld seines Amtes durch Korruption, Unregelmäßigkeiten und
mangelhaftes Management geprägt. Ein auf ihn folgender Drogen-Zar
hing stolz ein Foto von Manuel Noriega in sein Dienstzimmer.
George Bush ignorierte das Wissen um die Drogenverbundenheit
des Diktators von Panama und befürwortete den Einsatz von Drogen-schmugglern
für die Unterstützung der Contras. Jenen Drogen-Zar
löste ein späterer Generalbundesanwalt im Amt ab, der die Zahl der
im Drogen-Brennpunkt Miami einzusetzenden Staatsanwälte kräftig
verringerte. Der Kongreß urteilte, er habe seine wichtigeren Verant-wortlichkeiten
nicht angemessen wahrgenommen, er habe seine
Erfolge aufgeblasen und sei seinen Verpflichtungen zur Einhaltung
der Haushaltsvorgaben nicht nachgekommen. Nach außen sei er als
ein führender Verfechter der »Null-Toleranz-Drogenpolitik« aufge-treten
266. Drei der in Miami entlassenen Sonderstaatsanwälte begaben
sich mit ihren Kenntnissen fortan in den Dienst der Drogenkartelle.
Hohe Priorität hatte die Drogenbekämpfung stets nur in der
Selbstdarstellung der Politik. Das eigentliche Rauschgiftgeschehen
vermittelt das gegenteilige Bild.
Weltumspannende Wege
Wird der Drogenanbau, die Raffinierung und der Transport zu den
ausländischen Häfen oder Flugplätzen von einem Geflecht von Dro-genbaronen,
Politikern und Militärs in Verbindung mit Geheimdien-sten
gesteuert, so liegt der Export über Drittländer in die USA und
Europa in den Händen anderer mafioser, wiederum meist geheim-dienstdurchsetzter
Strukturen. Die korsische und die sizilianische
Mafia etwa hatten sich auf den Heroinschmuggel in die USA spezia-lisiert.
Dies lag nahe, weil in Gestalt der italienischen Mafiafamilien
in den USA eine korrespondierende Struktur vorhanden war. Sie ver-fügen
im Gegensatz zu Drogenbossen in Birma, Thailand, Vietnam
oder Kolumbien auch über das Know-how im Umgang mit der ame-rikanischen
Polizei und den Drogenbekämpfungseinrichtungen und
nehmen auf die inneramerikanische politische Szene mit massiven
Korruptionsversuchen Einfluß 267.
Die Kleinverteilung an den Endverbraucher wird in der Regel von
Drogenabhängigen selbst organisiert, die damit ihren Bedarf an Stoff
finanzieren. Die von den Endverbrauchern eingezogenen Bargeld-mengen
werden den Vormännern abgeliefert, die es an größere Geld-sammelstellen
weiterleiten. Von dort gelangt ein verhältnismäßig
kleiner Teil des Bargeldes in die Taschen der bäuerlichen Produzen-ten.
Daneben müssen zahlreiche zwischengeschaltete Institutionen
durch Bargeldübermittlung ständig korrumpiert, das heißt am Ge-winn
beteiligt werden. Der größere Teil des Bargeldes muß jedoch
den Weg der Geldwäsche antreten.
Ohne Geldwäsche kein Drogenhandel:
Panama und BCCI
Die Geldwäsche wiederum beginnt in besonderen Finanzzentren, die
die organisierte Kriminalität je nach Ruchbarwerden ihrer Aktivitä-ten
nach Bedarf wechselt. Das Bargeld stellt aufgrund seines mas-senhaften
Anfalls ein Problem in der Prozeßkette des Rauschgifthan-dels
dar 268. Deshalb werden zum Teil sogar Flugzeugladungen mit
Bargeldcontainern zu den Einzahlungszentren geflogen 269.
