- @JeFra zu 'Jud Süß' - viele Mossad-Agenten enttarnt! - dottore, 18.06.2003, 15:07
- Re: @JeFra zu 'Jud Süß' - viele Mossad-Agenten enttarnt! - JeFra, 18.06.2003, 21:40
- Re: @JeFra zu 'Jud Süß' - viele Mossad-Agenten enttarnt! - dottore, 19.06.2003, 10:33
- Re: @JeFra zu 'Jud Süß' - viele Mossad-Agenten enttarnt! - JeFra, 18.06.2003, 21:40
Re: @JeFra zu 'Jud Süß' - viele Mossad-Agenten enttarnt!
-->Das Buch von Haasis war mir sehr wohl bekannt. Es ist in der `Welt', die ich damals noch abonniert hatte, verrissen worden. Das Argument des `Welt'-Rezensenten bestand, soweit ich mich erinnere, unter anderem darin, daß das bei Jud Süß gefundene Vermögen schwerlich aus ehrlichen Aktivitäten stammen konnte. Der Rezensent hat das Haasis-Buch als unseriös verrissen und statt dessen das ältere Buch von Selma Stern empfohlen. Ich müßte die `Welt'-Rezension eigentlich noch besitzen. Aber vielleicht erinnern Sie sich auch selbst daran, es ist ja schließlich Ihr Verlag. Im Netz verfügbar scheint die Rezension nicht zu sein.
Ich habe damals beide Bücher in der Bibliothek eingesehen. Bei Stern liest sich das Ganze natürlich weniger dramatisch als bei Feuchtwanger, aber ich konnte damals keinen Widerspruch zu der von mir zitierten Feuchtwanger-Stelle sehen. Soweit ich sehe, streitet sie die katastrophalen Folgen der Politik Oppenheimers für die Bevölkerung Württembergs keineswegs ab. Sie stellt das Ganze aber in den Rahmen der Errichtung einer `modernen', absolutistischen Staatsform in Württemberg. In genau diesem Sinne hat man vermutlich die oft aufgestellte Behauptung zu verstehen, Oppenheimer habe ein `modernes Finanzwesen' in Württemberg errichtet. Nun kann man nicht bestreiten, daß der Absolutismus damals `modern' war. Das hat aber absolut nichts mit der Frage zu tun, ob es sich um eine Entwicklung handelte, die gut oder schlecht für die betroffene Bevölkerung war. `Modern' waren auch die Einhegungen in England, die große Teile der Bevölkerung entwurzelt und ins Elend gestürzt haben. `Modern' war auch der Soldatenhandel des Fürstentumes Hessen, den es bereits zur Zeit der Herrschaft des Jud Süß in Württemberg gab. Das parlamentarische System in Württemberg, gegen das sich die Herrschaft des Jud Süß richtete, hat offenbar ähnliche Auswüchse verhindert.
Zwischen den beiden Büchern gibt es nicht nur in dieser Hinsicht Widersprüche. Beispielsweise wird die oft kolportierte Behauptung vom Einspruch Harpprechts gegen das Todesurteil von einem der Bücher akzeptiert (wenn ich mich richtig erinnere, bei Stern), von dem anderen hingegen abgestritten (ich glaube, von Haasis). Das Buch von Haasis habe ich nach dem Verriß in der `Welt' nicht gekauft.
Zu den Edelhuren möchte ich sagen, daß sich das auf die von Feuchtwanger geschilderten Personen bezog. Mir ist durchaus klar, daß es auch Frauen gab, die sich dem Jud Süß aus äußerster Not prostituiert haben. In wenigstens einem der beiden Bücher (Stern oder Haasis) wurde ein derartiger Fall geschildert. Ich werde sehen, ob ich das in der Bibliothek nochmals nachlesen kann, werde aber vor Mitte der nächsten Woche nicht dazu kommen. Natürlich möchte `Edelhure' nicht auf solche Fälle beziehen.
Im Übrigen sind Sie nicht auf meine Frage eingegangen, warum Feuchtwanger seinen `Jud Süß' in einem derart schlechten Licht zeichnet (z. B. auch verglichen mit der Darstellung dieser Person bei Hauff). (Die Behauptung, der Mossad habe die Akten manipuliert, nehmen Sie wohl selber nicht ernst.) Dasselbe gilt auch für Wilson, d. h., warum sollte Wilson den Mayer Amschel zum Soldatenhandel in Beziehung bringen (wenn auch nur indirekt), wenn nichts daran ist? Außerdem unterstellen Sie mir indirekt Dinge, die ich nie behauptet habe. Beispielsweise habe ich nie behauptet, daß alle Leute, die in irgendeine Weise jüdische Interessen vertreten, vom Mossad bezahlt werden. Einmal gibt es ja auch andere Posten im israelischen Staatshaushalt. Beispielsweise wurde die Anzeige in dem (seinem Selbstverständnis nach Stalinistischen) Blatt `konkret' (S. 11 Heft 8/2002) nicht vom Mossad finanziert, sondern von der israelischen Botschaft (behauptet jedenfalls die Redaktion aaO S. 4). Davon abgesehen kann jeder, der die DDR kennengelernt hat, Beispiele dafür geben, daß manche Helfer des DDR-Systems Überzeugungstäter waren. Ich kann mir also durchaus vorstellen, daß Haasis sein tendenziöses Buch aus Überzeugung geschrieben hat.
Wieso es strafbewehrt sein soll, ein Pamphlet gegen Feuchtwanger zu schreiben, werden Sie noch nicht mal selber wissen (die entsprechenden Gesetze beziehen sich auf Leugnung/Rechtfertigung des Holocaust, nicht auf das Ansehen des Schriftstellers Feuchtwanger).
Gruß!
JeFra

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