In Panama wie in anderen Metropolen des massiven Bargeldanfalls
wird die Geldmenge über Bargeldzählautomaten gemessen. Aus den
Iran-Contra-Anhörungen liegen Schilderungen von Beteiligten dar-über
vor, wie in Panama von Mitarbeitern des Regierungschefs
Manuel Noriega mit Banknoten beladene Flugzeuge absprachege-mäß
im militärischen Teil des Flughafens abgefertigt wurden 270.
Zudem transportierte die Luftwaffe von Panama bis hin zum Regie-rungsjet
des Staatschefs kofferweise das Bargeld nach Panama 271.
Kraftfahrzeuge des Militärs geleiteten den Bargeldtransport zu den
panamaischen Banken, die die Einzahlung entgegennahmen 272. Der
Skandal um die BCCI Bank mit deren seltsamen Verbindungen zu
Geheimdiensten, Drogenhändlern und Terroristen hat weitere Ein-blicke
in die Technik des Vorgehens geliefert 273. Zwar wurde das Bar-geld
bei der BCCI-Filiale in Panama abgeliefert, die Gutschrift jedoch
sofort elektronisch auf ein Konto der Bankfiliale in London vorge-nommen.
Von dort konnte der Kunde nun über das in Buchgeld umge-wandelte
Bargeld per Banküberweisung verfügen 274. Das zuvor ein-gelieferte
Bargeld jedoch wurde von der BCCI-Filiale oder einer
anderen Privatbank in Panama gegen Gutschrift bei der Notenbank
von Panama abgegeben, die es - ebenfalls gegen entsprechende Gut-schrift
- an die amerikanische Notenbank, die Federal Reserve in
New York, weiterleitete. Der Name des Bargeldeinzahlers tauchte
weder bei der Transaktion in Panama noch in New York auf.
Panama eignet sich deshalb gut zum Geldwaschen, weil dort der
Dollar zugleich Nationalwährung ist, notenbankmäßig folglich zum
Hoheitsgebiet der USA gehört 275. Während das Bargeld seinen Weg in
die Säcke der Federal Reserve findet, wandert die Gutschrift in
London als Buchgeld weiter um den Erdball über mehrere Banken
und nicht selten über Scheingeschäfte des Warenterminhandels, des
Devisenhandels und anderer Techniken, bis es ununterscheidbar von
nichtkriminellen Einlagen sein Nummernkonto in der Schweiz fin-det
276. Die Schweiz wäscht zwar nicht weißer, wie ein Buchtitel des
Schweizer Parlamentariers Ziegler nahelegt, sie liefert nur die
schmucke Endverpackung der nunmehr blütenreinen Wäsche. Das
kriminell gewonnene Geldvermögen steht fortan ohne Sorge um eine
denkbare Rückverfolgung zur unbeschränkten Verwendung zur Ver-fügung.
Die Identität des Täters mag zwar schlimmstenfalls in einem
Strafverfolgungsverfahren geklärt werden, in der Schweiz aber
kommt der Täter oder dessen Beauftragte mit einer Zahlenkombina-tion
an das Konto. Er bleibt also anonym, es sei denn, die elektroni-schen
Spürhunde der amerikanischen Geheimdienste dringen in die
Hochleistungsrechner der Schweizer Banken ein und machen damit
einen Strich durch die Rechnung 277. Dies scheint inzwischen in
einem atemberaubenden Umfang möglich geworden zu sein, nach-dem
die Inslaw-Technik der Schleppnetzfahndung gegen jedermann
sich mit Programmen hat verbinden lassen, die den elektronischen
Überweisungsfluß von Bankgeldern überwachen und die Endkonten
der Inhaber wie Katzen das Mauseloch bewachen können. Vorerst
scheuen sich die Geheimdienste noch, ihre Methoden zu offenbaren,
wenn sie die Inhaber von Nummernkonten den Strafverfolgungsbe-hörden
bekanntgeben. Für Geheimdienste ist die Erpreßbarkeit des
in Frage stehenden Personenkreises durchweg wichtiger als die Ver-folgung
der Drogentäter. Ganz abgesehen davon, daß Geheimdienste
sich durch Beteiligung an der Drogenwäsche selbst verdeckte Ein-nahmen
verschaffen.
Ohnmacht nationaler Bekämpfung
Man muß sich die globale Ausrichtung des Drogengeschäftes vor
Augen halten, um nicht nur die Schwierigkeit, wenn nicht gar Un-möglichkeit
einer wirksamen Bekämpfung durch nationale Polizeien
zu erfassen. Die Aufgabe wird zusätzlich erschwert durch die Taktik
der Drogenstrategen, das Geschäft durch Anbiederungen an Militärs
und Geheimdienste weltweit so zu verbinden, daß sich das Risiko des
Schmuggels und damit die Kosten gegen Null vermindern. Damit
wird das Geschäft zumindest für die strategischen Operationen, die
die eigentliche Menge des Drogenverkehrs ausmachen, risikofrei.
Risikobehaftet bleibt der Ablauf für die kleinen Drogenschmuggler
und Schieber, die mit kleineren Mengen, im Magen verschluckt, im
doppelten Boden eines Koffers oder mit tausend anderen Transport-arten,
ihr Geld verdienen und ein Heer von Grenzkontrolleuren und
lokalen Polizeibeamten auf Trab und mit dem Geld der Steuerzahler
in Brot halten 278. Die sensationellen Erfolgsgeschichten der Polizei
lenken nur ab von der eigentlichen Musik, die über ganz andere
Strecken spielt.
Rauschgifte via Mexiko
Ein erheblicher Teil der Kokaintransporte in die USA geht über die
fast 3 000 Kilometer lange Grenze mit Mexiko 279. Die Transportwege
sind äußerst vielfältig und oft schwer zu durchschauen. Ein Drogen-schmuggler
schildert seine Erfahrung mit einem mexikanischen
Militärflughafen. Um Ausschau zu halten, wo er künftig mit seinem
Flugzeug auf dem Weg von Kolumbien in die USA in Mexiko zwi-schenlanden
und auftanken könne, sei er aufs Geradewohl auf einem
Militärflugplatz in der Nähe der Stadt Oachaca gelandet. Dort sei er
schnell mit dem Kommandanten handelseinig geworden. Gegen Zah-lung
einer kräftigen Gebühr in Dollars, war der General bereit, das
Flugzeug des Drogenschmugglers zwischenlanden und nach Wunsch
aus den militärischen Spritbeständen auftanken zu lassen.
Andere Möglichkeiten ergeben sich auf den großen Transitstrek-
ken zwischen Mexiko und Nordamerika, wo an den Grenzen die rie-sigen
Containerlastwagen nur mangelhaft kontrolliert werden, weil
die Grenzpolizei auf beiden Seiten systematisch bestochen wird.
Amerikanische Berichte sprechen davon, daß jeder zehnte Beamte
bestechlich sei. Demzufolge müßten neun von zehn Beamten an
einem bestimmten Grenzübergang unbestechlich sein. Dem wider-spricht
die Lebenserfahrung, nach der an bestimmten Grenzübergän-gen
die Mannschaft zu 100 Prozent korrumpiert sein muß oder die
Transporte gezielt nur bei bestimmter personeller Zusammensetzung
der Zöllnertruppe stattfinden. Auch in den USA, dem Empfänger-land
des Rauschgiftes, dürfte ein gehöriges Maß an Korruption zu
verzeichnen sein, die umfangreichen Berichte über Strafverfahren
gegen Polizisten und Drogenfahnder in zahlreichen Bundesstaaten
sprechen eine eindeutige Sprache. Dabei begünstigt ein Anreizsy-stem
des Bundes die institutionelle Korrumpierung inzwischen, in-dem
die örtlichen Polizeidienststellen nach Maßgabe der dort sicher-gestellten
Drogen aus dem Bundeshaushalt zusätzliche Mittel für
ihren lokalen Polizeihaushalt erhalten. Die Drogenhändler helfen
der Polizei, indem sie die für die Erreichung der Prämie erforderliche
Menge Heroin, Kokain oder Crack zur Beschlagnahme auslegen, da-mit
die Dienststelle die Staatskasse zur Verstärkung ihrer Ausrüstung
optimal anzapfen kann. Oft wissen nun die Dienststellen nicht mehr,
auf welche Ausgabetitel sie die Geldfülle überhaupt noch hinlenken
sollen 280.
Und immer wieder sind die Geheimdienste mit von der Partie. Als
zum Beispiel auf dem Flughafen Mena in Arkansas Flugzeuge der
Contras aus Nicaragua starteten und landeten, um Waffen und ande-res
Material in die Rebellenstandorte mitzunehmen, konnten sie un-gehindert
auf den Rückflügen Drogen mitnehmen, die dann von
Arkansas aus mehr oder weniger geheimdienstgedeckt ihren Weg
zum Endverbraucher nahmen. Die letzten Nachrichten besagen, daß
die amerikanischen Geheimdienste mindestens acht Jahre lang mit
Transportflugzeugen einer verdeckt geheimdiensteigenen Fluglinie
mehrmals wöchentlich rund 500 Pfund Kokain anlieferten, um es
über kriminelle Kanäle in die Zentren des Verbrauchs in New York
zu schleusen. Am Flughafen in Mena habe ein Vertreter der CIA zur
Überwachung des Vorganges gestanden. Daneben habe ein Vertreter
der Mafia in New York die Ware übernommen und abtransportiert,
der zugleich engste Beziehungen zum Sicherheitschef des John F.
Kennedy Airports in New York gehabt habe. In Little Rock sei das
Bargeld dann zum Teil über Firmen gewaschen worden, die wie-derum
die Rechtsanwaltskanzlei der First Lady des Staates Arkansas
und später des Bundes für ihre Geschäfte einspannten. Man erkennt
den gezielten Versuch, die Politik auf beiden Seiten des politischen
Spektrums so zu korrumpieren, daß sie unfähig wird, dem Rausch-gifttreiben
und dessen finanziellen Folgen Einhalt zu gebieten. Da
in Kreisen der Geheimdienste einiger Länder, in Bankkreisen und in
den Zentren der Drogenfahndung das Wissen über Zusammenhänge
vorhanden ist, wird man davon ausgehen können, daß die Chance,
jederzeit, falls erforderlich, einen Skandal lostreten zu können, zu
Zwecken fortlaufender Erpressung genutzt werden kann.
Wer Drogenhandel politisch nutzt,
kann Geldwäsche nicht behindern
Wenn rund 75 Prozent der von der Drug Enforcement Agency ver-folgten
Drogenkriminalität auf den Schutzpanzer der CIA stoßen,
folglich als Mittel der verdeckten Unterstützung von Rebellenbewe-gungen
in aller Welt geduldet und geschützt bleiben, dann muß der
Schutz zwangsläufig die gesamte Kette der Aktionen und Transak-tionen
umfassen 281. Können die Contras in Nicaragua oder die soge-nannten
Freiheitskämpfer in Afghanistan nur mit Hilfe des Drogen-handels
ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien sichern, dann
muß der sie deckende oder sich ihrer bedienende Geheimdienst die
Protektion des Rauschgifttransports bis in die Zentren des Ver-brauchs
ebenso sicherstellen wie den Rücktransport des Bargeldes
zu den Rebellen beziehungsweise die Geldwäsche bis hin zum siche-ren
Versteck der Gutschriften auf Nummernkonten. Gelänge es bei-spielsweise,
das Drogengeschäft über die Bekämpfung der Geld-wäsche
erfol

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